Betreff
Neuorganisation der ARGE Rhein-Kreis Neuss
Vorlage
50/0596/XV/2010
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

 

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Kreistag folgenden Beschluss zu fassen:

 

1.      Der Rhein-Kreis Neuss beantragt die Zulassung als kommunaler Träger nach § 6a SGB II.  

 

2.      Bei einer künftigen alleinverantwortlichen Umsetzung des SGB II werden die Städte und Gemeinden des Rhein-Kreises Neuss beteiligt. Dies soll möglichst im Rahmen der Delegation erfolgen. Innerhalb der Delegation werden die organisatorischen Grundstrukturen der bisherigen ARGE Rhein-Kreis Neuss fortgeführt.

 

3.      An der Kostenbeteiligung (50:50 – Regelung) der kreisangehörigen Städte und Gemeinden wird festgehalten.

 

4.      Über das zugeteilte Gesamtbudget für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten hinaus, werden keine zusätzlichen Kreismittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und für Personalaufstockungen bereitgestellt. Die gegenseitige Deckungsfähigkeit der Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und Verwaltungskosten bleibt unberührt, sofern die rechtlichen Voraussetzungen hierfür eröffnet bleiben.

 


Sachverhalt:

 

Das Thema Neuorganisation der ARGE Rhein-Kreis Neuss wurde bereits in der Sitzung am 27.05.2010 beraten. Aufgrund der damit verbundenen wichtigen und komplexen Zukunftsentscheidung wurde festgelegt, eine weitere Sitzung des Fachausschusses durchzuführen und die Entscheidung in der Frage „Jobcenter oder Option“ im Kreistag, der auf den 14.07.2010 verlegt wurde, zu treffen.

 

Zwischenzeitlich hat der Deutsche Bundestag in 2. und 3. Lesung die Grundgesetzänderung und das Begleitgesetz dazu beschlossen; die wesentlichen Änderungen zum Gesetzesentwurf sind in einer Ergänzung zum bekannten Arbeitspapier dargestellt.

 

Die Verwaltung hat auf Wunsch der Kreistagsfraktionen ihre Erläuterungen auch dort im Einzelnen vorgestellt. Fragenkataloge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der SPD sind beantwortet worden und liegen als Anlage bei.

 

Mit der Bürgermeisterin und den Bürgermeistern der kreisangehörigen Städte und Gemeinden hat der Landrat am 01.06.2010 ein erstes Gespräch zum Thema Neuorganisation der ARGE geführt. Sein Allgemeiner Vertreter hat die Sozialdezernenten in dieser Sache am 14.06.2010 informiert. Aus dieser Runde hat die Verwaltung einen Fragenkatalog des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen vom 10.06.2010 erhalten und diesen in einer zweiten Konferenz am 21.06.2010 beantwortet. Fragen und Antworten sind als weitere Anlagen beigefügt; ebenso die Protokolle beider Konferenzen.

 

Die Städte und Gemeinden haben eine große Zufriedenheit über ihre umfassende Einbindung geäußert und angemerkt, dass alle Fragen, die zu diesem Zeitpunkt beantwortet werden können, beantwortet wurden.

 

Bedenken sind geblieben, was die grundsätzliche Mischverwaltung und Mischfinanzierung angeht. Bedenken sind zudem geäußert worden, was den Einsatz zusätzlicher Finanzmittel des Kreises für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und Personaleinsatz angeht.

 

Die Verwaltung stellt hierzu fest, dass es in ihrem großen Interesse liegt, bewährte Strukturen der ARGE Rhein-Kreis Neuss zu übernehmen, das betrifft besonders Standorte und die Mitwirkung des kommunalen Personals. Die Verwaltung sieht es als möglich an, entsprechende Satzungsregelungen zu treffen. Es ist zudem beabsichtigt, ausschließlich und ohne zusätzliche kommunale Mittel Eingliederungsmaßnahmen und Verwaltungskosten aus dem zugeteilten Budget zu bestreiten. Der Kreistag des Rhein-Kreises Neuss kann entsprechende Verpflichtungserklärungen geben.

 

In einer weiteren Bürgermeisterkonferenz am 24.06.2010 wurde die Neuorganisation erneut beraten. Das Protokoll dieser Sitzung ist den Erläuterungen beigefügt.

 

Die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege im Rhein-Kreis Neuss wurde am 08.06.2010 in den Entscheidungsprozess in der Optionsfrage eingebunden und hat am 17.06.2010 eine Stellungnahme abgegeben; siehe Anlage.

 

Die Personalvertretung des Rhein-Kreises Neuss hat ebenfalls eine Stellungnahme abgegeben, die diesen Erläuterungen beigefügt ist.

