Beschlussvorschlag:
Der Kreisausschuss nimmt
den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Sachverhalt:
In Fortführung der
Berichte der Verwaltung zum Umsetzungsstand der Digitalisierungsmaßnahmen in
der Kreisverwaltung, zuletzt im Personalausschuss am 27.02.2019, gibt die
Verwaltung zu Schwerpunktprojekten nachstehenden Zwischenbericht :
1. Mitarbeit
des Kreises in OZG-Modellprojekten
Das Onlinezugangsgesetz (OZG)
formuliert das ambitionierte Ziel, bis Ende 2022 insgesamt 575
Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen digital über Portale
anzubieten und die einzelnen Verwaltungsportale in einem nationalen
Portalverbund zu verknüpfen. Diese Aufgabe ist nur gemeinsam und arbeitsteilig
auf allen staatlichen Ebenen zu bewältigen. Die künftige Umsetzung der
OZG-Leistungen wird die kommunale Ebene vor großen Herausforderungen stellen, da
sie parallel zum „laufenden Betrieb“ erfolgen muss.
Im Bund ist das Land
Nordrhein-Westfalen im Themenfeld „Arbeit und Ruhestand“ federführend (s.
Anlage). Die Kommunen sind eingeladen sich mit ihren Expertisen auf Landesebene
in Arbeitsgruppen und Digitallaboren zu beteiligen. Der Rhein-Kreis Neuss
bringt sich aktiv ein und beteiligt sich derzeit an drei
Modellprojekten/Digitallaboren (Bildung und Teilhabe; Familie und Kind: Projekt
ELFE, Hilfe zum Lebensunterhalt: Vordruckkommission) und diversen landesweiten
Workshops zur Erarbeitung von digitalen Lösungen (Ein- und Auswanderung,
Gesundheit und Umwelt).
2. Ministerium
übernimmt Kreis-App
Um die Entwicklungsgeschwindigkeit im
Rahmen der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen zu steigern, sollen OZG-Dienste
nur einmal entwickelt werden und als Anwendungen (Apps) auf allen
Portalplattformen lauffähig sein. Im Rahmen seiner Kooperativen
Digitalisierungsstrategie setzt der Rhein-Kreis Neuss bereits seit Jahren auf
innovative App-Anwendungen, die im eigenen Hause entwickelt wurden, und ist
Vorreiter auf kommunaler Ebene. In Kommunen (Heimfinder-, SVA-App) und
verschiedenen Bundesländern (Rettungsdienst-App) sind bereits App-Entwicklungen
des Kreises im Einsatz.
Landrat Petrauschke und das Ministerium
für Arbeit und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen haben jüngst eine
Vereinbarung zur Übernahme der Heimfinder-App des Kreises unterschrieben.
Das Ministerium plant voraussichtlich zu Beginn des Jahres 2020 eine
landesweite Heimfinder-App nach dem Vorbild der Kreis-App online zu stellen.
3. Antrag
auf Modellprojekt beim Bundesgesundheitsministeriums
Beim Bundesgesundheitsministerium hat
die Verwaltung eine weitere innovative Idee als Modellprojekt für den
Rhein-Kreis Neuss und – möglicherweise – für das gesamte Bundesgebiet
eingereicht. Das Kreisgesundheitsamt ist bereits heute Vorreiter einer modernen
Infektionsschutzbelehrung. Künftig sollen die Belehrungen nach dem
Infektionsschutzgesetz über eine vom Kreis entwickelte App-Anwendung komplett digitalisiert angeboten werden
(Identifikation, E-Payment, Erstellen der Bescheinigung). Hierzu hat die
Verwaltung ein innovatives, digitales Konzept erarbeitet.
Die digitale Lösung würde jährlich bis zu 8.000 Menschen allein im Rhein-Kreis
Neuss den Gang zum Gesundheitsamt ersparen; bundesweit sind es jährlich
geschätzt 1 Million Menschen. Der Rhein-Kreis Neuss ist mit der Bitte an das
Ministerium herangetreten, die derzeit an einer digitalen Lösung hindernden
gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen und zu ändern. Um den Weg frei zu machen
für digitale Lösungen, hat der Bundestag am 14.11.2019 eine Änderung des § 43
Infektionsschutzgesetz (IfSG) mit Wirkung vom 1.3.2020 beschlossen.
Die Verwaltung plant nun ein Realisierungskonzept für einen komplett digitalen
Belehrungs-Workflow für die Infektionsschutzbelehrungen als landesweites
Modellprojekt und wird hierzu berichten.
