Betreff
Antrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen zum Thema "IT-Infrastruktur des Rhein-Kreises Neuss vom 09.09.2010 und Stellungnahme der Verwaltung
Vorlage
VI/0677/XV/2010
Art
Tischvorlage

Beschlussempfehlung:


Sachverhalt:

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen fordert von der Verwaltung einen aktualisierten Bericht über die IT-Infrastruktur des Rhein-Kreises Neuss mit dem weitergehenden Ziel zu prüfen, inwieweit die Einführung des lizenzkostenfreien Open Source Produkts „OpenOffice“ Kosteneinsparungen erbringen würde.

 

Aufgrund einer zeitnahen Bearbeitung der Anfrage wird hinsichtlich des allgemeinen Berichts zur IT-Infrastruktur auf die dargelegten Ausführungen im Kreisausschuss vom 13. August 2008 verwiesen. Die darin beschriebene IT-Infrastruktur entspricht mit Ausnahme der genannten Projekte und des Stellenplans weitgehend dem gegenwärtigen Sachstand. Zur Klärung der Kernfrage des Antrages nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung:

 

Quellcodeoffene, lizenzfreie Software (häufig Open Source bzw. freie Software genannt) wird von einer Entwicklungsgemeinschaft – bestehend aus privaten Programmierern und/oder kommerziellen Softwarefirmen – kostenlos und für jedermann zur Verfügung gestellt. Bekannte Beispiele für freie Softwarelösungen sind das Betriebssystem Linux und das Bürosoftwarepaket OpenOffice.

 

Folgende Vorteile des Open Source Gedankens werden üblicherweise genannt:

 

  1. Im Gegensatz zu proprietärer Software wie Microsoft Windows oder Microsoft Office fallen keine Lizenzgebühren an.

 

  1. Durch die breite Entwicklergemeinschaft gelten Open Source Lösungen als stabil, da beispielsweise Fehler und Schwachstellen aufgrund des einsehbaren Quellcodes schneller erkannt und behoben werden können.

 

Da die Lizenzgebühren als Einnahmequelle entfallen, haben sich auf dem IT-Dienst­leistungsmarkt neue Geschäftsmodelle um Open Source Software gebildet. Größtenteils werden Implementierungs- und Beratungsleistungen zum Einsatz freier Software oder aber die Weiterentwicklung des offenen Quellcodes seitens spezialisierter Firmen angeboten.

 

In der Verwaltung wird zurzeit die proprietäre Bürosoftware von Microsoft „MS Office 2003“ eingesetzt. Insgesamt sind ca. 920 Lizenzen im Einsatz, für die über den Zweckverband ITK-R ein Gesamtpreis von 284.491,28 EUR in 2004 ausgegeben wurde. Nach Ende der unbestimmten Nutzungsdauer könnte die Software durch Microsoft 2007 ersetzt werden, wobei sich die Kosten des Updates auf ca. 276.000 EUR beziffern.

 

Die Kreisverwaltung prüft seit Anfang Juli 2010, inwieweit eine teilweise oder vollständige Substitution proprietärer Software durch Open Source Produkte erfolgen kann. Dabei ist zu beachten, dass ein Softwaremigrationsprozess nicht nur die Lizenzkosten sondern die gesamten Kosten des Nutzers (sogenannte TCO = Total Cost of Ownership) berücksichtigen soll. Beispielsweise werden bei der Einführung neuer Bürosoftware stets die Kosten für Schulung der Endanwender einbezogen. Zudem interagieren auch heutige Textverarbeitungs- und Tabellenkalkulationsprogramme mit anderen Anwendungen, wie Datenbanken, Groupware etc., so dass die Schnittstellenkompatibilität zu diesen Programmen überprüft und ggf. angepasst werden muss. Weiterhin wäre innerhalb der betreuenden Fachabteilungen oder der ITK-R generell das nötige Know-How für den Einsatz von Open Source Software zur Verfügung zu stellen bzw. ggf. zu entwickeln.

 

Welche Open Source Software für den Produktiveinsatz nutzbringend und gleichzeitig kostensparend einsetzbar ist, muss von Fall zu Fall unterschieden werden. Viele freie Softwareprojekte sind ohne großen Aufwand verwendbar (sogenannter Out-of-the-Box Betrieb). Insbesondere dann, wenn sich die Open Source Software über mehrere Jahre im Produktiveinsatz bewährt hat und sich eine große Entwicklergemeinschaft an der Fortführung der Software beteiligt. Kostenintensiv kann freie Software jedoch werden, wenn ihr Einsatz nur spezielle Anwendungsgebiete abdeckt und die Implementierung durch externe IT-Dienstleister nötig wird (z.B. durch Schnittstellenprogrammierung, Sourcecodeerweiterung etc.). Kleinere Open Source Entwicklerprojekte werden zudem häufiger aufgegeben, so dass später keine Anwenderunterstützung mehr angeboten werden kann.

 

Das vorgeschlagene OpenOffice Softwareprojekt wird durch eine hinreichend große Entwicklergemeinschaft getragen, die seitens der Firma Oracle gestützt wird. Zudem ist der Anwendungsbereich der Software für nahezu jede Institution oder jeden Privathaushalt bedeutend, so dass der Fortbestand des Projekts sehr wahrscheinlich ist.

 

Für den Rhein-Kreis Neuss scheint die Umstellung der jetzigen proprietären Lösung von Microsoft „Office 2003“ auf die freie Software OpenOffice unter den genannten Aspekten durchaus interessant. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Einsatz der proprietären Nachfolgeversion (Microsoft Office 2007) ebenfalls Schulungsaufwand verursachen würde. Es ist demnach zu prüfen, ob und welche Arbeitsplätze für eine reibungslose Migration der Software zur Verfügung stehen, ohne das die Zusatzkosten eine mögliche Lizenzkosteneinsparung übersteigen.

 

Da Schulungs- und weitere Migrationskosten das Verhältnis von Lizenzkosteneinsparung zu Mehraufwand negativ beeinflussen können, prüft die Verwaltung zurzeit weitergehend die Implementierung von Open Source Lösungen für spezielle Serverdienste. Der Vorteil der serverseitigen Migration ist eine für den Endanwender im Hintergrund ablaufende und damit unbelastende Änderung. Gleichzeitig können sich hohe Einsparungen ergeben. Beispiels­weise wird untersucht, inwieweit freie Software im Bereich der Telekommunika­tionsanlagen (z. B. Asterisk) oder im Bereich des Webhostings (z.B. Apache, Typo3) erfolgversprechend ist.