Betreff
Anfrage der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema "Einheitliche Behördennummer 115" vom 03.09.2013 und Antwort der Verwaltung
Vorlage
013/2704/XV/2013
Art
Tischvorlage

Sachverhalt:

Zur Anfrage der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung:

 

Das Projekt D115 verfolgt das langfristige Ziel, bundesweit allen Bürgern einen direkten Zugang zu Auskünften über Leistungen der öffentlichen Verwaltung über eine einheitliche Behördenrufnummer zu erlauben. Dabei soll es für die Anrufer keine Rolle mehr spielen, welche Behörde oder welches Amt für die Leistung zuständig ist. Das Projekt D 115 setzt auf bestehende Strukturen; dezentrale Service-Einheiten von Bund, Ländern und Kommunen werden miteinander technisch vernetzt.

 

Seit März 2009 wurde die 115 zunächst in einem zweijährigen Pilotbetrieb in Modellregionen getestet, seit dem 14.04.2011 erfolgt der Regelbetrieb im Rahmen des D115-Verbundes.
Für die Pilotphase des D 115-Projektes wurden die 150 am häufigsten nachgefragten Dienstleistungen, davon 100 kommunale und je 25 von Bund und Land, bundeseinheitlich in einem Leistungskatalog (LEIKA) definiert, der sukzessive ausgebaut werden sollen.

Der Bund und das Land Hessen haben die Anschubfinanzierung (Aufbau 115-Netzwerkplattform, Betrieb usw.) in der Pilotphase übernommen. Die Finanzierung der lokalen D115-Service-Center (insbesondere Aufbau, Personal, technische Infrastruktur) erfolgt jedoch dezentral zu Lasten des jeweiligen Trägers.

Neben Einrichtungen des Bundes und der Länder (12 von 16) nehmen auch zahlreiche Modellregionen aus Hessen, Niedersachsen, Rheinland Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen am Projekt teil, darunter auch einige wenige Kreise (Bodensee-Kreis, Kreis Lippe, Main-Taunus-Kreis, Rhein-Erft-Kreis, Rheinisch-Bergischer Kreis, Kreis Wesel, Kreis Viersen, Kreis Trier-Saaburg – Quelle: Hompage Deutsher Landkreistag - DLT).

Bürger aus über 300 Kommunen können nach Angaben des D115-Verbundes die einheitliche Behördennummer inzwischen erreichen. Bis Ende 2013 strebt die Landesregierung von Schleswig-Holstein eine flächendeckende Beteiligung an.

 

Situation Rhein-Kreis Neuss:

Mit zwei Bürger-Servicecentern mit angeschlossener Telefonzentrale verfügt der Rhein-Kreis Neuss unter den nordrhein-westfälischen Kreisen über eine vergleichsweise gute Ausgangsposition. Die bürgerfreundlichen Servicezeiten von montags bis donnerstags durchgehend von 7 bis 18 Uhr, freitags bis 15.30 Uhr (insgesamt 53,5 Wochenstunden) übertreffen in der Summe sogar die geforderten 50 Wochenstunden Öffnungszeit im D 115-Verbund.

Vom Beginn an hat der Rhein-Kreis Neuss den Prozess des Projektes D115 mit hohem Interesse verfolgt und sich an Informationsveranstaltungen beteiligt. Darüber hinaus hat es auch Gespräche mit bereits teilnehmenden Städten wie Düsseldorf und Köln gegeben, die bereits seit Jahren über ausgebaute und große Callcenter verfügen.

Die für eine Projektteilnahme vorgesehene Unterzeichnung einer Projekt-Charta mit verbindlichen Service-Garantien waren seinerzeit und sind es heute noch ohne Personalverstärkung und Ausbau der Technik nicht leistbar (vgl. Anlage Projekt-Charta). So müssen bsplw. 75 Prozent der D 115-Anrufe innerhalb von 30 Sekunden durch einen Callcenter-Mitarbeiter angenommen werden. 55 Prozent der D-115 Anrufe sollen dabei beim ersten Kontakt beantwortet werden. Wenn ein Anruf weitergeleitet wird (z.B. Fachamt), soll der Anrufer innerhalb von 24 Stunden eine Rückmeldung innerhalb der Servicezeiten erhalten.

