Betreff
Anfrage Sharing Dienste - Verbreitung im Rhein-Kreis Neuss
Vorlage
61/0691/XVII/2021
Art
Anfrage

Sachverhalt:

 

Mit Datum vom 28.06.2021 haben die Kreistagsfraktionen von BÜNDNIS 90/ Die GRÜNEN und SPD die als Anlage beigefügte Anfrage  „Sharing-Dienste – Verbreitung im Rhein-Kreis Neuss“  zur Sitzung des Mobilitätsausschusses des Rhein-Kreis Neuss am 26.08.2021 gestellt. Die Verwaltung nimmt hierzu wie folgt Stellung:

Um die Anfrage adäquat beantworten zu können ist eine Eingrenzung bzw. Begriffsdefinition von Shared Mobility von Nöten, da nicht alle Vermietungsdienstleistungen  im engeren Sinne darunter fallen – z. B. konventionelle, also (stationsbasierte) Auto- oder Fahrradverleiher, bei denen zu jedem Mietvorgang ein einzelner Vertrag abgeschlossen werden muss. Betrachtet man die deutschsprachige wissenschaftliche Fachliteratur, fällt einem ins Auge, dass es momentan jedoch keine allumfassende Definition dieses Begriffes gibt. Kritisiert wird dort allen voran, dass die Wahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger, also jenen, die letztlich von den Angeboten Gebrauch machen und profitieren sollen, zu wenig bei der inhaltlichen Ausgestaltung einer allgemeingültigen Definition miteinbezogen würde. Zudem ist erkennbar, dass vorrangig englische Namen und Begrifflichkeiten die Mobilität von morgen prägen.

Nichtsdestotrotz existieren Definitionsansätze, welche vor allem aus der Wissenschaft, den Behörden oder den Anbietern von Sharing-Diensten selbst stammen. Auf der Homepage des „Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes“, wird Shared Mobility als ein Überbegriff für gemeinsam genutzte Fahrzeuge und Mobilitätsangebote definiert. Dies umfasse „[…] die Nutzung von Autos, Fahrrädern bzw. E-Rollern und organisierten Mitfahrgelegenheiten, hinzu kommen spezielle Bring- und Holdienste und Parkplatzdienste (ProPK, 2021).“

Die Internetseite des Autocomputerproduzenten ZF ProAI bietet folgende Erklärung an:

Shared Mobility folgt dem Prinzip des Teilens statt des Besitzens. Begriffe wie Carsharing oder Bikesharing stehen für das Mieten eines Autos oder eines Fahrrades, das auch sehr spontan möglich ist. Durch eine einmalige Registrierung müssen Anbieter und Nutzer typischerweise nicht bei jedem Mietvorgang einen neuen Vertrag miteinander schließen. Stationsbasierte Angebote machen zur Bedingung, ein Fahrzeug an bestimmten Stationen abzuholen und wieder abzugeben. Beim Free-Floating sind Fahrzeuge in festgelegten Gebieten im öffentlichen Raum geparkt, etwa in einer Stadt. Beim künftigen Einsatz von autonom fahrenden Shuttles erhält Shared Mobility eine weitere Bedeutung (siehe autonomes Ride-Hailing) (ZF Pro AI, 2021).

 

Da der Rhein-Kreis selbst nicht über Daten zu den einzelnen Angeboten aus den Kommunen verfügte, wurden alle Kommunen mit der Gewährung einer großzügigen Frist angeschrieben, um sich zu ebenjenen äußern zu können. Des Weiteren wurden – wenn nötig und möglich – auch weitere Entitäten wie z. B. die Stadtwerke oder die Anbieter direkt befragt. Im Folgenden sollen die Antworten und Ergebnisse der Abfrage einzeln nach Kommune und nach den in der Anfrage gestellten Fragestellungen aufgelistet und sortiert dargelegt werden:

 

1)    Aus der Gemeinde Rommerskirchen wurden die Fragen 1, 4 und 5 mit „Nein“ beantwortet. 

2)    Die Antwort der Stadt Grevenbroich steht urlaubsbedingt noch aus. Der Kreisverwaltung sind keine Anbieter bekannt.

3)    Die Stadt Jüchen hat keine der angesprochenen Sharing-Dienste. Die Fragen 2 – 4 entfallen dementsprechend. Auch gibt es keine Kenntnisse über geplanten Markteintritte.

4)    In der Stadt Korschenbroich gibt es im gesamten Stadtgebiet keine Car-, Bike- oder Roller-Sharing Angebote mit entsprechend ausgewiesenen Stellplätzen. Anfragen entsprechender Art lägen auch nicht vor.

