Betreff

Erweiterung des Sportplatzes in Dormagen-Straberg;
Befreiung gem. § 69 Abs. 1 LG NRW
Vorlage
68/396/2008
Aktenzeichen
68.4-40.01-1-194-08
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

 

Der Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde erhebt keinen Widerspruch gegen die Erteilung von Befreiung nach § 69 Abs. 1 LG NRW für die Erweiterung des Sportplatzes Straberg entsprechend dem Antrag der Stadt Dormagen.


Sachverhalt:

 

Südwestlich der Ortslage Straberg liegt im Bereich mehrerer Sportanlagen auch der Sportplatz des FC  Straberg. Es handelt sich um einen Tennenplatz ohne taugliche umlaufende Laufbahn.

 

Seitens der Stadt Dormagen ist nunmehr geplant, den Platz als Kunstrasenplatz auszubauen und ihn mit einer normgerechten 400 m-Laufbahn zu versehen. Der Antrag der Stadt Dormagen ist einschließlich der Begründung als Anlage beigefügt.

 

Die Sportanlage grenzt unmittelbar an das Waldnaturschutzgebiet 6.2.1.4 „Knechtsteden“ an. Dieses Naturschutzgebiet ist gleichzeitig FFH-Gebiet DE-4806-303 „Knechtstedener Wald mit Chorbusch“ nach der RL 92/43/EWG, da es in seinen Grenzen als solches übernommen wurde.

 

Die geplante Erweiterung des Sportplatzes um die Laufbahn greift in einem Umfang von 1.950 qm in das NSG/FFH-Gebiet ein. Dies entspricht bei einer Gesamtgröße von rd. 1.177 ha einem Flächenanteil von 0,017 %. In diesem Gebiet würde bei Umsetzung der Planung der dort aufstehende Wald zum Bau der Laufbahn beseitigt werden müssen.

 

Der Landschaftsplan II - Dormagen stellt für diesen Bereich nach § 18 LG NRW das Entwicklungsziel 1 C §Erhaltung und Optimierung größerer zusammenhängender Waldbestände“ dar und setzt Naturschutzgebiet i. S. d. § 20 LG NRW fest.

 

Für die Inanspruchnahme der Waldfläche ist nach Forstrecht ein Waldumwandlungsverfahren nach § 39 LFoG NRW durchzuführen.

Baurechtlich bedarf die Erweiterung des Sportplatzes als bauliche Anlage der Erteilung einer Baugenehmigung.

Da die Erweiterung den Verboten des Landschaftsplanes II für Naturschutzgebiete widerspricht, ist zu Ihrer Legalisierung die Erteilung von Befreiung nach § 69 Abs. 1 LG NRW von diesen Verboten erforderlich.

Der Bau der Laufbahn stellt zudem einen Eingriff in Natur und  Landschaft i. S. d. §§ 4 ff LG NRW dar, der auszugleichen oder zu ersetzen ist (Kompensation), soweit er nicht vermieden werden kann.

 

Da die Erweiterung um die Laufbahn in ein FFH-Gebiet unmittelbar eingreift, ist nach Naturschutzrecht (Art, 6 der FFH-RL und umsetzend § 34 BNatSchG, § 48 d LG NRW) die Verträglichkeit der Planung mit den Erhaltungszielen des Gebiets zu prüfen. Von dieser Prüfung kann ausschließlich dann abgesehen werden, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung offenkundig nicht eintreten kann.

 

Um dies zu prüfen, hat der FC Straberg auf Forderung der Unteren Landschaftsbehörde beim Institut für Vegetationskunde, Ökologie und Raumplanung, Düsseldorf (IVÖR) eine sog. FFH-Vorprüfung in Auftrag gegeben. Das hieraus folgende Gutachten ist Gegenstand des Antrags der Stadt Dormagen auf Erteilung von Befreiung nach § 69 LG NRW und liegt dieser Vorlage als Anlage bei.

 

In dem Gutachten wurden die möglichen Beeinträchtigungen, ausgehend von der vorgelegten Planung und ihrer Umsetzung, aufgezeigt und ihre Auswirkungen auf das FFH-Gebiet und seine wertbildenden Bestandteile, hier die Lebensrumtypen nach Anh. I der FFH-RL, die Arten nach den Anh. II und IV der RL und die Arten nach der Vogelschutzrichtlinie (RRL 97/409/EWG) sowie die Schutzzwecke und Erhaltungsziele geprüft.

 

Im Ergebnis kommt der Gutachter zu dem Schluss, dass die diskutierten, vorhabenbedingten potentiellen Beeinträchtigungen gar nicht oder nur in sehr geringem Maß auf die einzelnen Schutzgüter einwirken, diese aber nicht nachteilig beeinflussen. Der Gutachter sieht keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes in seinen maßgeblichen Bestandteilen.

 

Seitens der Unteren Landschaftsbehörde wird dieser Einschätzung nach Prüfung der Aussagen des Gutachtens zugestimmt. Die Einschätzungen werden geteilt. Die Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen ist gegeben.

 

Eine förmliche FFH-Verträglichkeitsprüfung i. S. d. §§ 34 Abs. 1 BNatSchG, 48 d Abs. 1 LG NRW ist damit nicht erforderlich.

