Betreff
Kreishaushalt 2012: Beteiligungsrechte der kreisangehörigen Städte und Gemeinden gemäß § 55 KrO NRW
Vorlage
20/1717/XV/2012
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Finanzausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis. Sie werden in die Haushaltsberatung einbezogen.

 


Sachverhalt:

Die Städte und Gemeinden des Rhein-Kreises Neuss haben mit Schreiben vom 31.01.2012 zum Entwurf der Haushaltssatzung des Rhein-Kreises Neuss im Rahmen des Verfahrens gemäß § 55 KrO NRW Stellung genommen. Zu diesem Schreiben, das als Anlage 1 beigefügt ist, wird folgendes ausgeführt:

 

1.      Eckwerte zum Entwurf des Kreishaushaltes

 

In der Stellungnahme der Städte und Gemeinden wird zutreffend darauf hingewiesen, dass der Entwurf des Kreishaushaltes im Ergebnisplan ausgeglichen veranschlagt ist. Aufgrund der im Vergleich zum vorangegangenen Referenzzeitraum gestiegenen Umlagegrundlagen ist der Hebesatz im Entwurf um 1,13 v. H. auf 43,26 v. H. gesenkt worden. Wegen der erhöhten Umlagegrundlagen wird ein sogenannter Mitnahmeeffekt in Höhe von 8,5 Mio. € unterstellt.

 

Der Haushaltsentwurf des Kreises wird wesentlich geprägt durch um 12,9 Mio. € reduzierte Schlüsselzuweisungen sowie eine - kalkulierte - Erhöhung der Landschaftsumlage um 6,7 Mio. €. Aufgrund der jetzt bekannt gewordenen Haushaltsplanungen auf der Ebene des Landschaftsverbandes ist von einer noch höheren Belastung des Kreishaushaltes durch die Landschaftsumlage auszugehen. Im  Entwurf des Haushaltes des Rhein-Kreises Neuss ist die Landschaftsumlage noch mit einem Hebesatz mit 16,25 v. H. kalkuliert. Nach den Beschlüssen im Landschaftsverband hat die Landschaftsversammlung am 13.02.2012 einen Hebesatz von  16,7 v. H. für die Landschaftsumlage festgesetzt. Dies belastet den Kreishaushalt gegenüber den jetzigen Planungen um weitere 2,53 Mio. €.

 

Der sogenannte Mitnahmeeffekt beläuft sich damit nur noch auf rund 6 Mio. €. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass gegenüber dem Vorjahr eine Entnahme aus der Ausgleichsrücklage in Höhe von 12,5 Mio. € nicht veranschlagt werden konnte.

Damit ist der Anteil des Kreises an den Umlagegrundlagen rund 6 Mio. € geringer als im Jahr 2011.

 

Wenn unter diesen Umständen überhaupt von einem Mitnahmeeffekt geredet werden kann, so tritt dieser vor dem Hintergrund der Tatsache ein, dass im Referenzzeitraum für die Haushaltsplanung 2012 die maßgeblichen Umlagegrundlagen, d.h. also die Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden einschließlich der Schlüsselzuweisungen durch das Land, um rund 77,4 Mio. € gestiegen sind. Die Städte und Gemeinden haben also in dem genannten Umfange erhebliche finanzielle Mehrerträge zu verzeichnen.

 

2.      Ausgleichsrücklage

 

Die Städte und Gemeinden stellen die Entwicklung der Ausgleichsrücklage des Rhein-Kreises Neuss dar und führen aus, dass Überschüsse der Vorjahre nicht über die Ausgleichsrücklage abgewickelt wurden, sondern der allgemeinen Rücklage zugute gekommen sind. Dies entsprach und entspricht der Rechtslage.

Die Planung des Haushaltes 2010 beinhaltete ein Defizit von rund 9,9 Mio. €. Dieses Defizit konnte erfreulicherweise, aber nicht aus den von den Städten und Gemeinden genannten Gründen wesentlich reduziert werden, sondern nur weil kurz vor Abschluss des Haushaltsjahres 2010 aus nicht vorhersehbaren Gründen außerordentliche Erträge erzielt werden konnten. Dabei handelte es sich bekanntermaßen um zusätzliche Zahlungen des Landes für Wohngelderstattungen in Höhe von rund 15,4 Mio. € (von denen die Städte und Gemeinden über die Regelung der Sozialhilfesatzung zu 50% profitiert haben) sowie um Nachzahlungen des Landes bei den Schlüsselzuweisungen in Höhe von nahezu 1,4 Mio. €. Diese Tatsachen waren bei der Planung und Aufstellung des Haushaltes 2010 des Kreises nicht absehbar.