4. Lokales
Bündnis zur Digitalisierung mit den Kreiskommunen
Die Digitalisierung eröffnet neue Wege
und Chancen der interkommunalen Zusammenarbeit. Auf Initiative des
IT-Dezernenten haben im Januar 2019 Landrat und Bürgermeister/innen eine
Verwaltungsvereinbarung für ein Lokales Bündnis zur Digitalisierung
geschlossen. Als Gremium der Kooperation wurde ein Arbeitskreis der
IT-Leitungen eingesetzt, das Projekte von gemeinsamen Interesse identifizieren
und entwickeln soll.
Erste gemeinsame Projekte konnten bereits umgesetzt werden oder sind auf dem
Weg gebracht worden:
4.1 Gemeinsames Fortbildungsprogramm mit
kreisangehörigen Kommunen
Eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur
digitalen Verwaltung kommt der Weiterbildung und Qualifizierung des Personals
zu. Dabei ist es sinnvoll und wirtschaftlich Fortbildungen für das Personal
gemeinsam durchzuführen. Der Kreistag hat hierzu wichtige Weichenstellungen
ermöglicht. So wurde der Etat für Fortbildungsmaßnahmen im Rahmen der
Digitalisierung um jährlich 100.000 Euro erhöht.
Eine besondere Rolle als
Weiterbildungsinstitut soll hierbei dem Technologiezentrum
Glehn zukommen. Der IT-Dezernent hat zusammen mit der TZG-Leitung ein
erstes Fortbildungsprogramm zum digitalen Wandel erstellt. Die Teilnahme an den Weiterbildungs- und Qualifizierungsseminaren ist
für Mitarbeiter/innen der Kommunen kostenfrei. Elektronische Informationen
und Flyer wurden an alle Kommunen nach Vorstellung in der
Bürgermeisterkonferenz verteilt. Der Flyer liegt in der Sitzung aus.
Die rund 20 Fortbildungsangebote und Qualifizierungslehrgänge sind gut
angelaufen. Viele Termine sind bereits aus- bzw. überbucht, so dass bereits
Zusatztermine im kommenden Jahr angeboten werden sollen.
Eine Broschüre zu den
Fortbildungsangeboten liegt in der Sitzung aus.
4.2
Modellprojekt „ELFE“ für NRW
Das Projekt „ELFE“ (Einfache Leistungen für Eltern) ist Teil des Digitalisierungsprogramms des Senats der
Freien Hansestadt Bremen und des Digitalisierungsprogramms des
nationalen IT-Planungsrates. Mit dem Modellprojekt ELFE sollen die
Verwaltungsprozesse rund um die Geburt eines Kindes radikal vereinfacht und
digitalisiert werden. Mit Einwilligung der Eltern sammelt ELFE alle Daten für
die Geburtsurkunde und die Anträge auf Kindergeld und Elterngeld automatisch
ein – sofern diese in der Verwaltung schon vorliegen. Die Eltern erhalten
dann die Geburtsurkunde zugeschickt sowie das Elterngeld und Kindergeld
ausgezahlt.
Der eingesetzte Arbeitskreis der IT-Leitungen auf Kreisebene hat großes
Interesse bekundet, das Modellprojekt in den Rhein-Kreis Neuss zu übertragen
und ggf. auszubauen. Der Kreis hat daraufhin Kontakt mit der KDN (Dachverband
der Kommunalen IT-Leister) aufgenommen, die die Übertragbarkeit von
OZG-Leistungen für das Land NRW koordiniert. Die Koordinatorin hat am 17.9.2019
im Arbeitskreis der IT-Leitungen auf Kreisebene vorgetragen.
Zusammen mit der KDN, der Stadt Wuppertal und dem Rhein-Kreis Neuss mit seinen
Kommunen ist geplant, modellhaft eine
Umsetzung für NRW zu erarbeiten. Ziel ist eine Blaupause für alle Kommunen
in NRW. Ein erstes Projektauftaktgespräch fand am 11.11.2019 in Wuppertal
statt. Vertreter des Kreises, der Städte Meerbusch, Kaarst und Neuss haben am
Gespräch teilgenommen. Die Kommunen haben darum gebeten, dass der Kreis die
Projektfederführung übernehmen soll. Derzeit wird bei der IT des Kreises eine
gemeinsame Projektstruktur erarbeitet, die auch die erforderlichen personellen
Ressourcen betrachtet. Ferner sollen Zuschussmöglichkeiten im Rahmen des
OZG-Umsetzungsprojektes beim Land abgefragt werden. Die Verwaltung wird hierzu
weiter berichten.
