Betreff
Förderung der Dualen Karriere bei jungen Leistungssportlern
Vorlage
52/2291/XV/2013
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Sportausschuss stimmt der Durchführung von Unterstützungsmaßnahmen im Bereich der Dualen Karriereplanung für junge Leistungssportler zu. Hierfür sollen im Haushaltsjahr 2013  7.500,- € bereit gestellt werden.


Sachverhalt:

Im August 2011 wurde der Rhein-Kreis Neuss als NRW Leistungssportzentrum anerkannt. Damit wurde die langjährige zielgerichtete Arbeit bestätigt, aber gleichzeitig die Meßlatte für die zukünftige Spitzensportförderung sehr hoch gelegt. Mit der Bewerbung und Anerkennung verbunden ist die Selbstverpflichtung, den Spitzensport und damit Sportlerinnen und Sportler zu fördern und weiter zu entwickeln.

Der Leistungs- und Hochleistungssport stellt auf nationaler- und auf internationaler Ebene hohe Anforderungen an die Athletinnen und Athleten. Ohne konsequentes Training, eine langfristig ausgerichtete sportliche Karriereplanung sowie optimale sport- und umfeldbezogene Rahmenbedingungen sind Spitzenleistungen im Sport in der heutigen Zeit nur schwer zu verwirklichen.

Die Rahmenbedingungen jenseits der sportspezifischen Bedingungen erschweren die Wirkungsmöglichkeiten sportlicher Fördersysteme:
Aufgrund der demographischen Entwicklung (sinkende Kinderzahlen), immer mehr konkurrierender Freizeitangebote, steigender schulischer Zeitanforderungen durch die 12-jährige gymnasiale Schulzeit und die Ganztagsschule, des Wettbewerbs der Sportarten um die Talente und des immer früheren Ausstiegs aus dem Sportverein gibt es insgesamt weniger Jugendliche im Leistungssport.
Im Schulsport wurde das Segment „Wettkampf- und Leistungssport“ immer weiter in den Hintergrund gedrängt und ist insgesamt unterrepräsentiert.
Gegenüber anderen Spitzensportnationen bestehen im internationalen Systemvergleich deutliche Rückstände in einer insgesamt vergleichsweise gering ausgeprägten Kultur der Leistung als Wert und der Leistungseliten im Sport- und Bildungssystem und in unserer Gesellschaft insgesamt.

Seit den Olympischen Spielen in London wird viel über die Sportlerförderung in Deutschland diskutiert und über die Summen, die in Form von Prämien oder anderen Förderleistungen den Athleten zu Gute kommen.
In dieser engagiert geführten Debatte wird auch ganz deutlich, was (olympische) Sportler antreibt: Es ist nicht die Aussicht auf Geld, auf Prämien, vielmehr sind es der Idealismus, die Liebe zum Sport und der Spaß an der Sache.
Die Athletinnen und Athleten übernehmen ganz allein für sich das Risiko, das sich mit einer Leistungssportkarriere verbindet, aber sie lassen ganz viele teilhaben an ihren Erfolgen. Daher haben sie auch Anspruch darauf, dass die Gesellschaft ihr Bestes gibt, sie zu fördern und ihnen neben der sportlichen auch eine langfristige, berufliche Perspektive zu ermöglichen. Geschenkt bekommen wollen die Sportler dabei nichts, schon gar keine guten Noten oder bestandene Klausuren. Das würde ihrem Leistungsanspruch und –willen widersprechen. Aber sie wollen eine faire Chance, also nicht auch noch deshalb in Schule oder Ausbildung benachteiligt werden, weil sie Leistungssportler mit knappem Zeitbudget sind.

