Sachverhalt:
Darum, dass die
Menschen mit einer fortschreitenden nicht heilbaren Krankheit im Rhein-Kreis
Neuss gut versorgt werden, kümmern sich qualifizierte Haus- und Fachärzte und
qualifizierte Palliativmediziner, geschulte Palliativpflegedienste, die
qualifizierten Ärzte an den Krankenhäusern mit Palliativbetten und nicht
zuletzt die stationären und ambulant tätigen Hospizdienste sowie die
Pflegekräfte in den Seniorenheimen.
Viele
Schwerstkranke und Sterbende wollen die letzte Phase ihres Lebens zu Hause
verbringen. Das ambulante Palliativnetzwerk„WiN – Wir in Neuss“ in der
Kasterstr. 54, in Neuss, das die Allgemeinmediziner Dr. Steiner und Dr.
Stenmanns mit Kollegen gegründet haben, kümmert sich um die allgemeine
ambulante palliative Versorgung von Schwerkranken im Rhein-Kreis Neuss. Zu dem
Netz gehören weitere Hausärzte, Urologen,
Anästhesisten, Theologen / Seelsorger, ambulante Pflegedienste, 10 - qualifizierte Palliativärzte mit
Rund-um-die-Uhr-Bereitschaftsdienst, 2 Apotheken, Pflegedienste der Caritas,
AKN, Ambulante und stationäre Hospizdienste, Altenpflegeheime, geistlicher
Beistand.
Interessant:
Obwohl die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) quasi das Fundament
für die gesetzlich geregelte spezialisierte ambulante Palliativversorgung
(SAPV) bildet, haben Versicherte keinen gesetzlichen Anspruch darauf, da sie
nicht, anders als die spezialisierte Palliativversorgung - im SGB V definiert ist. Die KV Nordrhein
bemüht sich seit Jahren, diese gesetzliche Lücke zu schließen.
Die
spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) ist seit 2007 im
Sozialgesetzbuch V verankert. Diese ist als Ergänzung zur AAPV konzipiert. Der
Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) geht in der Richtlinie zur SAPV davon aus,
dass rund zehn Prozent aller Palliativpatienten SAPV-Leistungen benötigen.
Diese Leistungen sind vorgesehen für Patienten mit einer nicht heilbaren,
progredienten Erkrankung, bei denen ein hochkomplexes Symptomgeschehen und ein
besonders aufwändiger Versorgungsbedarf vorliegen. Die Hürden der SAPV sind hoch:
entsprechende Qualifikation des Personals, die Sicherstellung einer
24-Stunden-Bereitschaft an sieben Tagen in der Woche,
Kooperationsverpflichtungen mit Hospizen oder ambulanten Hospizdiensten. Auch
die Zusammenarbeit mit einer örtlichen Apotheke verlangt die Richtlinie, um
eine optimale Schmerztherapie zu gewährleisten.
Im Rhein-Kreis Neuss darf
bisher als einziger seit März 2014 das SAPV-Palliative Care Team in Dormagen um
Dr. Udo Kratel (Burgstr. 8 in Dormagen) SAPV bei der KV Nordrhein abrechnen. Sein
Team soll Dormagen, Rommerskirchen, Grevenbroich und den Neusser Süden sowie
Pulheim (90.000 bis 150.000 Einwohner) versorgen. Hier kümmern sich vier
qualifizierte Palliativ-Ärzte verschiedener Fachgebiete (Allgemeinmedizin,
Innere Medizin, Notfallmedizin und Spezielle Schmerztherapie) und 21
qualifizierte Palliativ-Pflegefachkräfte des Caritasverbandes und des
Diakonischen Werkes um die schwerstkranken und sterbenden Patienten. Im
Mittelpunkt steht dabei die Linderung der Schmerzen. Das Palliativ-Care-Team
arbeitet mit ambulanten Hospizen und Apotheken zusammen. Hat der Patient vom Haus-, Fach- oder Krankenhaus-Arzt eine
Verordnung bekommen, besucht das Palliative-Care-Team den Kranken zu Hause und
plant die optimale häusliche Versorgung unter Einbeziehung des bisher
betreuenden Haus- oder Facharztes. Dieser kann auch weiter in die Versorgung
eingebunden werden.
Die Palliativversorgung am
Krankenhaus stellt ein ergänzendes Konzept zur ambulanten
palliativmedizinischen Versorgung insbesondere für Menschen mit wechselnden
Krankheitsbildern dar. Nach derzeitigem Krankenhausplan gibt es 15 abrechenbare
Palliativbetten im Rhein-Kreis Neuss, die auf die Krankenhäuser in Grevenbroich
und das Lukas-Krankenhaus in Neuss verteilt sind. Besonders bitter war dies Entscheidung
für das Kreiskrankenhaus Dormagen, da hier im November 2011 eine moderne
Palliativstation mit sieben Betten und Übernachtungsmöglichkeiten für
Angehörige eingeweiht worden war. Diskussionen gab es seinerzeit auch über den
angeblichen Abbau der Palliativbetten im Etienne-Krankenhaus.
