Beschlussvorschlag:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht zur Kenntnis.
Sachverhalt:
In der letzten Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses am 25.11.2010 wurde die Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdU-Richtwerte im Rhein-Kreis Neuss, der sog. „grundsicherungsrelevante Mietspiegel“ behandelt (50/0817/XV/2010). In einer umfangreichen Präsentation wurden die Gründe für die gutachtliche Erhebung (Vorgaben der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)), die Methodik und die Ergebnisse vorgestellt. Da seitens des Ausschusses zahlreiche Fragen bestanden, wurde eine Beschlussfassung über den Mietspiegel vertragt.
Zwischenzeitlich ist den Fraktionsgeschäftsstellen das Gutachten zur Information der Ausschussmitglieder und für eine Auswertung zugestellt worden.
Von der SPD-Kreistagsfraktion liegt dazu ein Fragenkatalog vor (Anfragen
vom 12.01. und 20.01.2010, s. Anlage1), der nachstehend beantwortet
wird:
Frage:
Wo liegt der wesentliche Unterschied zwischen den bestehenden Mietspiegeln im
Rhein-Kreis Neuss und dem „Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel“, insbesondere
bei der Vorgehensweise der Datenerhebung?
Antwort:
Die Methodik unterscheidet sich zwischen der Erstellung eines
qualifizierten Mietspiegels und einer Mietwerterhebung nicht. Beide basieren
auf zufälligen Bestandserhebungen. Beide beruhen zudem auf einer freiwilligen
Teilnahme der befragten Haushalte bzw. Unternehmen.
Unterschiede bestehen jedoch insbesondere bei dem zu berücksichtigenden
Wohnungsbestand. Während bei Mietspiegeln der geförderte Wohnungsbau (z.B.
sozialer Wohnungsbau bzw. Modernisierungsförderungen) per Definition
unberücksichtigt bleiben muss, können diese Bestände bei Mietwerterhebungen
(Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel) berücksichtigt werden. Dies führt in
der Regel in den westlichen Bundesländern zu niedrigeren Vergleichswerten.
Mietwerterhebungen unterscheiden im Gegensatz zu Mietspiegeln nicht nach
Baualtersklassen. Diese Unterscheidung wird auch beim Wohngeldgesetz nicht mehr
berücksichtigt.
Ein (eingeschränkter) Vergleich der Mietwerte zwischen einem
qualifizierten Mietspiegel und einer Mietwerterhebung kann nur auf der Basis
des unteren Spannenwertes eines Mietspiegels mit dem Perzentil der
Mietwerterhebung erfolgen, da nur der untere Spannenwert das untere
Marktsegment wiedergibt.
Frage:
Die Mittelwerte der
örtlichen Vergleichsmieten liegen bei den aktuellen Mietspiegeln, mittlere
Wohnlage, bei Baujahren z. B. 1975 für Wohnungen mit Heizung und Bad/ WC für:
Korschenbroich 5,60 €
Kaarst 6,40
€
Neuss 6,60
€
Dormagen 6,18 €
Grevenbroich 5,94 €
Auf Grundlage von
Auswertungen von Vergleichsmieten aus den Gemeinden Jüchen und Rommerskirchen
ergibt sich bei den aktuellen Mietspiegeln, dass für den Bereich der Gemeinde
Jüchen die Vergleichmieten für Grevenbroich angehalten werden können und für
den Bereich der Gemeinde Rommerskirchen, im Vergleich zu Grevenbroich, Abschläge
von 5 % bis 10 % angemessen sind.
Im Wohnungsmarkttyp 1 z. B. sind bei der Nettokaltmiete Unterschiede von
bis zu einem Euro pro Quadratmeter erkennbar, was die unterschiedlichen
Differenzen ( Veränderung der Nettokaltmieten ) innerhalb des Wohnungsmarkttyps
erklärt.
Auf welcher Grundlage
wurde, unter Berücksichtigung der angegebenen Mittelwerte der jeweils gültigen
Mietspiegel der oben genannten Teilmärkte, die Wohnungsmarkttypisierung durch „Analyse und Konzepte“ vorgenommen?
Antwort:
Eine Erläuterung der Vorgehensweise (Clusteranalyse) ist dem Bericht zu
entnehmen. Das BGB bietet die Möglichkeit. Mietspiegel von vergleichbaren
Städten zu übernehmen. Die Gemeinsamkeiten wurden von Analyse & Konzepte
auf Basis von Indikatoren untersucht, die wesentlichen Einfluss auf dem
Mietpreise besitzen.
