Beschlussvorschlag:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt die Berichte zur Kenntnis.
Sachverhalt:
7.1
Kommunales Integrationszentrum - Allgemeiner Tätigkeitsbericht
Der Rhein-Kreis Neuss hat am 01.08.2013 ein Kommunales
Integrationszentrum (KI) eingerichtet, welches vom Land gefördert wird und auf
Kreisebene die Aufgaben der bisherigen Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung
von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) und die auf
Kreisebene entwickelten Aufgaben zur Integration von Menschen mit
Zuwanderungsgeschichte zusammenfasst.
Migrationsarbeit wird in erster Linie in den acht kreisangehörigen
Kommunen „vor Ort“ geleistet. Das multikulturelle und multiprofessionelle Team
des KI arbeitet in Ergänzung und Abstimmung mit den kreisangehörigen Städten
und Gemeinden und den sonstigen in der Migrationsarbeit tätigen
Netzwerkpartnern zusammen und ist beratend tätig. Durch gezielte Maßnahmen will
das KI dazu beitragen, dass Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen
leichter Kontakt zueinander finden und Integration gelingt.
Das KI Rhein-Kreis Neuss führt für das gesamte Kreisgebiet die
sogenannte „Seiteneinsteigerberatung“ von neu zugewanderten schulpflichtigen
Kindern und Jugendlichen und deren Eltern zu den Themen Schullaufbahn,
Schulformen und Fördermöglichkeiten durch. Sind keine ausreichenden
Deutschkenntnisse vorhanden, erfolgt nach entsprechender Beratung möglichst
eine Vermittlung an eine Schule mit Seiteneinsteigerklasse, in der eine intensive
Sprachförderung bis zur Dauer von zwei Jahren möglich ist. Eine laufende
Abstimmung mit der Schulaufsicht ist gewährleistet. Um auf die
Beratungsmöglichkeit hinzuweisen, hat das KI mehrsprachige Infozettel (neun
Sprachen) entwickelt, die den Einwohnermelde- und Schulverwaltungsämtern der
kreisangehörigen Kommunen zur Aushändigung an Familien mit schulpflichtigen
Kindern zur Verfügung gestellt werden. Alle Berater/innen im Team haben selber
einen Migrationshintergrund und können neben Deutsch und Englisch in Türkisch,
Italienisch, Russisch und Kroatisch beraten. Die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des KI stehen montags bis freitags von 08:30 bis 12:00 Uhr und
montags und donnerstags von 13:30 bis 15:30 Uhr sowie nach Vereinbarung zur
Verfügung. Eine Kontaktaufnahme und Terminvereinbarung kann telefonisch oder
per E-Mail erfolgen. Aufgrund der stark gestiegenen Zuwanderungs- und
Beratungszahlen hat das Land dem KI Rhein-Kreis Neuss eine zusätzliche,
befristete 0,5-Stelle für die Seiteneinsteigerberatung bewilligt. Zurzeit läuft
das vorgeschriebene Ausschreibungsverfahren über die Bezirksregierung
Düsseldorf, nachdem ein erstes Verfahren erfolglos war.
Außerdem bietet das KI eine Beratung der Schulen zum Thema
„Interkulturelle Unterrichts- und Schulentwicklung“ an. Für diese Tätigkeit
haben nach einer ganzjährigen Fortbildung in 2014 zwei Lehrkräfte des KI eine
Zertifizierung erhalten.
Wenn gewünscht, bietet das KI mehrsprachige Elterninformationsabende
zum Thema „Schulvielfalt in NRW - Informationen über die Schulformen für
Einwandererfamilien“ an und bindet dabei als positive Vorbilder Schülerinnen
und Schüler mit Migrationshintergrund aus unterschiedlichen Schulformen ein,
die über ihren eigenen Werdegang berichten. Mehrere Infoabende, unter anderem
in Deutsch-Türkisch und Deutsch-Russisch, wurden in 2015 bereits durchgeführt.
Das KI möchte dazu beitragen, die Bildungschancen von Kindern und
Jugendlichen aus Zuwandererfamilien entlang der sogenannten Bildungskette von
der Kita bis zum Übergang Schule-Beruf zu verbessern und deren durchgängige
sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit fördern.
