Sachverhalt:
Die Bodenfunktionsbewertungskarte des
Rhein-Kreises Neuss
Das
Digitalisierungszeitalter begann beim Kreisumweltamt bereits vor über 20 Jahren
mit der Ersterstellung der Digitalen Bodenbelastungskarte (DBBK). In diesem
digitalen Kartenwerk wurden die Schwermetallgehalte und organische Belastungen
von naturnahen Böden unter landwirtschaftlicher oder forstlicher Nutzung
dargestellt. Da in damaliger Zeit der Erkenntnisgewinn Jahr für Jahr deutlich
zunahm, wurde die DBBK laufend aktualisiert. Im Jahre 2011 entschied sich das
Kreisumweltamt dann, ein wichtiges ergänzendes digitales Kartenwerk in Auftrag
zu geben: Die Bodenfunktionsbewertungskarte (BoFuBe). Denn ein Hauptziel und
gesetzlicher Auftrag jeder Bodenschutzbehörde ist es, besonders schützenswerte
Böden auch besonders zu schützen. Dazu braucht es die Kenntnis, wo sich diese
besonderen Böden genau befinden.
Aus diesem
Grunde hat die Bodenschutzbehörde des Kreises zunächst sämtliche Informationen
über die Böden im Kreisgebiet zusammengetragen, egal ob digitaler oder analoger
Natur. Die analogen Grundlagen mussten natürlich digitalisiert werden. Der
Focus lag auf den Böden aus dem naturnah genutzten Außenbereich des Kreises,
also Ackerland, Grünland und der Wald. Erwähnenswert an dieser Stelle: Die
Ackerfläche schrumpft weiterhin drastisch, allein in den Jahren zwischen 2002
und 2019 von ehemals 345 km2 auf 302 km2, also um 4.300
ha. Flächenverlust bedeutet zugleich, dass der Druck auf die verbleibenden
Flächen wächst. Auch deshalb ist es wichtig, über die unterschiedlichen
Leistungsfähigkeiten der verbliebenen Böden mehr zu wissen.
Nach dieser Recherche wurden im nächsten Arbeitsschritt die verschiedenen
Bodenfunktionen beschrieben und bewertet. Böden haben folgende Bodenfunktionen
(in der Wissenschaft auch als Ökosystemdienstleistungen bezeichnet):
- Natürliche Bodenfruchtbarkeit
Diese spielt natürlich insbesondere als Produktionsgrundlage für die Landwirtschaft,
für Gartenbau und Forstwirtschaft eine entscheidende Rolle.
- Biotopbildung
Das sind vorrangig Böden, die extrem trocken oder extrem nass ausgeprägt sind,
mit einer entsprechend seltenen Tier- und Pflanzenwelt.
- Bodenwasserhaushalt
Damit wird die Fähigkeit zur Wasserspeicherung und der Einfluss auf die
Abflussverzögerung sowie die Grundwasserneubildung beschrieben.
- Filter
und Puffer
Es handelt sich hierbei um die Fähigkeit der Böden zur
Schadstoffrückhaltung und zur Abpufferung einer Bodenversauerung.
- Kohlenstoffspeicher
und Kohlenstoffsenken
CO2 wird im Boden als Humus und in Niedermooren als Torf
gespeichert, aber in den Niedermooren vor allem durch Grundwasserabsenkungen
auch wieder in die Atmosphäre abgegeben.
Dank der DBBK
können die vorliegenden detaillierten Erkenntnisse über die Schadstoffgehalte ebenfalls zur
Bodenbewertung herangezogen werden. So ist ein sehr fruchtbarer Boden mit einer
höheren stofflichen Belastung natürlich nicht so wertvoll wie ein unbelasteter
sehr fruchtbarer Boden.
Die
aufgelisteten Bodenfunktionen zeigen sehr anschaulich, wie wichtig Böden nicht
nur zur Nahrungserzeugung sondern auch im Hinblick auf die aktuelle
Herausforderung „Klimawandel“ (CO2 Speicherung und
Bodenwasserhaushalt versus Trockenheit) sind.
Jede
einzelne Bodenfunktion wurde für dieses digitale Kartenwerk nach einem genormten
Verfahren separat für sich bewertet. Die Bewertung erfolgt in einem 5-stufigen
System. 5 Punkte erzielen die Böden, die über ein sehr hohes Leistungsvermögen
verfügen. Hierbei handelt es sich dann um die besonders schützenswerten Böden.
Nur 1 Punkt dagegen erhält der Boden mit einem sehr geringen Leistungsvermögen.
Dazwischen liegen folgende Stufen, in der Wertigkeit aufsteigend: geringes
Leistungsvermögen (2 Punkte), mittleres (3 Punkte) und hohes Leistungsvermögen
(4 Punkte).
Um die
einzelnen Bewertungen übersichtlich auch in einer einzigen digitalen Karte
darstellen zu können, wurden in einem Zusatzarbeitsschritt die Bewertungen der
Einzelfunktionen aggregiert, also zusammengefasst. Durch Anwendung eines
bewährten Verfahrens erhält nun jeder Boden eine einzige Note, was natürlich z.
B. für die Einbeziehung der Ergebnisse in planerischen Abwägungen eine echte
Arbeitserleichterung darstellt. Auch der große Maßstab 1: 5.000 ist hier sehr
hilfreich. Die planenden Behörden können diese Karte nun für die Bauleit- und
Landschaftsplanung nutzen. Auch für die Eingriffsregelung sind
Bodendetailbewertungen von Bedeutung. Vor allem aber wird das digitale
Kartenwerk von der Bodenschutzbehörde für ihre Stellungnahmen zum Bodenschutz
genutzt, um z. B. „nicht vermeidbare“ Bodenversiegelungen auf Böden mit
geringerem Leistungsvermögen zu lenken.
Die Arbeiten
zur Aktualisierung der Bodenfunktionsbewertungskarte nahmen über 2 Jahre ein. Die
Ausführung übernahm das Gutachterbüro ISB (Institut für Stadtökologie und Bodenschutz,
Dr. Peter Reinirkens). Die Kosten beliefen sich auf 58.600 €. Das Land NRW
förderte diese Maßnahme mit 80 % (46.900 €). Aus dem Budget der
Bodenschutzbehörde wurden die restlichen 20 % (11.700 €) bezahlt. Das Projekt
wurde während des gesamten Zeitraums durch ein Fachgremium, bestehend aus
Vertretern des Landesumweltamtes, der Bezirksregierung und des Geologischen
Dienstes NRW begleitet.