4.3 Projekt
„Änderung Kfz-Zulassung in EMA der Kommunen
Bürgerinnen und Bürger im Rhein-Kreis
Neuss mussten bei Umzügen sowohl das zuständige Einwohnermeldeamt ihrer Kommune
aufsuchen und zusätzlich das Straßenverkehrsamt des Kreises für die
Adressänderung in der Kfz-Zulassungsbescheinigung.
Durch ein Modellprojekt von Kommunen und Kreis können Bürger sich nun einen
Behördengang sparen und auch die Änderung in den Zulassungspapieren direkt im
Einwohnermeldeamt erledigen (Umzüge innerhalb des Kreises). Hierzu stellt der
Kreis u.a. einen digitalen Workflow und Schulungstermine für das Personal der
Einwohnermeldeämter zur Verfügung.
Mit
der Stadt Kaarst (25.11.2019) kann das Projekt bis Jahresende erfolgreich
abgeschlossen werden. Dann bieten alle Kommunen im Rhein-Kreis
diesen bürgerfreundlichen Service an.
Leider ist die derzeitige Umsetzung
noch mit einem hohen formalrechtlichen Aufwand verbunden. Einfacher und
zeitgemäßer wären ein komplett automatisierter Datenaustausch und eine
entsprechende landesrechtliche Regelung zur Übertragung von Aufgaben der
Zulassungsbehörden auf die Meldebehörden. Deshalb hat die Verwaltung das
NRW-Verkehrsministerium initiativ angeschrieben und um Prüfung einer
landesrechtlichen Regelung gebeten. Das Verkehrsministerium begrüßt den
Vorschlag des Kreises und will in Kürze eine entsprechende rechtliche Grundlage
für den automatisierten Datenaustausch auf Landesebene schaffen.
5. IT-Sicherheit
im Fokus
Laut
Zahlen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wurden in
den vergangenen zwei Jahren ca. 70 Prozent aller Unternehmen und Institutionen
in Deutschland Opfer von Cyber-Angriffen. In knapp der Hälfte der Fälle waren
die Angreifer erfolgreich. Allein diese Zahl macht deutlich, dass man
heutzutage intensiver als in den Vorjahren kombinierte Maßnahmen für eine
höchstmögliche IT Sicherheit vorbereiten muss. Maßgaben wie die Verwendung
sicherer Kennwörter, das Sperren des PCs oder Abschließen des Büros bei
Abwesenheit, um den unbefugten Zugriff auf Daten zu verhindern, sowie ein
Online-IT-Sicherheitstraining für alle Mitarbeiter/innen sind nur ein Teil der
Schutz- und der Sensibilisierungsmaßnahmen.
Auf Vorschlag des IT-Dezernenten wurde im September Frank Meger zum neuen
IT-Sicherheitsbeauftragten der Kreisverwaltung durch Landrat Petrauschke
bestellt. In den kommenden Wochen werden die bestehenden Schutzmaßnahmen nach
den heutigen Vorgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik
analysiert. Ziel ist hierbei unter anderem der Aufbau eines „Information Security Management Systems“.
Durch ein Managementsystem für Informationssicherheit werden zum einen die
Regeln in der Verwaltung, die für eine hohe Sicherheit notwendig sind,
definiert. Zusätzlich soll ergänzende Technik zum Einsatz gebracht werden, die
die IT Sicherheit der Kreisverwaltung automatisiert kontrolliert, auswertet und
Gegenmaßnahmen vorbereitet.
Unerlässlich bleibt in diesem Zusammenhang auch die intensive Zusammenarbeit
mit der ITK Rheinland als Rechenzentrum.
6. Aufbau
eines lokalen LoRA-Netzwerkes im Kreisgebiet gestartet
Der
Kreisausschuss hat sich in der Sitzung am 18.09.2019 einstimmig für dem
gemeinsamen Antrag von CDU-/FDP-Kreistagsfraktion zur Teilnahme am
LoRaWAN-Förderprogramm von Unitymedia ausgesprochen. Bei LoRaWAN (Long Range
Wide Area Network) handelt es sich um ein lokales, öffentliches Funknetzwerk
zur Datenübertragung, insbesondere von Sensoren. Das Projekt wurde den Kommunen
vorgestellt und in der Bürgermeisterkonferenz diskutiert. Die große Mehrheit
(sieben Bürgermeister/innen) möchte sich an dem Projekt beteiligen, die Stadt
Neuss verfolgt mit den Stadtwerken ein gleichartiges Projekt. Eine
Flächenabdeckung in Neuss wird über Kreisgebäude sichergestellt, wie erste
Ausleuchtungen ergeben haben.