 

Vor diesem Hintergrund ist es unzutreffend, dass der Kreis die Kommunen in der Vergangenheit unnötigerweise erheblich zusätzlich belastet habe. Letztlich reichen die kommunalen Erträge nicht aus, um alle Bedarfe, insbesondere und vor allem aber die Sozialaufwendungen hinreichend zu finanzieren.

Eine weitere Entnahme aus der Ausgleichsrücklage für die Haushaltsplanung 2012 ist dem Kreis verwehrt. Die Entnahme aus der Ausgleichsrücklage geht mit einem Abbau des Eigenkapitals einher. Deshalb wird auch seitens des Landes in der Begründung zum Entwurf des Gesetzes über die Genehmigung der Kreisumlagen und anderer Umlagen (sogenanntes Umlagengenehmigungsgesetz) ausgeführt, dass es mit der geltenden Rechtslage nicht in Einklang steht, wenn in den vorangegangenen Haushaltsjahren ein Eigenkapitalverzehr vorgenommen wurde, selbst wenn dies im Rahmen des sogenannten Rücksichtnahmegebotes erfolgte.  Diese Rechtsauffassung hat der Innenminister des Landes unter anderem auch anlässlich der Genehmigung des Haushaltes 2011 des Landschaftsverbandes Rheinland nochmals ausdrücklich bestätigt. Anders als bei den Städten und Gemeinden ist es dem Kreis nach geltender Rechtslage nicht möglich, eine einmal in Anspruch genommene Ausgleichsrücklage im Wege der Haushaltsplanung wieder aufzufüllen. Dies wird in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25.03.2011 (bestätigt durch Beschluss des OVG Münster vom 15. August 2011) ausdrücklich zum Ausdruck gebracht. Danach darf es keine umlagerelevante Berücksichtigung eines Überschusses geben.

Vor diesem Hintergrund ist es auch unzutreffend davon zu sprechen, dass der Rhein-Kreis Neuss in der Vergangenheit in der Lage gewesen sei, seine Ausgleichsrücklage zu schonen.

Das sogenannte Rücksichtnahmegebot in § 9 Satz 2 der KrO gilt nicht uneingeschränkt. Vielmehr ist eine Abwägung vorzunehmen mit der in § 9 Satz 1 KrO enthaltenen Pflicht der Kreise, ihr Vermögen gesund zu halten. Das Rücksichtnahmegebot gilt also nicht unbegrenzt. Der Gesetzgeber hat im Übrigen im Entwurf des Umlagengenehmigungsgesetzes eine Regelung vorgesehen, wie ein einmal eingetretener Rückgang der Ausgleichsrücklage wieder ausgeglichen werden kann und soll. Durch eine sogenannte Ausgleichsrücklage wird die Möglichkeit eingeräumt, einen bereits eingetretenen Eigenkapitalverzehr wieder auszugleichen. Für den Fall des vollständigen Verzehrs des Eigenkapitals soll über eine sogenannte Sanierungsumlage der Abbau einer bereits eingetretenen Entschuldung wieder rückgängig gemacht werden.

Die Stellungnahme der Städte und Gemeinden bezieht sich auch nicht auf den Inhalt des Entwurfs des Umlagegrundlagengesetzes, sondern auf die Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes.

 

3.      Liquidität

 

Die Ermittlung der Kreisumlage erfolgt gemäß § 56 KrO NW. Dort ist bestimmt, dass eine Umlage zu erheben ist, soweit die sonstigen Erträge im Haushaltsjahr die entstehenden Aufwendungen nicht decken. Der Haushaltsplanung ist danach ein sogenannter ergebnisorientierter Ansatz für die Umlageerhebung vorgegeben. Der Rhein-Kreis Neuss hat deshalb auch keinen Ermessensspielraum alternativ nach anderen Kriterien, beispielsweise nach liquiditätsorientierten Überlegungen bei der Gestaltung der Kreisumlage vorzugehen. Dies hat der Innenminister mit Erlass vom 7. April 2010 nochmals ausdrücklich festgestellt (siehe Anlage 2). Damit ist ausschließlich bei der Haushaltsplanung ein ergebnisorientierter Ansatz zu verfolgen, liquiditätsorientierte Ermessensspielräume werden nicht eingeräumt. Auf der Grundlage eines - wie auch immer dargestellten - Liquiditätsüberschusses darf deshalb keine Umlagenberechnung stattfinden.

