Betreff
Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel
Vorlage
50/0989/XVII/2021
Art
Tischvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Kreistag beschließt:

 

1.    Es werden die folgenden sechs Vergleichsräume gebildet:

-          Meerbusch,

-          Neuss,

-          Kaarst,

-          Dormagen,

-          Grevenbroich/Rommerskirchen,

-          Korschenbroich/Jüchen

 

2.    Für die Vergleichsräume werden die Mietobergrenzen der Nettokaltmiete wie folgt festgelegt:

3.    Die Nichtprüfungsgrenze der kalten Betriebskosten wird wie folgt festgelegt:

dt. Mieterbund (Werte in Euro)

je m2

50 m2

65 m2

80 m2

95 m2

110 m2

kalte Betriebskosten NRW

2,14

107,0

139,1

171,2

203,3

235,4

 

4.    Bruttokaltmieten: Tabelle

 

 

5.    Als warme Betriebskosten werden die einschlägigen Werte des Heizkostenspiegels für Deutschland - in der aktuellen Fassung - angewandt. Der BSG-Rechtsprechung entsprechend werden die Brennstoffarten, die Gesamtgebäudefläche und der Wert unter „zu hoch“ als Nichtprüfungsgrenze angesetzt.

 

Beispielhaft ist die Berechnung für ein Gebäude mit einer Wohnfläche von 100 – 250 m2 und Erdgas als Heizsystem dargestellt:
ab 16,41 € pro Jahr je m2 = 1,37 € pro Monat je m2

Heizkostenspiegel für Deutschland

je m2

50 m2

65 m2

80 m2

95 m2

110 m2

 Erdgas (Werte in Euro)

1,37

68,5

89,1

109,6

130,2

150,7

 

6.    Die Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten insgesamt erfolgt auf Basis der unter Ziffer 2 dargestellten Bruttokaltmiete bezogen auf die Komponenten Nettokaltmiete zzgl. kalte Betriebskosten.

 

7.    Es wird ein Klimabonus in der unter Ziffer 2 der Vorlage dargestellten Form gewählt.

 

8.    Die Regelungen treten zum 1. Februar 2022 in Kraft.

 


Sachverhalt:

 

In der Ausschusssitzung für Soziales und Wohnen am 15.09.2021 wurde das bei dem Unternehmen empirica in Auftrag gegebene schlüssige Konzept von einem Mitarbeiter von empirica vorgestellt. Im Unterschied zu den bisherigen schlüssigen Konzepten basiert das Konzept von empirica bezüglich der Nettokaltmieten ausschließlich auf der Ermittlung und Auswertung von Angebotsmieten. Diese Vorgehensweise wurde zwischenzeitlich durch das Bundessozialgericht bestätigt und ein auf Angebotsmieten basierendes Konzept als schlüssig anerkannt.

 

1.           Orientierung der Nettokaltmiet-Angemessenheitsgrenzen auf das untere Drittel aller ermittelten Mietwerte

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erstreckt sich die Verpflichtung zur Daseinsvorsorge bezogen auf die Kosten der Unterkunft auf die Deckung der Kosten für eine einfache Unterkunft. Durch die Auswertung der Mietwerte ermittelt empirica aber zunächst die durchschnittlichen Mietwerte aller am Markt verfügbaren Wohnungen der jeweiligen Wohnraumklasse während der Auswertungsphase, also auch solcher Wohnungen, die qualitativ hochwertiger als eine einfache Unterkunft sind. Der Rhein-Kreis Neuss hält die Festlegung der Angemessenheitsgrenze auf die unteren 33 % der jeweiligen Mietwerte als angemessen und insbesondere als ausreichend. Zum einen entspricht die Festlegung des unteren Drittels als Angemessenheitsgrenze der Empfehlung von empirica. Zum anderen konnte anhand von Stichproben verifiziert werden, dass ausreichend angemessene Wohnungen unter Einhaltung dieser Angemessenheitsgrenze anmietbar sind, die auch dem vorgegebenen Standard entsprechen. Zudem wurde die Festlegung der Angemessenheitsgrenze auf das untere Drittel bisher in dem BSG-Urteil vom 17.9.2020 (B 4 AS 22/20 R, RdNr 37) zu einem Schlüssigen Konzept von empirica nicht beanstandet. Im Übrigen orientiert sich auch der Gesetzgeber in diversen Regelungen an dem unteren Drittel, wie z. B. in § 75 Abs. 2 SGB XII.

 

2.           Mietobergrenzen / Angemessenheitsgrenzen

Die Bedarfe für Unterkunft unterteilen sich in drei Komponenten: Nettokaltmiete, kalte Betriebskosten, warme Betriebskosten (Heizkosten).

Im Sinne der BSG-Rechtsprechung müssen die Nettokaltmiete zzgl. kalte Betriebskosten (Bruttokaltmiete) getrennt von den warmen Betriebskosten auf ihre konkrete Angemessenheit geprüft werden. Die Anwendung der Bruttokaltmiete stellt sicher, dass die Bedarfsgemeinschaften die Lage und die Größe des Wohnraums in einem gewissen Rahmen selbst wählen können. Es besteht die Wahlfreiheit zwischen einer kleineren Wohnung in besserer Qualität/Lage und einer größeren Wohnung in einfacherer Qualität/Lage.

 

Gleichzeitig wird die Möglichkeit eingeräumt, den unangemessenen Teil einer Bruttokaltmiete durch niedrige Heizkosten zu kompensieren. Diese Vorgehensweise erlaubt eine intensive Verfolgung umweltpolitischer Ziele. So kann bei auffallend niedrigen Heizkosten ein Klimabonus in der Form gewährt werden, dass im Einzelfall auch Bruttokaltmieten, die die Angemessenheitsgrenze überschreiten als angemessen akzeptiert werden können und damit umweltfreundliche Immobilien gefördert werden. Die Höhe des Klimabonus errechnet sich als Differenz zwischen der Bruttokaltmiete einschließlich den möglichen Heizkosten und der tatsächlichen Bruttokaltmiete einschließlich den tatsächlichen Heizkosten.

 

3.           Geänderte Vergleichsraumbildung

Im Rhein-Kreis Neuss werden sechs Vergleichsräume gebildet. Aufgrund der räumlichen Nähe und der homogenen Infrastruktur werden Korschenbroich/Jüchen und Grevenbroich/Rommerskirchen jeweils zu einem Vergleichsraum zusammengefasst. Eine ausreichende Fallzahl an Mietwohnungen in jedem Vergleichsraum wird sichergestellt. Das Mietgefälle in jedem Vergleichsraum ist kleiner als 1 € je Quadratmeter.

 

4.           Haushaltspolitische Auswirkung der ermittelten Angemessenheitswerte

Die Übernahme der vorgeschlagenen Mietobergrenzen hätte einen prognostizierten Mehraufwand i. H. v. 1,2 Mio. € bei den Kosten der Unterkunft und Heizung zur Folge. Durch den prognostizierten Aufwand würde die Bundesbeteiligung um etwa 753.000 € steigen. Die Bundesbeteiligung in 2022 liegt bei derzeit 62,8 %.