Sachverhalt:
I.
Die gesetzliche Zuständigkeit für arbeitsmarkt- und
beschäftigungspolitische Förderungen liegt seit dem 01.01.2005 beim Jobcenter
(vormals ARGE) Rhein-Kreis Neuss. Die Zielsetzung des SGB II - Grundsicherung
für Arbeitsuchende – ist insbesondere, erwerbsfähige Hilfebedürftige bei der Aufnahme
oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen. Hierfür stehen dem
Jobcenter vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, wobei neben der eigentlichen
Arbeitsvermittlung die Beseitigung von Vermittlungshemmnisse, die
Qualifizierung und Fortbildung der Arbeitslosen eine große Rolle spielen.
Die Geschäftsführerin des Jobcenters Rhein-Kreis Neuss, Frau Wendeline
Gilles, wird im Ausschuss über die Organisation und Aufgaben des Jobcenters
informieren und die Aktivitäten vorstellen, die für die Zielerreichung
eingesetzt werden. Dabei werden auch einzelne Projekte vorgestellt, die in
Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit und dem Rhein-Kreis Neuss
durchgeführt werden.
Die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit
Mönchengladbach, Frau Angela Schoofs, steht für evtl. ergänzende Ausführungen
aus Sicht der Arbeitsverwaltung zur Verfügung.
II.
Das arbeitsmarktpolitische Engagement des Rhein-Kreises Neuss hat eine
lange Tradition. Im Vergleich mit anderen Kreisen in Nordrhein-Westfalen nimmt
der Rhein-Kreis Neuss damit eine Vorreiterrolle ein. Dies zeigt sich
insbesondere an drei wegweisenden Entwicklungen:
–
Einrichtung der
Zentralstelle für Beschäftigungsförderung im Rhein-Kreis Neuss, mit
angegliederter Eingangsberatung und „Hilfe zur Arbeit“ in den kreisangehörigen
Kommunen (1998-2004),
–
Job-Center
Rhein-Kreis Neuss (2001-2004)
(auf der Basis der Erfahrungen aus drei Jahren Zusammenarbeit mit der
niederländischen Firma Maatwer, private Arbeitsvermittlung, hat der Kreis eine
eigene kommunale Arbeitsvermittlung für Sozialhilfeempfänger aufgebaut)
–
Gemeinsame
Anlaufstelle mit der Bundesagentur für Arbeit (2003-2004)
(Zusammenarbeit von Kommune und
Arbeitsamt im Vorfeld der Harzt-IV-Reform und der kommenden ARGE).
Der Rhein-Kreis Neuss hatte sich wegen seines anerkannten „kommunalen
Gesamtansatzes bei der Hilfe zur Arbeit“ und den hier erzielten Erfolgen mit
Kreistagsbeschluss bereits 2004 und nochmals 2010 für einen Antrag auf
Zulassung als kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeit (Optionskommune)
entschieden. Beide Male wurde leider durch das Land Nordrhein-Westfalen keine
Zulassung erteilt, was nach den Gesprächen beim zuständigen Ministerium für
Arbeit, Integration und Soziales nicht an den Konzeptionen lag, sondern
letztlich an der zu guten Arbeitsmarktsituation im Rhein-Kreis Neuss.
Nur um die damaligen Aktivitäten des Rhein-Kreises Neuss nochmals in
Erinnerung zu bringen, hier aus dem Optionsantrag 2010 nochmals einige
Tabellen, die in DM bzw. in Euro ausgedrückt, das damalige Engagement in der
Arbeits- und Beschäftigungsförderung belegen:
Ausgaben des Rhein-Kreises Neuss im Rahmen
von „Hilfe zur Arbeit“
|
Ausgaben des Rhein-Kreises Neuss (in Mio.
