Betreff
Antrag der SPD-Kreistagsfraktion zum Thema "Vergabedienstanweisung" vom 16.11.2010 und Stellungnahme der Verwaltung
Vorlage
014/0845/XV/2010
Art
Antrag

Sachverhalt:

Die SPD-Kreistagsfraktion beantragt, die Vergabedienstanweisung des Rhein-Kreises Neuss (VDA) dahingehend zu ergänzen, dass keine Aufträge an Unternehmen vergeben werden, die gesetzliche oder tariflich vereinbarte Mindestlöhne nicht zahlen.

 

Darüber hinaus beantragt sie eine Änderung der Vergabepraxis dahingehend, dass bei einer Unternehmensgröße von mehr als 25 Mitarbeitern die Unternehmen, die ausbilden, bei Auftragsvergaben zu bevorzugen sind.

 

Mindestlöhne

a) gesetzlicher Mindestlohn

Sofern es einen branchenspezifischen, gesetzlichen Mindestlohn gibt, wird von den Bietern einer Ausschreibung eine entsprechende Eigenerklärung im Rahmen der Eignungsprüfung verlangt, dass der gesetzliche Mindestlohn gezahlt wird. Eine spezifische Regelung in der VDA ist hierzu aus Sicht der Verwaltung nicht notwendig, da über die Vorgabe in § 97 Abs. 4 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Aufträge nur an gesetzestreue Bieter vergeben werden dürfen. Zunächst gelten die Vorschriften des GWB grds. für Vergaben oberhalb der Schwellenwerte; dennoch wirken sie auch auf Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich.

 

b) tariflicher Mindestlohn

Die Einhaltung eines tariflichen Mindestlohnes wird im Rahmen der Eignungsprüfung in der Vergabepraxis nicht berücksichtigt, da dies im Vergabeverfahren weder zielführend noch überprüfbar ist:

Bereits im Jahr 2006 hat die NRW-Landesregierung das bis dahin bei Vergabeverfahren zu beachtende Tariftreuegesetz aufgehoben. Der Grund dafür war, dass das Gesetz seinen Zweck in der Vergabepraxis nicht erfüllen konnte. Den Belastungen der Unternehmen und der öffentlichen Auftraggeber standen Umsetzungsdefizite hinsichtlich der Kontrolle gegenüber. Das Gesetz hatte sich als unwirksam, unpraktikabel und bürokratisch erwiesen.

 

Eine Neueinführung dieser Vergabepraxis ist aus Sicht der Verwaltung nicht zu empfehlen.

 

Bevorzugung von Ausbildungsbetrieben bei der Zuschlagserteilung

Die VDA sieht vor, dass die Vergabe von Aufträgen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu erfolgen hat (Allgemeine Bestimmungen Abs. 4). Eine Überfrachtung der Vergabepraxis mit vergabefremden Aspekten führt zwingend zu einer Verteuerung der Beschaffungen. Zudem führt dies zu einer überaus aufwändigen Verkomplizierung der Angebotswertung und Zuschlagserteilung, weil hierbei eine Wertungsmatrix zugrunde gelegt werden muss, welche die Vergabeentscheidung in einem Punktesystem abbildet. Hierbei würden öffentliche Aufträge zusätzlich reglementiert und weitere Unternehmen davon abgehalten, sich an Ausschreibungen zu beteiligen (wettbewerbs- und mittelstandfeindlich).

Zudem haben Erfahrungen in der Vergangenheit gezeigt, dass Regelungen im Vergaberecht, die ausbildende Unternehmen bei der Vergabe von Aufträgen bevorzugen sollten, zu keinem messbaren Erfolg geführt haben.

Das Vergaberecht ist ungeeignet, die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen zu erhöhen. (vergl. Positionspapier des DIHK vom 26.07.2007)