Betreff
Anfrage der Fraktionen von CDU, FDP und UWG/Freie Wähler-Zentrum vom 12. April 2021 zum Thema "Einrichtung eines weiteren Sozialpsychiatrischen Zentrums im Rhein-Kreis Neuss"
Vorlage
IV/0509/XVII/2021
Art
Anfrage (alt)

Sachverhalt:

Die Frage stellenden Fraktionen äußern sich zur allgemeinen sozialpsychiatrischen Situation im Rhein-Kreis Neuss. Insbesondere fragen sie nach der Erforderlichkeit der Einrichtung eines weiteren sozialpsychiatrischen Zentrums im Rhein-Kreis Neuss.

Die Verwaltung nimmt wie folgt Stellung:

 

Die angefragte sozialpsychiatrische Versorgung hat sich gerade in der Pandemie als wichtiges sozial- und gesundheitspolitisches Thema erwiesen. Gerade die psychotherapeutische Versorgung wird kritisch hinterfragt (siehe Bericht der NGZ, Seite 3 vom 04.05.2021 „Die mühsame Suche nach Hilfe“). Der Rhein-Kreis Neuss hat die Bedeutung einer guten sozialpsychiatrischen Versorgung der Menschen schon lange vor der Pandemie erkannt und bereits Anfang der 90er Jahre einen speziellen Psychiatriekoordinator eingestellt. Auf dessen Vorarbeit und unter Einbeziehung der Fachöffentlichkeit im Rhein-Kreis Neuss wurde ein Psychiatrieplan verabschiedet, der zwischenzeitlich aktualisiert wurde. In diesem werden die Strukturen im Rhein-Kreis Neuss beschrieben, die im Wesentlichen bis heute Gültigkeit haben.

 

Im Einzelnen müssen verschiedene Versorgungsbereiche unterschieden werden:

 

  1. Ambulante psychotherapeutische Versorgung

    Die im Zeitungsbericht geschilderten Versorgungsdefizite treffen auch im Rhein-Kreis Neuss zu. In der Fachöffentlichkeit werden Wartezeiten bis zu mehreren Monaten geschildert. Nach der aktuellen Übersicht der kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein vom 18.12.2020 beträgt der Versorgungsgrad bei den Psychotherapeuten im Rhein-Kreis Neuss lediglich 84,5 %. Zum Vergleich: bei anderen Fachärzten liegt der Versorgungsgrad regelmäßig über 100 %, z.B. bei den Orthopäden 150 % und Kinderärzten 114 %.

    Der Rhein-Kreis Neuss hat hinsichtlich einer Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung keine direkten Zuständigkeiten. Es bestünde lediglich die Möglichkeit, durch Apelle etc. an die kassenärztliche Vereinigung auf die defizitäre Situation im Rhein-Kreis Neuss hinzuweisen.

  2. Stationäre psychiatrische Versorgung

    Die stationäre psychiatrische Versorgung ist im Rhein-Kreis Neuss durch die Kliniken der Augustinus-Gruppe grundsätzlich gut sichergestellt.

  3. Ergänzende Hilfen

    Im Gesundheitsamt ist ein eigener Sozialpsychiatrischer Dienst angesiedelt, der unter der Leitung eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie arbeitet. Er ist zuständig für Menschen mit psychischen Erkrankungen (Hilfen für psychisch Kranke) und/oder Abhängigkeitserkrankungen (Suchtberatung) aller Altersgruppen und deren Angehörige. Sieben Sozialarbeiterinnen und eine Sozialpädagogin beraten diese Klientel, organisieren Hilfsangebote oder stehen zur Krisenintervention zur Verfügung.

    Zu den ergänzenden Hilfen zählen auch die drei im Rhein-Kreis Neuss arbeitenden Sozialpsychiatrischen Zentren (SPZ). Die Zentren in Neuss und Dormagen werden von der Diakonie getragen. Ein weiteres Zentrum in Meerbusch vom Mobilen Hilfsdienst Meerbusch e.V.. Die Zentren selber sind nicht nur in der jeweiligen Stadt tätig, sondern führen auch Außensprechstunden durch.

    In den und durch die SPZ werden unter anderem Hilfeangebote unterbreitet, Kontakt- und Beratungsstellen unterhalten, ambulant betreutes Wohnen durchgeführt, eine Tagesstätte mit Gruppenangeboten unterhalten sowie ambulant psychiatrische Pflege durchgeführt.

    Eine kurzfristige Abfrage bei den SPZ hat ergeben, dass der Bedarf an Beratungen während der Pandemie um bis zu 30 % gestiegen ist. Für die Beratungstermine wird eine dreiwöchige Wartezeit geschildert.

    Die bisherige Struktur im Rhein-Kreis Neuss mit drei SPZ hat sich nicht zufällig ergeben, sondern ist bei der Erstellung des Psychiatrieplans auch von der beteiligten Fachwelt als sinnvoll erachtet worden. Ein wesentlicher Baustein in den SPZ ist die Arbeit in Gruppen. So gibt es z.B. in Meerbusch regelmäßig werktags offene Treffs, Gedächtnistraining, gemeinsames Frühstück, gemeinsames Kochen. Insgesamt weisen die SPZ dadurch eine hohe Bindung der Klienten auf. Die Etablierung eines weiteren SPZ im Rhein-Kreis Neuss wäre angesichts der bestehenden festen Gruppen sicherlich wenig zielführend. Angemessen könnte sein, die vorhandenen Angebote auszudehnen und/oder zu modifizieren. Ggf. kann hierzu zusätzliches Personal erforderlich sein.

    Die geschilderte Abfrage bei den SPZ hat ergeben, dass bereits jetzt Anpassungen des jeweiligen Programms durchgeführt wurden. Dazu wurden auch spezielle Förderprogramme des Landes eingesetzt, mit denen z.B. in Meerbusch verstärkt Hausbesuche durchgeführt werden und Spaziergänge mit den Klienten unternommen werden konnten.


 

 

 

Fazit:

 

Mit dieser Stellungnahme soll eine erste Antwort auf die Fragen der Fraktionen gegeben werden. Um dem Anliegen der Antragsteller umfänglich Rechnung zu tragen wird vorgeschlagen, in der nächsten Sitzung des Gesundheitsausschusses die Sozialpsychiatrischen Zentren zu bitten, noch detaillierter über die praktische Arbeit vor Ort vorzutragen.