Betreff
Produktionsschulen im Rahmen des SGB VIII
Vorlage
40/0690/XVI/2015
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

  1. Der Kreistag begrüßt die Bereitstellung von 36 Plätzen im Rahmen des Programms „Produktionsschule“.

 

  1. Zur Finanzierung der Plätze im Haushaltsjahr 2015 wird eine außerplanmäßige Anforderung/Auszahlung gem. § 83 GO bewilligt. Die Deckungsmittel werden bereit gestellt aus verfügbaren Mitteln der Produkte 1.100.050.331.010 und 1.100.030.242.010.

 

  1. Im Schuljahr 2016/2017 werden die Haushaltsmittel für den Rechtskreis SGB VIII nicht über die allgemeine Kreisumlage zur Verfügung gestellt.

 


Sachverhalt:

Seit 2005 wird im Rhein-Kreis Neuss das Werkstattjahr über die Träger Kolping Bildungswerk, Berufsförderungszentrum Schlicherum und die AWO Berufshilfe angeboten. Das Werkstattjahr ermöglicht eine intensive Begleitung zahlreicher Jugendlicher, um diesen erneut die Chance zu geben, einen Hauptschulabschluss zu erwerben und Perspektiven für eine weitere berufliche Qualifikation zu entwickeln.

 

Seit dem Lehrgangsjahr 2012/13 wird das Werkstattjahr zurückgefahren.

 

Lehrgangsjahr

Angebotene Plätze im RKN

2012 / 2013

96 Werkstattjahrplätze

2013 / 2014

89 Werkstattjahrplätze

2014 / 2015

54 Werkstattjahrplätze

2015 / 2016

Abschaffung des Werkstattjahres

 

Nach den Vorgaben des Landes NRW wird das Werkstattjahr ab dem 01.08.2015 nicht mehr angeboten.

 

Im Rahmen des Landesprogramms KAoA (Kein Abschluss ohne Anschluss) wird seit dem Schuljahr 2014/15 das Programm Produktionsschule.NRW als Nachfolgemaßnahme für das Werkstattjahr aufgebaut. Dieses richtet sich an Teilnehmer aus drei unterschiedlichen Rechtskreisen:

 

> für den Rechtskreis SGB II: sogenannte „sinnstiftende produktionsorientierte
   Tätigkeiten“ gemäß §16 SGB II in Verbindung mit § 45 SGB III

 

> für den Rechtskreis SGB III: „Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen mit
   produktionsorientiertem Ansatz“, sogenannte „BvB-pro“-Maßnahmen

 

> für den Rechtskreis SGB VIII: Förderangebote entsprechend § 13 des Kinder- und
   Jugendhilfegesetzes.

 

Im Rhein-Kreis Neuss konnte die Produktionsschule noch nicht ausreichend etabliert werden, obwohl zwei Drittel der Kosten vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (MAIS) des Landes NRW und ESF (europäischem Sozialfonds) finanziert werden und nur ein Drittel dem Kofinanzierer des entsprechenden Rechtskreises obliegt.

 

Im Lehrgangsjahr 2014/15 werden aktuell 18 Plätze im Rechtskreis SGB II vom Jobcenter Rhein-Kreis Neuss kofinanziert, die auch im nächsten Lehrgangsjahr 2015/16 gehalten werden sollen. Diese Maßnahme setzt das Kolping Bildungswerk momentan um.

Die Agentur für Arbeit steht weder in diesem Jahr noch im nächsten Jahr als Kofinanzierer für den Rechtskreis SGB III zur Verfügung.

 

Beim Jugendamt Neuss läuft ein Antrag, der noch nicht abschließend beschieden wurde. Aber auch bei positivem Ausgang würden die Jugendlichen aus anderen kreisangehörigen Kommunen durch dieses Angebot nicht erreicht werden.

 

Die vorhandenen Platzkontingente im Werkstattjahr NRW konnten in den zurückliegenden Jahren immer voll belegt werden. Die Plätze wurden ungefähr hälftig von Teilnehmern aus den Rechtskreisen SGB II und III genutzt. Um auch diesen Jugendlichen ein Angebot machen zu können, wie es das Werkstattjahr NRW bis jetzt konnte, soll eine Kofinanzierung des Rhein-Kreises Neuss zur Finanzierung von 36 Produktionsschulplätzen im Rechtskreis SGB VIII ermöglicht werden.

