Betreff
Kommunales Integrationszentrum
Vorlage
50/0774/XVI/2015
Art
Bericht

Beschlussvorschlag:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt die Berichte zur Kenntnis.


Sachverhalt:

 

7.1  Kommunales Integrationszentrum - Allgemeiner Tätigkeitsbericht

 

Der Rhein-Kreis Neuss hat am 01.08.2013 ein Kommunales Integrationszentrum (KI) eingerichtet, welches vom Land gefördert wird und auf Kreisebene die Aufgaben der bisherigen Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) und die auf Kreisebene entwickelten Aufgaben zur Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zusammenfasst.

 

Migrationsarbeit wird in erster Linie in den acht kreisangehörigen Kommunen „vor Ort“ geleistet. Das multikulturelle und multiprofessionelle Team des KI arbeitet in Ergänzung und Abstimmung mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden und den sonstigen in der Migrationsarbeit tätigen Netzwerkpartnern zusammen und ist beratend tätig. Durch gezielte Maßnahmen will das KI dazu beitragen, dass Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen leichter Kontakt zueinander finden und Integration gelingt.

 

Das KI Rhein-Kreis Neuss führt für das gesamte Kreisgebiet die sogenannte „Seiteneinsteigerberatung“ von neu zugewanderten schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen und deren Eltern zu den Themen Schullaufbahn, Schulformen und Fördermöglichkeiten durch. Sind keine ausreichenden Deutschkenntnisse vorhanden, erfolgt nach entsprechender Beratung möglichst eine Vermittlung an eine Schule mit Seiteneinsteigerklasse, in der eine intensive Sprachförderung bis zur Dauer von zwei Jahren möglich ist. Eine laufende Abstimmung mit der Schulaufsicht ist gewährleistet. Um auf die Beratungsmöglichkeit hinzuweisen, hat das KI mehrsprachige Infozettel (neun Sprachen) entwickelt, die den Einwohnermelde- und Schulverwaltungsämtern der kreisangehörigen Kommunen zur Aushändigung an Familien mit schulpflichtigen Kindern zur Verfügung gestellt werden. Alle Berater/innen im Team haben selber einen Migrationshintergrund und können neben Deutsch und Englisch in Türkisch, Italienisch, Russisch und Kroatisch beraten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KI stehen montags bis freitags von 08:30 bis 12:00 Uhr und montags und donnerstags von 13:30 bis 15:30 Uhr sowie nach Vereinbarung zur Verfügung. Eine Kontaktaufnahme und Terminvereinbarung kann telefonisch oder per E-Mail erfolgen. Aufgrund der stark gestiegenen Zuwanderungs- und Beratungszahlen hat das Land dem KI Rhein-Kreis Neuss eine zusätzliche, befristete 0,5-Stelle für die Seiteneinsteigerberatung bewilligt. Zurzeit läuft das vorgeschriebene Ausschreibungsverfahren über die Bezirksregierung Düsseldorf, nachdem ein erstes Verfahren erfolglos war.

 

Außerdem bietet das KI eine Beratung der Schulen zum Thema „Interkulturelle Unterrichts- und Schulentwicklung“ an. Für diese Tätigkeit haben nach einer ganzjährigen Fortbildung in 2014 zwei Lehrkräfte des KI eine Zertifizierung erhalten.

 

Wenn gewünscht, bietet das KI mehrsprachige Elterninformationsabende zum Thema „Schulvielfalt in NRW - Informationen über die Schulformen für Einwandererfamilien“ an und bindet dabei als positive Vorbilder Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund aus unterschiedlichen Schulformen ein, die über ihren eigenen Werdegang berichten. Mehrere Infoabende, unter anderem in Deutsch-Türkisch und Deutsch-Russisch, wurden in 2015 bereits durchgeführt.

 

Das KI möchte dazu beitragen, die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien entlang der sogenannten Bildungskette von der Kita bis zum Übergang Schule-Beruf zu verbessern und deren durchgängige sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit fördern.

 

Ein vom KI angebotener regelmäßiger „Arbeitskreis Sprachförderung/Sprachsensibler Unterricht“ soll Lehrkräften aus Seiteneinsteigerklassen ein Forum zum Austausch und zur Entwicklung der Thematik Deutsch als Zweitsprache – Deutsch als Fremdsprache anbieten. Teilweise werden Fachreferenten dazu eingeladen. Zu diesem Themenkomplex wurde vom KI auch eine kleine Ausleihbibliothek aufgebaut, die mit entsprechender Fachliteratur ausgestattet ist.

