Betreff
Palliativversorgung und Hospizarbeit
Vorlage
53/0330/XVI/2014
Art
Bericht

Sachverhalt:

Darum, dass die Menschen mit einer fortschreitenden nicht heilbaren Krankheit im Rhein-Kreis Neuss gut versorgt werden, kümmern sich qualifizierte Haus- und Fachärzte und qualifizierte Palliativmediziner, geschulte Palliativpflegedienste, die qualifizierten Ärzte an den Krankenhäusern mit Palliativbetten und nicht zuletzt die stationären und ambulant tätigen Hospizdienste sowie die Pflegekräfte in den Seniorenheimen.

Viele Schwerstkranke und Sterbende wollen die letzte Phase ihres Lebens zu Hause verbringen. Das ambulante Palliativnetzwerk„WiN – Wir in Neuss“ in der Kasterstr. 54, in Neuss, das die Allgemeinmediziner Dr. Steiner und Dr. Stenmanns mit Kollegen gegründet haben, kümmert sich um die allgemeine ambulante palliative Versorgung von Schwerkranken im Rhein-Kreis Neuss. Zu dem Netz gehören weitere Hausärzte, Urologen, Anästhesisten, Theologen / Seelsorger, ambulante Pflegedienste, 10  - qualifizierte Palliativärzte mit Rund-um-die-Uhr-Bereitschaftsdienst, 2 Apotheken, Pflegedienste der Caritas, AKN, Ambulante und stationäre Hospizdienste, Altenpflegeheime, geistlicher Beistand.

Interessant: Obwohl die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) quasi das Fundament für die gesetzlich geregelte spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) bildet, haben Versicherte keinen gesetzlichen Anspruch darauf, da sie nicht, anders als die spezialisierte Palliativversorgung -  im SGB V definiert ist. Die KV Nordrhein bemüht sich seit Jahren, diese gesetzliche Lücke zu schließen.

Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) ist seit 2007 im Sozialgesetzbuch V verankert. Diese ist als Ergänzung zur AAPV konzipiert. Der Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) geht in der Richtlinie zur SAPV davon aus, dass rund zehn Prozent aller Palliativpatienten SAPV-Leistungen benötigen. Diese Leistungen sind vorgesehen für Patienten mit einer nicht heilbaren, progredienten Erkrankung, bei denen ein hochkomplexes Symptomgeschehen und ein besonders aufwändiger Versorgungsbedarf vorliegen. Die Hürden der SAPV sind hoch: entsprechende Qualifikation des Personals, die Sicherstellung einer 24-Stunden-Bereitschaft an sieben Tagen in der Woche, Kooperationsverpflichtungen mit Hospizen oder ambulanten Hospizdiensten. Auch die Zusammenarbeit mit einer örtlichen Apotheke verlangt die Richtlinie, um eine optimale Schmerztherapie zu gewährleisten.

Im Rhein-Kreis Neuss darf bisher als einziger seit März 2014 das SAPV-Palliative Care Team in Dormagen um Dr. Udo Kratel (Burgstr. 8 in Dormagen) SAPV bei der KV Nordrhein abrechnen. Sein Team soll Dormagen, Rommerskirchen, Grevenbroich und den Neusser Süden sowie Pulheim (90.000 bis 150.000 Einwohner) versorgen. Hier kümmern sich vier qualifizierte Palliativ-Ärzte verschiedener Fachgebiete (Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Notfallmedizin und Spezielle Schmerztherapie) und 21 qualifizierte Palliativ-Pflegefachkräfte des Caritasverbandes und des Diakonischen Werkes um die schwerstkranken und sterbenden Patienten. Im Mittelpunkt steht dabei die Linderung der Schmerzen. Das Palliativ-Care-Team arbeitet mit ambulanten Hospizen und Apotheken zusammen. Hat der Patient vom Haus-, Fach- oder Krankenhaus-Arzt eine Verordnung bekommen, besucht das Palliative-Care-Team den Kranken zu Hause und plant die optimale häusliche Versorgung unter Einbeziehung des bisher betreuenden Haus- oder Facharztes. Dieser kann auch weiter in die Versorgung eingebunden werden.

Die Palliativversorgung am Krankenhaus stellt ein ergänzendes Konzept zur ambulanten palliativmedizinischen Versorgung insbesondere für Menschen mit wechselnden Krankheitsbildern dar. Nach derzeitigem Krankenhausplan gibt es 15 abrechenbare Palliativbetten im Rhein-Kreis Neuss, die auf die Krankenhäuser in Grevenbroich und das Lukas-Krankenhaus in Neuss verteilt sind. Besonders bitter war dies Entscheidung für das Kreiskrankenhaus Dormagen, da hier im November 2011 eine moderne Palliativstation mit sieben Betten und Übernachtungsmöglichkeiten für Angehörige eingeweiht worden war. Diskussionen gab es seinerzeit auch über den angeblichen Abbau der Palliativbetten im Etienne-Krankenhaus.