5)    Seit 2015 gibt es die Möglichkeit im Stadtgebiet von Kaarst ein Carsharing-Fahrzeug zu nutzen (kein Free-Floating). Die Stadt Kaarst stellt hierzu dem Autohaus Dresen einen Stellplatz am Kaarster Bahnhof (Kaarster Straße 55) zur Verfügung. Der Stellplatz ist durch eine entsprechende Hinweistafel besonders gekennzeichnet. Der Nutzungsbereich erstreckt sich über das Kaarster Stadtgebiet. Zur Auslastung gibt es keine Daten, jedoch vermutet die Stadtverwaltung, dass die Auslastung eher gering ist. Die Fragen 4 und 5 wurden beide jeweils verneint.

6)    In der Stadt Meerbusch ist seit Mitte April die Firma Bird mit ihren E-Scootern aktiv. Bediengebiet sind die drei großen Stadtteile Osterath, Büderich und Strümp mit insgesamt 150 Rollern. Angenommen würden diese sehr gut mit 1,47 Fahrten pro Tag und Scooter. Bird testet diese Konstellation 6 Monate und danach wird gemeinsam eine Auswertung vorgenommen. Zudem gäbe es bereits weitere Anfragen von den Anbietern Lime, Tier und Voi, von diesen wird Lime vermutlich noch diesen Sommer mit 200 Scootern und 100 E-Bikes im gesamten Stadtgebiet an den Start gehen. Die Stadt Meerbusch schließt mit jedem Anbieter ein Qualitäts-Agreement ab, in dem auch die Anzahl an Scootern festgehalten wird. Dabei hat man sich zunächst auf max. 200 Scooter pro Anbieter für das gesamte Stadtgebiet geeinigt. Eine Genehmigung benötigen die E-Scooter-Anbieter nicht. Aus diesem Grunde versuche die Stadt Meerbusch möglichst eng mit den Anbietern zusammenzuarbeiten und gemeinsam Parkverbotszonen u. Ä. festzulegen. Bisher seien erst wenige Beschwerden eingegangen. Man sei gespannt wie es wird, wenn mehrere Anbieter von E-Scootern und auch noch E-Bikes hinzukommen.

Bezüglich der Einrichtung einer Car-Sharing-Infrastruktur lässt sich die Stadt Meerbusch im Moment von dem Unternehmen Eco-Libro beraten. Diese Beratung wird über das Programm Teil.Land.NRW gefördert. Künftig soll sukzessive – zunächst am Standort Wittenberger Straße in Lank-Latum – und in Kooperation mit den Stadtwerken ein Car-Sharing-System mit E-Autos aus dem Fahrzeugpool der Stadt aufgebaut werden. Die Fahrzeuge werden demnächst mit der dazu nötigen Software ausgestattet und dann zunächst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Im nächsten Jahr sollen diese dann auch öffentlich zugänglich gemacht werden. Abschließend bieten die Stadtwerke in Meerbusch bereits jetzt noch einen BMW i3 zum sharen für die Bürgerinnen und Bürger an, welches sich in der Hildegundisallee befindet (kein Free-Floating). Dieser soll ab nächstem Jahr dann auch in die Flotte des Kooperationsprojektes zwischen Stadt und Stadtwerken integriert werden.

7)    Von der Stadt Neuss wurden sowohl Antworten von Seiten der Stadtverwaltung als auch der Stadtwerke Neuss GmbH eingeholt. In der Stadt Neuss gibt es verschiedene Sharing-Angebote. Zum einen werden durch die Stadtwerke Neuss GmbH sowohl E-Pkw als auch E-Roller angeboten. Für die E-Autos betreiben die Stadtwerke die Sharingplattform „neuss e-mobil“ in einer eigenen App. Diese läuft seit August 2020 mit zurzeit 6 E-Fahrzeugen, 4 davon in einer eigenen Benutzeroberfläche für verschiedene Benutzergruppe und 2 in einer Kooperation mit dem Neusser Bauverein. Darüber hinaus werden in einem internen Carsharing-Angebot weitere 3 E-Fahrzeuge für Dienstfahrten eigener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtwerke Neuss angeboten. Die Sharing-Plattform wird momentan um weitere Produkte erweitert. Geplant sind dabei noch in diesem Sommer E-Roller, E-Bikes und Fahrradboxen. Die Fahrzeuge werden stationsbasiert an den Standorten Neuss Innenstadt, Haltestelle Niedertor (SWN), Moselstraße (SWN) und Wingender Straße (Neusser Bauverein) angeboten. Über die Auslastung kann aufgrund der aktuellen Coronasituation keine abschließende Aussage getroffen werden. Es wird jedoch insgesamt eine positive Entwicklung der Nutzerzahlen festgestellt, wobei man von einer Kostendeckung durch die erzielten Einnahmen weit entfernt ist. Zu den Fragen 4 und 5 konnte von Seiten der Stadtwerke keine Aussage getroffen werden. Die Stadtverwaltung bietet in Kooperation mit der Firma Lime E-Bikes und in Kooperation mit den Firmen Lime und Spin E-Scooter an. Das Einzugsgebiet stellt das Stadtgebiet von Neuss dar, wobei bei den Scootern die Randgebiete teilweise ausgeschlossen sind. Da die E-Scooter erst seit wenigen Monaten im Einsatz sind, liegen noch keine verlässlichen Daten zur Auslastung vor. Bei den Scootern wurden mithilfe einer Sondernutzungserlaubnis Regelungen zur Anzahl der Roller, zum zulässigen Abstellen sowie der Befristung der Genehmigung etc. festgelegt. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Stadt mit weiteren Anbietern für Scooter, Bike und Roller-Anbieter im Gespräch sei.