 

In Zusammenarbeit mit dem Kompetenzteam Rhein-Kreis Neuss werden verschiedene Fortbildungen und Qualifizierungen für Lehrkräfte und u.a. auch für sozialpädagogische Fachkräfte und OGS-Personal (Offene Ganztagsschule) angeboten. Das Kompetenzteam bietet Fortbildungen für Lehrkräfte zum Thema „Deutsch als Zweitsprache“ und „Konzept Seiteneinsteigerklasse“ an. Das KI bietet  Fortbildungen zum Thema „Alphabetisierung“ an. Auf besondere Nachfrage erfolgt für Lehrkräfte der Grundschulen und Personal aus dem offenen Ganztag eine zweimodulige Fortbildung zum Thema „DaZ- Sprachförderung im OGS-Bereich“. Eine weitere vom KI angebotene Fortbildung beschäftigt sich mit dem Thema „Wege und Möglichkeiten einer gelungenen interkulturellen Elternarbeit“. Nähere Einzelheiten zu den Fortbildungsangeboten, wie zum Beispiel Termine, können der Broschüre „Lehrerfortbildung im Rhein-Kreis Neuss 2015/2016“ des Kompetenzteams entnommen werden. Fragen zu den Fortbildungen werden von der Leitung des Kompetenzteams unter der Telefonnummer 02131-928 4013 beantwortet.

 

Seit kurzem koordiniert das KI in Zusammenarbeit mit dem Familienforum Edith Stein auch das sogenannte „Rucksack-Projekt“ an Kitas und Schulen im Rhein-Kreis Neuss, welches insbesondere die Mehrsprachigkeit von zugewanderten Kindern fördert und als wertvolle Ressource betrachtet und zur Förderung und Akzeptanz der unterschiedlichen kulturellen, religiösen und sprachlichen Hintergründe der Kinder und ihrer Familien beiträgt sowie die Bildungseinrichtungen interkulturell öffnen soll. Zum Zwecke des Austausches und der Umsetzung der von der Landesstelle der KI vorgegebenen Qualitätsstandards und Rahmenbedingungen wurde vom KI ein entsprechender Arbeitskreis Rucksack mit den beteiligten Akteuren etabliert. Rucksack KiTa richtet sich an Kinder im Alter von 4 bis 6 Jahren und deren Eltern mit Migrationshintergrund und ist immer an eine KiTa gebunden, während Rucksack Schule in der Grundschule durchgeführt wird. Das Programm fördert die Nutzung der Erst- und der deutschen Sprache, vernetzt institutionelle sprachliche Bildung mit einem Konzept der Elternbildung und baut darauf auf, dass Eltern die erste Anlaufstelle für die Förderung der Erstsprache ihrer Kinder sind. Im Rahmen des Projektes treffen sich Mütter (Eltern) wöchentlich in der KiTa/ Schule zu gemeinsamen Rucksack-Aktivitäten (Bearbeitung festgelegter Themenbereiche) in einer Gruppe, die von einer zuvor entsprechend qualifizierten Elternbegleiterin geleitet wird. Elternbegleiterinnen sind entweder Mütter oder professionelle Kräfte mit Migrationshintergrund. In der Folgewoche bearbeiten die Rucksack-Mütter diese Themen unter Einsatz mehrsprachiger Materialien mit ihren Kindern zuhause in der Erstsprache. Idealerweise werden parallel dazu mit den Kindern die Themenbereiche in der KiTa/ der Schule in Deutsch bearbeitet. Durch das Programm profitieren nicht nur die Kinder, sondern es wird auch eine Stärkung des Selbstwertgefühls der zugewanderten Eltern gefördert und die Erziehungskompetenz gestärkt.

