Betreff
Zwischenbericht zur Digitalisierung
Vorlage
VI/3628/XVI/2019
Art
Mitteilung

Beschlussvorschlag:

Der Kreisausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

 


Sachverhalt:

In Fortführung der Berichte der Verwaltung zum Umsetzungsstand der Digitalisierungsmaßnahmen in der Kreisverwaltung, zuletzt im Personalausschuss am 27.02.2019, gibt die Verwaltung zu Schwerpunktprojekten nachstehenden Zwischenbericht :

 

1.   Mitarbeit des Kreises in OZG-Modellprojekten

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) formuliert das ambitionierte Ziel, bis Ende 2022 insgesamt 575 Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen digital über Portale anzubieten und die einzelnen Verwaltungsportale in einem nationalen Portalverbund zu verknüpfen. Diese Aufgabe ist nur gemeinsam und arbeitsteilig auf allen staatlichen Ebenen zu bewältigen. Die künftige Umsetzung der OZG-Leistungen wird die kommunale Ebene vor großen Herausforderungen stellen, da sie parallel zum „laufenden Betrieb“ erfolgen muss.

 

Im Bund ist das Land Nordrhein-Westfalen im Themenfeld „Arbeit und Ruhestand“ federführend (s. Anlage). Die Kommunen sind eingeladen sich mit ihren Expertisen auf Landesebene in Arbeitsgruppen und Digitallaboren zu beteiligen. Der Rhein-Kreis Neuss bringt sich aktiv ein und beteiligt sich derzeit an drei Modellprojekten/Digitallaboren (Bildung und Teilhabe; Familie und Kind: Projekt ELFE, Hilfe zum Lebensunterhalt: Vordruckkommission) und diversen landesweiten Workshops zur Erarbeitung von digitalen Lösungen (Ein- und Auswanderung, Gesundheit und Umwelt).

 

 

2.   Ministerium übernimmt Kreis-App

Um die Entwicklungsgeschwindigkeit im Rahmen der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen zu steigern, sollen OZG-Dienste nur einmal entwickelt werden und als Anwendungen (Apps) auf allen Portalplattformen lauffähig sein. Im Rahmen seiner Kooperativen Digitalisierungsstrategie setzt der Rhein-Kreis Neuss bereits seit Jahren auf innovative App-Anwendungen, die im eigenen Hause entwickelt wurden, und ist Vorreiter auf kommunaler Ebene. In Kommunen (Heimfinder-, SVA-App) und verschiedenen Bundesländern (Rettungsdienst-App) sind bereits App-Entwicklungen des Kreises im Einsatz.

Landrat Petrauschke und das Ministerium für Arbeit und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen haben jüngst eine Vereinbarung zur Übernahme der Heimfinder-App des Kreises unterschrieben. Das Ministerium plant voraussichtlich zu Beginn des Jahres 2020 eine landesweite Heimfinder-App nach dem Vorbild der Kreis-App online zu stellen.

 

3.   Antrag auf Modellprojekt beim Bundesgesundheitsministeriums

Beim Bundesgesundheitsministerium hat die Verwaltung eine weitere innovative Idee als Modellprojekt für den Rhein-Kreis Neuss und – möglicherweise – für das gesamte Bundesgebiet eingereicht. Das Kreisgesundheitsamt ist bereits heute Vorreiter einer modernen Infektionsschutzbelehrung. Künftig sollen die Belehrungen nach dem Infektionsschutzgesetz über eine vom Kreis entwickelte App-Anwendung komplett digitalisiert angeboten werden (Identifikation, E-Payment, Erstellen der Bescheinigung). Hierzu hat die Verwaltung ein innovatives, digitales Konzept erarbeitet.

Die digitale Lösung würde jährlich bis zu 8.000 Menschen allein im Rhein-Kreis Neuss den Gang zum Gesundheitsamt ersparen; bundesweit sind es jährlich geschätzt 1 Million Menschen. Der Rhein-Kreis Neuss ist mit der Bitte an das Ministerium herangetreten, die derzeit an einer digitalen Lösung hindernden gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen und zu ändern. Um den Weg frei zu machen für digitale Lösungen, hat der Bundestag am 14.11.2019 eine Änderung des § 43 Infektionsschutzgesetz (IfSG) mit Wirkung vom 1.3.2020 beschlossen.

Die Verwaltung plant nun ein Realisierungskonzept für einen komplett digitalen Belehrungs-Workflow für die Infektionsschutzbelehrungen als landesweites Modellprojekt und wird hierzu berichten. 

