Sachverhalt:
Vorbemerkung
Die 17. Gesundheitskonferenz des Rhein-Kreises Neuss hat sich am 17. Mai 2006 mit dem Thema „Methadonsubstitution im Rhein-Kreis Neuss“ beschäftigt. Sie hat nach einem Vortrag von Herrn Dr. Endres (Augustinus Kliniken) folgenden Beschluss gefasst: „Die Gesundheitskonferenz des Rhein-Kreises Neuss begrüßt das Konsiliararztmodell als sinnvolle Ergänzung der bisher praktizierten Methadonsubstitution. Die beteiligten Mitglieder der Gesundheitskonferenz (insbesondere: Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein als Vertreter der niedergelassenen Ärzte, psychiatrische Krankenhäuser und das Gesundheitsamt) unterstützen dieses Modell im Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkeiten.“
Das von Herrn Dr. Endres vorgestellte Konsiliararztmodell sieht vor, niedergelassene Ärzte zu befähigen, unter bestimmten Voraussetzungen bis maximal drei Patienten eine Methadonvergabe vorzunehmen. Mit diesem Modell sollte der Bedarf für Methadonbehandlungsplätze insbesondere in Meerbusch, Kaarst, Korschenbroich und Rommerskirchen besser gedeckt werden. Die in der Anfrage der UWG zitierten Presseberichte, dass die Gesundheitskonferenz des Kreises die Versorgungssituation in Meerbusch als skandalös angesehen habe, treffen indes nicht zu.
Dies vorausgestellt, werden die Fragen der UWG-Fraktion wie folgt beantwortet:
§
Wie stellt sich die derzeitige
Bedarfssituation für Substitutionen und die entsprechende Versorgungslage im
Kreis bzw. in den Kommunen des Kreises dar?
Konkrete Bedarfszahlen gibt es für den Rhein-Kreis Neuss nicht. Wird die Zahl der Substituierten in NRW zur Gesamtzahl der Einwohner in NRW in Beziehung gesetzt, so gäbe es für den Rhein-Kreis Neuss einen Bedarf von 400 Plätzen. Diese Zahl ist jedoch eher zu hoch angesetzt, da in die vorliegenden Zahlen für Nordrhein-Westfalen auch Großstädte als „Drogenhochburgen“ eingehen.
Die aktuelle Situation stellt sich wie folgt dar: Es gibt 8 substituierende Ärzte im Kreisgebiet. Diese Ärzte substituieren jeweils zwischen 10 und 150 PatientInnen.
Im Psychiatriebericht 2008 wird die
Versorgungslage zur Methadonsubstitution im Kreisgebiet als „weitgehend gut“
bezeichnet. Für örtliche Ergänzungen wird das Kosiliararztmodell empfohlen.
§
Sind Substitutionsangebote dort vorhanden, wo
sie nach dem Bedarf benötigt werden bzw. in welchen örtlichen Bereichen liegt
eine Unterversorgung vor?
Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein vergibt Kontingente zur Methadon-Substitution. Danach darf der zugelassene Arzt 50 PatientInnen betreuen. In dem vorgeschalteten Prüfverfahren wird auch die regionale Situation berücksichtigt. Zu beachten ist hierbei allerdings, dass vor Ort später keineswegs ausschließlich Patienten aus der Region sondern auch aus Städten außerhalb eines Kreisgebietes betreut werden.
Des Weiteren darf auf die
Beantwortung des ersten Punktes und die Vorbemerkung verwiesen werden.
§ Koordiniert der Kreis die Versorgung, falls ja, auf welchem Weg?
Im Gesundheitsamt entstand im Jahr 2008 in enger Kooperation mit den Trägern im psychiatrischen Versorgungssystem ein Psychiatriebericht, in dem der Ist-Stand analysiert wird und Maßnahmen zur Verbesserung festgehalten sind. Die letzte derartige Zusammenstellung erschien im Jahr 2008.
Darüber hinaus werden in der beim
Gesundheitsamt angesiedelten Steuergruppe Sucht, Psychiatrie und Behinderung
aktuelle Entwicklungen, Angebote und problematische Sachverhalte diskutiert.
§ Gibt es an die Substitutionspraxen angebundene oder mit ihnen korrespondierende zusätzliche Behandlungs-, Betreuungs- und Hilfsangebote?
Substitutionspraxen müssen die
psychosoziale Begleitung ihrer Klienten sicherstellen. Die psychosoziale
Betreuung (PSB) von Substituierten wird für das gesamte Kreisgebiet
insbesondere durch die Jugend- und Drogenberatungsstelle in Neuss
gewährleistet. Ferner gibt es den Fachbereich Suchterkrankungen des St.
Alexius/St. Josefs-Krankenhauses Neuss, die Fachambulanz für Suchtkranke in
Trägerschaft der Caritas, Einrichtungen wie sozialpädagogische
Wohngemeinschaften und Betreutes Wohnen.
§
Wie sind die Erfahrungen der
Kreispolizeibehörde an vorhandenen Substitutionspraxen und inwieweit wird sie
bei der Planung weiterer Standorte beteiligt?
§
Wie wird die alternative Möglichkeit der
Substitution mit Heroin bewertet und inwieweit wurde diese Behandlungsform
bisher bei den Überlegungen zur Versorgung von Heroinabhängigen berücksichtigt?
Köln war neben Bonn eine Stadt aus NRW, die beim Bundesmodellprojekt zur Testung diamorphingestützter Substitution teilgenommen hat (insgesamt waren es 7 deutschlandweit). In dem Modellprojekt war nachgewiesen worden, dass die Substitution mit Heroin zu besseren Ergebnissen führt als dies ausschließlich mit Methadon möglich ist.
Dieser
wissenschaftlich belegten Verbesserung des Gesundheitszustandes der Heroinsubstituierten
stehen häufigere Komplikationen, fragliche Nachhaltigkeit und die Gefahr einer
Schwellenerniedrigung hinsichtlich des Heroinzugangs für primär
Methadon-Substituierte entgegen.
In der Fachdiskussion wird darauf hingewiesen, dass die deutsche Heroinstudie keine Daten zur Langzeitsicherheit der Heroinabgabe liefert. Bevor Langzeitergebnisse vorliegen, wird die kontrollierte Heroinabgabe eher skeptisch gesehen.