 

Im Bereich Übergang Schule-Beruf führt das KI in 2015 ein Projekt „Mein Beruf – meine Zukunft“ durch, welches Eltern und Jugendliche mit Migrationshintergrund unter Einbeziehung von Migrantenselbstorganisationen im Rahmen von Informationsveranstaltungen in Neuss und Dormagen gezielt über das duale Ausbildungssystem informieren und mögliche Wege in die berufliche Zukunft aufzeigen will. Es werden Kontakte zu Ausbildungsbetrieben oder Beratungs- und Informationsstellen ermöglicht und erfolgreiche Vorbilder vorgestellt. Die Veranstaltung in Neuss findet am 18.09.2015 ab 17:00 Uhr in Haus Derikum statt.

 

Im Rahmen der Antirassismusarbeit wird das Programm „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ auf Kreisebene verankert. Ergänzt wird diese Maßnahme durch das Angebot eines Sozialkompetenztrainings durch einen eigens hierfür ausgebildeten zertifizierten Anti-Gewalt-Trainer im KI, der bei Bedarf im Einzelfall von Schulen angefragt werden kann und auch Qualifizierungen zum Thema „Gewaltprävention und Konfliktmanagement“ anbietet. In diesem Jahr wurde ein entsprechendes Training bereits an der Realschule in Neuss-Holzheim durchgeführt.

 

Um die kulturelle Vielfalt im Rhein-Kreis Neuss darzustellen und das soziale Engagement von Personen und Institutionen, die sich im täglichen Leben in herausragender Weise für ein friedliches und gleichberechtigtes Miteinander in der Gesellschaft einsetzen und damit ein Bewusstsein der gegenseitigen Anerkennung, Toleranz und Verständigung schaffen, lobt der Rhein-Kreis Neuss im Abstand von zwei Jahren einen Integrationspreis aus. Er steht in 2015 unter dem Motto „Für Vielfalt, Toleranz und Verständigung: Engagement für die Integration von zugewanderten Menschen“. Zurzeit läuft die Ausschreibung und Bekanntmachung durch Flyer und Plakate. Bewerbungen sind bis zum 11.09.2015 möglich. Entsprechende Informationen sind auf der Internetseite des Rhein-Kreises Neuss www.rhein-kreis-neuss.de/integrationspreis eingestellt.

Im Bereich Interkulturelle Orientierung und Öffnung der Verwaltung des Rhein-Kreises Neuss wurden mittlerweile Schulungen in interkultureller Kompetenz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung zum Thema „Diversity – Praxistraining zur interkulturellen Kommunikation“ in den internen Fortbildungskatalog aufgenommen. Diese für alle Bediensteten offenen Schulungen sollen regelmäßig angeboten werden und insbesondere ein Angebot und eine Hilfe für publikumsintensive Ämter und Produktgruppen darstellen.

 

In Zusammenarbeit mit dem Netzwerk „Allianz Wiedereinstieg“ führt das KI zurzeit eine Erfassung der Sprach- und (Weiter-) Bildungsangebote zur Verbesserung der beruflichen Qualifikation von Menschen mit Migrationshintergrund bei Trägern entsprechender Maßnahmen im Rhein-Kreis Neuss durch. Dabei sollen auch evtl. Lücken im Beratungsangebot identifiziert und auf Ergänzung und Optimierung hingewirkt werden. Gemeldete Angebote können anschließend, wenn von den Trägern gewünscht, auf der Homepage www.kompass-wiedereinstieg.de veröffentlicht werden. Hierzu wird die bereits vorhandene Internetseite um die erhobenen Angebote erweitert.

 

In der Sitzung wird das Kommunale Integrationszentrum durch eine kurze Präsentation vorgestellt.

 

Kontaktdaten:

 

Kommunales Integrationszentrum

Rhein-Kreis Neuss

Oberstr. 91

41460 Neuss

 

Telefon: 02131-928 4011

Telefax: 02131-928 4099

E-Mail: ki@rhein-kreis-neuss.de

 

 

7.2 Projektstand „Demokratie leben! „Demokratie leben!“ - „Bundesweite Förderung

       lokaler Partnerschaften für Demokratie“

 

