Beschlussempfehlung:

Der Naturschutzbeirat erhebt gem. § 75 Abs. 1 LNatSchG NRW keinen Widerspruch gegen die Erteilung der für die Sanierung des Kanals Geulenstraße derInfraStruktur Neuss AöR erforderlichen Befreiung gem. § 67 Abs. 1 Ziff. 1 BNatSchG.


Sachverhalt:

Die InfraStruktur Neuss AöR beabsichtigt die Sanierung des Kanals Geulenstraße / An der Rehhecke im Zusammenhang mit der geplanten Erweiterung des Johanna-Etienne-Krankenhauses. Vorgesehen ist die Verlegung eines Regenwasserkanals DN 400 und eines Schmutzwasserkanals DN 250 im Austausch gegen den dort bereits liegenden Kanal. Die Trasse folgt der heutigen Linie.

Für die Baumaßnahme sind eine 2,50 m breite Baugrube, ein 1,00 m breiter Sicherheitsstreifen und eine 6,00 m breite Baustraße erforderlich. Die Baustraße wird auf dem vorhandenen Untergrund aus Schotter auf Vlies hergerichtet. Die Andienung erfolgt über den Anschlusspunkt an der Geulenstraße. Die Baustelleneinrichtung wird auf dem Gelände eines ehemaligen Kinderspielplatzes angelegt.

 

Der heutige Zustand des Eingriffsraumes umfasst im Wesentlichen Wald, eine Baumgruppe, Stauden- und Grasfluren sowie Rasen. Durch die Baumaßnahme gehen 970 qm Wald, 1.330 qm Krautfluren sowie 2 Einzelbäume (Bergahorn, Esche) verloren. Temporäre Beeinträchtigungen durch Lagerung und Befahren erfolgen im Umfang von 690 qm auf Rasenflächen.

 

Im Anschluss an die Baumaßnahme werden die Krautfluren durch Einsaat einer Wiesenmischung mit Kräutern wieder hergestellt. Es ist eine ein- bis zweimalige jährliche Mahd vorgesehen. Am westlichen Rand des Eingriffsraumes wird ein Waldrand auf 1.332 qm angelegt. Im Bereich des ehemaligen Kinderspielplatzes werden 5 heimische Laubbäume mit Strauchgruppen angelegt. Für spätere Unterhaltungsmaßnahmen soll im südlichen Abschnitt eine 3,00 m breite Schotterrasenfläche auf 267 qm verbleiben.

Da die Kompensationsmaßnahmen am Ort im Wert nicht ausreichend sind, soll der verbleibende Anteil durch die Inanspruchnahme eines Ökokontos (Fläche in Neuss-Holzheim) kompensiert werden.

 

Der Standort liegt nach dem Landschaftsplan I - Neuss - im festgesetzten Landschaftsschutzgebiet 6.2.2.2 östlich des Nordkanals, südlich des Krankenhauses. Die Festsetzungen des Landschaftsplanes untersagen im Landschaftsschutzgebiet die vorgesehenen Maßnahmen.

 

Nach § 67 Abs. 1 BNatSchG kann Befreiung von dem Naturschutzrecht der Länder u. a. dann gewährt werden, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist.

 

Es besteht kein Anlass, das Erfordernis des Austauschs des Kanals im Zusammenhang mit der Erweiterung des Johanna-Etienne-Krankenhauses in Frage zu stellen. Die Linie der Verlegung ist schlüssig und bereits heute durch einen bestehenden Kanal vorbelastet. Der Eingriffsraum wird auf das unvermeidliche Maß beschränkt. Die Inanspruchnahme der Waldfläche erfolgt nur befristet für die Baumaßnahme. Ein Antrag auf Zulassung dieser befristeten Waldumwandlung wurde beim Regionalforstamt Niederrhein gestellt. Durch die Kompensationsmaßnahmen vor Ort kann der heutige Zustand weitestgehend wiederhergestellt werden.

 

Die artenschutzfachliche Vorprüfung kommt zu dem Ergebnis, dass bei Berücksichtigung der aufgezeigten Vermeidungsmaßnahmen (Zeitfenster für Maßnahmen insbesondere auch unter Berücksichtigung von Amphibienwanderungen, ökologische Bauleitung) Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG nicht realisiert werden.

 

Unter Berücksichtigung dessen bleibt festzustellen, dass das öffentliche Interesse an der Kanalsanierung das Interesse an der unbeeinträchtigten Beibehaltung der heutigen Situation im Schutzgebiet überwiegt. Die Untere Naturschutzbehörde beabsichtigt daher die Erteilung der beantragten Befreiung gem. § 67 Abs. 1 Ziff. 1 BNatSchG.

 

Der Naturschutzbeirat wird um Entscheidung über die Ausübung seines Widerspruchsrechtes gem. § 75 Abs. 1 LNatSchG NRW gebeten.