Betreff
Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel
Vorlage
50/0933/XVII/2021
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Ausschuss für Soziales und Wohnen empfiehlt dem Kreistag wie folgt zu beschließen:

1.      Es werden die folgenden sechs Vergleichsräume gebildet:

-          Meerbusch,

-          Neuss,

-          Kaarst,

-          Dormagen,

-          Grevenbroich/Rommerskirchen,

-          Korschenbroich/Jüchen

 

2.      Für die Vergleichsräume werden die Mietobergrenzen der Nettokaltmiete wie folgt festgelegt:

3.      Die Nichtprüfungsgrenze der kalten Betriebskosten wird wie folgt festgelegt:

dt. Mieterbund (Werte in Euro)

je m2

50 m2

65 m2

80 m2

95 m2

110 m2

kalte Betriebskosten NRW

2,14

107,0

139,1

171,2

203,3

235,4

 

4.      Als warme Betriebskosten werden die einschlägigen Werte des Heizkostenspiegels für Deutschland - in der aktuellen Fassung - angewandt. Dabei werden das Heizsystem, die Gesamtgebäudefläche und der Wert unter „zu hoch“ als Nichtprüfungsgrenze angesetzt.

 

Beispielhaft ist die Berechnung eines Gebäudes mit einer Wohnfläche von 100 – 250 m2 und Erdgas als Heizsystem dargestellt: ab 16,41 € p. a. je m2 = 1,37 € pro Monat je m2

Heizkostenspiegel für Deutschland

je m2

50 m2

65 m2

80 m2

95 m2

110 m2

100-250 m2, Erdgas (Werte in Euro)

1,37

68,5

89,1

109,6

130,2

150,7

 

Für sonstige Heizarten (z. B. Kohle) werden die intensivsten Heizsystemkosten zu Grunde gelegt: 22,41 € p. a. je m2 = 1,87 € pro Monat je m2 (wie beim Heizsystem: Wärmepumpe)

 

5.      Die Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten insgesamt erfolgt auf Basis der unter Ziffer 2 dargestellten Komponentenlösung

 

6.      Es wird ein Klimabonus in der unter Ziffer 2 der Vorlage dargestellten Form gewählt.

 

7.      Die Regelungen treten zum 1. Februar 2022 in Kraft.

 


Sachverhalt:

In der Ausschusssitzung für Soziales und Wohnen am 15.09.2021 wurde das bei dem Unternehmen empirica in Auftrag gegebene schlüssige Konzept von einem Mitarbeiter von empirica vorgestellt. Im Unterschied zu den bisherigen schlüssigen Konzepten basiert das Konzept von empirica ausschließlich auf der Ermittlung und Auswertung von Angebotsmieten. Diese Vorgehensweise wurde zwischenzeitlich durch das Bundessozialgericht bestätigt und ein auf Angebotsmieten basierendes Konzept als schlüssig anerkannt. Bezogen auf folgende Fragen, oblag es dem Rhein-Kreis Neuss empirica Vorgaben hinsichtlich verschiedener Alternativen zur verfahrenstechnischen Vorgehensweise zu machen.

 

1.                  Orientierung der Angemessenheitsgrenzen auf das untere Drittel aller ermittelten Mietwerte

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erstreckt sich die Verpflichtung zur Daseinsvorsorge bezogen auf die Kosten der Unterkunft auf die Deckung der Kosten für eine einfache Unterkunft. Durch die Auswertung der Mietwerte ermittelt empirica aber zunächst die durchschnittlichen Mietwerte aller am Markt verfügbaren Wohnungen der jeweiligen Wohnraumklasse während der Auswertungsphase, also auch solcher Wohnungen, die qualitativ hochwertiger als eine einfache Unterkunft sind. Der Rhein-Kreis Neuss hält die Festlegung der Angemessenheitsgrenze auf die unteren 33% der jeweiligen Mietwerte als angemessen und insbesondere als ausreichend. Zum einen entspricht die Festlegung des unteren Drittels als Angemessenheitsgrenze der Empfehlung von empirica. Zum anderen konnte anhand von Stichproben verifiziert werden, dass ausreichend angemessene Wohnungen unter Einhaltung dieser Angemessenheitsgrenze anmietbar sind, die auch dem vorgegebenen Standard entsprechen. Zudem wurde die Festlegung der Angemessenheitsgrenze auf das untere Drittel bisher in der Rechtsprechung bereits als ausreichend bestätigt. Im Übrigen orientiert sich auch der Gesetzgeber in diversen Regelungen an dem unteren Drittel, wie z. B. in § 75 Abs. 2 SGB XII.

 

2.                  Nettokaltmiete als Basis der ermittelten Mietwerte

Der Rhein-Kreis Neuss hat sich dazu entschlossen, die Mietwerte anhand der Nettokaltmieten ermitteln zu lassen und damit die so genannte Komponentenlösung gewählt. Die Komponentenlösung sieht vor, dass die einzelnen Bestandteile der Unterkunftskosten (Nettokaltmiete + kalte Betriebskosten + warme Betriebskosten) einzeln - auf ihre Angemessenheit - geprüft werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Bedarfsgemeinschaften die Lage und die Größe des Wohnraums in einem gewissen Rahmen selbst wählen können. Es besteht die Wahlfreiheit zwischen einer kleineren Wohnung in besserer Qualität/Lage und einer größeren Wohnung in einfacherer Qualität/Lage. Die Nettokaltmieten als Grundlage für die Angemessenheitswerte zu wählen entspricht ebenfalls der Empfehlung von empirica. Dabei wird insbesondere dem Umstand Rechnung getragen, dass die Nebenkosten (bestehend aus kalten und warmen Betriebskosten) seitens der Leistungsbezieher nur geringfügig beeinflussbar sind. Gleichzeitig erlaubt diese Vorgehensweise dem Rhein-Kreis Neuss eine intensive Verfolgung umweltpolitischer Ziele. So kann bei auffallend niedrigen Betriebskosten ein Klimabonus in der Form gewährt werden, dass im Einzelfall auch Kaltmieten, die die Angemessenheitsgrenze überschreiten als angemessen akzeptiert werden können und damit umweltfreundliche Immobilien gefördert werden. Die Höhe des Klimabonus errechnet sich als Differenz zwischen der Nichtprüfungsgrenze der kalten und warmen Betriebskosten und den tatsächlichen kalten und warmen Betriebskosten.

 

3.                  Haushaltspolitische Auswirkung der ermittelten Angemessenheitswerte

Die Übernahme der vorgeschlagenen Mietobergrenzen hätte einen prognostizierten Mehraufwand i. H. v. 1,2 Mio. € bei den Kosten der Unterkunft und Heizung zur Folge. Durch den prognostizierten Aufwand würde die Bundesbeteiligung um etwa 753.000 € steigen. Die Bundesbeteiligung in 2022 liegt bei derzeit 62,8 %.

 

4.                  Verfahrenstechnisches Vorgehen

Absprachegemäß ist der Bericht zwecks Beratung bereits an die Fraktionen weitergeleitet worden. Am 15.12.2021 könnte der Kreistag den auf der Grundlage des von empirica erstellten Berichts neu ermittelten Richtwerten zustimmen.