 

4.   Lokales Bündnis zur Digitalisierung mit den Kreiskommunen

 

Die Digitalisierung eröffnet neue Wege und Chancen der interkommunalen Zusammenarbeit. Auf Initiative des IT-Dezernenten haben im Januar 2019 Landrat und Bürgermeister/innen eine Verwaltungsvereinbarung für ein Lokales Bündnis zur Digitalisierung geschlossen. Als Gremium der Kooperation wurde ein Arbeitskreis der IT-Leitungen eingesetzt, das Projekte von gemeinsamen Interesse identifizieren und entwickeln soll.

Erste gemeinsame Projekte konnten bereits umgesetzt werden oder sind auf dem Weg gebracht worden:

4.1 Gemeinsames Fortbildungsprogramm mit kreisangehörigen Kommunen 

 

Eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur digitalen Verwaltung kommt der Weiterbildung und Qualifizierung des Personals zu. Dabei ist es sinnvoll und wirtschaftlich Fortbildungen für das Personal gemeinsam durchzuführen. Der Kreistag hat hierzu wichtige Weichenstellungen ermöglicht. So wurde der Etat für Fortbildungsmaßnahmen im Rahmen der Digitalisierung um jährlich 100.000 Euro erhöht.

 

Eine besondere Rolle als Weiterbildungsinstitut soll hierbei dem Technologiezentrum Glehn zukommen. Der IT-Dezernent hat zusammen mit der TZG-Leitung ein erstes Fortbildungsprogramm zum digitalen Wandel erstellt. Die Teilnahme an den Weiterbildungs- und Qualifizierungsseminaren ist für Mitarbeiter/innen der Kommunen kostenfrei. Elektronische Informationen und Flyer wurden an alle Kommunen nach Vorstellung in der Bürgermeisterkonferenz verteilt. Der Flyer liegt in der Sitzung aus.

Die rund 20 Fortbildungsangebote und Qualifizierungslehrgänge sind gut angelaufen. Viele Termine sind bereits aus- bzw. überbucht, so dass bereits Zusatztermine im kommenden Jahr angeboten werden sollen.

Eine Broschüre zu den Fortbildungsangeboten liegt in der Sitzung aus.

 

4.2 Modellprojekt „ELFE“ für NRW

Das Projekt „ELFE“ (Einfache Leistungen für Eltern) ist Teil des Digitalisierungsprogramms des Senats der Freien Hansestadt Bremen und des Digitalisierungsprogramms des nationalen IT-Planungsrates. Mit dem Modellprojekt ELFE sollen die Verwaltungsprozesse rund um die Geburt eines Kindes radikal vereinfacht und digitalisiert werden. Mit Einwilligung der Eltern sammelt ELFE alle Daten für die Geburtsurkunde und die Anträge auf Kindergeld und Elterngeld automatisch ein – sofern diese in der Verwaltung schon vorliegen. Die Eltern erhalten dann die Geburtsurkunde zugeschickt sowie das Elterngeld und Kindergeld ausgezahlt.

Der eingesetzte Arbeitskreis der IT-Leitungen auf Kreisebene hat großes Interesse bekundet, das Modellprojekt in den Rhein-Kreis Neuss zu übertragen und ggf. auszubauen. Der Kreis hat daraufhin Kontakt mit der KDN (Dachverband der Kommunalen IT-Leister) aufgenommen, die die Übertragbarkeit von OZG-Leistungen für das Land NRW koordiniert. Die Koordinatorin hat am 17.9.2019 im Arbeitskreis der IT-Leitungen auf Kreisebene vorgetragen.

Zusammen mit der KDN, der Stadt Wuppertal und dem Rhein-Kreis Neuss mit seinen Kommunen ist geplant, modellhaft eine Umsetzung für NRW zu erarbeiten. Ziel ist eine Blaupause für alle Kommunen in NRW. Ein erstes Projektauftaktgespräch fand am 11.11.2019 in Wuppertal statt. Vertreter des Kreises, der Städte Meerbusch, Kaarst und Neuss haben am Gespräch teilgenommen. Die Kommunen haben darum gebeten, dass der Kreis die Projektfederführung übernehmen soll. Derzeit wird bei der IT des Kreises eine gemeinsame Projektstruktur erarbeitet, die auch die erforderlichen personellen Ressourcen betrachtet. Ferner sollen Zuschussmöglichkeiten im Rahmen des OZG-Umsetzungsprojektes beim Land abgefragt werden. Die Verwaltung wird hierzu weiter berichten.