Ein vom KI angebotener regelmäßiger „Arbeitskreis
Sprachförderung/Sprachsensibler Unterricht“ soll Lehrkräften aus
Seiteneinsteigerklassen ein Forum zum Austausch und zur Entwicklung der
Thematik Deutsch als Zweitsprache – Deutsch als Fremdsprache anbieten. Teilweise
werden Fachreferenten dazu eingeladen. Zu diesem Themenkomplex wurde vom KI
auch eine kleine Ausleihbibliothek aufgebaut, die mit entsprechender
Fachliteratur ausgestattet ist.
In Zusammenarbeit mit dem Kompetenzteam Rhein-Kreis Neuss werden
verschiedene Fortbildungen und Qualifizierungen für Lehrkräfte und u.a. auch
für sozialpädagogische Fachkräfte und OGS-Personal (Offene Ganztagsschule)
angeboten. Das Kompetenzteam bietet Fortbildungen für Lehrkräfte zum Thema
„Deutsch als Zweitsprache“ und „Konzept Seiteneinsteigerklasse“ an. Das KI
bietet Fortbildungen zum Thema
„Alphabetisierung“ an. Auf besondere Nachfrage erfolgt für Lehrkräfte der
Grundschulen und Personal aus dem offenen Ganztag eine zweimodulige Fortbildung
zum Thema „DaZ- Sprachförderung im OGS-Bereich“. Eine weitere vom KI angebotene
Fortbildung beschäftigt sich mit dem Thema „Wege und Möglichkeiten einer
gelungenen interkulturellen Elternarbeit“. Nähere Einzelheiten zu den Fortbildungsangeboten,
wie zum Beispiel Termine, können der Broschüre „Lehrerfortbildung im
Rhein-Kreis Neuss 2015/2016“ des Kompetenzteams entnommen werden. Fragen zu den
Fortbildungen werden von der Leitung des Kompetenzteams unter der Telefonnummer
02131-928 4013 beantwortet.
Seit kurzem koordiniert das KI in Zusammenarbeit mit dem Familienforum
Edith Stein auch das sogenannte „Rucksack-Projekt“ an Kitas und Schulen im
Rhein-Kreis Neuss, welches insbesondere die Mehrsprachigkeit von zugewanderten
Kindern fördert und als wertvolle Ressource betrachtet und zur Förderung und
Akzeptanz der unterschiedlichen kulturellen, religiösen und sprachlichen
Hintergründe der Kinder und ihrer Familien beiträgt sowie die Bildungseinrichtungen
interkulturell öffnen soll. Zum Zwecke des Austausches und der Umsetzung der
von der Landesstelle der KI vorgegebenen Qualitätsstandards und Rahmenbedingungen
wurde vom KI ein entsprechender Arbeitskreis Rucksack mit den beteiligten Akteuren
etabliert. Rucksack KiTa richtet sich an Kinder im Alter von 4 bis 6 Jahren und
deren Eltern mit Migrationshintergrund und ist immer an eine KiTa gebunden,
während Rucksack Schule in der Grundschule durchgeführt wird. Das Programm
fördert die Nutzung der Erst- und der deutschen Sprache, vernetzt
institutionelle sprachliche Bildung mit einem Konzept der Elternbildung und
baut darauf auf, dass Eltern die erste Anlaufstelle für die Förderung der
Erstsprache ihrer Kinder sind. Im Rahmen des Projektes treffen sich Mütter
(Eltern) wöchentlich in der KiTa/ Schule zu gemeinsamen Rucksack-Aktivitäten
(Bearbeitung festgelegter Themenbereiche) in einer Gruppe, die von einer zuvor entsprechend
qualifizierten Elternbegleiterin geleitet wird. Elternbegleiterinnen sind
entweder Mütter oder professionelle Kräfte mit Migrationshintergrund. In der
Folgewoche bearbeiten die Rucksack-Mütter diese Themen unter Einsatz
mehrsprachiger Materialien mit ihren Kindern zuhause in der Erstsprache. Idealerweise
werden parallel dazu mit den Kindern die Themenbereiche in der KiTa/ der Schule
in Deutsch bearbeitet. Durch das Programm profitieren nicht nur die Kinder,
sondern es wird auch eine Stärkung des Selbstwertgefühls der zugewanderten
Eltern gefördert und die Erziehungskompetenz gestärkt.