DM) |
|||
|
1996 |
1997 |
1998 |
1999 |
Kreisprogramm gewerbliche
Wirtschaft |
0,444 |
0,951 |
0,903 |
0,6 |
Landesprogramm AsS |
1,561 |
1,527 |
1,927 |
1,5 |
Maatwerk |
0 |
0 |
1,174 |
0,7 |
HzA
§ 19 BSHG |
2,898 |
3,572 |
5,48 |
5,945 |
Gesamtausgaben |
4,903 |
6,050 |
9,484 |
8,745 |
Ausgaben des Rhein-Kreises Neuss für
Maßnahmen nach § 19 BSHG (2002-2004)
|
Rechnungsergebnis
2002 |
Rechnungsergebnis
2003 |
Rechnungsergebnis
2004 |
Kreis
Gesamt |
2.419.575,00 € |
2.718.807,91 € |
1.517.693 € |
Ausgaben des
Rhein-Kreises Neuss für Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen 2003-2004 laut
Haushaltsplänen:
HHST |
Bezeichnung |
Ausgaben
2003 |
Ausgaben
2004 |
141.007.312 |
Ausgaben
der Hilfe zur Arbeit nach § 19 BSHG |
2.718.807,91 € |
1.517.692,99 € |
141.007.300 |
Ausgaben
für ESF-kofinanzierte Projekte der Beschäftigungsförderung |
1.317.899,96 € |
780.045,13 € |
141.007.301 |
Förderprogramm
"Arbeit statt Sozialhilfe" |
89.710,90 € |
39.180,00 € |
141.007.302 |
Konzeption
"Hilfe zur Arbeit" Kreisprogramm gewerbliche Wirtschaft |
15.068,79 € |
21.423,74 € |
141.007.303 |
Förderprogramm
"Jump-Plus" |
0,00 € |
325.740,00 € |
141.007.304 |
Arbeit
für Langzeitarbeitslose AfL |
0,00 € |
1.010.394,31 € |
|
|
4.141.487,56 € |
3.694.476,17 € |
Das Kreissozialamt
bzw. die Zentralstelle für Beschäftigungsförderung entwickelte in enger
Zusammenarbeit mit den Trägern eine Vielzahl an Beschäftigungs- und
Qualifizierungsprogrammen, welche auf die Anforderungen des lokalen
Arbeitsmarktes angepasst waren. Aus dieser Zeit stammt die enge und
erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Trägerlandschaft im Rhein-Kreis Neuss, die
bis heute fortgeführt wird.
Der Fokus der
Projekte und Maßnahmen im Rahmen der Kreisaktivitäten lag schon immer auf
besondere Zielgruppen, die nur erschwert und nicht ohne Qualifikationen Zugang
zum Arbeitsmarkt hatten. Konkret waren gezielt Jugendliche / U25, Migranten,
Alleinerziehende und BerufsrückkehrerInnen vornehmlich in diese Maßnahmen
einbezogen. Zudem war die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten für
Leistungsempfänger ein bewährtes Instrument, hier um gezielt
Langzeitarbeitslosen eine Perspektive und soziale Einbindung geben zu können.
Neben Mitteln des Kreises und der kreisangehörigen Kommunen wurden dabei auch
die verschiedenen Förderprogramme des Landes, Bundes oder der EU genutzt.
Beispielhaft hier
einige der damals erfolgreich durchgeführten Maßnahmen zur Förderung von Jugendlichen,
zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und zur Prävention von generationsübergreifendem
Leistungsbezug:
–
Projekt
„Sprungbrett“ im Rahmen des Landesprogramms „Arbeit statt Sozialhilfe – AsS“:
Ziel des Projekts „Sprungbrett“ war es, zu verhindern, dass Jugendliche untätig
öffentliche Leistungen in Anspruch nehmen können und sich an diesen Zustand
gewöhnen. Das Projekt war direkt an die Eingangsberatung angegliedert. Hinter
„Sprungbrett“ stand die Idee, dass erwerbsfähige Jugendliche unter 25 Jahren
keine Sozialhilfe beantragen, sondern direkt durch ein betriebliches Praktikum
gekoppelt mit theoretischer Qualifizierung einen Einstieg in die Arbeitswelt
finden. Kernelemente der Maßnahme waren ein detailliertes Profiling, eine
theoretische Grundqualifizierung sowie ein Betriebspraktikum. Die Maßnahme
wurde in der ARGE fortgeführt, wobei sie in die Maßnahme „Vorsprung“ und die
Aufbaumaßnahme „Sprungbrett“ aufgeteilt wurde.
