Betreff
Befreiung gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG für den Bau eines Retentionsbodenfilterbeckens in Grevenbroich-Neuenhausen
Vorlage
68/0666/XV/2010
Aktenzeichen
68.4-40.01-2-116-10
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde erhebt keinen Widerspruch gegen die Gewährung von Befreiung gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG für den Bau eines Retentionsbodenfilterbeckens in Grevenbroich-Neuenhausen.


Sachverhalt:

Auf die beiliegenden umfangreichen Erläuterungen wird verwiesen.

 

Der Erftverband plant die Optimierung der Mischwasserbehandlung für den Ortsteil Neuenhausen der Stadt Grevenbroich, verbunden mit der daraus resultierenden Entlastung des Bendgrabens. Nach starken Regenereignissen ist es hier in der Vergangenheit verschiedentlich zu erhöhten Gewässerbelastungen gekommen.

 

Die Maßnahmen umfassen u. a. verschiedene Änderungen der Entwässerungseinrichtungen innerhalb der Ortslage. Diese sind nicht Gegenstand eines naturschutzrechtlichen Verfahrens.

 

Im Außenbereich umfasst die Planung den Bau eines Retentionsbodenfilterbeckens (RBF) mit Regenrückhaltelamellen, Zuleitungen, Zuwegungen und temporären Baustelleneinrichtungen bzw. Baustraßen sowie den Überlauf in den Bendgraben. Die weitgehende mechanische und biologische Reinigung des Mischwassers im Retentionsbodenfilter wird über die belebte bindige Bodenstruktur des mit Schilf bepflanzten Beckens erreicht. Der Überlauf geht in den Bendgraben. Das RBF wird zu einer deutlichen Verbesserung der Wasserqualität führen.

 

Die Zulassung erfolgt im wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 58 LWG NRW durch die Bezirksregierung Düsseldorf als Obere Wasserbehörde. Zuständige Landschaftsbehörde für die Prüfung des Eingriffs in Natur und Landschaft ist nach § 6 Abs. 1 LG NRW damit ebenfalls die Bezirksregierung Düsseldorf als Höhere Landschaftsbehörde.

 

Für die Bauzeit muss mangels tauglicher Zufahrten eine Baustraße von der L 361 zur Baustelle gelegt werden. Diese wird anschließend zurückgebaut.

 

Im Zuge der Standortsuche wurden innerhalb des in Betracht kommenden Bereiches 4 denkbare Standorte für das RBF untersucht (s. Variantenkarte).

 

Der Standort  6 a scheidet insbesondere wegen bodendenkmalpflegerischer Bedenken und des Erfordernisses eines zusätzlichen Pumpwerks auf Grund der Höhenlage aus. Hinzu kommen sehr lange Leitungswege und sehr beengte Leitungswege (bereits Leitungsbestand) in der Lahn- und Mainstraße mit möglichen Schäden für die Bebauung.

Bei Standort 6 c handelt es sich um einen Bolzplatz im innerörtlichen Bereich. Der Verfügungsraum wäre sehr beengt, was eine aufwändige Beckengeometrie mit Spundwänden erfordern würde. Außerdem wäre mit Belästigungen der umliegenden Wohnbebauung durch Geruch und Insekten zu rechnen. Der verfügbare Raum reicht für die Maßnahme nicht aus. Aus diesen Gründen wurde der Standort verworfen.

Im Fall des Standorts 6 d wurde keine Zustimmung des Landesbetriebes Straßenbau NRW erzielt (Anbauverbotszone der A 540). Die verfügbare Fläche reicht auch hier nicht aus.

 

Letztlich verbleibt damit nur noch der gewählte Standort 6 b. Dieser liegt in einem noch relativ jungen Waldgebiet westlich der L 361, unmittelbar südlich der Autobahnabfahrt Grevenbroich-Neuenhausen am Rande des dort nach dem Landschaftsplan VI - Grevenbroich / Rommerskirchen - festgesetzten Landschaftsschutzgebietes 6.2.2.1 „Erftniederung“. Die Fläche wurde vor Ihrer Aufforstung zeitweilig gartenbaulich genutzt.

Die Festsetzungen des Landschaftsplanes VI untersagen im Landschaftsschutzgebiet grundsätzlich Die mit dem Bau des RBF verbundenen Maßnahmen. Von diesen Verboten kann die Untere Landschaftsbehörde auf Antrag nach § 67 Abs. 1 Ziff. 1 BNatSchG Befreiung gewähren, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses erforderlich ist.

 

Diese Voraussetzung ist nach Auffassung der Unteren Landschaftsbehörde hier gegeben, so dass beabsichtigt ist, die erforderliche Befreiung zu gewähren.

 

Die Situation im Bereich der Mischwasserbeseitigung im Ortsteil Neuenhausen bedarf dringend der Verbesserung. Die haben verschiedene Fälle von Starkregenereignissen anschaulich belegt. Die Art der vorgesehenen Optimierung durch den Um- und Neubau der Regenüberlaufbecken und der innerörtlichen Kanalisation mit Anschluss eines RBF entspricht dem Stand der Technik und ist tauglich. Alternativstandorte kommen nach einer durchgeführten Prüfung des beauftragten Ingenieurbüros nicht in Betracht. Besondere ökologische Wertigkeiten am gewählten Standort sind nicht gegeben. Der Standort ist insbesondere durch die umliegenden Straßen vorbelastet.

Das RBF wird der umgebenden Landschaft so weit wie möglich durch Formgebung und Gestaltung angepasst, um auffällige Landschaftsstörungen so weit wie möglich zu vermeiden. Gleichwohl wird die Anlage unverkennbar als technische Einrichtung erkennbar sein. Eine Einzäunung der Abwasserbeseitigungsanlage ist nicht vermeidbar. Für Kleintiere ist sie durchlässig. Eine dichte Eingrünung zum Sichtschutz ist vorgesehen.

Die für die Bauzeit notwendigen Eingriffe werden zurückgebaut. Die spätere Betriebszufahrt erfolgt über einen vorhandenen Waldweg.

 

Die im Rahmen der artenschutzfachlichen Einschätzung vorgeschlagenen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen werden verbindlich festgesetzt.

 

Vor Ort nicht ausgleichbare Eingriffswirkungen werden an anderer Stelle ersetzt, bei - nicht erwarteter - Unmöglichkeit wird ein Ersatzgeld festgesetzt. Die Verpflichtung wird in der wasserrechtlichen Genehmigung ausgesprochen.

 

Nach Abwägung der Belange der Abwasserbehandlung gegen die Belange von Natur und Landschaft muss angesichts des kompensierbaren Eingriffs und wegen des Wegfalls von Alternativen diesen der Vorrang vor den Belangen von Natur und Landschaft an dieser Stelle eingeräumt werden.

 

Die Untere Landschaftsbehörde beabsichtigt daher, die beantragte Befreiung zu gewähren.

 

Der Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde kann gem. § 69 Abs. 1 LG NRW einer beabsichtigten Befreiung widersprechen. Es wird vorgeschlagen, keinen Widerspruch zu erheben.