4.3 Projekt „Änderung Kfz-Zulassung in EMA der Kommunen

Bürgerinnen und Bürger im Rhein-Kreis Neuss mussten bei Umzügen sowohl das zuständige Einwohnermeldeamt ihrer Kommune aufsuchen und zusätzlich das Straßenverkehrsamt des Kreises für die Adressänderung in der Kfz-Zulassungsbescheinigung.

Durch ein Modellprojekt von Kommunen und Kreis können Bürger sich nun einen Behördengang sparen und auch die Änderung in den Zulassungspapieren direkt im Einwohnermeldeamt erledigen (Umzüge innerhalb des Kreises). Hierzu stellt der Kreis u.a. einen digitalen Workflow und Schulungstermine für das Personal der Einwohnermeldeämter zur Verfügung.


 

Mit der Stadt Kaarst (25.11.2019) kann das Projekt bis Jahresende erfolgreich abgeschlossen werden. Dann bieten alle Kommunen im Rhein-Kreis diesen bürgerfreundlichen Service an.

Leider ist die derzeitige Umsetzung noch mit einem hohen formalrechtlichen Aufwand verbunden. Einfacher und zeitgemäßer wären ein komplett automatisierter Datenaustausch und eine entsprechende landesrechtliche Regelung zur Übertragung von Aufgaben der Zulassungsbehörden auf die Meldebehörden. Deshalb hat die Verwaltung das NRW-Verkehrsministerium initiativ angeschrieben und um Prüfung einer landesrechtlichen Regelung gebeten. Das Verkehrsministerium begrüßt den Vorschlag des Kreises und will in Kürze eine entsprechende rechtliche Grundlage für den automatisierten Datenaustausch auf Landesebene schaffen.

 

 

5.   IT-Sicherheit im Fokus

 

Laut Zahlen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wurden in den vergangenen zwei Jahren ca. 70 Prozent aller Unternehmen und Institutionen in Deutschland Opfer von Cyber-Angriffen. In knapp der Hälfte der Fälle waren die Angreifer erfolgreich. Allein diese Zahl macht deutlich, dass man heutzutage intensiver als in den Vorjahren kombinierte Maßnahmen für eine höchstmögliche IT Sicherheit vorbereiten muss. Maßgaben wie die Verwendung sicherer Kennwörter, das Sperren des PCs oder Abschließen des Büros bei Abwesenheit, um den unbefugten Zugriff auf Daten zu verhindern, sowie ein Online-IT-Sicherheitstraining für alle Mitarbeiter/innen sind nur ein Teil der Schutz- und der Sensibilisierungsmaßnahmen. 

Auf Vorschlag des IT-Dezernenten wurde im September Frank Meger zum neuen IT-Sicherheitsbeauftragten der Kreisverwaltung durch Landrat Petrauschke bestellt. In den kommenden Wochen werden die bestehenden Schutzmaßnahmen nach den heutigen Vorgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik analysiert. Ziel ist hierbei unter anderem der Aufbau eines „Information Security Management Systems“. Durch ein Managementsystem für Informationssicherheit werden zum einen die Regeln in der Verwaltung, die für eine hohe Sicherheit notwendig sind, definiert. Zusätzlich soll ergänzende Technik zum Einsatz gebracht werden, die die IT Sicherheit der Kreisverwaltung automatisiert kontrolliert, auswertet und Gegenmaßnahmen vorbereitet.
Unerlässlich bleibt in diesem Zusammenhang auch die intensive Zusammenarbeit mit der ITK Rheinland als Rechenzentrum.


6.   Aufbau eines lokalen LoRA-Netzwerkes im Kreisgebiet gestartet

 

Der Kreisausschuss hat sich in der Sitzung am 18.09.2019 einstimmig für dem gemeinsamen Antrag von CDU-/FDP-Kreistagsfraktion zur Teilnahme am LoRaWAN-Förderprogramm von Unitymedia ausgesprochen. Bei LoRaWAN (Long Range Wide Area Network) handelt es sich um ein lokales, öffentliches Funknetzwerk zur Datenübertragung, insbesondere von Sensoren. Das Projekt wurde den Kommunen vorgestellt und in der Bürgermeisterkonferenz diskutiert. Die große Mehrheit (sieben Bürgermeister/innen) möchte sich an dem Projekt beteiligen, die Stadt Neuss verfolgt mit den Stadtwerken ein gleichartiges Projekt. Eine Flächenabdeckung in Neuss wird über Kreisgebäude sichergestellt, wie erste Ausleuchtungen ergeben haben.