–
Bundesprogramm
„Jugend mit Perspektive – Jump Plus“:
Jugendliche, die bereits von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht waren, wurden
über das Bundesprogramm „Jump-Plus“ betreut. Im Rahmen dieses Programms wurden
für unter 25jährige (U25), die Sozialhilfe bzw. Arbeitslosenhilfe und ggf.
ergänzend Sozialhilfe bezogen sowie langzeitarbeitslos waren oder von
Langzeitarbeitslosigkeit bedroht waren, Maßnahmen zum Einstieg in Beschäftigung
und Qualifizierung (Aus- und Weiterbildung) gefördert. Das Projekt bestand aus
einer ersten Seminarphase, mit Profiling und Bewerbungstraining, sowie einer
6-monatigen betreuten Eingliederungsphase, in der die Jugendlichen in eine
passende BSHG-Maßnahme zugewiesen wurden.
–
ESF-gefördertes
Programm „LoS – Leben ohne Sozialhilfe“:
Ein weiteres Instrument zur Stabilisierung von arbeitsmarktfernen Jugendlichen
ohne Schulabschluss und Perspektiven war das niederschwellige Programm „LoS“.
Das Programm wurde 2000 im Rhein-Kreis Neuss durchgeführt. Dabei wurden
Jugendliche durch ein Angebot von unterschiedlichen „Lehrwerkstätten“ an
verschiedene Berufsfelder herangeführt, um die eigenen Neigungen zu
Berufswünschen und Perspektiven zu kanalisieren.
III.
Der Kreistag des Rhein-Kreises Neuss hat sein Engagement in der
Arbeits- und Beschäftigungspolitik nach der Sozialreform „Hartz-IV“ nicht zurückgenommen,
sondern konsequent im Interesse der von Arbeitslosigkeit betroffenen
Bürgerinnen und Bürger des Rhein-Kreises Neuss weitergeführt.
Durchgehend steht im Haushalt des Kreises mit dem Haushaltsansatz
„Arbeits- und Beschäftigungsinitiativen“ 67.500 € verfügbar. Unter dem Titel
„Soziales Handlungskonzept“ wurden erstmals 2012 zusätzlich weitere Mittel in
Höhe von insgesamt 200.000 € eingestellt. Nach dem Willen des Kreistages sind
diese Mittel zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, zur Förderung von
Jugendlichen ohne Schulabschluss, zur Gewinnung von Fachkräften für die
Altenpflege sowie zur Verbesserung der Eingliederung von Menschen mit
Behinderungen in den Arbeitsmarkt einzusetzen.
Die folgenden Projekte sind damit finanziert worden, wobei alle
Projekte durch Gelder und Unterstützung des Jobcenters und teilweise der
Kommunen ko-finanziert sind:
(Auszug Erläuterungen Sozial-
und Gesundheitsausschuss 13.09.2012, TOP 13.2)
Projektbezeichnung |
Träger |
Kreisförderung/ Jahr |
Ko-Finanzierungen |
U25-Projekt
„mops – Motivation durch Perspektive“ |
Berufshilfe
e.V., Grevenbroich |
25.000
€ |
168.100
€ durch Jobcenter Rhein-Kreis Neuss (freie Förderung nach § 16f SGB II,
Bewilligung vom 13.06.2012) |
Radstationen
im Rhein-Kreis Neuss / Verbundprojekt „Open house“ |
CaritasSozialdienste
Rhein-Kreis Neuss GmbH, Neuss |
30.000
€ |
Finanzielle
Förderungen auch durch Jobcenter, Städte Neuss, Dormagen und Grevenbroich |
„Integration
von Migranten in Pflegeberufe – Bunte Pflege“ |
CaritasSozial-dienste
Rhein-Kreis Neuss GmbH, Neuss |
45.000
€ |
50
%-Finanzierung durch Kreis und Jobcenter; 50 % Förderung über die
Landesinitiative Fachkräftesicherung bzw. EFRE-Programm (Europäischer Fonds
für regionale Entwicklung) |
Radwege
im Rhein-Kreis Neuss – Erhalt und Verbesserung |
bfg–Beschäftigungs-gesellschaft
mbH, Rhein-Kreis Neuss |
40.000
€ |
Maßnahmebesetzung
durch Jobcenter; die Teilnehmer erhalten weiterhin SGB II-Leistungen |
Mit dem Haushalt 2014 / 2015 sind die Mittel des Sozialen
Handlungskonzeptes um 200.000 € jährlich aufgestockt worden. Hiermit sollen
Maßnahmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, besonders unter
Jugendlichen, durchgeführt werden. Gerade bei nicht qualifizierten Jugendlichen
scheint es erforderlich, durch jedwede Form einer „Begleitung“ zu erreichen,
dass am Schluss von nötigen Qualifizierungen eine Ausbildung oder eine
Arbeitsaufnahme steht. Gleiche Zielsetzung verfolgt die seit dem 01.05.2014
eingerichtete Koordinierungsstelle KAoA – „Kein Abschluss ohne Anschluss“,
wonach schon ab der 8. Klasse in jeder Schulform in abgestimmten Verfahren
zukunftsorientierte Einzelfallberatung erfolgen soll.