8)    In der Stadt Dormagen gibt es folgende (Verleih- und) Sharing-Dienste: In der Radstation am Bahnhof können Fahrräder – auch E-Bikes – gemietet werden (kein Free-Floating). Das Einzugsgebiet für die Fährräder erstreckt sich auf die Gemeinden, welche über eine von der Caritas geführte Radstation verfügen (Neuss, Grevenbroich und Dormagen).

Ein E-Scooter-Anbieter stehe in Dormagen in den Startlöchern. Momentan wird vom Ordnungsamt noch ein Nutzungskonzept erarbeitet. Die E-Scooter werden dabei wohl auf dem Stadtgebiet von Dormagen verbleiben.

Es wurde zudem erläutert, dass über den öffentlichen Dienstauftrag über Verkehrsleistungen im Aufgabenträgergebiet, der an die SVGD (Stadtbad- und Verkehrsgesellschaft Dormagen)/ SDG (Stadtbus Dormagen) erteilt wurde, steuernd Einfluss genommen werden könne. Jedoch seien Angebote wir E-Roller oder Verleihfahrräder nicht zu unterbinden. Lediglich Verkehrsleitungen im Bus- sowie On-Demand-Bereich können reglementiert werden.

Als ein weiteres Angebot besteht ein Carsharing-Angebot in Dormagen von cambio Rheinland in Kooperation mit der Stadtbus (SVGD) und der Energieversorgung Dormagen (evd). Dabei handelt es sich um ein sogenanntes stationsbasiertes Angebot, d.h. die Fahrzeuge haben einen festen, für sie reservierten Parkplatz, an dem sie stationiert sind. Durch die Planbarkeit dieses Angebots eignet sich dieses Angebot besser zum Ersatz eines Fuhrparks oder eines privaten PKW als ein sogenanntes Free Floating-Angebot, bei dem die Fahrzeuge im Stadtgebiet verteilt sind. Initiiert wurde das Angebot durch eine Ausschreibung der Stadt Dormagen, die ein stationsbasiertes (E-)Carsharing kombiniert mit ÖPNV-Tickets und einem Fahrradleihsystem als Mobilitätspaket und als Ersatz für die dienstliche Nutzung von Privat PKW für die Angestellten der Stadtverwaltung etablieren will.

Zur Akzeptanz und zur Auslastung des Angebots konnte von Seiten der Stadt Dormagen keine Rückmeldung gegeben werden, sodass Cambio direkt kontaktiert wurde:

Derzeit werden 19 E-Fahrzeuge, davon 8 am technischen Rathaus und 9 im Parkhaus Nettergasse sowie 2 konventionelle Fahrzeuge am BHF Dormagen bereitgestellt. Die Fahrzeuge werden unter der Woche hauptsächlich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für Dienstfahrten genutzt. Bei Cambio handelt es sich um einen seit 1992 etablierten, bundesweiten Anbieter von Carsharingdienstleistungen mit einem Schwerpunkt im Rheinland (Köln, Bonn, Düsseldorf und Umland). Von Seiten cambios wurde erörtert, dass das Sharing-Angebot durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung im Zeitraum zwischen 09.00 Uhr und 13:00 Uhr sehr gut angenommen wird. Die Auslastung könnte noch weiter gesteigert werden, wenn sich der angestrebte Mobilitätsmix in der Nutzung noch weiter etabliert. Dazu gehört vor allen Dingen die Nutzung der Fahrräder als Alternative zum Automobil für kurze Distanzen. Hier sollen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Seiten der Verantwortlichen bei der Stadtverwaltung noch mehr mitgenommen werden.

In der übrigen Zeit am Nachmittag sowie an Wochenenden gibt es noch Luft nach oben in der Nutzung, wenn man Vergleichszahlen von cambio aus anderen Städten, in denen Carsharing bereits etabliert ist, hinzuzieht. Es wird angestrebt, dazu die Bevölkerung immer wieder auf das Angebot aufmerksam zu machen, dazu hat sowohl die Stadt Dormagen als auch die evd und die SVGD Bereitschaft signalisiert.

 

 

 

 

 

Digitalisierungs-TÜV
(X ) Digitalisierungspotential vorhanden.

(   ) Digitalisierungspotential muss geprüft werden.

(   ) Kein Digitalisierungspotential (derzeit) erkennbar.