 

Der Allgemeine Vertreter des Landrats und der Leiter des Kreissozialamtes haben sich bei drei Optionskommunen im Ennepe-Ruhr-Kreis, im Kreis Kleve und beim Kreis Düren vor Ort informiert. Die Verwaltung hat sich davon überzeugen können, dass das Optionsmodell in Abwägung aller Vor- und Nachteile keine Risiken birgt, die vergleichsweise zum Regelmodell uneinschätzbar oder unlösbar sind. Zudem ist bestätigt worden, dass das Optionsmodell unter Steuerungsaspekten den großen Vorteil hat, kommunale Interessen und kommunale Wirkbereiche effizient überein zu bringen. Alle drei Kreise werden innerhalb des Optionsmodells weiterarbeiten und wollen ihren Erfolg auch unter den neuen Rahmenbedingungen und im direkten Vergleich zu den Jobcenter-Modellen mit BA-Beteiligung messen lassen.

 

Die Verwaltung hat für alle Beteiligten mit einer Vielzahl von Sachinformationen eine möglichst objektive und entscheidungsneutrale Entscheidungsgrundlage gegeben.

 

Zusammenfassend weist die Verwaltung auf folgende wichtige Aussagen hin:

 

  • es gibt zwischen den beiden Organisationsmodellen keine Unterschiede in den Finanzströmen und in der Berechnung des Budgets für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten,  

 

  • es fallen zwar IT-Umstellungskosten an, diese sind aber geringer als die bisher aus dem Verwaltungskostenbudget für die IT-Infrastruktur geleisteten Kosten. Die Umstellungskosten sind insgesamt grundsätzlich über das Budget finanzierbar.

 

  • Einsparpotentiale im Verwaltungshaushalt durch Synergieeffekte und Ressourcenbündelung,

 

  • es werden nur die zur Verfügung gestellten Finanzmittel für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten ausgegeben; das Haftungsrisiko ist von untergeordneter Bedeutung,

 

  • die Städte und Gemeinden sollen bei der Umsetzung des SGB II weiterhin aktiv mitwirken können,

 

  • die 50:50 – Regelung in der Kostenbeteiligung soll erhalten bleiben.

 

Die Verwaltung sieht im Optionsmodell besonders folgende Chancen:

 

  • verantwortliche kommunale Gestaltung und Steuerung in einem zentralen Sozialbereich,

 

  • Vernetzung der verschiedenen kommunalen Wirkungsbereiche, z.B. mit Wirtschafts-förderung und Berufsbildungszentren,

 

  • regionale Arbeitsmarktpolitik unter Nutzung örtlicher Strukturen,

 

  • Bestandsgarantie flächendeckender bürgernaher Dienstleistungen,

 

  • Bildung eines einheitlichen Personalkörpers,

 

und traut sich diese Aufgabe, auch unter Hinweis auf die vor der Hartz IV - Reform erzielte Erfolge in der früheren „Hilfe zur Arbeit“, zu. Das Optionsmodell stellt für unseren Standort die bestmögliche Lösung dar.

 

Weiteres Verfahren:

 

Letzter Tag der Abgabefrist für den Antrag auf Zulassung als kommunaler Träger ist der 31.12.2010. Bundesweit werden 41 weitere Optionskommunen zugelassen; der Verteilungsschlüssel ist noch nicht verbindlich festgelegt, für das Land Nordrhein-Westfalen wird mit voraussichtlich 7 (max. 8) neuen kommunalen Trägern gerechnet.

 

Stellen in einem Land mehr kommunale Träger einen Antrag auf Zulassung, als auf das jeweilige Kontingent entfallen, schlägt die oberste Landesbehörde dem BMAS bis zum 31.03.2011 vor, in welcher Reihenfolge die Antragsteller zugelassen werden. Bei diesem landesbezogenem Ranking wird das Land die eingereichten kommunalen Eignungskonzepte anhand einer detaillierten Bewertungsmatrix bewerten.

 

Die Eignungskonzepte haben im Verfahren also eine entscheidende Bedeutung. Um eine qualitativ hohe, alle relevanten Aspekte berücksichtigende Konzeption erstellen zu können, sind zum vorhandenen Datenmaterial weitere Auswertungen vorzunehmen, Handlungsansätze zu erarbeiten und darzustellen sowie Gespräche mit möglichen Kooperationspartnern zu führen. Die den Erläuterungen noch beigefügten „Hinweise zur Konzeption Arbeitsvermittlung / Arbeitsmarktprogramm“ verdeutlichen den hohen Arbeitsaufwand.

 

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss wird eine vertiefende Diskussion führen und einen Empfehlungsbeschluss für den Kreistag fassen, der am 14.07.2010 die Entscheidung „Jobcenter oder Option“ treffen soll. Nur so steht ausreichende Zeit zur Verfügung, mit verbindlicher Vorgabe und zielgerichtet die notwendigen weiteren Verfahrensschritte durchzuführen.