Beschlussvorschlag:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht zur Kenntnis.
Sachverhalt:
Unter großer
Beteiligung von Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Verwaltung, kreisangehörigen
Kommunen, Jobcenter und Arbeitsagentur, Institutionen und Politik hat der
Rhein-Kreis Neuss am 16.03.2018 seine 2. Integrationskonferenz für Flüchtlinge
und Neuzugewanderte durchgeführt, um kreisweit zu einer gelingenden Integration
beizutragen.
Bereits am
01.07.2016 hatte eine Auftaktkonferenz zum Thema stattgefunden. In diesem
Zusammenhang war mit vielen unterschiedlichen Akteuren ein Arbeitskonzept
entwickelt worden, welches unterschiedliche Zielgruppen, wie zum Beispiel junge
Flüchtlinge, in den Blick genommen hat und für diese ganz spezifische
Bedarfslagen, Zielsetzungen und Handlungsempfehlungen erarbeitet hat.
In der jetzigen, von
Jose Narciandi moderierten Konferenz, wurde nun Zwischenbilanz gezogen,
inwieweit die Handlungsempfehlungen umgesetzt werden konnten, welche
Erfahrungen zwischenzeitlich gemacht wurden und wie die Arbeit in Zukunft
aufgestellt werden soll. Schwerpunktthema beim Austausch über weiterführende
Ansätze war dabei eine gelingende Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten,
insbesondere der Zielgruppe der 16- bis 25-jährigen jungen Geflüchteten mit
Bleibeperspektive.
Prof. Dr. Matthias
Knuth vom Institut für Arbeit und Qualifikation der Uni Duisburg Essen hielt
ein Impulsreferat zum Thema „Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten –
frühzeitige Intervention, Aktionismus oder lehrreiches Scheitern?“, in dem er
unter anderem die oft unübersichtliche und zu wenig abgestimmte Vielfalt der
zurzeit bestehenden Maßnahmen und Strukturen zur Arbeitsmarktintegration von
Geflüchteten einer kritischen Prüfung unterzog. Er stellte fest, dass die von
den Flüchtlingen mitgebrachte berufliche Abschlussstruktur meistens nicht in
den deutschen Arbeitsmarkt integrierbar sei und dass man sich bewusst machen
müsse, dass erfolgreiche Integrationsprozesse länger dauerten als alle meist zu
kurzfristig ausgelegten Projekte, Maßnahmen und Programme.
In einem weiteren
Vortrag wurde von Seiten des Kommunalen Integrationszentrums (KI) des Kreises
beispielhaft dargestellt, welch überaus große Vielfalt an Maßnahmen und
Akteuren im Rhein-Kreis Neuss zur Umsetzung der in 2016 erarbeiteten
Handlungsempfehlungen zwischenzeitlich beigetragen hat. Anhand der vier
Themenfelder
·
Junge
Flüchtlinge U 25 (U 6, unbegleitete minderjährige Ausländer, U 25 bis Ende Schulbesuch, U
25 auch nach Ende Schulbesuch)
·
Arbeit
und Sprache (erwerbsfähige Flüchtlinge ohne Schulpflicht U 35, Ü 35 und
nicht
erwerbstätige Frauen)
·
Soziale
Hilfe, Wohnen und Gesundheit
·
Gesamtgesellschaftliche
Integration (Wertevermittlung, Ehrenamt, Integration durch Sport, Integration
durch Kultur)
wurden die vom KI im
Vorfeld zur Konferenz ermittelte Umsetzung der einzelnen Handlungsempfehlungen
beleuchtet und Akteure benannt. Dabei wurde deutlich, dass es vor Ort auf das
gute Zusammenwirken der Akteure ankommt und in welch großem Umfang neben den
üblichen institutionellen Akteuren z.B. auch die Unternehmerschaft und
Ehrenamtliche zum Gelingen der Integration beitragen.
Der Leiter des
Institutes für soziale Innovation in Solingen, Hans Wietert-Wehkamp, berichtete
über die Entwicklung eines Prozesshandbuches zum Übergangsmanagement, welches
im Rahmen des Projektes „Angekommen in Deutschland – Arbeitsmarktintegration
von Geflüchteten vor Ort“ zurzeit im Rhein-Kreis Neuss erarbeitet wird.