Inzwischen hat sich auch die medikamentöse Versorgung im Notfalldienst verbessert: Die Apotheken im Rheinland halten gezielt Arzneimittel für Palliativpatien­ten bereit. Die Initiative der Ärzte- und der Apothekerkammer Nordrhein soll sicherstellen, dass ambulante Palliativpatienten auch im ärztlichen Notdienst dringend benötigte Arzneimittel möglichst schnell erhalten. Festgelegt wurde eine Liste mit Medikamenten, die üblicherweise in palliativmedizinischen Krisensituationen verschrieben werden. Diese sollen in allen rheinischen Apotheken ständig vorrätig sein. Die Liste umfasst unter anderem starke Schmerzmittel, Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen sowie beruhigende und angstlösende Benzodiazepine.

Das Thema Palliativmedizin war 2007, 2008 und 2012 Thema in der Gesundheitskonferenz. Die vier Krankenhäuser der Grundversorgung  (KKH Grevenbroich, KKH Dormagen, Lukas-Krankenhaus und das Johanna-Etienne) hatten in 2007 einen gemeinsamen Antrag an die Krankenkassen auf Einrichtung und Abrechnung von de­zentralen Palliativ­sta­tio­nen in allen vier Häusern gestellt. Zu dem Zeitpunkt hatten die Häuser bereits Palliativbetten eingerichtet, konnten sie aber teilweise nicht mit den Krankenkassen abrechnen, weil sie über die Bezirksregierung nicht anerkannt waren. Die palliativmedizinische Versorgung für Kin­der ist in der Kinderklinik am Lukaskrankenhaus ge­währleistet.

Zu den stationären Hospizeinrichtungen im Kreis gehören: das Augustinus-Hospiz in Neuss und das Marienheim-Hospiz in Kaarst. Ambulante Hospizdienste erbringen keine pflegerischen Leistungen, sondern ausschließlich psychosoziale Aufgaben. Hier eine Auflistung: Hospizbewegung Meerbusch E.v. (Meerbusch), Häuslicher Hospizdienst des Diakonischen Werkes in Neuss (Neuss), Ambulanter Hospizdienst Cor unum (Neuss), Initiative Schmetterling (für Kinder! In Neuss), Jona Hospizbewegung (Grevenbroich), Hospizbewegung Dormagen (Dormagen), Hospizbewegung Kaarst (Kaarst).

 

Probleme, die in der Gesundheitskonferenz diskutiert worden waren:

Der Bedarf palliativmedizinischer Versorgung steigt parallel zum Älterwerden der Gesellschaft, vor allem nicht-onkologische Patienten sind in den vorhandenen Anhaltszahlen zur Ermittlung des Personalbedarfs nicht berücksichtigt. Herr Schell (Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk) hat darauf hingewiesen, dass in Pflegeeinrichtungen Mediziner und Pflegepersonal bei der Palliativversorgung zusammenarbeiten müssen. Eine palliativmedizinische Weiterbildung muss in jedem Pflegeheim gesichert sein. Außerdem sind in den Heimen die Willenserklärungen der Patienten nicht ausreichend bekannt oder liegen nicht vor. Diese Themen sind mittlerweile in im Arbeitskreis der Heimleitungen erörtert worden.

 

Zur Finanzierung

Die spezialisierte Ambulante Palliativversorgung und die stationären Hospize werden durch die gesetzliche Krankenversicherung vergütet: „Versicherte mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, die eine besonders aufwendige Versorgung benötigen, haben nach § 37b SGB V Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung.“ 

„Die Krankenkassen leisten nach § 39a Abs. 1 SGB V Zuschüsse zur stationären Hospizversorgung in Höhe von 90 Prozent – in Kinderhospizen 95 Prozent – der mit den jeweiligen Hospizen vereinbarten tagesbezogenen Bedarfssätze.“

Die Krankenkassen fördern nach § 39a Abs. 2 SGB V ambulante Hospizdienste durch angemessene Zuschüsse zu den notwendigen Personalkosten.

Da die Kosten für die ambulanten Hospizdienste nicht vollständig abgedeckt werden, unterstützt der Rhein-Kreis Neuss auf Grundlage der §§ 2, 5 SGB XII die 7 ambulanten Hospizdienste finanziell zur Deckung der ungedeckten Sachkosten sowie der Ausgaben für die Trauerbegleitung in Höhe je 13.000 EUR (insgesamt mit 91.000 EUR).