Betreff
Information zum novellierten Landeswassergesetz NRW 2016
Vorlage
68/1712/XVI/2016
Art
Mitteilung

Sachverhalt:

 

Vorbemerkung:

 

Der Bund hat im Jahr 2006 im Rahmen der Föderalismusreform die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für den Wasserhaushalt erhalten, der seine bisherige Kompetenz zur Rahmengesetzgebung abgelöst hat. Im Jahr 2010 ist daraufhin das Wasserrecht auf Bundesebene durch eine Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes vom 31.07.2009 neu geordnet worden. Das Landeswassergesetz war an das neue Wasserhaushaltsgesetz anzupassen.

 

Das Landesumweltministerium hat daraufhin 6 Jahre lang an der Neufassung des Landeswassergesetzes gearbeitet. Am 16.07.2016 ist das neu gefasste Landeswassergesetz  für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG NRW) nunmehr endlich in Kraft getreten.

 

Die vorgenommenen Neuregelungen, Ergänzungen und Anpassungen betreffen nahezu alle Regelungsbereiche des Wasserrechtes.

 

Trotz der langen Vorbereitungszeit sind allerdings bereits mit der Präsentation des Gesetzeswerkes durch das Landesumweltministerium eine Reparaturnovelle sowie themenbezogene Ausführungserlasse angekündigt worden, welche die zahlreichen, sich schon jetzt aus der Praxis ergebenden Anwendungsfragen aufgreifen sollen.

 

 

Informationen zu einigen wichtigen Regelungsinhalten des neuen LWG NRW:

 

Unter Nutzung der Möglichkeiten ergänzender oder abweichender Landesregelungen werden u.a. die Rahmenbedingungen für die Erreichung der Bewirtschaftungsziele des Wasserhaushaltsgesetzes auch zur Einhaltung der EU-Wasserrahmenrichtlinie stärker verdeutlicht. Insbesondere die Regelungen zu morphologischen Maßnahmen und Maßnahmen mit Abflussrelevanz werden stärker noch als bisher ausdrücklich auf die Erreichung der Bewirtschaftungsziele ausgerichtet. Neu ist die Aufforderung an die zum Gewässerausbau, zur Gewässerunterhaltung und zum Ausgleich der Wasserführung Verpflichteten, im Rahmen sog. Gewässerkonzepte alle sechs Jahre eine gemeinsame Übersicht ihrer abgestimmten Maßnahmen der zuständigen Behörde zur Prüfung vorzulegen. Dadurch soll die Umsetzung hydrologischer und morphologischer Maßnahmen zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele beschleunigt werden. Die Gewässerkonzepte lösen die bisherigen Umsetzungsfahrpläne ab.

Es ist beabsichtigt, die Prüfungszuständigkeit den Bezirksregierungen in einer Novelle der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz NRW zuzuweisen und die Unteren Wasserbehörden in den Prozess einzubinden. Welcher zusätzliche Aufwand damit bei den Unteren Wasserbehörden zu bewältigen ist, wird sicher auch von den noch per Erlass festzulegenden inhaltlichen Anforderungen an das Gewässerkonzept abhängen.  

 

Weiterhin wird durch das neue Landeswassergesetz die Regelung zur Umlage des Unterhaltungsaufwands vereinfacht. Zur Entschärfung des Problems, dass die Umsetzung der WRRL oft durch fehlende Grundstücke behindert wird, wird zudem ein Vorkaufsrecht für das Land und die Pflichtenträger neu eingeführt.

 

Die bisherigen Regelungen zu Genehmigung und Unterhaltung von Anlagen in, an, unter und über Gewässern (z.B. Brücken, Leitungen, Anlagen zur Wasserkraftnutzung) werden um eine Pflicht zur Anpassung und zum Rückbau solcher Anlagen ergänzt. Neu ist auch, dass die Genehmigung grundsätzlich nur noch befristet erteilt werden darf. Diese obligatorische Befristungsregelung wird mit Sicherheit zu einem deutlich erhöhten Prüfungs- und Dokumentationsaufwand führen. Die zuständige Wasserbehörde hat in jedem Einzelfall nachvollziehbar darzulegen,  warum ggf. auf eine Befristung verzichten werden kann und welche Dauer eine erforderliche Befristung unter Berücksichtigung des Anpassungs- und Überprüfungsbedarfs, aber auch der Lebensdauer einer Anlage hat.   

 

Der Schutz der inner- und außerörtlichen Gewässerrandstreifen wird neu geregelt. Das Landesumweltministerium wird ermächtigt, im Außenbereich durch Rechtsverordnung einen Gewässerrandstreifen in einer Breite von 10 m festzusetzen, wenn nach den Überwachungsergebnissen eine Verfehlung der Bewirtschaftungsziele zu befürchten ist.

