Sachverhalt:
Mit Einführung
des Starke-Familien-Gesetzes zum 01.08.2019 wurde ein sog. „Globalantrag“
eingeführt, um den Zugang zu Bildungs- und Teilhabeleistungen zu erleichtern.
Dabei wird für den Rechtskreis SGB II auf das Erfordernis gesonderter Antragstellung
mit Ausnahme des Bereichs Lernförderung für alle Bildungs- und
Teilhabeleistungen verzichtet. Leider gab es bisher keine Übertragung des
Globalantrags auf den Rechtskreis BKGG; hier wurde lediglich auf das
Schriftformerfordernis des § 9 Abs. 3 BKGG verzichtet.
Die Einführung einer „Bildungskarte“
wurde vom Rhein-Kreis Neuss bereits umfassend geprüft. Hierzu wurde ein Verfahren der Stadt
Hamm herangezogen, die mit dem Unternehmen Sodexo ein ähnliches Projekt auf dem
Weg gebracht hat.
Die bisherige
Resonanz hat gezeigt, dass weder Leistungsanbieter noch Leistungsberechtigte
ein derartiges Verfahren nutzen möchten. Durch die Vorlage einer solchen Karte,
müssen die Leistungsberechtigten preisgeben, dass sie im Leistungsbezug stehen.
Viele schreckt dies ab und würden die BUT-Leistungen daher nicht in Anspruch
nehmen.
Für die
Anbieter bedeutet die Einführung einer „Bildungskarte“ einen nicht
unerheblichen Aufwand. Gerade in Zeiten der Pandemie werden viele Unternehmen
diesen Aufwand scheuen, sodass weniger Anbieter zur Verfügung stehen würden.
Derzeit sind ca. 1200 Anbieter in der Anbieterdaten des Rhein-Kreises Neuss
verzeichnet.
Die Einführung
einer Bildungskarte verursacht zusätzliche Kosten. Bei dem Unternehmen Sodexo
fallen beispielsweise jährliche Kosten in Höhe von 240.000 € an, sowie eine
einmalige Einrichtungsgebühr in Höhe von ca. 35.000€ - 39.000€.
Auch der
Verwaltungsaufwand würde sich durch eine „Bildungskarte“ leider nicht
reduzieren. Das Unternehmen Sodexo rechnet die BuT-Leistungen mittels
Sammelabrechnung ab. Um die Leistungen dem jeweiligen Leistungsberechtigten
zuordnen zu können, ist ein manueller Abgleich von BuT-Berechtigung und SGB
II/XII/BKKG/AsylbLG - Berechtigung erforderlich. Im Vergleich zur bisherigen
Verfahrensweise würde sich der Verwaltungsaufwand damit deutlich erhöhen.
Darüber hinaus eignen sich nur bestimmte Leistungen (Mittagsverpflegung,
Lernförderung und Finanzierung von Ausflügen und Klassenfahrten) für ein
Abrechnungsverfahren mittels „Bildungskarte“. Denn BuT-Leistungen in Form von
Schulbedarfspaketen und der Schülerbeförderung werden bereits als Geldleistung
erbracht, sodass eine „Bildungskarte“ hier nicht erforderlich ist. Trotz
Einführung einer Bildungskarte, müsste das praktizierte Abrechnungsverfahren
daher zwingend beibehalten werden.
Eine
effiziente Reduzierung des Verwaltungsaufwandes ließe sich im Ergebnis nur dann
erreichen, wenn Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket auf
Geldleistungen umgestellt werden. Durch diese Umstellung des Verfahrens könnten
viele Verfahrensschritte eingespart werden, wodurch sich die Bearbeitungszeit
verkürzen würde. Zudem gäbe es keinerlei Stigmatisierung, da die
Leistungsempfänger die Leistungen künftig auf ihr eigenes Konto überwiesen
bekommen und selbstständig weiterleiten. Den Leistungsempfängern wird so
Vertrauen entgegengebracht, eigenständig zu handeln. Eine derartige Umstellung
ist mit der geltenden Rechtslage vereinbar.
Ergänzend ist
darauf hinweisen, dass das Bildungs-und Teilhabepaket Bestandteil des OZG-Umsetzungskataloges
ist. Ziel ist es, ein flächendeckendes Verfahren zu etablieren, wonach den
Leistungsberechtigten die Möglichkeit eingeräumt wird, die BuT-Leistung online
zu beantragen. Die Leistungsberechtigen sollen unter Angabe der
Identifikationsnummer ihren Bedarf elektronisch mitteilen, der so dann durch
einen automatisierten Registerabgleich der jeweiligen Bewilligungsbehörde
konkret übermittelt wird.