 

Über die Genehmigung zur Umwandlung der Waldfläche in eine andere Nutzungsart entscheidet auf Antrag der Landesbetrieb Wald und Holz NRW - Regionalforstamt Niederrhein. Die Untere Landschaftsbehörde wird im Verfahren beteiligt. Hier steht der Ersatz für die entfallende Waldfläche im Vordergrund.

 

Die Umwandlung der Waldfläche und der Bau der Laufbahn steht im Widerspruch zu den Verboten des Landschaftsplanes II - Dormagen - für Naturschutzgebiete. Von diesen Verboten kann die Untere Landschaftsbehörde auf Antrag nach § 69 u. A. dann Befreiung erteilen, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern. Bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen sind die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege gegen die Belangen des beantragten Vorhabens abzuwägen.

 

Im vorliegenden Fall liegen für die Stadt Dormagen gewichtige Gründe vor, die öffentliche Sportanlage Straberg, die von einem mitgliederstarken Sportverein betrieben wird, um eine den Anforderungen gerecht werdende Laufbahn zu erweitern. Damit wird der Sportplatz auch den Läuferinnen und Läufern geöffnet, für die heute keine adäquaten Trainingsmöglichkeiten bestehen. Die Ausübung von Sport besitzt gerade heute eine hohe Bedeutung mit Blick auf das öffentliche Wohl. Die bestehende, in Eigenregie angelegte 100 m-Bahn, die in 2 m Breite weiter um den Sportplatz verläuft, erfüllt hinsichtlich Gestaltung, Größe und Kurvenradien auch die notwendigsten Anforderungen nicht.

Der Bau der Laufbahn dient dem öffentlichen Wohl. Die Gründe des Wohls der Allgemeinheit überwiegen in diesem Fall die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Vernünftige Alternativen zu der Erweiterung des Sportplatzes nach Süden bestehen nicht. Eine Erweiterung nach Norden scheidet wegen der dort liegenden Infrastruktureinrichtungen und der damit verbundenen hohen Zusatzkosten aus. Eine Drehung des gesamten Platzes kollidiert mit anderen angrenzenden Nutzungen. Eine Verlagerung des gesamten Sportplatzes mit seinen Einrichtungen wäre nicht denkbar. Die Erweiterung des Sportplatzes nach Süden ist damit die einzige, sich für diese Absicht bietende Lösung. Die der Abwägung unterliegenden Gemeinwohlbelange i. S. d. § 69 Abs. 1 LG NRW werden umso gewichtiger, als sie ohne vernünftige Alternativen sind. Zugleich bleibt festzustellen, dass der mit der Planung und ihrer Umsetzung für das Naturschutzgebiet entstehende Eingriff im Licht der örtlichen Verhältnisse des Eingriffsortes und dessen Stellung im Gesamtgefüge des Schutzgebietes nicht von so hohem Gewicht ist, dass es die Belange des Eingriffs überwiegen würde. Präzedenzwirkung mit Ausstrahlung auf andere Fallgestaltungen entsteht durch die Befreiung nicht.

 

Die Belange des Gemeinwohls hinsichtlich der vernünftigen Erweiterung des Sportplatzes um eine vierstreifige Laufbahn überwiegen damit im vorliegenden Fall die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Sie erfordern die Befreiung nach § 69 Abs. 1 LG NRW, da ansonsten das Vorhaben nicht durchführbar wäre.

 

Der Bau der Laufbahn gilt nach § 4 Abs. 2 LG NRW als Eingriff in Natur und Landschaft. Minderungsmöglichkeiten i. S. d. § 4 a Abs. 1 LG NRW bestehen nicht. Die nicht vermeidbaren Anteile des Eingriffs sind nach §  4 a Abs. 2 LG NRW auszugleichen oder zu ersetzen (anderweitig zu kompensieren). Hierzu wurde en Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP) durch das Ing.-Büro Planwerk, Dormagen, erarbeitet. Dieser liegt als Anlage bei.

 

Ein Ausgleich durch Vermehrung der Waldfläche im unmittelbaren Anschluss an den Eingriffsort (südlich anschließend) ist mangels für die Stadt Dormagen verfügbarer Grundflächen noch nicht absehbar. Verhandlungen sind eingeleitet. Eine Prognose ist derzeit nicht möglich. Ein Ausgleich an dieser Stelle ist jedoch zwar wünschenswert, im Licht der Wertigkeit der Eingriffsflächen und der Bedeutung für das NSG insgesamt aber nicht unabdingbar.

 

Der Vorschlag der Stadt Dormagen, im Bereich des FFH-Gebietes DE-4806-305 „Wahler Berg“ im Stadtgebiet eine Aufwertungsmaßnahme i. S. d. Entwicklungsziele vorzunehmen, wird begrüßt. Er trägt den Anforderungen an das Kompensationserfordernis nach § 4 a LG NRW Rechnung.

 

Die Maßnahmen werden akzeptiert. Weiter Details der Kompensation werden im Baugenehmigungsverfahren abgestimmt, in dem auch die Kompensationsmaßnahmen festgesetzt werden.

 

Nach alledem kann aus Sicht der Unteren Landschaftsbehörde das Vorhaben unter Erteilung von Befreiung nach § 69 Abs. 1 LG NRW zugelassen werden.

 

Im Zuge des Beteiligungsverfahrens wird der Beirat mit Blick auf sein Widerspruchsrecht nach § 69 Abs. 1 LG NRW beteiligt.