Die bisherigen Mietpreise wurden bei der Regionalisierung des Kreises
nicht berücksichtigt, da die ortsübliche Vergleichsmiete eines Mietspiegels
nicht direkt vergleichbar mit der von Mietwerterhebungen ist.
Frage:
Wie bewertet die
Kreisverwaltung folgende Bildung von Wohnungsmarkttypen im Rhein-Kreis Neuss:
Neuss, Kaarst
Meerbusch
Grevenbroich, Dormagen
Korschenbroich, Jüchen,
Rommerskirchen
Antwort:
Eine Regionalisierung des Kreises muss anhand von Indikatoren ableitbar
und überprüfbar sein. Analyse & Konzepte hat die Regionalisierung des
Kreisgebietes nachvollziehbar vorgenommen. Das Verfahren und die
Rechenergebnisse lassen eine Zuordnung wie hier dargstellt, nicht zu.
Frage:
In welcher Höhe sollen
die Kosten für Heizung und Warmwasser berücksichtigt werden?
Antwort:
Die Kosten für Heizung
werden in tatsächlicher Höhe erstattet, soweit sie angemessen sind. Die
Angemessenheit richtet sich nach der Höhe des Verbrauches. Einzelheiten sind in
der Heizkostenrichtlinie des Rhein- Kreises
Neuss geregelt und sind nicht Bestandteil der hier angesprochenen
Mietwertermittlung.
Die Kosten für Warmwasseraufbereitung sind derzeit noch Bestandteil des
Regelsatzes. Wie die künftige Regelung aussehen wird, muss noch durch den
Gesetzgeber entschieden werden.
Frage:
Wie viele
Wohnungsgesellschaften bzw. Wohnungsbaugenossenschaften und wie viele
Privatvermieter, je gesondert mit Anzahl der Wohnungen, haben sich an der
Erhebung beteiligt?
Antwort:
Im Rahmen der Erhebung wurden alle großen Wohnungsunternehmen im
Kreisgebiet kontaktiert. Sofern diese nicht an einer Mitarbeit interessiert
waren, wurden deren Mieter im Zuge der Mieterbefragung berücksichtigt. Diese
waren dann Bestandteil der Ausgangsstichprobe für die Mieterbefragung. (vgl.
Bericht)
Da aufgrund des Datenschutzes keine personenbezogenen Informationen
(Adressen) erhoben werden dürfen, können wir keine Aussagen darüber getroffen
werden, welche Gruppen bei der Mieterbefragung wie geantwortet haben.
Frage:
Welche Gruppe von
Vermietern (Gesellschaften, Genossenschaften, Privatvermieter) stellt bisher
die überwiegende Anzahl an Wohnungen für SGB II Bezieher zur Verfügung und
wurde dies bei der Erhebung entsprechend berücksichtigt?
Antwort:
Bei der Erhebung wurde nicht danach unterschieden, bei welchem
Wohnungsunternehmen die Leistungsbezieher wohnen. Die Mieten wurden unabhängig
davon erhoben. Diese Vorgehensweise wird bei der von Analyse & Konzepte
genutzten Methodik vom Bundessozialgericht gefordert (Erhebung des einfachen
bis gehobenen Wohnungsmarktes).
Frage:
Kann mit dem im
Rhein-Kreis Neuss zur Verfügung stehenden Wohnungsangebot der Bedarf für
KdU-Bezieher auf der Grundlage der durch „Analyse und Konzepte“
ermittelten Nettokaltmieten
gedeckt werden?
Antwort:
Die von Analyse & Konzepte erstellte Untersuchung stellt die für die
Gerichte notwendige Prüfung einer abstrakten Angemessenheit dar. Die konkrete
Angemessenheit muss, sofern die Richtwerte überschritten werden, im Einzelfall
geprüft werden. Zum Zeitpunkt der Erhebung,
stand ein ausreichendes Angebot zur Verfügung. Sollte im Einzelfall und
nach einem Nachweis, dass kein entsprechendes Angebot zum Zeitpunkt einer
Wohnungssuche zur Verfügung steht, tatsächlich keine Wohnung verfügbar sein, so
werden auch höhere Kosten anerkannt.
Frage:
Wie hoch ist der
Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen im Rhein-Kreis Neuss und wie wird
sich dieser in den nächsten Jahren entwickeln?
Antwort:
Im Jahr 2009 gab es im Rhein-Kreis Neuss 17.013 geförderte
Wohneinheiten. Im Einzelnen waren dies 3.131 Wohneinheiten im Bereich des
selbst genutzten Wohneigentums und 13.882 geförderte Mietwohnungen. Die Zahlen
für 2010 liegen noch nicht vor.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich der Bestand an öffentlich
geförderten Wohnungen weiter verringern wird.