Die Verwaltung hat erfolgreich einen
Förderantrag gestellt und im Oktober eine Förderzusage von Unitymedia erhalten
(kostenlose Gateways).
Weder Kreis noch teilnehmende Kommunen werden Betreiber des Netzwerkes
(lediglich Infrastrukturpartner) und sind weiterhin völlig frei, das Netzwerk
von Unitymedia oder alternative Lösungen anderer Anbieter zu nutzen.
Das Internet der Dinge (IoT) wird für Wirtschaft und Unternehmen im Zeitalter
der Digitalisierung immer wichtiger. Wie bei Glasfaser und anderen Telekommunikationsdienstleistungen
ist daher zu erwarten, dass es in einer Kommune sicherlich künftig mehrere
LoRa-Netzwerkanbieter auf dem Markt geben wird.
Mit wenigen Sendern soll erstmalig im Kreisgebiet flächendeckend eine
IoT-Infrastruktur für Unternehmen, Behörden und Bürger aufgebaut werden.
Derzeit werden die Ausleuchtungen für die Funkantennen im Kreisgebiet
vorbereitet. Um die Städte und Gemeinde so wenig wie möglich zu belasten, will
der Kreis möglichst viele seiner eigenen Gebäude im Kreisgebiet einbringen.
7. Offenheit
zählt: Die 1. Open-Data-Richtlinie der Kreisverwaltung
Staat und Verwaltung stehen in
Deutschland im Zeitalter von Open Government vor einem grundlegenden
Paradigmenwechsel. Bisher wurden vornehmlich nur auf Antrag und auf Grundlage
von gesetzlichen Bestimmungen (z. B. dem Informationsfreiheitsgesetz)
Behördendaten zur Verfügung gestellt. Die proaktive Bereitstellung von freien,
nicht personenbezogenen Rohdaten steht erst seit einigen Jahren im Fokus einer
nationalen Strategie.
Die Verfügbarkeit von Daten wird im
digitalen Zeitalter zunehmend weltweit auch zu einem wichtigen
Wirtschaftsfaktor und Teil einer modernen Infrastruktur: Sie ist Antriebskraft
für neue wirtschaftliche Entwicklungen und Geschäftsmodelle. Dieser Herausforderung
stellt sich die Kreisverwaltung. Im Rahmen seiner Digitalisierungsstrategie
stellt der Rhein-Kreis Neuss seit Anfang 2019 auf seinem neuen Open Data-Portal
kostenlos eine Vielzahl von so genannten offenen Behördendaten und Statistiken
zur Verfügung. Das Angebot unter "https://opendata.rhein-kreis-neuss.de"
reicht von 300.000 Daten zum Fahrzeugbestand im Kreisgebiet, der
Infektionsstatistik über Verzeichnisse von Straßen, Amtsgerichten und
Wohnplätzen bis hin zu den Ergebnissen der jährlichen Schulneulingsuntersuchungen
– und es wächst kontinuierlich. Alle Daten werden ausschließlich anonymisiert
veröffentlicht.
Jeder kann diese Daten frei nutzen, weiterverwenden und damit zum Beispiel eine
innovative Geschäftsidee oder eine App für das Smartphone entwickeln. Alle
Daten auf dem Kreis-Portal sind für Rechner maschinenlesbar und stehen unter
freier Lizenz. Nutzer können per Mausklick auch verschiedene Datensätze
kombinieren und in neue Anwendungen integrieren. Die Ergebnisse können sowohl
in absoluten Zahlen als auch in Grafiken dargestellt werden. Auch das Geoportal
des Kreises mit Grundstückswerten, Luftbildern und historischen Karten ist mit
dem Open Data-Portal verknüpft.
Mit der Öffnung von vorhandenen Behördendaten als frei verwendbare, elektronische
Open Data hat die Kreisverwaltung erfolgreich den Weg für mehr Transparenz eröffnet
und neue Potentiale für gesellschaftspolitische Diskussionen sowie Impulse für
innovative Geschäftsmodelle geschaffen. Unternehmen und Personen können so auf
einfache Art und Weise kostenlose Behördendaten nutzen. Auch das Open
Data-Portal des Landes nutzt inzwischen die eingestellten Daten des Rhein-Kreis
Neuss.
Informationsveranstaltungen und eine Open Data-Richtlinie für die
Kreisbediensteten helfen, Missverständnisse bzw. Ängste abzubauen und einen
Kulturwandel im Sinne einer offenen und modernen Kreisverwaltung
herbeizuführen.
Die
Broschüre zur Open Data-Richtlinie der Kreisverwaltung liegt in der Sitzung
aus.