Beschlussvorschlag:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht zur Kenntnis.
Sachverhalt:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss ist regelmäßig über die aktuelle
Situation bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen zu informieren. Der
im Kreisausschuss am 18.01.2017 behandelte Bericht wird daher auch dem
Fachausschuss vorgelegt.
Modellprojekt zur
Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen
Der Rhein-Kreis Neuss ist als eine von bundesweit 24 Kommunen für die
Teilnahme an einem Modellprojekt der Bertelsmann-Stiftung zur Integration von
Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ausgewählt worden.
Das Modellprojekt umfasst eine professionelle und bedarfsorientierte
Prozessbegleitung und ist auf eine Dauer von maximal 9 Monaten angelegt. Ziel
ist die Optimierung von Prozessen und Strukturen bei der
Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen. Die teilnehmenden Kommunen werden
sich zudem untereinander austauschen und externen Input sowie Methoden-Wissen
auch von internationalen Partnern der Bertelsmann-Stiftung aus Kanada und den
USA erhalten. Für die Teilnahme wurden vor allem Kommunen ausgewählt, die sich
bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt auch bislang schon
besonders engagiert haben.
Das Projekt wird finanziert durch die JP Morgan Chase Foundation und
durchgeführt in Kooperation mit dem durch das Bundesministerium für Arbeit und
Soziales geförderten IQ-Netzwerk.
Wohnsitzauflage für
anerkannte Flüchtlinge
Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat nun die ihr im Rahmen
der Einführung einer Wohnsitzauflage für Flüchtlinge gegebene Möglichkeit
genutzt, mit einer Ausländer-Wohnsitzregelungsverordnung (AWoV) die
landesinterne Verteilung der anerkannten Flüchtlinge zu regeln.
Für die Zuweisung von anerkannten Flüchtlingen in die Kommunen ist die
Bezirksregierung Arnsberg zuständig. In der Regel soll die Zuweisung in die
Kommunen direkt aus der Landeseinrichtung und gemeinsam mit der Zustellung des
Anerkennungsbescheides des BAMF durchgeführt werden.
Die Verteilung der Flüchtlinge erfolgt anhand eines Verteilschlüssels,
der bestimmte integrative Aspekte, insbesondere die in § 12a Abs. 3 AufenthG
genannten Integrationskriterien des Wohnungs- und des Ausbildungs- und
Arbeitsmarktes, berücksichtigt.
Bei der Berechnung des Verteilschlüssels eine Integrationsquote
gemeindebezogen gebildet. Basis dafür sind die Einwohnerzahl der jeweiligen
Gemeinde (zu 80 %), deren Fläche (zu 10 %) und entsprechende
Arbeitslosigkeitsdaten (zu 10 %). Von der auf dieser Grundlage ermittelten
Zuweisungsquote erfolgt ein Abzug (von 10 %) für Gemeinden, die eine besondere
Wohnungsmarktbelastungssituation aufweisen (orientiert am Merkmal, ob die
Gemeinde ein Gebiet nach § 1 MietbegrenzVO NRW ist). Ein weiterer Abzug (von 10
%) erfolgt für diejenigen Gemeinden, deren Einwohneranteil aus der Gruppe der
sog. „EU-11“-Staatsbürger im SGB II-Bezug mindestens 50 % über dem
Landesdurchschnitt liegt. Bei Letzteren handelt es sich um Staatsbürger der im
Rahmen der EU-Osterweiterung schrittweise hinzugekommenen 11 neuen
EU-Mitgliedstaaten (Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen,
Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn).
Zur Berücksichtigung der individuellen Situation der Kommunen schließt
die Bezirksregierung Arnsberg Zielvereinbarungen mit den Kommunen ab.
Bezogen auf die Kommunen im Rhein-Kreis Neuss wird lediglich bei den
Städten Meerbusch und Neuss ein 10-prozentiger Abschlag aufgrund der Wohnungsmarktbelastungssituation
berücksichtigt. Insgesamt ergeben sich für die Kommunen folgende Quoten:
Dormagen:
0,34 %
Grevenbroich: 0,34 %
Jüchen: 0,16 %
Kaarst: 0,23 %
Korschenbroich: 0,19 %
Meerbusch: 0,26 %
Neuss: 0,67 %
Rommerskirchen: 0,11 %
Rhein-Kreis Neuss: 2,3 %
Der Verteilschlüssel ist insbesondere für die Haushaltsplanungen von
Bedeutung, da die Personen aufgrund des anerkannten Asylantrages unmittelbar in
den Rechtskreis des SGB II fallen.