Frage:
Wie viel öffentlich
geförderte Wohnungen werden im diesem Zusammenhang im Rhein-Kreis Neuss
benötigt um den Bedarf an Wohnraum für Wohnberechtigungsscheininhaber und SGB
II Bezieher in Zukunft zu decken?
Antwort:
Über die Zahl der zukünftig möglicherweise notwendigen öffentlich
geförderte Wohnungen kann von hier aus keine Aussage getroffen werden.
Frage:
Ist aufgrund der
Feststellung der Veränderung der Nettokaltmieten durch „Analyse und Konzepte“
mit der Aufforderung an KdU-Bezieher zu rechnen, in eine preiswertere Wohnung
umzuziehen?
Antwort:
Grundsätzlich ist jede Änderung der Mietobergrenzen auf alle Fälle, d.h.
Bestands- und Neufälle, anzuwenden (Gleichbehandlungsgrundsatz). Bei Neufällen
ist ein Verweis auf die neuen Mietobergrenzen unproblematisch. Durch die
Änderung der Angemessenheitsparameter ist aber in laufenden Fällen zu
überprüfen, ob eine Wohnung weiterhin angemessen ist bzw. ob eine unangemessene
Wohnung unangemessen bleibt. Dies gilt umso mehr, als dass der Rhein-Kreis
Neuss der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend in die Angemessenheitsprüfung
nicht mehr nur die Nettokaltmieten, sondern auch die kalten Betriebskosten
einbeziehen wird.
Darüber hinaus wird festgehalten, dass kein Leistungsbezieher zum Umzug
wegen unangemessener Kosten aufgefordert wird; dies würde einen unangemessenen
Grundrechtseingriff darstellen. Vielmehr werden Hilfebedürftige aufgefordert ihre
Kosten zu senken, wenn es Ihnen möglich und zumutbar ist. Ein Umzug in eine
kostengünstigere Wohnung kann eine von vielen geeigneten
Kostensenkungsmaßnahmen sein.
Weitere Senkungsmaßnahmen sind u.a. die Untervermietung, die Verhandlung
mit dem Vermieter über eine Kaltmietminderung, die Ermäßigung des Mietzinses
auf Grund von Erbringung von Dienstleistungen an den Vermieter, an die
Wohnungsgesellschaft bzw. an die Hausverwaltung oder aber auch die Reduzierung
von verbrauchsabhängigen kalten Betriebskosten wie dies z.B. beim
Wasserverbrauch möglich ist.
Zur Vermeidung von Härten wird die neue KdU Richtlinie eine
Wohnungssicherungsklausel für die Bestandsfälle enthalten.
Frage:
Soll der
„Grundsicherungsrelevante Mietspiegel“ den Grundsatz, dass die tatsächlichen
Kosten der Unterkunft und der Heizung als Bedarf anerkannt werden, soweit sie
angemessen sind, ersetzen oder wird auch in Zukunft der im Einzelfall
tatsächlich angemessene Bedarf, unter Berücksichtigung der jeweiligen
Wohnungsmarktsituation, festgestellt und zugrunde gelegt ?
Antwort:
Der Grundsatz nach § 22 Abs. 1 SGB II bzw. § 29 Abs. 1 SGB XII, wonach
die tatsächlichen Kosten übernommen werden, sofern sie angemessen sind,
verbleibt und wird auch durch den Systemwechsel von der Nettokaltmiete auf die
Bruttokaltmiete nicht verändert.
Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass der von „Analyse & Konzepte“
erstellte grundsicherungsrelevante Mietspiegel sich nur auf die Kosten der
Unterkunft und nicht auch auf die Kosten der Heizung auswirken wird, auch wenn
die durchschnittlichen Heizkosten ebenfalls erhoben wurden. Heizkosten
unterliegen keiner Kostenprüfung, sondern einer Verbrauchsprüfung. Dies wird
durch eine entsprechende Kreisrichtlinie sichergestellt.
Auch zukünftig verbleibt es dabei, dass die Feststellung der
Angemessenheit einer Unterkunft eine Einzelfallentscheidung darstellt. Dies
bedeutet, dass im Einzelfall die Leistungssachbearbeitung zu prüfen hat, ob
eine Unterkunft angemessen ist, und, wenn eine Wohnung unangemessen ist,
inwieweit eine Kostensenkung für einen Hilfebedürftigen möglich und zumutbar
ist. Sofern eine Kostensenkung für einen Leistungsberechtigten nicht möglich
oder nicht zumutbar ist, werden für den entsprechenden Zeitraum die
tatsächlichen Kosten übernommen, also auch der Teil der unangemessen ausfällt.