Im Bereich Übergang Schule-Beruf führt das KI in 2015 ein Projekt „Mein
Beruf – meine Zukunft“ durch, welches Eltern und Jugendliche mit
Migrationshintergrund unter Einbeziehung von Migrantenselbstorganisationen im
Rahmen von Informationsveranstaltungen in Neuss und Dormagen gezielt über das
duale Ausbildungssystem informieren und mögliche Wege in die berufliche Zukunft
aufzeigen will. Es werden Kontakte zu Ausbildungsbetrieben oder Beratungs- und
Informationsstellen ermöglicht und erfolgreiche Vorbilder vorgestellt. Die Veranstaltung
in Neuss findet am 18.09.2015 ab 17:00 Uhr in Haus Derikum statt.
Im Rahmen der Antirassismusarbeit wird das Programm „Schule ohne Rassismus
– Schule mit Courage“ auf Kreisebene verankert. Ergänzt wird diese Maßnahme
durch das Angebot eines Sozialkompetenztrainings durch einen eigens hierfür
ausgebildeten zertifizierten Anti-Gewalt-Trainer im KI, der bei Bedarf im Einzelfall
von Schulen angefragt werden kann und auch Qualifizierungen zum Thema
„Gewaltprävention und Konfliktmanagement“ anbietet. In diesem Jahr wurde ein
entsprechendes Training bereits an der Realschule in Neuss-Holzheim durchgeführt.
Um die kulturelle Vielfalt im Rhein-Kreis Neuss darzustellen und das
soziale Engagement von Personen und Institutionen, die sich im täglichen Leben
in herausragender Weise für ein friedliches und gleichberechtigtes Miteinander
in der Gesellschaft einsetzen und damit ein Bewusstsein der gegenseitigen
Anerkennung, Toleranz und Verständigung schaffen, lobt der Rhein-Kreis Neuss im
Abstand von zwei Jahren einen Integrationspreis aus. Er steht in 2015 unter dem
Motto „Für Vielfalt, Toleranz und Verständigung: Engagement für die Integration
von zugewanderten Menschen“. Zurzeit läuft die Ausschreibung und Bekanntmachung
durch Flyer und Plakate. Bewerbungen sind bis zum 11.09.2015 möglich.
Entsprechende Informationen sind auf der Internetseite des Rhein-Kreises Neuss www.rhein-kreis-neuss.de/integrationspreis
eingestellt.
Im Bereich Interkulturelle Orientierung und Öffnung der Verwaltung des
Rhein-Kreises Neuss wurden mittlerweile Schulungen in interkultureller
Kompetenz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung zum
Thema „Diversity – Praxistraining zur interkulturellen Kommunikation“ in den
internen Fortbildungskatalog aufgenommen. Diese für alle Bediensteten offenen
Schulungen sollen regelmäßig angeboten werden und insbesondere ein Angebot und
eine Hilfe für publikumsintensive Ämter und Produktgruppen darstellen.
In Zusammenarbeit mit dem Netzwerk „Allianz Wiedereinstieg“ führt das
KI zurzeit eine Erfassung der Sprach- und (Weiter-) Bildungsangebote zur
Verbesserung der beruflichen Qualifikation von Menschen mit Migrationshintergrund
bei Trägern entsprechender Maßnahmen im Rhein-Kreis Neuss durch. Dabei sollen
auch evtl. Lücken im Beratungsangebot identifiziert und auf Ergänzung und
Optimierung hingewirkt werden. Gemeldete Angebote können anschließend, wenn von
den Trägern gewünscht, auf der Homepage www.kompass-wiedereinstieg.de
veröffentlicht werden. Hierzu wird die bereits vorhandene Internetseite um die
erhobenen Angebote erweitert.
In der Sitzung wird das Kommunale Integrationszentrum durch eine kurze
Präsentation vorgestellt.
Kontaktdaten:
Kommunales Integrationszentrum
Rhein-Kreis Neuss
Oberstr. 91
41460 Neuss
Telefon: 02131-928 4011
Telefax: 02131-928 4099
E-Mail: ki@rhein-kreis-neuss.de
7.2 Projektstand „Demokratie leben! „Demokratie leben!“ -
„Bundesweite Förderung
lokaler Partnerschaften für Demokratie“
Wie im Kreisausschuss am 17.03.2015 einstimmig beschlossen, nimmt der
Rhein-Kreis Neuss am Bundesprogramm „Demokratie leben!“ im Bereich „Bundesweite
Förderung lokaler Partnerschaften für Demokratie“ teil. Die Partnerschaften für
Demokratie sollen die zielgerichtete Zusammenarbeit aller vor Ort relevanten
Akteure für Aktivitäten gegen Rassismus, Extremismus, Gewalt und
Menschenfeindlichkeit sowie die Entwicklung eines demokratischen Gemeinwesens
unterstützen und zur nachhaltigen Entwicklung lokaler und regionaler Bündnisse
in diesen Themenfeldern beitragen. Dabei sollen im Rhein-Kreis Neuss auch
präventive Maßnahmen gegen demokratie- und rechtsstaatfeindliche islamistische
Orientierungen und Handlungen gefördert werden. In diesem Zusammenhang ist im
weiteren Verlauf geplant, durch Maßnahmen und Projekte insbesondere Jugendliche
zu aktivieren, die noch nicht von Demokratie und Bildung betroffen sind.