Die Ausführungen der Städte und Gemeinden zur Liquidität des Kreises sind auch in der Sache richtig zu stellen. Zutreffend ist zunächst, dass in der für die Umlagebemessung allein maßgeblichen Ergebnisrechnung auch sogenannte nicht zahlungswirksame Aufwendungen wie Abschreibungen und Pensionsrückstellungen aufzunehmen sind. Die daraus resultierenden Liquiditätszuflüsse dienen dazu, die Tilgung zu finanzieren bzw. die Zahlungen der Versorgungslasten.

Auch den Städten und Gemeinden ist bekannt, dass die Darstellung der Liquidität im Haushalt ständigen Schwankungen unterliegt. Der Umstand, dass zum 31.12.2010 der Kreis über liquide Mittel von rund 26 Mio. € verfügt hat, ist im übrigen auf die unter 2. dargestellte Ertragssituation aufgrund von Zahlungen des Landes zurückzuführen. Die Darstellung der Liquidität ist immer stichtagsbezogen und kann sich täglich verändern. Dies gilt gleichermaßen für die Städte und Gemeinden, die in ihren Bilanzen ebenfalls zum Stichtag 31.12. in unterschiedlichem Umfange liquide Kassenbestände ausweisen. Zum 31.01.2012 belaufen sich die liquiden Mittel des Rhein-Kreises Neuss im Übrigen auf minus 1,24 Mio. €. Der Finanzmittelbestand ist also defizitär. Die Schwankungen im Liquiditätsbestand des Rhein-Kreises Neuss treten nur deshalb auf, weil die Kreisumlage auf Bitten der Städte und Gemeinden nicht mehr monatlich, sondern quartalsweise erhoben wird, um der Liquiditätsentwicklung auf der gemeindlichen Ebene zu den jeweiligen Steuerterminen Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund ist die Darstellung unzutreffend, dass die Kommunen in den letzten Jahren zum Teil unnötige Überschüsse gegenüber dem Kreis finanziert hätten.

 

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Haushaltsplanentwurf 2012 des Rhein-Kreises Neuss auf der Grundlage der um 77,4 Mio. € gestiegenen Steuerkraft einschließlich Schlüsselzuweisungen auf der Ebene der Städte und Gemeinden beruht. Im Referenzzeitraum sind die Umlagegrundlagen um mehr als 16% gestiegen. Von einer Verschlechterung der Finanzsituation der Kommunen kann deshalb keine Rede sein.

Der Rhein-Kreis Neuss nimmt gleichwohl bei der Haushaltsplanung Rücksicht auf die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden. Neben der im Haushaltsentwurf bereits vorgesehenen Senkung der Kreisumlage wird über eine 2. Veränderungsliste eine weitere Senkung der Kreisumlage in den Beratungen vorgeschlagen. Auf die Darstellung in der 2. Veränderungsliste, die der Sitzungseinladung beigefügt ist, wird Bezug genommen.

Darüber hinaus enthält der Haushaltsentwurf des Kreises für 2012 noch erhebliche Risiken in einem Volumen von rund 5,3 Mio. €. Auch hierin wird deutlich, dass der Kreis bei der Haushaltsplanung in Solidarität mit den Städten und Gemeinden vorgeht.

 

Dabei handelt es sich um:

 

·     Mögliche Belastungen des Personalhaushaltes durch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbare Tariferhöhungen in einem Umfang von bis zu 1,1 Mio. €.

·     Mögliche Verschlechterungen im Bereich des § 12 a SGB II wegen der Anrechnung von Wohngeld- und Kindergeldleistungen in Höhe von bis zu 2,5 Mio. €.

·     Mögliche Verschlechterungen gegenüber der Haushaltsplanung wegen noch nicht absehbarer Auswirkungen der Weiterleitung der sogenannten Sonderbedarfsergänzungszuweisungen in Höhe von bis zu 1,3 Mio. €.

·     Mögliche Verschlechterungen im Rahmen des SGB II wegen der Erhöhung der Regelsätze von bis zu 0,4 Mio. €.

 

Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass die Haushaltsplanung 2012 des Rhein-Kreises Neuss in angemessenem Umfang Rücksicht auf die Finanzsituation der Städte und Gemeinden nimmt.

 

Zudem hat der Kreis in Solidarität mit den Städten und Gemeinden Ende 2011 die Rückzahlung des Landschaftsverbandes in Höhe von rund 895.000 € an die Städte und Gemeinden weitergeleitet, nachdem aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf und des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichtes Münster festgestellt worden war, dass im Jahr 2007 zuviel Landschaftsumlage erhoben worden war.