Betreff
Fachkräftebedarf in der Altenpflege
Vorlage
50/2271/XV/2013
Art
Bericht

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss nimmt den Bericht zur Kenntnis.


Sachverhalt:

Die demographische Entwicklung stellt unsere Gesellschaft vor viele Herausforderungen. Im Bereich der Pflege wird seit Jahren von verschiedenen Seiten auf die sich verschlechternde Situation des Arbeitsmarktes im Pflegebereich hingewiesen. Bund und Länder haben sich Ende 2012 auf eine „Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege“ verständigt, um den negativen Trends entgegenzuwirken.

 

 

Die Bertelsmannstiftung hat kürzlich den Themenreport „Pflege 2030, Was ist zu erwarten - was ist zu tun?“ veröffentlicht. Der Report stützt sich in seinen wesentlichen Teilen auf Prognosen über den zu erwartenden quantitativen wie qualitativen Pflegebedarf im Verhältnis zum zukünftigen Angebot an Pflegefachkräften und stellt in drei Szenarien die bis 2030 auftretenden Versorgungslücken dar.

 

Die Ergebnisse des Reports zeigen auf, dass bis zum Jahr 2030 eine enorme Lücke zwischen dem Bedarf an Pflegefachkräften und dem für professionelle Pflegeleistungen benötigten Personal ergeben wird. Würden alle Entwicklungen auf der Basis des Status quo linear weiterverlaufen (Szenario 1 des Reports), würden demnach 2030 bundesweit 434.000 Vollzeitstellen nicht mit den benötigten Pflegefachkräften besetzt werden können!

 

Hält der seit Einführung der Pflegeversicherung festzustellende Trend an, dass die Menschen vermehrt professionelle Pflegeleistungen in Anspruch nehmen (Szenario 2 des Reports) würde diese Lücke sogar auf 492.000 Vollzeitstellen ansteigen.

 

Würde es jedoch gelingen, die Zahl der Menschen, die in stationären Pflegeeinrichtungen versorgt werden, konstant zu halten (Szenario 3 des Reports), so würde der Fehlbedarf an Pflegefachkräften bis 2030 bei „nur“ 263.000 Vollzeitstellen liegen. Dies würde voraussetzen, dass der Anteil der von Angehörigen erbrachten Pflegeleistungen konstant gehalten und der Anteil der ambulant gepflegten Versorgung um 10% erhöht wird, um den demographisch bedingt steigenden Pflegebedarf aufzufangen.

 

 

Die Darstellungen der Bertelsmannstiftung decken sich mit den Prognosen, die im Jahr 2009  von der Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V., Dortmund, im Auftrag des Rhein-Kreises Neuss als Datenbasis für die Entwicklung der Nachfrage nach ambulanter und stationärer Pflege für das Kreisgebiet erarbeitet hat.

 

Auch dem Ergebnis der aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung, wonach dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel auf kommunaler Ebene beispielsweise durch Implementierung von Case- und Caremanagementstrukturen oder durch die Förderung der Entstehung alternativer Wohnkonzepte trägt der Rhein-Kreis Neuss Rechnung.

 

Trotz aller Bemühungen wirken sich negative Trends, auf die der Kreis keinen unmittelbaren Einfluss ausüben kann, schon heute auf den Personalbedarf in der Altenpflege aus. Der Zuwachs an neuen Pflegeeinrichtungen hat in den vergangenen Jahren nachweislich zu einer Verschärfung auf dem Arbeits- bzw. Fachkräftemarkt geführt:

 

Die Zahl der Pflegeplätze ist seit 2006 um mehr als 400 Plätze gestiegen. Die Zahl der Vollzeitstellen in der Pflege und im Sozialen Dienst ist im gleichen Zeitraum um 233 Stellen angestiegen. Der Zuwachs an Stellen, die mit Pflegefachkräften besetzt sind, stieg jedoch nur um 56 Stellen an! Kreisweit bedeutet das ein Absinken der Fachkraftquote von 57% in 2006 auf nur noch 51% im Jahr 2012.

 

Der Zuwachs an Vollzeitstellen insgesamt ist nicht nur durch die Entstehung neuer Plätze alleine zu erklären, sondern auch durch eine Veränderung der Pflegestufenverteilung in den Bewohnerstrukturen der einzelnen Häuser. So stieg die Zahl der Stellen von 2006 bis 2008 kreisweit um 42 Stellen an, obwohl sich die Zahl der Plätze nur minimal um 18 erhöhte. Dabei ist interessant, dass in diesem Zeitraum die Fachkraftquote auf 57% stabil gehalten werden konnte.

 

Wie sich die Entwicklung der Personalstruktur in den ambulanten Pflegediensten entwickelt, ist dem Rhein-Kreis Neuss nicht aktuell bekannt, da mangels Zuständigkeit keine validen Daten vorliegen. Die Entwicklung dürfte jedoch ähnlich verlaufen sein.

 

 

Initiativen wie das vom Rhein-Kreis Neuss und dem Jobcenter mit je 45.000,-€ unterstütze Programm „Bunte Pflege“ in Trägerschaft der Caritas Sozialdienste Rhein-Kreis Neuss zur Integration von Migranten in den Pflegeberuf oder die verschiedenen Qualifizierungsmaßnahmen des Technologiezentrums Glehn leisten bereits heute Beiträge zur Verbesserung der Gesamtsituation des Arbeitsmarktes in der Pflege. Gleiches gilt für die Bemühungen zur Anwerbung und Qualifizierung von Pflegekräften aus dem Ausland, wie sie beispielsweise von der GTZ (Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) oder sogar von einzelnen Trägern von Pflegeeinrichtungen verstärkt begonnen wurden.

 

 

Ob es weitere Handlungsoptionen des Kreises gibt und welche dies sein können, wird in Zusammenhang mit der Fertigstellung des Sozioökonomischen Monitorings zu diskutieren sein.