Der Rhein-Kreis Neuss hat viele Maßnahmen und Projekte entwickelt und durchgeführt, um neben der sportspezifischen Förderung auch optimale Rahmenbedingungen für den Leistungssport im Rhein-Kreis Neuss zu schaffen (Stiftung Sport, Teilinternat, Vollinternat etc.).
Im Bereich der Dualen Karriereplanung gibt es jedoch noch einen weiteren Förderbedarf:
Nur ein ganz geringer Prozentsatz der Spitzensportlerinnen und Spitzensportler kann dauerhaft von der sportlichen Karriere leben. Nur wenige sind – wie etwa Profifußballer – in der Lage, mit ihrer sportlichen Karriere eine wirtschaftliche Absicherung für ihr ganzes Leben zu erreichen. Deswegen, aber auch unabhängig von dieser ökonomischen Notwendigkeit, wollen Sportlerinnen und Sportler nach dem Ende ihrer sportlichen Karriere in einem anderen Beruf Fuß fassen können – auch wenn sie dem Sport oft als Trainer oder Funktionär verbunden bleiben. Das geht in der Regel nicht ohne eine berufliche Ausbildung oder ein Studium parallel zu der leistungssportlichen Karriere.
Sportler müssen also eine Duale Karriere aufbauen.
Dass das nicht einfach ist, liegt angesichts der hohen Trainingsbelastung und der vielen nationalen und internationalen Meisterschaften und Verpflichtungen auf der Hand.

Diese Thematik wurde auch im Arbeitskreis Leistungssport erörtert und Handlungsbedarf über die bestehenden Förderungsmaßnahmen hinaus festgestellt.
Ein dringendes Problem besteht an der Schnittstelle zwischen Schule und Studien- oder Berufswahl. Hier werden wichtige Entscheidungen nicht nur für die individuelle Zukunft des Sportlers getroffen, sondern eine nicht optimale Entscheidung hat fundamentalen Einfluss auf die weitere sportliche Karriere.

Es gibt verschiedene Anbieter, die entsprechende Workshops zur Berufsfindung anbieten.
Hierbei werden intensiv die Fähigkeiten, Potenziale und Berufsvorstellungen jedes Einzelnen erarbeitet. Im Vordergrund stehen die Interessen, aus denen sich die entsprechenden Fähigkeiten ableiten lassen.
Anschließend liegt der Schwerpunkt auf der praktischen Berufsfindung.
Es geht es darum, das Berufsfeld zu finden, das zu den Stärken und Wünschen passt.
Somit kann individuell eine eigene Handlungsstrategie entwickelt werden
Die Kosten für derartige Gruppenworkshops liegen beispielsweise bei der Einstieg GmbH, einem Kooperationspartner des Olympiastützpunktes Rheinland, bei 190.- € pro Person für ein fünfstündiges Seminar bei 4- 6 Teilnehmer.
Ein solches Beratungsseminar soll den rund 100 Bundeskadern im Rhein-Kreis Neuss angeboten werden. Wir rechnen damit, dass im ersten Jahr etwa 25 Athleten dieses Angebot annehmen werden (= 4.750,- €).

Als weitere wichtige unterstützende Maßnahme kommt Nachhilfeunterricht in Frage.
Junge Leistungssportler haben in der Schule häufig das Problem, dass durch Lehrgänge und Wettkämpfe Unterricht ausfällt. Die zunehmende Unterrichtsverdichtung (G8 bzw. gebundener Ganztag) verschärft noch diese Schwierigkeiten.

Die Deutsche Sporthilfe gewährt den von ihr geförderten Sportlern Nachhilfeunterricht für maximal 10 Stunden im Monat. Die Förderung erfolgt nur nach Wahl eines qualifizierten Nachhilfelehrers und auf Grund der bescheinigten Notwendigkeit durch den Fachlehrer/Stufenleiter.
Auf Grund dieser vorhandenen Förderung sollte eine regionale Unterstützung nur greifen, sofern die Sporthilfe diese Maßnahmen nicht fördert, d.h. für Landeskader, die in den Projektmaßnahmen der Stiftung Sport in
einer der 13 festgelegten Schwerpunktsportarten aktiv sind und eine Perspektive haben, in die nationale Spitze aufzusteigen. Der jeweilige Projektleiter/Trainer muss den Leistungsstatus bestätigen (Mindestalter 13 Jahre). Gerade an der Schnittstelle des Übergangs von Landes- in den Bundeskader gibt es eine relativ hohe Dropout-Quote, die durch eine entsprechende schulische Unterstützung minimiert werden kann. Wir gehen davon aus, dass im ersten Jahr rund 150 Nachhilfestunden gefördert werden (Höchstgrenze 20,- € pro Stunde).