Beschlussempfehlung:
keine
Sachverhalt:
Der Bezug von Leistungen nach dem
SGB II steht einem grundsätzlichen Bezug von Leistungen nach dem SGB XII nicht
im Wege. Nach § 5 Abs. 2 SGB II erhält derjenige keine Hilfe zum
Lebensunterhalt nach dem SGB XII, der Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende nach dem SGB II erhält.
Dies gilt mit der Folge, dass
bestimmte SGB XII-Leistungen (u.a. Hilfen zur Gesundheit nach §§ 47 bis 52,
Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach §§ 67 bis 69
oder Hilfen in anderen Lebenslagen nach §§ 70 bis 74) auch ALG-II-Bezieher
erhalten können.
Nach § 49 SGB XII werden zur
Familienplanung die ärztliche Beratung, die erforderliche Untersuchung und die
Verordnung der empfängnisregelnden Mittel geleistet. Die Kosten für
empfängnisverhütende Mittel werden übernommen, wenn diese ärztlich verordnet
worden sind.
In § 52 Abs. 1 SGB XII ist
geregelt, dass die Hilfen nach den §§ 47 bis 51 den Leistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung entsprechen.
Hierzu aus dem Kommentar
Grube/Wahrendorf zu § 49 SGB XII folgendes:
„Die Hilfe des Satzes 1 ist als
Geldleistungsanspruch konzipiert, auf den ein Rechtsanspruch besteht. Es wird
eine finanzielle Beihilfe für die ärztliche Beratung, die erforderliche
Untersuchung und die Verordnung empfängnisregelnder Mittel gewährt. …
Empfängnisregelnde Mittel sind nach allgemeinem Sprachverständnis sowohl
empfängnisverhütende als auch empfängnisermöglichende Mittel. … Ergänzt wird
S. 1 durch S. 2, in dem noch einmal klargestellt ist, dass die Kosten
empfängnisverhütender Mittel nur übernommen werden können, wenn sie ärztlich
verordnet worden sind. Deshalb kann nach dem eindeutigen Wortlaut der
Vorschrift der Hilfeträger keine Beihilfe für frei verkäufliche Präservative
gewähren. Diese müssen aus der Hilfe zum Lebensunterhalt bezahlt werden. Wegen
der Anbindung des Leistungsrechts an das SGB V können Mittel für Personen
nach Vollendung des 20. Lebensjahres nicht mehr übernommen werden.“
Mit der Neukonzeption der
Sozialhilfe ab dem 01.01.2005 stellt sich die Sachlage tatsächlich rechtlich so
dar, dass nach Vollendung des 20. Lebensjahres keine Verhütungsmittel mehr nach
§ 49 SGB XII gewährt werden können. Da sich die Altersgrenze aus dem SGB V
ergibt, ist eine Übernahme der Verhütungsmittel ab dem 21. Lebensjahres auch
aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse nicht möglich.
Hilfebedürftige Personen, die
Leistungen nach dem SGB II aber auch nach dem SGB XII beziehen, müssen, sofern
sie das 20. Lebensjahr vollendet haben, die Aufwendungen für Verhütungsmittel
aus ihrem Regelsatz oder dem ihnen zur Verfügung stehendem Einkommen tragen.
Leistungen hierfür würde der
Rhein-Kreis Neuss somit freiwillig erbringen.
Eine Anfrage bei der Stadt
Mönchengladbach ergab folgendes:
Die Stadt Mönchengladbach bewilligt
seit 2009 dem Personenkreis der U25-jährigen SGB II-Bezieherinnen Verhütungsmittel,
wenn diese ärztlich verordnet werden. Im Haushalt waren hierfür ca. 12.000 Euro
angesetzt, der aber für die hohe Zahl der Anträge nicht ausreichte. Für 2010 ist
eine Anhebung des Ansatzes auf 25.000 € vorgesehen.
In 2009 wurden bei der Stadt Mönchengladbach
insgesamt 168 Anträge gestellt. Im Durchschnitt hat ein Antrag somit Kosten in
Höhe von 134,00 € verursacht (168 x 134,00 € = 22.512,00 €). Die einzelnen
Kosten variieren hierbei in einer Preisspanne von ca. 20,00 € für Pillen bis zu
400,00 € für Spiralen.
Für 2010 wird seitens der Stadt
Mönchengladbach angedacht, den Personenkreis auf Leistungsberechtigte nach dem
SGB XII und dem AsylbLG auszuweiten und die Altersgrenze zu streichen, da eine
Beschränkung auf SGB II-Bezieherinnen nicht begründet werden kann.
Die Bewilligungspraxis sieht wie
folgt aus: Die ALG-II-Bezieherin lässt sich zunächst das Verhütungsmittel
ärztlich verordnen und legt die ärztliche Verordnung bei der ARGE vor. Der
persönliche Leistungssachbearbeiter stellt eine Kostenzusage aus, die bei einer
Apotheke vorzulegen ist. Rechnungen werden sodann nicht der ARGE, sondern dem
Sozialamt vorgelegt und durch das Sozialamt abgerechnet. Im Abrechnungswesen
stellte die Stadt Mönchengladbach jedoch Hindernisse fest, da die
Abrechnungspraxis nicht einheitlich ist. Die Abrechnungspraxis wird als
kompliziert bezeichnet.
Geschätzte Auswirkungen auf den
Rhein-Kreis Neuss:
Laut dem ARGE-Report Rhein-Kreis
Neuss des Monats Oktober 2009 waren bei der ARGE Rhein-Kreis Neuss in Oktober
2009 (Seite 8) 2.167 erwerbsfähige
Frauen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und 6.174
erwerbsfähige Frauen, im Alter zwischen 25 und 50 Jahren, im Leistungsbezug
nach dem SGB II. Insgesamt beläuft sich die Zahl der Frauen, die
Verhütungsmittel beantragen könnten, auf 8.341.
Nimmt man die durchschnittlichen
Kosten eines Antrages mit 134,00 € an (Durchschnitt der Stadt Mönchengladbach
in 2009), fielen für den Rhein-Kreis Neuss folgende Mehrbelastungen an:
·
alle
8.341 ( = 100 % ) der o.g. Frauen beantragen entsprechende Leistungen: 1.117.694,00 €
·
bei
einer Antragsquote von 50 % = 558.847,00 €
·
bei
30 % = 335.308,20 €
·
bei
20 % = 223.538,80 €
·
bei
10 % = 111.769,40 €
·
bei 5 % = 55.884,70 €
Bei einer Ausweitung des
Personenkreises auf andere Rechtskreise würden die geschätzten Mehrbelastungen
des Rhein-Kreises Neuss entsprechend steigen. Hinzukommt ohnehin ein nicht
unerheblich hoher Verwaltungsaufwand.