Betreff
Familienfreundlicher Rhein-Kreis Neuss: Einrichtung eines Fonds für ALG-II-Bezieherinnen zur Selbstbestimmung der Familienplanung (Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 21.12.2009)
Vorlage
50/0597/XV/2010
Art
Antrag

Sachverhalt:

Der Antrag war bereits Beratungsgegenstand in der Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses am 02.02.2010. Dort ist er, nach kurzer Diskussion und einer Klarstellung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur finanziellen Deckelung des Fonds auf 25.000 €, in die Fraktionen zurückverwiesen worden. Die vom Antragsteller gewünschte weitere Behandlung des Antrages noch im Rahmen der Haushaltsberatungen 2010 im Finanzausschuss ist nicht erfolgt. In der Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses am 27.05.2010 wurde der Tagesordnungspunkt mit Zustimmung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erneut vertagt. Über den Antrag ist noch zu entscheiden.

 

Auf die bereits erteilten Erläuterungen wird verwiesen (s. TOP 9 der o.a. Sitzung). Auszugsweise hier nochmals die rechtliche Würdigung der beantragten Hilfe:

 

Der Bezug von Leistungen nach dem SGB II steht einem grundsätzlichen Bezug von Leistungen nach dem SGB XII nicht im Wege. Nach § 5 Abs. 2 SGB II erhält derjenige keine Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II erhält.

Dies gilt mit der Folge, dass bestimmte SGB XII-Leistungen (u.a. Hilfen zur Gesundheit nach §§ 47 bis 52, Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach §§ 67 bis 69 oder Hilfen in anderen Lebenslagen nach §§ 70 bis 74) auch ALG-II-Bezieher erhalten können.

Nach § 49 SGB XII werden zur Familienplanung die ärztliche Beratung, die erforderliche Untersuchung und die Verordnung der empfängnisregelnden Mittel geleistet. Die Kosten für empfängnisverhütende Mittel werden übernommen, wenn diese ärztlich verordnet worden sind.

In § 52 Abs. 1 SGB XII ist geregelt, dass die Hilfen nach den §§ 47 bis 51 den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen.

Hierzu aus dem Kommentar Grube/Wahrendorf zu § 49 SGB XII folgendes:

Die Hilfe des Satzes 1 ist als Geldleistungsanspruch konzipiert, auf den ein Rechtsanspruch besteht. Es wird eine finanzielle Beihilfe für die ärztliche Beratung, die erforderliche Untersuchung und die Verordnung empfängnisregelnder Mittel gewährt. … Empfängnisregelnde Mittel sind nach allgemeinem Sprachverständnis sowohl empfängnisverhütende als auch empfängnisermöglichende Mittel. … Ergänzt wird S. 1 durch S. 2, in dem noch einmal klargestellt ist, dass die Kosten empfängnisverhütender Mittel nur übernommen werden können, wenn sie ärztlich verordnet worden sind. Deshalb kann nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift der Hilfeträger keine Beihilfe für frei verkäufliche Präservative gewähren. Diese müssen aus der Hilfe zum Lebensunterhalt bezahlt werden. Wegen der Anbindung des Leistungsrechts an das SGB V können Mittel für Personen nach Vollendung des 20. Lebensjahres nicht mehr übernommen werden.“

Mit der Neukonzeption der Sozialhilfe ab dem 01.01.2005 stellt sich die Sachlage tatsächlich rechtlich so dar, dass nach Vollendung des 20. Lebensjahres keine Verhütungsmittel mehr nach § 49 SGB XII gewährt werden können. Da sich die Altersgrenze aus dem SGB V ergibt, ist eine Übernahme der Verhütungsmittel ab dem 21. Lebensjahres auch aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse nicht möglich.

Hilfebedürftige Personen, die Leistungen nach dem SGB II aber auch nach dem SGB XII beziehen, müssen, sofern sie das 20. Lebensjahr vollendet haben, die Aufwendungen für Verhütungsmittel aus ihrem Regelsatz oder dem ihnen zur Verfügung stehendem Einkommen tragen.

Leistungen hierfür würde der Rhein-Kreis Neuss somit freiwillig erbringen.