Die vorgesehenen und bereits gestarteten Projekte, an denen sich der
Rhein-Kreis Neuss beteiligen wird, werden im Vortrag der Geschäftsführung des
Jobcenters Rhein-Kreis Neuss vorgestellt.
IV.
Modellprojekt „Arbeit für Generationen“
Der Rhein-Kreis Neuss hat sich in 2012 am Programm der Landesregierung
NRW „öffentlich geförderte
Beschäftigung“ beteiligt. Maßnahmeträger ist die Beschäftigungsförderungsgesellschaft
mbH Rhein-Kreis Neuss; das Projekt trägt den Namen „Arbeit für Generationen“.
Dabei ist von folgender Ausgangslage ausgegangen worden: Die meisten
der Seniorenhaushalte leben in den „eigenen vier Wänden“. Sehr viele von ihren
würden Serviceleistungen in Anspruch nehmen, wie es sie in den größeren
Projekten des „betreuten Wohnens“ gibt. Über das Modellprojekt sollen solche
Betreuungs- und Beratungsleistungen angeboten werden. Wie bei der „dienstbar“
soll eine Stabilisierung der Selbsthilfemöglichkeiten erfolgen. Der präventive
Ansatz entspricht dem sozialgesetzlichen Grundsatz „ambulant vor stationär“.
Ursprünglich sind für dieses Serviceangebot 20 Stellen geplant worden.
Aufgrund der nur mäßigen Nachfragesituation ist im Verlauf des Projektes die
Zahl der Stellen in Abstimmung mit allen Zuschussgebern auf 8 Stellen
beschränkt worden. 11 Stellen konnten in ähnlicher Ausrichtung, also
Serviceleistungen, bei Altenpflegeheime und vergleichbaren sozialen
Einrichtungen geschaffen werden.
Das Modellprojekt insgesamt kann als erfolgreich angesehen werden. Das
Land hat im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung der Modellprojekte durch
die G.I.B. – (Landes)Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH –
großes Interesse an einer Fortsetzung. Zumindest bis 30.09.2015 sollen die
bestehenden individuellen Beschäftigungsverhältnisse fortgeführt werden, damit
der 24-monatige Förderzeitraum erfüllt werden kann.
Die Einrichtung niedrigschwelliger Entlastungsangebote, insbesondere für
Seniorenhaushalte, pflegebedürftige und an Demenz erkrankte Menschen, ist
aktueller denn je. Im Ersten Pflegestärkungsgesetz, das zum 01.01.2015 in Kraft
tritt, werden hierfür neue Leistungsansprüche in der Gesetzlichen
Pflegeversicherung geschaffen. Ambulante Angebote wie haushaltsnahe
Dienstleistungen etc. haben nach dem GEPA NRW, seit 15.10.2014 in Kraft, eine
wichtige Bedeutung beim geforderten Ausbau quartiersbezogener
Angebotsstrukturen.
Von der bfg liegt ein aktueller Kurzbericht über die inhaltliche Arbeit
des Modellprojektes, mit dem Schwerpunkt des „Betreuten Wohnens zu Hause –
Service in den eigenen vier Wänden“ bei.