 

Aus den zahlreichen Schulkontakten der bisher ausführenden Träger des Werkstattjahres geht hervor, dass mit dem bestehendem Angebot an Produktionsschulplätzen die Jugendlichen der Zielgruppe zukünftig nicht annähernd versorgt werden können.

 

Die bisherigen und wieder im Schuljahr 2015/16 angebotenen 18 Plätze in der Produktionsschule im Rechtskreis SGB II können laut Aussage der Schulleitung der Joseph-Beuys-Schule allein mit deren unversorgten Schulabgängern belegt werden. Dabei könnten aber nur Jugendliche, die sich im Rechtskreis SGB II befinden, Berücksichtigung finden. Die Kath. Hauptschule Grevenbroich meldet beispielsweise 13 unversorgte Schulabgänger. Auch aus den Kreisschulen werden jedes Jahr unversorgte Schüler und Schülerinnen entlassen.

Unter Berücksichtigung aller Schulen lässt sich somit ein weitaus höherer Bedarf an Produktionsschulplätzen vermuten, als er bisher angeboten wird.

 

Aus diesem Grund schlägt die Verwaltung vor, für das Schuljahr 2015/16 ausnahmsweise Haushaltsmittel des Kreises für die Jugendhilfeträger im Rhein-Kreis Neuss bereit zu stellen, damit die Förderung nach SGB VIII aufgebaut werden kann.

 

Die Plätze in Produktionsschulen nach SGB VIII sollen besetzt werden mit

- jungen Menschen mit fehlender Ausbildungsreife und Defiziten im erzieherischen
   Bereich und/oder multiplen Problemlagen,
- jungen Menschen, die weder ausbildungsreif noch berufsorientiert sind,

- jungen Menschen mit fehlender Ausbildungsreife, die aber berufsorientiert sind,

- ausbildungsreifen, aber nicht berufsgeeigneten jungen Menschen,

- ausbildungsreifen, berufsgeeigneten, aber lernbeeinträchtigten und/oder sozial
   benachteiligten jungen Menschen,

- jungen Menschen mit eingeschränkten Vermittlungsperspektiven (Marktbenach-

   teiligte),

- (schwerbehinderten) Rehabilitanden (z. B. lernbehinderte Menschen, geistig be-
   hinderte Menschen, körperlich und mehrfach behinderte Menschen, sehbehinderte
   Menschen, sprachbehinderte Menschen, hörbehinderte Menschen, psychisch be-
   hinderte Menschen)

Für 36 Produktionsschulplätze müsste mit folgenden Kosten gerechnet werden:

Bei einem Preis von 900 € für den Einzelplatz pro Monat entstünden Gesamtkosten von 388.800 € für ein Jahr. Davon würden vom MAIS/ESF 279.200 € übernommen, so dass ein Restbetrag von 129.600 € für den Kofinanzierer aufzubringen bliebe.

 

Für das Lehrgangsjahr 2015/16 bedeutet dieses eine Aufwendung von 43.200 € im Kalenderjahr 2015 (Sept. – Dez.) und eine Aufwendung von 86.400 € für das Kalenderjahr 2016 (Jan. – Aug.).

 

 

 

Die Kofinanzierung soll anteilig über die Mittel des Kreissozialamtes („Soziales Handlungskonzept“ – 1.100.050.331.010) und des Amtes für Schulen und Kultur („Fördermaßnahmen für Schülerinnen und Schüler“ – 1.100.030.242.010) erfolgen.

Die Mittel sollen wie folgt bereitgestellt werden:

 

 

2015

2016

Gesamt

Kreissozialamt

33.333 €

66.667 €

100.000 €

 

Amt für Schulen und Kultur

  9.867 €

19.733 €

  29.600 €

 

 

Für das Kalenderjahr 2016 erfolgt eine Übertragung der anteiligen Haushaltsmittel aus dem Haushaltsjahr 2015.

 

Der Schulausschuss hat über die Produktionsschulen in seiner Sitzung am 01.06.2015 beraten. Über das Ergebnis wird die Verwaltung in der Sitzung berichten.