Folgende Anforderungen müssen bei einer Teilnahme des Rhein-Kreises Neuss erfüllt sein:

  • Personelle Verstärkung der Bürger-Service-Center
  • Qualifizierung der Mitarbeiterinnen
  • Aufbau einer Wissensdatenbank entsprechend der bundeseinheitlichen Vorgaben
  • Einsatz von Call-Center-Technik mit Dokumentationsmöglichkeiten
  • Qualitätsmanagement (+ Personal)
  • Abstimmung innerhalb der Kreisgemeinschaft

 

In der Bürgermeister-Konferenz am 03.12.2009 wurde das Thema intensiv diskutiert. Mit Blick auf die finanziellen Auswirkungen und noch nicht geklärten Detailfragen warb Landrat Petrauschke seinerzeit dafür, die Entwicklung zunächst abzuwarten und nach einer kreiseinheitlichen Lösung zu suchen. Neuss und Kaarst hatten jedoch bereits angekündigt, sich über einen Verbund mit Düsseldorf an dem D115-Projekt zu beteiligen.


Am 31.10.2012 hat sich erneut auch der Ausschuss für Verfassung, Verwaltung und Personal des Landkreistages NRW mit dem Thema D115 befasst. Trotz hohen Interesses seitens der NRW-Kreise sprach sich der Ausschuss im Ergebnis gegen die Durchführung eines Modellversuchs zur flächendeckenden Erreichbarkeit der einheitlichen Behördenrufnummer aus. Insbesondere wird der eingeschränkte Umfang der im Modellversuch möglichen Auskünfte kritisch betrachtet.

 

Der Rhein-Kreis Neuss verfolgt deshalb inzwischen eine Doppelstrategie. Zunächst sollen durch eigene Anstrengungen die Voraussetzungen für den Ausbau der eigenen Kreis-Bürgerservice-Center im Sinne eines "First-Level-Supports" erfolgen, und damit die Fachämter nachhaltig entlastet werden. Ein it-gestütztes Wissensmanagement ist hierfür ein zentraler Erfolgsschlüssel. Es soll das Wissen fach- und ebenenübergreifend innerhalb der Kreisverwaltung und ihrer Einrichtungen sicherstellen, damit die Mitarbeiterinnen der Bürger-Servicecenter/Telefonzentrale Anrufern schnell und kompetent Auskünfte erteilen können.

Zum Aufbau einer it-unterstützten Wissensdatenbank wurde eine neue Software der Firma TSA angeschafft. Das Amt  65.4 – Information und Kommunikation (IuK) stellte die Softwarelösung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 2013 zur Verfügung. Seit August arbeitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an dem Aufbau der Wissensdatenbank für die Telefonzentrale. Bei der Auswahl der Software wurde seitens der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hohen Wert gelegt, dass die neue Software-Lösung 100 Prozent kompatibel zum D115-Projekt ist und der bundeseinheitliche Leistungskatalog - LEIKA - genutzt werden kann. Bis Ende des Jahres sollen die Mitarbeiterinnen der Bürger-Servicecenter/Telefonzentrale geschult werden. Ein Ticketsystem soll bei nichterreichbaren Mitarbeitern in den Fachämtern darüber hinaus sicherstellen, dass der anfragende Bürger eine zeitnahe Antwort erhält.

 

Daneben hat 65.4/IuK auch in 2013 eine neue Telefonanlage für die Verwaltung ausgeschrieben, die ebenfalls den Anforderungen an das D115-Projekt Rechnung tragen soll.

 

Damit erhöht der Rhein-Kreis Neuss seine Serviceorientierung in Eigenregie und hält sich eine mögliche Projektbeteiligung – allein oder im Verbund – zu einem späteren Zeitpunkt offen. Die Verwaltung wird die Entwicklung des D 115-Projektes weiter intensiv beobachten  und dem Kreisausschuss berichten.