Von Seiten des Landkreistags NRW wird der Verteilschlüssel kritisiert,
da er die kreisangehörigen Kommunen im Vergleich zu dem Verteilschlüssel des
Flüchtlingsaufnahmegesetzes NRW (FlüAG) stärker belastet. Nach dem FlüAG NRW
sind 63 % aller Flüchtlinge auf die kreisangehörigen Kommunen verteilt worden,
nach der neuen Wohnsitzregelungsverordnung sind es 69 %. Dem Vorschlag des
Landkreistag NRW sich bei der Verteilung nach der Gewichtung des Königsteiner
Schlüssels (2/3 Steuerkraft, 1/3 Einwohner) zu orientieren, wurde nicht
gefolgt.
Die Erfüllungsquoten stellen sich im Regierungsbezirk Düsseldorf zum
Stichtag 29. November 2016 wie folgt dar:
Im Rhein-Kreis Neuss liegen die Erfüllungsquoten der Stadt Neuss – hier
insbesondere auch wegen der Nichtberücksichtigung von Landeseinrichtungen -
sowie der Gemeinde Rommerskirchen bei unter 50 Prozent. In den Städten
Grevenbroich, Kaarst, Korschenbroich und Meerbusch sowie der Gemeinde Jüchen
liegt die Erfüllungsquote zwischen 50 und 99 Prozent. In diesen Kommunen ist
daher aktuell mit weiteren Flüchtlingszuweisungen zu rechnen. Die Stadt
Dormagen hat ihre Aufnahmequote erfüllt.
Jahresstatistik 2016 der
Ausländerbehörde Rhein-Kreis Neuss
Im Dezember 2016 waren im Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde
des Rhein-Kreis Neuss (umfasst die
Städte Grevenbroich, Kaarst, Korschenbroich und Meerbusch sowie die Gemeinden
Jüchen und Rommerskirchen) insgesamt 4.710 Asylbewerber gemeldet. Gegenüber dem
Jahresbeginn bedeutet dies einen Anstieg um 326 Personen.
Die Zahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Personen konnte dabei in
den letzten Monaten deutlich gesenkt werden. Waren dies im Juni noch 673
Personen, so ist die Zahl im Dezember 2016 auf 491 gesunken.
Im Jahr 2016 sind insgesamt 173 Personen im Zuständigkeitsbereich der
Ausländerhörde des Rhein-Kreis Neuss freiwillig ausgereist. 32 Personen wurden
abgeschoben, dazu gab es 15 Abschiebungsversuche. Diese Zahlen verteilen sich
wie folgt auf die einzelnen Monate:
2016 |
Jan. |
Feb. |
März |
April |
Mai |
Juni |
Juli |
Aug. |
Sep. |
Okt. |
Nov. |
Dez. |
Freiwillige
Ausreisen |
23 |
14 |
34 |
36 |
1 |
1 |
11 |
1 |
13 |
18 |
16 |
5 |
Abschiebungen |
1 |
1 |
1 |
0 |
1 |
1 |
0 |
6 |
1 |
1 |
9 |
10 |
Abschiebungs-versuche |
2 |
6 |
2 |
0 |
0 |
0 |
1 |
1 |
1 |
0 |
2 |
0 |
Die häufigsten
Abschiebungshemmnisse liegen in der Passunterdrückung, gefolgt von der
fehlenden Identifizierung der Betroffenen und der fehlenden
Kooperationsbereitschaft der Heimatbehörde.
Weitere Hemmnisse liegen im
Untertauchen, in kurzfristig geltend gemachten Erkrankungen und im
Asylfolgeverfahren. Beim Asylfolgeverfahren gibt es neue Tatsachen die zum
Verfahrenssachverhalt hinzukommen. Zudem gibt es einige Erlasse des
Innenministeriums, die den Ausländerbehörden das Verfahren erschweren. Dazu
gehört der Erlass vom 06.11.2015, wonach Abschiebungen nur bei Vorliegen von
besonderen humanitären Gründen erfolgen dürfen.
