Beschlussempfehlung:

Der Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde erhebt keinen Widerspruch gegen die Gewährung von Befreiung gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG für den Neubau des Sportplatzes am Norbert-Gymnasium, Knechtsteden, entsprechend der vorgelegten Planung.


Sachverhalt:

Der Rhein-Kreis Neuss und das Norbert-Gymnasium Knechtsteden beabsichtigen den Neubau des Sportplatzes für das Gymnasium. Der Neubau ist erforderlich, weil der bisher genutzte, 60 Jahre alte Sportplatz innerhalb des Schulgeländes in einem so schlechten Zustand ist, dass eine Sanierung nicht in Erwägung gezogen werden kann. Zudem entspricht er in seinen Ausmaßen nicht den aktuell zu stellenden Anforderungen.

 

Geplant sind eine Wettkampfbahn Typ C mit 4 Umlaufbahnen und 6 100 m-Sprintbahnen sowie im Innenraum ein Spielfeld für Fußball und Hockey, ein Handballfeld, eine Weitsprunggrube und 2 Hochsprungmatten. Nach Norden und Osten hin soll ein eingesäter, etwa 1,20 m hoher Wall mit einer Kronenbreite von 2,00 m den eigentlichen Platzbereich abschließen. Das Spielfeld soll als Kunstrasenplatz angelegt werden. Laufbahnen und übrige Spielflächen sollen mit einem Kunststoffbelag versehen werden. Ein umlaufender Weg sowie die Zuwegungen werden in Pflaster ausgeführt.

 

Hochbauten, Einfriedungen oder eine Beleuchtung des Sportplatzes sind nicht vorgesehen. Lager- und Einstellmöglichkeiten für Geräte und Maschinen können im Bereich des alten Sportplatzes eingerichtet werden.

 

Der Sportplatz soll mit einer 5-reihigen Eingrünung (frei wachsende Hecke, Breite etwa 7,50 m) nach Westen, Norden und Osten und mit einem 2,00 m breiten, vorgelagerten Saumstreifen zum Acker eingefasst werden, wobei diese Eingrünung an den Berührungspunkten zu dem bestehenden Weg im Süden aufgeweitet wird. Punktuell soll auch der Wall auf seiner Außenseite bepflanzt werden. Eine Niederschlagswasser-Rückhaltung im Südosten wird in die Eingrünung mit eingebunden und erhält einen Überlauf in die östlich der L 36 verlaufende Pletschbach-Rinne.

 

Die in Anspruch zu nehmende Fläche für den Sportplatz, die Freiflächen, Ausgleichspflanzungen, Regenwasserableitung und Nebenanlagen beträgt rd. 24.672 qm. Hiervon entfallen als Grünflächen auf die äußere Eingrünung 3.350 qm, auf den Saumstreifen zu den umliegenden Ackerflächen 1.300 qm sowie auf Rasenflächen im Inneren 5.352 qm. Hinzu kommt eine südliche Hainbuchenhecke zum Weg in der Länge von 203 m.

 

Als Standort für den Sportplatz ist eine Ackerfläche nördlich des heutigen Schulgeländes bzw. des alten Sportplatzes vorgesehen. Ursprünglich war ein Neubau in der heute anzusetzenden Größenordnung am Standort des alten Platzes vorgesehen. Dies wäre jedoch untrennbar mit erheblichen Eingriffen in die östlich liegende alte Baumreihe / Hecke aus u. a. Weide, Ahorn und Weißdorn, die die wesentliche östliche Eingrünung des Schulgeländes mit seinen Neubauten bildet, sowie in die anschließende wertvolle Streuobstwiese, die vor Jahren bereits erheblich zu Gunsten des Baus des Parkplatzes reduziert wurde, verbunden gewesen. Diese Lösung wurde daher seitens der Unteren Landschaftsbehörde verworfen.

 

An ihrer Stelle wurde der Standort unmittelbar nördlich des alten Sportplatzes / des Erschließungswegs zum Wirtschaftshof, westlich der L 36 Knechtsteden-Straberg auf dem Grundstück Gem. Straberg, Flur 6, Flurstück 74 (Größe rd. 202.000 qm) vorgeschlagen. Dieser Standort liegt nach dem Landschaftsplan II - Dormagen im Landschaftsschutzgebiet 6.2.2.2 "Niederterrasse mit landwirtschaftlichen Niederungsbereichen". Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Bereich des Klosters Knechtsteden und des Norbert-Gymnasiums allseitig von Schutzgebieten umfasst ist, nämlich im Osten und Norden von dem bezeichneten Landschaftsschutzgebiet und im Süden und Westen von dem Naturschutz- und FFH-Gebiet 6.2.1.4 "Waldnaturschutzgebiet Knechtsteden".

 

Da der Bau des Sportplatzes insbesondere dem Bauverbot im Landschaftsschutzgebiet widerspricht, bedürfen seine Zulassung im Baugenehmigungsverfahren und sein Bau der Befreiung von den entgegenstehenden Verboten nach § 67 Abs. 1 BNatSchG. Diese Befreiung kann gewährt werden, wenn

 

  1. dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, erforderlich ist oder
  2. die Durchführung der (Anm.: Verbots-) Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.