Für den Innenbereich wird ein Gewässerrandstreifen von 5 m Breite festgelegt. In diesem Streifen ist die Errichtung von baulichen und sonstigen Anlagen, soweit sie nicht standortgebunden oder wasserwirtschaftlich erforderlich sind, verboten. Dieses Verbot gilt nur dann nicht, soweit das Grundstück bereits bebaut ist oder am 16.07.2016 Baurecht bestand. Zum Bestandsschutz und den Ausnahmeregelungen wurde ein klärender Erlass angekündigt.

 

Erleichtert werden die Möglichkeiten der interkommunalen Kooperationen in den Bereichen, in denen Kommunen wasserwirtschaftliche Pflichtaufgaben haben. Das Gesetz verbessert zudem die Kooperationsmöglichkeiten zwischen Kommunen und Wasserwirtschaftsverbänden im Bereich der Kanalisationsnetze.

 

Im Bereich der Wasserversorgung werden die Versorgungspflichten spezifiziert und künftig die Erstellung eines kommunalen Wasserversorgungskonzeptes gefordert, das den Bezirksregierungen zur Prüfung vorzulegen ist. Diese Verpflichtung trifft alle Städte und Gemeinden unabhängig von ihrer Größe und ihren Möglichkeiten, auf die vertragliche Sicherung und faktische Lieferung von Trinkwasser Einfluss zu nehmen.

 

Zur Vollzugsvereinfachung bei der Festsetzung von Wasserschutzgebieten wird die oberste Wasserbehörde ermächtigt, landeseinheitlich durch Rechtsverordnung dem aktuellen Erkenntnisstand entsprechende Schutzstandards festzulegen. Hiervon kann bei der Schutzgebietsfestsetzung abgewichen werden, wenn es die konkreten Umstände erfordern. Die zuständige Behörde, in der Regel die Bezirksregierung, hat künftig nur noch die betroffene Fläche und etwaige Abweichungen zu regeln, die Befristung von Festsetzungsverordnungen auf 40 Jahre entfällt.

 

Neu ist das generelle Verbot des oberirdischen Abbaus von Bodenschätzen (z.B. Kies und Sand9 in Wasserschutzzonen außerhalb der dafür im Regionalplan festgelegten Bereiche (BSAB). Für bestehende Abbaugenehmigungen gibt es Übergangs- und Bestandsschutzbestimmungen. Ein Ausführungserlass zu diesem Thema ist in Vorbereitung.

 

Das neue LWG stärkt den gesetzlichen Deichschutz u.a. durch die sich nunmehr unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Verpflichtung zur Sanierung und Wiederherstellung eines nicht mehr den Anforderungen entsprechenden Deiches. Auch der gesetzliche Hochwasserschutz wird u.a. durch Anpassung des Verfahrens zur Festsetzung von Überschwemmungsgebieten,  durch Ergänzung der Regelungen zur hochwassersicheren Errichtung und Betrieb von Anlagen um zeitlich befristete Anpassungspflichten und die Einführung eines sog. Hochwasserschutzregisters für den Ausgleich des Verlust von Rückhalteraum bei kleinen Eingriffen verbessert. Die bisherige für kleinere Eingriffe vorgesehene Ersatzgeldregelung wird im neuen LWG nicht weitergeführt, da ihre Konformität mit dem Bundesrecht nicht gegeben war. Hinsichtlich der praktischen Umsetzung des Hochwasserschutzregisters stellt sich das Landesumweltministerium vor, dass z.B. größere vorgreifliche Maßnahmen durch kleinere Einzeleingriffe aufgezehrt werden können. Diese entspricht dem Gedanken eines Ökokontos. 

 

Leider enthält auch das neue Landeswassergesetz keine eindeutige Einteilung der oberirdischen Gewässer. Problematisch sind hier nach wie vor die Abgrenzung der Gewässer 2. Ordnung von den sonstigen Gewässern und damit die Bestimmung der Bewirtschaftungsverantwortung. Die Untere Wasserbehörde des Rhein-Kreises Neuss hat vorgeschlagen, ein Verzeichnis der Gewässer zweiter Ordnung zu erstellen. Dies hätte den Vorteil, dass für alle Beteiligten und auch für Antragsteller ein deutlich höheres Maß an Transparenz gegeben wäre. Auch mit Blick auf die Rechtssicherheit bei Entscheidungen über Anträge auf Erteilung von wasserrechtlichen Genehmigungen für Anlagen in und an Gewässern sind klare Regelungen erforderlich. Inwieweit dieses Erfordernis im Rahmen von Ausführungsregelungen Berücksichtigung findet, bleibt abzuwarten.

 

Der Gesetzestext des neuen Landeswassergesetzes NRW ist auf der Internetseite des Rhein-Kreises Neuss abgelegt. (Suchpfad: Online Dienste/Kreistagsinformationssystem online/ Bürgerinfoportal/aktuelle Sitzungen/Sitzung PlUA 29.11.2016)