Bei der Einzelfallprüfung muss die komplette Lebens- und Wohnsituation
berücksichtigt werden. Dazu gehört u.a. auch die Feststellung, ob angemessener
Wohnraum (sowohl von der Wohnflächenbegrenzung und dem Zuschnitt als auch der
Bruttokaltmiete) konkret zur Anmietung zur Verfügung steht. Bei dieser Prüfung
hat jedoch auch der Hilfebedürftige mitzuwirken.
Frage:
Gerade angesichts der hohen und weiter steigenden Anforderungen an die
Energieeffizienz von Wohngebäuden werden viele Wohnungsunternehmen und
Privatvermieter in Zukunft ihre Bestände energetisch modernisieren wollen bzw.
müssen. Werden nach einer energetischen Sanierung von Wohnungsbeständen die
dann erforderlichen höheren Nettokaltmieten (in der Regel 11 %
Modernisierungszuschlag) als angemessene Kosten der Unterkunft nach SGB II
anerkannt?
Antwort:
In der Tat können Vermieter gemäß § 559 bis § 559b BGB nach einer
abgeschlossenen Modernisierung unter bestimmten Voraussetzungen die Kaltmiete
um eine Modernisierungsumlage (die Erhöhung der jährlichen Miete ist auf 11 %
der reinen für die Wohnung aufgewendeten Modernisierungsmaßnahmen begrenzt)
erhöhen. Die Voraussetzungen einer wirksamen Mieterhöhung werden durch die
Leistungssachbearbeitung überprüft.
Die erhöhte Kaltmiete um eine Modernisierungsumlage ist grundsätzlich
übernahmefähig und unterfällt einer Angemessenheitsprüfung. Über den
grundsicherungsrelevanten Mietspiegel wurden aktuelle angemessene Kosten
ermittelt. Eine darüber hinaus gehende Übernahme ist nur dann möglich, wenn
eine Kostensenkung nicht möglich und nicht zumutbar ist.
Durch eine grundsätzliche Übernahme von o.g. Modernisierungsumlagen in
voller Höhe außerhalb der Bruttokaltmiete verstöße der Rhein-Kreis Neuss auf
der einen Seite gegen geltenden Bundesrecht, auf der anderen Seite macht er
sich regresspflichtig gegenüber dem Bund. Der Bund beteiligt sich an den Kosten
der Unterkunft in Höhe von ca. ¼ der Aufwendungen. Übernimmt der Rhein-Kreis
Ness unangemessene Kosten der Unterkunft, kann er dies nur zu 100% zu seinen
Lasten tun. Unangemessene Kosten, wenn eine Kostensenkung möglich und zumutbar
ist, muss der Bund nicht tragen. In der Vergangenheit hat der Bund bereits
Regressansprüche gegen kommunale Träger erhoben.
Sofern Vermieter zukünftig vermehrt Modernisierungsmaßnahmen durchführen
sollten und entsprechende Umlagen auf die Mieter erfolgen, so wird sich dieser
Umstand auf das Gesamtmietniveau auswirken und bei der nächsten Erhebung eines
grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, der spätestens alle 24 Monate zu
erheben ist, berücksichtigt.
Frage:
Bezüglich der Mieten bei öffentlich geförderten Wohnungen:
Sind bei der Erhebung durch „Analyse und Konzepte“ die Miethöhen beim
Erstbezug von öffentlich geförderten Wohnungen, auf der Grundlage der
Wohnraumförderbestimmungen des Landes NRW, im Zusammenhang mit den dort
festgelegten Mieten in der
Einkommensgruppe A
Mietniveau Gruppe 4 = 5,10 € je Quadratmeter Wohnfläche
(Neuss, Meerbusch, Kaarst, Korschenbroich, Jüchen, Grevenbroich,
Dormagen)
Mietniveau Gruppe 3 = 4,85 € je Quadratmeter Wohnfläche
(Rommerskirchen)
berücksichtigt worden, bzw. wie soll hier beim Neubau öffentlich geförderter
Wohnungen verfahren werden?
Antwort:
Die Mieten sind zum jeweiligen Stand 01.03.2010 berücksichtigt worden.