 

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Befreiung sind nach Auffassung der Unteren Landschaftsbehörde in diesem Fall gegeben.

 

Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an der Schaffung und Bereitstellung eines den heute zu stellenden Anforderungen Rechnung tragenden Sportplatzes für die Zwecke des Norbert-Gymnasiums mit seinen rd. 1.300 Schülerinnen und Schülern und des Sportinternats. Der alte Sportplatz genügt diesen Anforderungen nicht mehr. Er lässt sich auch nicht mit vertretbarem Aufwand und vertretbaren Eingriffen in die Ökologie und das Landschaftsbild zu einem modernen Sportplatz ausbauen. Zwar müssen durch den geplanten Neubau Ackerflächen in Anspruch genommen werden; dies ist jedoch im Rhein-Kreis Neuss mit weit über 60 % landwirtschaftlicher Nutzfläche vielfach nicht vermeidbar, ohne in ökologisch oder landschaftsästhetisch hochwertigere Räume einzugreifen. Der mit dem Sportplatzbau verbundene Eingriff in Natur und Landschaft i. S. d. Naturschutzrechts kann vollständig kompensiert werden. Hierzu dienen einerseits die am Ort geplanten Aufwertungsmaßnahmen (Eingrünung), weiterhin die bereits im Vorgriff angelegten Ersatzmaßnahmen (Ökokonto), durch die eine weitere Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Nutzflächen am Ort vermieden wird. Die Eingrünung wird auch eine landschaftsgerechte Gestaltung des Landschaftsbildes vor der Kulisse von Knechtsteden und der westlichen Waldkulisse sicherstellen. Es steht zu erwarten, dass sich der Sportplatz nach einer gewissen Entwicklungszeit der Eingrünung nicht landschaftsstörend darstellen wird.

Auswirkungen auf das westlich liegende Waldnaturschutz- und FFH-Gebiet (RL 92/43/EWG) sind durch Bau und Nutzung des Sportplatzes nicht zu befürchten. Die Verträglichkeit des Sportplatzes in Bau und Betrieb mit den Schutzzielen des Gebietes ist gegeben. Eine Beleuchtung, die auch über größere Entfernung hinweg eine Beeinträchtigung darstellen könnte, ist nicht vorgesehen. Ebenso steht keine Beeinträchtigung besonders oder streng geschützter Arten nach den RL 92/43/EWG und 2009/147/EG oder ihrer Lebensräume zu befürchten. Eine Realisierung von Verboten des Artenschutzes nach § 44 BNatSchG kann nach einer Vorab-Einschätzung ausgeschlossen werden. Insbesondere der Verlust landwirtschaftlicher Fläche als Lebensraum von Offenlandarten fällt hier angesichts der umliegenden, vergleichbar strukturierten Flächen nicht erheblich ins Gewicht. Störungen durch menschliche Anwesenheit werden nicht neu begründet. Zum einen schließt der Sportplatz unmittelbar an die bestehenden Schul- und Sportanlage an; weiterhin liegt hier eine ohnehin rege frequentierte Zufahrt zu Parkplätzen und den früheren Wirtschaftsbereichen des Klosters, die heute vielfältigen Nutzungen dienen.

 

Das öffentliche Interesse an der Schaffung des Sportplatzes für das Gymnasium und das Sportinternat an dieser Stelle muss daher in der Abwägung als die Belange von Natur und Landschaft überwiegend angesehen werden.

 

Weiterhin würde für den Schulbetrieb des Norbert-Gymnasiums und des Sportinternats eine nicht zumutbare Belastung eintreten, wenn der Schulsport dauerhaft auf dem nicht sanierungsfähigen alten Sportplatz weiter betrieben werden müsste. Die Abweichung von den Verboten für Landschaftsschutzgebiete ist, wie dargelegt, unter Berücksichtigung der vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar.

 

Auch von daher sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Befreiung als gegeben anzusehen.

 

Die alternative Nutzung umliegender Sportanlagen (z. B. Delhoven oder Straberg) kommt wegen der bei jedem Unterricht zurückzulegenden langen Wegstrecken bzw. der hohen Aufwendungen im Falle regelmäßiger Bustransporte nicht in Betracht.

 

Im Übrigen wird inhaltlich auf die weiter beigefügten Unterlagen verwiesen.

 

Die Untere Landschaftsbehörde beabsichtigt die Gewährung von Befreiung nach § 67 Abs. 1 Ziff. 1 BNatSchG. Die eigentliche Zulassung des Sportplatzes erfolgt im Baugenehmigungsverfahren durch die Stadt Dormagen als Untere Bauaufsichtsbehörde. Die bis zu Genehmigungsverfahren noch in den Details auszuarbeitende Landschaftspflegerische Begleitplanung mit den Ausgleichsmaßnahmen und die Vereinbarung über die Inanspruchnahme eines Ökokontos wie auch die noch zu detaillierende ASP und die Aussage zur Verträglichkeit mit den Schutzzielen des FFH-Gebietes werden Gegenstand der Zulassung. Die darin enthaltenen Maßnahmen sind umzusetzen. Zu den zu verwendenden Arten bei den vorgesehenen Bepflanzungen werden Vorgaben durch die Untere Landschaftsbehörde gemacht.