Hauptaugenmerk
dieses Kooperationsprojektes zwischen der Bertelsmann Stiftung, der J.P. Morgan
Stiftung, des IQ-Netzwerkes und des Rhein-Kreises Neuss liegt auf neu
zugewanderten Flüchtlingen im Alter von 16 bis 25 Jahren und deren gelingender
Arbeitsmarktintegration. Ziel ist ein verbessertes Schnittstellenmanagement und
die Optimierung und Gestaltung gut funktionierender Zu- und Übergänge von einem
Akteur zum nächsten. Hierzu wurde eine Steuerungsgruppe unter Mitwirkung
maßgeblicher Akteure gegründet.
Die Umsetzung des
Prozesses findet im RKN unter der Leitung von Kreisdirektor Brügge statt. Mit
der Erstellung und Redaktion des Prozesshandbuches sind die über das
Förderprogramm „Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für
Neuzugewanderte“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
beschäftigten und im KI angesiedelten Bildungskoordinatorinnen beauftragt. Nach
einer Erhebung und Identifizierung der einzelnen Prozessschritte zur
Arbeitsmarktintegration der o.g. Zielgruppe bei exemplarischen,
hauptverantwortlichen Institutionen haben die Bildungskoordinatorinnen
entsprechende Prozessbeschreibungen erstellt und diese auch grafisch
abgebildet, um Transparenz über Abläufe, Übergänge, bestehende Kooperationen
und Bedarfe im Bereich der Arbeitsmarktintegration der 16- bis 25-jährigen
Neuzugewanderten im Rhein-Kreis Neuss zu schaffen. An identifizierten,
kritischen Schnittstellen sollen in Arbeitsgruppen unter den im
Schnittstellenbereich praktizierenden Akteuren Arbeitsvereinbarungen getroffen
werden, um gelingende Übergänge zu erreichen. Über den weiteren Verlauf der
Umsetzung wird dem Sozial- und Gesundheitsausschuss berichtet.
Die drei Vorträge
sind im Sitzungsdienst / Bürgerinfo-Portal des Rhein-Kreises Neuss online
abrufbar.
Den Abschluss der
Integrationskonferenz bildete eine Podiumsdiskussion, an der neben den beiden
Referenten Prof. Dr. Knuth und Hans Wietert-Wehkamp, Kreisdirektor Dirk Brügge
und folgende Personen teilnahmen:
- Bürgermeister Harald Zillikens, der für die Gemeinde Jüchen aus
der Sicht der kreisangehörigen Städte und Gemeinden berichtete,
- Michael Stork als Geschäftsführer des Berufsförderungszentrums
Schlicherum, der die Tücken und Hürden bei der Beantragung und
Durchführung von berufsvorbereitenden Maßnahmen zur Verhinderung und
Beseitigung von (Jugend-) Arbeitslosigkeit schilderte und
- Johann-Andreas Werhahn, der als Unternehmer und Mitbegründer der
Neusser Unternehmensinitiative „Kompass D“ die Unternehmersicht erläuterte
und das erfolgreiche „Kompass D“-Projekt zur Hinführung auf ein selbstbestimmtes
Leben der jungen Flüchtlinge in Deutschland vorstellte.
Lebhaft diskutiert
wurden vom Fördermittelgeber aus Bund und Land sowie Arbeitsagenturen und
Jobcentern zu kurzfristig angelegte Projekte, teilweise zu hoher
Verwaltungsaufwand, Wartezeiten zwischen einzelnen Maßnahmen, die
Schnittstellenproblematik sowie die Fokussierung auf Flüchtlinge mit
Bleibeperspektive. Kreisdirektor Brügge betonte die guten bestehenden
Strukturen im Rhein-Kreis Neuss. Daher solle, was möglich sei, auch vor Ort geregelt
werden. Im Übrigen stünden leider nur begrenzte Mittel vom Land und Bund zur
Verfügung, daher müssten diese überlegt und adäquat eingesetzt werden.