Außerdem dürfen nach dem Erlass
vom 13.01.2016 die Ausländerbehörden aufgefordert werden, Abschiebungen von
Kindern ausschließlich zu bestimmten Tageszeiten vorzunehmen. Dies gestaltet
sich in der Umsetzung jedoch schwierig. Eine weitere neue Regelung erfolgte
durch den Erlass vom 17.11.2016, wonach für jede Abschiebung ein sieben
seitiges Abschiebeformular vorgelegt werden muss, welches den gesamten Inhalt
der Abschiebeakte nochmals darstellt, damit die begleitenden Beamten bei der
Abschiebung über sämtliche vorherige Schritte informiert sind. Durch diese
wesentlichen Punkte kann ein Abschiebevorgang nicht so einfach realisiert
werden.
Es gibt keine Liste, die einen
direkten Vergleich der Rückführungs- bzw. Abschiebeaktivitäten der einzelnen
Ausländerbehörden bzw. Kommunen ermöglicht. Im Bundesländervergleich sind die
Aktivitäten der NRW-Kommunen, in denen bundesweit die meisten
ausreisepflichtigen Personen leben, allerdings nicht im oberen Ranking.
Quelle: Focus - Artikel vom 17.06.2016
Schulische
Situation
Das Kommunale Integrationszentrum (KI) des
Rhein-Kreises Neuss führt für den gesamten Rhein-Kreis Neuss die sogenannte
Seiteneinsteigerberatung für Kinder und Jugendliche und deren Eltern durch -
unabhängig vom Status, also nicht nur für Flüchtlinge. Neu zugewanderte Kinder
und Jugendliche, die nicht oder noch nicht ausreichend Deutsch sprechen, werden
hierbei zu ihrem Bildungsstand und zu ihrer bisherigen Bildungslaufbahn
befragt, zu Schullaufbahn, Schulformen und Fördermöglichkeiten beraten und an
eine geeignete Schule mit Seiteneinsteigerklasse zur intensiven Sprachförderung
vermittelt. Jugendliche, die die zehnjährige Schulpflicht bereits erfüllt
haben, werden an ein BBZ vermittelt und können dort zunächst in einer sog.
Internationalen Förderklasse intensiv Deutsch lernen. Neben den Beratungen im
KI in Neuss bietet das KI bei entsprechendem großem Bedarf auch Sammelberatungen
in den Kommunen an, wenn dies praktikabel ist.
Im Rahmen von regelmäßigen
Koordinierungssitzungen zwischen Oberer Schulaufsicht, Unterer Schulaufsicht,
den Schulverwaltungsämtern der kreisangehörigen Kommunen und dem KI wird der
Bedarf an Seiteneinsteigerklassen und Internationalen Förderklassen
abgesprochen. Dabei prüfen die Schulverwaltungsämter in den Kommunen, ob
genügend Plätze in den Regelklassen für die Kinder und Jugendlichen vorhanden
sind, die nach ausreichendem Spracherwerb von den Seiteneinsteigerklassen in
die Regelklassen wechseln können. Bei entsprechendem Bedarf muss auch eine
Erhöhung der Zügigkeit in Betracht gezogen werden.
Die vermehrte Zuwanderung hat sich auch auf
die Beratungszahlen im KI ausgewirkt:
Beratungen Schuljahr 2013/2014:
310 schulpflichtige Kinder und Jugendliche
Beratungen Schuljahr 2014/2015:
531 schulpflichtige Kinder und Jugendliche
Beratungen Schuljahr 2015/2016: 1.303 schulpflichtige Kinder und
Jugendliche
Das MSW hat dem KI Rhein-Kreis Neuss daher
im Februar 2016 eine weitere Lehrkraft mit halber Stelle für die
Seiteneinsteigerberatung abgeordnet.
Das KI hält die Warteliste zwischen
Beratung und endgültiger Anmeldung des Kindes/ Jugendlichen in der Schule
möglichst gering. Auf der Warteliste stehen Kinder und Jugendliche, die nach
der Seiteneinsteigerberatung vom KI noch nicht direkt an Schulen vermittelt werden können (etwa, weil
eine entsprechende Seiteneinsteigerklasse gerade voll ist oder weil die Schule
nicht sofort einen Anmeldetermin vergeben kann). Kinder und Jugendliche, die
vom KI gar nicht vermittelt werden
können, fallen in die Zuständigkeit der Unteren Schulaufsicht, da das KI nur
vermitteln, nicht aber zuweisen darf.