Wie im Kreisausschuss am 17.03.2015 einstimmig beschlossen, nimmt der Rhein-Kreis Neuss am Bundesprogramm „Demokratie leben!“ im Bereich „Bundesweite Förderung lokaler Partnerschaften für Demokratie“ teil. Die Partnerschaften für Demokratie sollen die zielgerichtete Zusammenarbeit aller vor Ort relevanten Akteure für Aktivitäten gegen Rassismus, Extremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit sowie die Entwicklung eines demokratischen Gemeinwesens unterstützen und zur nachhaltigen Entwicklung lokaler und regionaler Bündnisse in diesen Themenfeldern beitragen. Dabei sollen im Rhein-Kreis Neuss auch präventive Maßnahmen gegen demokratie- und rechtsstaatfeindliche islamistische Orientierungen und Handlungen gefördert werden. In diesem Zusammenhang ist im weiteren Verlauf geplant, durch Maßnahmen und Projekte insbesondere Jugendliche zu aktivieren, die noch nicht von Demokratie und Bildung betroffen sind.

 

Auf eine Interessensbekundung und einen entsprechenden Antrag hin, hat der Rhein-Kreis Neuss am 09.06.2015 einen Zuwendungsbescheid über Fördermittel vom Bundesamt  für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAfzA) für das Bewilligungsjahr 2015 erhalten. Der geplante Gesamtförderzeitraum erstreckt sich auf die Zeit vom 01.06.2015 bis zum 31.12.2019.

 

Der strukturelle Kern dieses lokalen bzw. regionalen Bündnisses wird durch ein federführendes Amt, eine externe Koordinierungs- und Fachstelle, einen Begleitausschuss und ein Jugendforum gebildet. Darüber hinaus wird ein Aktions- und Initiativfonds sowie ein Jugendfonds für Einzelmaßnahmen eingerichtet und die Partizipation, Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit gefördert. Nähere Einzelheiten zu den zu schaffenden Strukturen können der in Anlage beigefügten Leitlinie zum Programm entnommen werden.

 

Im Jahr 2015 sollen zunächst die notwendigen Strukturen aufgebaut werden. Im Rahmen der Durchführung des Programms ist beim Rhein-Kreis Neuss das federführende Amt einzurichten. Dieses soll im Kommunalen Integrationszentrum angesiedelt werden. Als Zuwendungsvoraussetzung muss der Rhein-Kreis Neuss einen Eigenanteil erbringen, und zwar in Form von kommunalem Personal mit mindestens 0,5 Vollzeitäquivalenten (VzÄ) bereits ab Förderbeginn und Sachmitteln von je 5.000 € in 2016 und 2017 sowie 10.000 € in 2018 und 2019 (Eigenbeteiligung 20 % in 2016 und 2017 und 40 % in 2018 und 2019 am Aktions- und Jugendfonds). Für die Besetzung der 0,5- Stelle des federführenden Amtes läuft zurzeit das Verfahren der Stellenausschreibung.

 

Zurzeit finden mit Unterstützung eines dem Rhein-Kreis Neuss vom BAfzA zur Seite gestellten Coaches Arbeitsgespräche mit freien Trägern der Wohlfahrtsverbände zur externen Einrichtung der erforderlichen Koordinierungs- und Fachstelle bei einem geeigneten Träger statt, die noch nicht abgeschlossen sind. Ziel ist es, die Koordinierungs- und Fachstelle bei einem erfahrenen Wohlfahrtsverband anzusiedeln, der in seiner täglichen Arbeit bereits mit Migrantenorganisationen zusammenarbeitet.

 

Nach Einrichtung des federführenden Amtes und der Koordinierungs- und Fachstelle ist die Bildung eines Begleitausschusses vorgeschrieben. Eine der Aufgaben der Koordinierungs- und Fachstelle wird es sein, die Koordination der Arbeit des Begleitausschusses zu übernehmen. Zurzeit werden im Rahmen der Arbeitsgespräche Ansätze erarbeitet, welche Akteure im Begleitausschuss, der mit Mehrheit aus zivilgesellschaftlichen Akteuren besetzt werden soll, vertreten sein sollen.

 

Im Vorfeld von geplanten Aktivitäten ist eine Situations- und Ressourcenanalyse sinnvoll. Um zu analysieren, welche Themen bei gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, insbesondere bei islamistischen Bestrebungen, im Rhein-Kreis Neuss eine Rolle spielen, erfolgt derzeit eine Abfrage bei der Kreispolizeibehörde.

 

Die Verwaltung wird über die Entwicklung des Projektes dem Sozial- und Gesundheitsausschuss weiter berichten.