Die Verwaltung hat erfolgreich einen Förderantrag gestellt und im Oktober eine Förderzusage von Unitymedia erhalten (kostenlose Gateways).

Weder Kreis noch teilnehmende Kommunen werden Betreiber des Netzwerkes (lediglich Infrastrukturpartner) und sind weiterhin völlig frei, das Netzwerk von Unitymedia oder alternative Lösungen anderer Anbieter zu nutzen.

Das Internet der Dinge (IoT) wird für Wirtschaft und Unternehmen im Zeitalter der Digitalisierung immer wichtiger. Wie bei Glasfaser und anderen Telekommunikationsdienstleistungen ist daher zu erwarten, dass es in einer Kommune sicherlich künftig mehrere LoRa-Netzwerkanbieter auf dem Markt geben wird.

Mit wenigen Sendern soll erstmalig im Kreisgebiet flächendeckend eine IoT-Infrastruktur für Unternehmen, Behörden und Bürger aufgebaut werden. Derzeit werden die Ausleuchtungen für die Funkantennen im Kreisgebiet vorbereitet. Um die Städte und Gemeinde so wenig wie möglich zu belasten, will der Kreis möglichst viele seiner eigenen Gebäude im Kreisgebiet einbringen.



7.   Offenheit zählt: Die 1. Open-Data-Richtlinie der Kreisverwaltung

Staat und Verwaltung stehen in Deutschland im Zeitalter von Open Government vor einem grundlegenden Paradigmenwechsel. Bisher wurden vornehmlich nur auf Antrag und auf Grundlage von gesetzlichen Bestimmungen (z. B. dem Informationsfreiheitsgesetz) Behördendaten zur Verfügung gestellt. Die proaktive Bereitstellung von freien, nicht personenbezogenen Rohdaten steht erst seit einigen Jahren im Fokus einer nationalen Strategie.

Die Verfügbarkeit von Daten wird im digitalen Zeitalter zunehmend weltweit auch zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor und Teil einer modernen Infrastruktur: Sie ist Antriebskraft für neue wirtschaftliche Entwicklungen und Geschäftsmodelle. Dieser Herausforderung stellt sich die Kreisverwaltung. Im Rahmen seiner Digitalisierungsstrategie stellt der Rhein-Kreis Neuss seit Anfang 2019 auf seinem neuen Open Data-Portal kostenlos eine Vielzahl von so genannten offenen Behördendaten und Statistiken zur Verfügung. Das Angebot unter "https://opendata.rhein-kreis-neuss.de" reicht von 300.000 Daten zum Fahrzeugbestand im Kreisgebiet, der Infektionsstatistik über Verzeichnisse von Straßen, Amtsgerichten und Wohnplätzen bis hin zu den Ergebnissen der jährlichen Schulneulingsuntersuchungen – und es wächst kontinuierlich. Alle Daten werden ausschließlich anonymisiert veröffentlicht.

Jeder kann diese Daten frei nutzen, weiterverwenden und damit zum Beispiel eine innovative Geschäftsidee oder eine App für das Smartphone entwickeln. Alle Daten auf dem Kreis-Portal sind für Rechner maschinenlesbar und stehen unter freier Lizenz. Nutzer können per Mausklick auch verschiedene Datensätze kombinieren und in neue Anwendungen integrieren. Die Ergebnisse können sowohl in absoluten Zahlen als auch in Grafiken dargestellt werden. Auch das Geoportal des Kreises mit Grundstückswerten, Luftbildern und historischen Karten ist mit dem Open Data-Portal verknüpft.


Mit der Öffnung von vorhandenen Behördendaten als frei verwendbare, elektronische Open Data hat die Kreisverwaltung erfolgreich den Weg für mehr Transparenz eröffnet und neue Potentiale für gesellschaftspolitische Diskussionen sowie Impulse für innovative Geschäftsmodelle geschaffen. Unternehmen und Personen können so auf einfache Art und Weise kostenlose Behördendaten nutzen. Auch das Open Data-Portal des Landes nutzt inzwischen die eingestellten Daten des Rhein-Kreis Neuss.


Informationsveranstaltungen und eine Open Data-Richtlinie für die Kreisbediensteten helfen, Missverständnisse bzw. Ängste abzubauen und einen Kulturwandel im Sinne einer offenen und modernen Kreisverwaltung herbeizuführen.

 

Die Broschüre zur Open Data-Richtlinie der Kreisverwaltung liegt in der Sitzung aus.