Zuweisungen erfolgen durch eine Schulrätin/ einen Schulrat der Unteren
Schulaufsicht. Die dauernde Zusammenarbeit zwischen KI und Unterer
Schulaufsicht ist vertrauensvoll und gut.
Im Oktober 2016 besuchten mehr als 1.500
schulpflichtige Flüchtlinge eine Schule im Rhein-Kreis Neuss (November 2015:
rund 800).
Eine Übersicht über die im Rhein-Kreis
Neuss zurzeit bestehenden Seiteneinsteigerklassen und Internationalen Förderklassen
ist als Anlage beigefügt.
Für Jugendliche ohne
Berufsausbildungsverhältnis dauert die Schulpflicht in NRW bis zum Ablauf des
Schuljahres, in dem die Schülerin oder der Schüler das 18. Lebensjahr vollendet.
Dies wird
vielen geflüchteten Jugendlichen, die die deutsche Sprache noch nicht
(ausreichend) verstehen und z.B. im Herkunftsland auch nicht oder nicht in
notwendigem Maße die Schule besucht haben, nicht gerecht. Ab Februar will das
MSW daher ein neues Bildungsangebot mit dem Arbeitstitel „Fit für mehr“ als
weitere Option für neu zugewanderte Jugendliche im Alter von 16 bis 25 Jahren
umsetzen. Das neue einjährige Bildungsangebot ist den bisherigen
Bildungsangeboten des Berufskollegs vorgelagert und ergänzt diese. Es soll
fundierte Grundkenntnisse im sprachlichen, mathematischen, kulturellen und
politisch-gesellschaftlichen Bereich vermitteln. Die Zuweisung soll
quartalsweise durch die schulfachliche Aufsicht erfolgen.
Die Vorklasse „Fit für mehr“ kann von neu
zugewanderten Jugendlichen, die der Schulpflicht in der Sekundarstufe II
unterliegen und dem BBZ unterjährig zugewiesen werden, bis zum Ende des
jeweiligen Schuljahres besucht werden, daran anschließend ist der Wechsel in
die Internationale Förderklasse möglich. Auch Jugendliche, die bei Eintritt in
die Vorklasse noch schulpflichtig in der Sekundarstufe II sind und während des
Besuches dieser Vorklasse das 18. Lebensjahr beenden, dürfen anschließend in
die Internationale Förderklasse wechseln.
Nicht mehr schulpflichtige jugendliche
Zuwanderer im Alter von 18 bis 25 Jahren sind berechtigt, in eine „Fit für
mehr“- Vorklasse aufgenommen zu werden. Bei Aufnahme bis zum 31.10. eines
Schuljahres können sie die Vorklasse bis zum jeweiligen Schuljahresende
besuchen. Bei Aufnahme ab dem 01.11. eines Schuljahres können sie die Vorklasse
höchstens bis zum Ende des darauffolgenden Schuljahres besuchen, wenn sich
nicht vorher ein Anschluss, z.B. durch Wechsel in eine Maßnahme der
Bundesagentur für Arbeit oder eines Weiterbildungskollegs, ergibt.
Das Programm „Fit für mehr“ des MSW wirft
noch viele Fragen bezüglich der Umsetzung auf. Es gibt bisher wenige
Informationen darüber, welche Maßnahmenbeteiligung sich aus dem Programm
ergeben könnte, da es keine klare Datenerhebung für die Zielgruppe gibt. Zurzeit
sammelt das MSW entsprechende Informationen. Im Februar/ spätestens März soll
es nach Auskunft der Landeskoordinierungsstelle für die Kommunalen
Integrationszentren (LaKI) Beratungen zum Erlass geben, wo entsprechende Fragen
geklärt werden sollen. Konkrete Planungen sind daher zurzeit noch nicht
möglich.
Das KI hat alle BBZ im Rhein-Kreis Neuss
über das Programm informiert. Parallel zu den Klärungsvorgängen beim Land wird
das KI bereits jetzt Gespräche mit dem Jobcenter/ dem Integrationspoint führen,
um den Erlass zu besprechen und zu klären, welche Informationen vor Ort
vorhanden sind und ob es dort Zahlen gibt, wie viele nicht mehr schulpflichtige
Jugendliche und junge Erwachsenen für das Programm in Frage kommen.
Anlage