Bei der Prüfung, ob eine Wohnung angemessen ist, werden öffentlich geförderte Wohnungen und nicht geförderte Wohnung gleich gesehen. D.h. es besteht nicht die Prämisse, dass öffentlich geförderte Wohnungen angemessen im Sinne des SGB II und XII sind.
Im Zusammenhang mit diesem Tagesordnungspunkt ist auch der Antrag DIE LINKE im Kreistag Rhein-Kreis Neuss vom 25.01.2010 zu behandeln, in dem beantragt wird, dass in der Mietwerterhebung für den Rhein-Kreis Neuss auch Mietobjekte mit einer Wohnfläche von weniger als 35 qm berücksichtigt werden. Der Antrag mit Begründung ist als Anlage 2 beigefügt.
Stellungnahme der Verwaltung:
Wie
im Gutachten (Bericht mit Stand Januar 2011) auf Seite 8 vermerkt wurde,
blieben Wohnungen von weniger als 35 m² deshalb unberücksichtigt, weil diese
Mindestgröße von den Sozialgerichten mehrheitlich als unterste zumutbare
Wohnfläche für einen 1-Personenhaushalt angesehen wird.
Dies
bedeutet:
Wenn
der kommunale Träger im Rahmen von Kostensenkungsverfahren nicht auf
Kleinstwohnungen, die kleinere Wohnflächen als 35 m² haben, verweisen kann,
dann dürfen diese folgerichtig auch nicht in eine Mietauswertung einfließen,
weil dies das Gesamtergebnis verfälschen würde.
Im
Übrigen entspricht dies auch den Wohnraumförderungsbestimmungen (WFB) des
Landes NRW. Nach Punkt 1.4.1 der Anlage der WFB NRW werden keine Wohnungen für
1-Personen-Haushalte öffentlich gefördert, deren Wohnfläche 35 m²
unterschreitet.“
Der grundsicherungsrelevante Mietspiegel ist nur methodisch vergleichbar mit den sog. „qualifizierten Mietspiegeln“, über die ortsübliche Mietrichtwerte ermittelt werden.
Hier wird zudem auch in Preissegmenten erhoben, die nach den gerichtlichen Vorgaben nicht zum für Sozialtransferempfänger üblichen Wohnungsstandard zählen. Als wesentlicher Maßstab zur Prüfung der Angemessenheit der KdU gilt dem BSG der jeweilige Wohnungsstandard, der nach „Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen“ genügen muss und „keinen gehobenen Wohnungsstandard aufweisen darf“. Außerdem werden hier öffentlich geförderte Wohnungen nicht mit einbezogen.
Das BSG verlangt eine Ausrichtung der Richtwerte am einfachen Wohnungsstandard. Das Gutachten empfiehlt daher keine Orientierung an den unteren ermittelten Mieten, sondern am 45-Perzentil, einen Richtwert knapp unterhalb dessen Median. Die Verwaltung schlägt vor, abweichend vom Gutachten den Median der ermittelten Werte zugrunde zu legen. Mit dem vollen Durchschnittswert werden die Richtwerte insgesamt angehoben, was in der Auslegung des gesetzlich unbestimmten Rechtbegriffs „angemessene KdU“ vertretbar ist.
Eine Vergleichstabelle der neuen Richtwerte im Vergleich zu den bestehenden Nettokaltmieten ist als Anlage 3 beigefügt.
Zusammenfassend ist zum grundsicherungsrelevanten Mietspiegel auf folgendes hinzuweisen:
- Das Gutachten entspricht in allen Punkten der Berechnungsmethodik den Vorgaben des Bundessozialgerichts.
- Die ermittelten Werte basieren auf Bestandsmieten und Angebotsmieten, die innerhalb eines objektiven und anonymisierten Verfahrens ermittelt worden sind.
- Im Vergleich mit den bestehenden Angemessenheitswerten gibt es sowohl Verschiebungen nach oben als auch nach unten. Die Anwendung des Median entspricht voll den gerichtlichen Vorgaben der Angemessenheit.
- Die neuen Richtwerte werden über Richtlinien ab 01.03.2011 zur Anwendung gebracht. Sie gelten nach dem Gleichheitssatz grundsätzlich für alle Fälle. Durch die in den Richtlinien vorgesehene Wohnraumsicherungsklausel und der ohnehin geltenden Einzelfallbeurteilung ergibt sich für laufende Fälle in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und der Grundsicherung im Alter (SGB XII) ein weitestgehender Bestandsschutz (s. dazu Auszug aus Richtlinien, Anlage 4). Eine befürchtete „Umzugswelle“ findet nicht statt.