Inzwischen
hat sich auch die medikamentöse Versorgung im Notfalldienst verbessert: Die
Apotheken im Rheinland halten gezielt Arzneimittel für Palliativpatienten
bereit. Die Initiative der Ärzte- und der Apothekerkammer Nordrhein soll
sicherstellen, dass ambulante Palliativpatienten auch im ärztlichen Notdienst
dringend benötigte Arzneimittel möglichst schnell erhalten. Festgelegt wurde
eine Liste mit Medikamenten, die üblicherweise in palliativmedizinischen
Krisensituationen verschrieben werden. Diese sollen in allen rheinischen
Apotheken ständig vorrätig sein. Die Liste umfasst unter anderem starke
Schmerzmittel, Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen sowie beruhigende und
angstlösende Benzodiazepine.
Das
Thema Palliativmedizin war 2007, 2008 und 2012 Thema in der
Gesundheitskonferenz. Die vier Krankenhäuser der Grundversorgung (KKH Grevenbroich, KKH Dormagen,
Lukas-Krankenhaus und das Johanna-Etienne) hatten in 2007 einen gemeinsamen
Antrag an die Krankenkassen auf Einrichtung und Abrechnung von dezentralen
Palliativstationen in allen vier Häusern gestellt. Zu dem Zeitpunkt hatten
die Häuser bereits Palliativbetten eingerichtet, konnten sie aber teilweise
nicht mit den Krankenkassen abrechnen, weil sie über die Bezirksregierung nicht
anerkannt waren. Die palliativmedizinische Versorgung für Kinder ist in der
Kinderklinik am Lukaskrankenhaus gewährleistet.
Zu den stationären Hospizeinrichtungen im Kreis gehören:
das Augustinus-Hospiz in Neuss und das Marienheim-Hospiz in Kaarst. Ambulante
Hospizdienste erbringen keine pflegerischen Leistungen, sondern ausschließlich
psychosoziale Aufgaben. Hier eine Auflistung: Hospizbewegung Meerbusch E.v.
(Meerbusch), Häuslicher Hospizdienst des Diakonischen Werkes in Neuss (Neuss),
Ambulanter Hospizdienst Cor unum (Neuss), Initiative Schmetterling (für Kinder!
In Neuss), Jona Hospizbewegung (Grevenbroich), Hospizbewegung Dormagen
(Dormagen), Hospizbewegung Kaarst (Kaarst).
Probleme, die in der
Gesundheitskonferenz diskutiert worden waren:
Der Bedarf
palliativmedizinischer Versorgung steigt parallel zum Älterwerden der
Gesellschaft, vor allem nicht-onkologische Patienten sind in den vorhandenen
Anhaltszahlen zur Ermittlung des Personalbedarfs nicht berücksichtigt. Herr
Schell (Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk) hat darauf hingewiesen, dass in
Pflegeeinrichtungen Mediziner und Pflegepersonal bei der Palliativversorgung
zusammenarbeiten müssen. Eine palliativmedizinische Weiterbildung muss in jedem
Pflegeheim gesichert sein. Außerdem sind in den Heimen die Willenserklärungen
der Patienten nicht ausreichend bekannt oder liegen nicht vor. Diese Themen
sind mittlerweile in im Arbeitskreis der Heimleitungen erörtert worden.
Zur Finanzierung
Die
spezialisierte Ambulante Palliativversorgung und die stationären Hospize werden
durch die gesetzliche Krankenversicherung vergütet: „Versicherte mit einer
nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei
einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, die eine besonders aufwendige
Versorgung benötigen, haben nach § 37b SGB V Anspruch auf spezialisierte
ambulante Palliativversorgung.“
„Die
Krankenkassen leisten nach § 39a Abs. 1 SGB V Zuschüsse zur stationären
Hospizversorgung in Höhe von 90 Prozent – in Kinderhospizen 95 Prozent – der
mit den jeweiligen Hospizen vereinbarten tagesbezogenen Bedarfssätze.“
Die
Krankenkassen fördern nach § 39a Abs. 2 SGB V ambulante Hospizdienste durch
angemessene Zuschüsse zu den notwendigen Personalkosten.
Da
die Kosten für die ambulanten Hospizdienste nicht vollständig abgedeckt werden,
unterstützt der Rhein-Kreis Neuss auf Grundlage der §§ 2, 5 SGB XII die 7
ambulanten Hospizdienste finanziell zur Deckung der ungedeckten Sachkosten
sowie der Ausgaben für die Trauerbegleitung in Höhe je 13.000 EUR (insgesamt
mit 91.000 EUR).