Auf eine Interessensbekundung und einen entsprechenden Antrag hin, hat
der Rhein-Kreis Neuss am 09.06.2015 einen Zuwendungsbescheid über Fördermittel
vom Bundesamt für Familie und
zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAfzA) für das Bewilligungsjahr 2015 erhalten.
Der geplante Gesamtförderzeitraum erstreckt sich auf die Zeit vom 01.06.2015 bis
zum 31.12.2019.
Der strukturelle Kern dieses lokalen bzw. regionalen Bündnisses wird
durch ein federführendes Amt, eine externe Koordinierungs- und Fachstelle,
einen Begleitausschuss und ein Jugendforum gebildet. Darüber hinaus wird ein
Aktions- und Initiativfonds sowie ein Jugendfonds für Einzelmaßnahmen
eingerichtet und die Partizipation, Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit
gefördert. Nähere Einzelheiten zu den zu schaffenden Strukturen können der in
Anlage beigefügten Leitlinie zum Programm entnommen werden.
Im Jahr 2015 sollen zunächst die notwendigen Strukturen aufgebaut
werden. Im Rahmen der Durchführung des Programms ist beim Rhein-Kreis Neuss das
federführende Amt einzurichten. Dieses soll im Kommunalen Integrationszentrum
angesiedelt werden. Als Zuwendungsvoraussetzung muss der Rhein-Kreis Neuss
einen Eigenanteil erbringen, und zwar in Form von kommunalem Personal mit
mindestens 0,5 Vollzeitäquivalenten (VzÄ) bereits ab Förderbeginn und
Sachmitteln von je 5.000 € in 2016 und 2017 sowie 10.000 € in 2018 und 2019
(Eigenbeteiligung 20 % in 2016 und 2017 und 40 % in 2018 und 2019 am Aktions-
und Jugendfonds). Für die Besetzung der 0,5- Stelle des federführenden Amtes
läuft zurzeit das Verfahren der Stellenausschreibung.
Zurzeit finden mit Unterstützung eines dem Rhein-Kreis Neuss vom BAfzA
zur Seite gestellten Coaches Arbeitsgespräche mit freien Trägern der
Wohlfahrtsverbände zur externen Einrichtung der erforderlichen Koordinierungs-
und Fachstelle bei einem geeigneten Träger statt, die noch nicht abgeschlossen
sind. Ziel ist es, die Koordinierungs- und Fachstelle bei einem erfahrenen
Wohlfahrtsverband anzusiedeln, der in seiner täglichen Arbeit bereits mit Migrantenorganisationen
zusammenarbeitet.
Nach Einrichtung des federführenden Amtes und der Koordinierungs- und
Fachstelle ist die Bildung eines Begleitausschusses vorgeschrieben. Eine der
Aufgaben der Koordinierungs- und Fachstelle wird es sein, die Koordination der
Arbeit des Begleitausschusses zu übernehmen. Zurzeit werden im Rahmen der Arbeitsgespräche
Ansätze erarbeitet, welche Akteure im Begleitausschuss, der mit Mehrheit aus
zivilgesellschaftlichen Akteuren besetzt werden soll, vertreten sein sollen.
Im Vorfeld von geplanten Aktivitäten ist eine Situations- und
Ressourcenanalyse sinnvoll. Um zu analysieren, welche Themen bei
gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, insbesondere bei islamistischen
Bestrebungen, im Rhein-Kreis Neuss eine Rolle spielen, erfolgt derzeit eine
Abfrage bei der Kreispolizeibehörde.
Die Verwaltung wird über die Entwicklung des Projektes dem Sozial- und
Gesundheitsausschuss weiter berichten.