Betreff
Abfallwirtschaftsplan NRW für Siedlungsabfälle
Vorlage
68/3124/XV/2014
Art
Mitteilung

Seit kurzem liegt der Abfallwirtschaftsplan NRW für Siedlungsabfälle im Entwurf vor, der die Richtlinien für die Abfallwirtschaft im Land NRW festlegen soll. Das Beteiligungsverfahren wurde eingeleitet, auch der Rhein-Kreis Neuss kann seine Bedenken und Anregungen mitteilen.

In vielen Punkten stimmt der Rhein-Kreis Neuss mit dem neuen Abfallwirtschaftsplan überein. So etwa, wenn es darum geht, Abfälle möglichst zu vermeiden, die Recyclingwirtschaft zur Sicherung der Rohstoffversorgung weiter zu fördern, die Einsammlung und Verwertung von Bioabfällen zu intensivieren und dabei auch die Herstellung von Biogas aus Abfällen zu fördern. Auch die Förderung kommunaler  Zusammenarbeit ist ein sinnvolles Ziel.

In einer Sache aber, die in der Presseveröffentlichung des Landes NRW als der „zentrale Punkt“ bezeichnet wird, ist der Kreis mit den Vorgaben des Abfallwirtschaftsplans nicht einverstanden: Das ist die Zuweisung der einzelnen Gebietskörperschaften zu bestimmten Entsorgungsregionen. Der Kreis soll seine Restabfälle nur in den Müllverbrennungsanlagen entsorgen, die in der so genannten „Region Rheinland“ liegen. Er darf z.B. in der von Neuss 67 km entfernten Müllverbrennungsanlage in Aachen entsorgen, oder in der 70 km entfernten Müllverbrennungsanlage in Bonn, nicht aber in der nur 35 km entfernten Müllverbrennungsanlage in Wuppertal. Denn die gehört zu einer anderen Entsorgungsregion. Die Begründung des Landes: Es soll nach dem Prinzip der Nähe entsorgt und Mülltourismus vermieden werden. Außerdem soll kein „ungesunder Preiskampf“ stattfinden.

Natürlich ist auch der Kreis bestrebt, seine Abfälle in möglichst nahe gelegenen Anlagen verbrennen zu lassen und die Transportentfernungen gering zu halten. Dazu bedarf es aber keiner Vorschrift des Landes. Denn kurze Transportentfernungen werden üblicherweise als Wertungskriterien bei der Ausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen eingesetzt. Keine der Ausschreibungen der letzten Zeit, etwa die des Kreises Heinsberg, des Kreises Viersen oder der Stadt Mönchengladbach hat zu unangemessenen Transportentfernungen zu weit entfernten Müllverbrennungsanlagen geführt.

Tatsächlich geht es bei den Zuweisungen zu Entsorgungsregionen nicht um Umweltschutz und Transportentfernungen. Es gibt derzeit in NRW ein Überangebot von Müllverbrennungsanlagen. Die Verbrennungspreise sind im Keller und die Betreiber der Verbrennungsanlagen bzw. die daran beteiligten Kommunen machen keine Gewinne mehr. Die Kommunen ohne eigene Müllverbrennungsanlagen können dagegen preiswert entsorgen, so etwa die Stadt Mönchengladbach und die Kreise Viersen und Heinberg aufgrund deren jüngst erfolgten Ausschreibungen. Das Land versucht, in die kommunale Selbstverwaltung einzugreifen und die Abfallströme zu lenken, um so den Preisverfall zu stoppen. Dies ist Planwirtschaft statt Wettbewerb, ohne dass dadurch Überkapazitäten tatsächlich abgebaut werden.

Der Rhein-Kreis Neuss ist für die Überkapazitäten im Bereich der Abfallverbrennungsanlagen nicht verantwortlich. Er hat im Gegenteil sogar rechtzeitig und entgegen dem Drängen des Landes auf den Bau einer eigenen Abfallverbrennungsanlage verzichtet. Die Überkapazitäten wurden durch kommunale Unternehmen in der Rechtsform der GmbH oder AG aufgebaut. Diese haben in der Vergangenheit gewinnorientiert agiert und erhebliche – nach einem Bericht des ZDF-Magazins Frontal 21 vom 28.02.2012 unüblich hohe (teilweise über 40%) Umsatzrenditen erzielt. Der Rhein-Kreis Neuss hat dagegen bisher hohe Preise für die Verbrennung seiner Abfälle gezahlt und findet es daher angemessen, dass er bei der nächsten Ausschreibung auch einmal von niedrigen Preisen profitieren kann.

Für den Rhein-Kreis Neuss steht sein gesetzlicher Auftrag im Vordergrund: Die Schaffung von Entsorgungssicherheit für seine Bewohner und Unternehmen sowie eine umweltgerechte Abfallentsorgung zu möglichst niedrigen Abfallgebühren.

Der Landrat hat, gestützt auf einen Beschluss des Planungs- und Umweltausschusses (11. Sitzung am 04.06.2013), bereits im Vorfeld deutlich seine Bedenken gegen eine Einschränkung des Wettbewerbs durch Zuweisungen zu einzelnen Anlagen oder zu Entsorgungsregionen zum Ausdruck gebracht. Leider wurden diese nicht berücksichtigt. Im jetzt anstehenden offiziellen Beteiligungsverfahren wird der Kreis seine Bedenken abermals vortragen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Kreis im Interesse seiner Bürgerinnen und Bürger sowie seiner Unternehmen auch rechtliche Schritte gegen die Zuweisungen in Auge fassen wird.