Betreff
Drohender teilweiser Ausfall der Bundeserstattung für die Kreise und kreisfreien Städte bei wachsenden (flüchtlingsbedingten) Kosten der Unterkunft nach dem SGB II
Vorlage
50/2645/XVI/2018
Art
Mitteilung

Sachverhalt:

 

In der 15. Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses am 21.02.2018 hat die Verwaltung im Rahmen des TOP 3 „Bericht zur Sozialpolitischen Lage“ (Vorlage-Nr. 50/2535/XVI/2018, siehe Folien 14 und 15 der Präsentation) bereits über für 2017 und 2018 drohende Kürzungen der Bundesbeteiligung im Zusammenhang mit der Erstattung der flüchtlingsbedingten Kosten der Unterkunft (FlüKdU) durch den Bund informiert.

 

Inzwischen liegen die Grundsicherungsstatistikdaten der Bundesagentur für Arbeit (BA) für das Jahr 2017 vollständig vor. Laut Rundschreiben Nr. 188/18 des LKT NRW vom 09.04.2018 wurden bundesweit insgesamt 1,58 Mrd. Euro als für die Erstattungsregelung relevante FlüKdU erfasst.

 

Dabei sei festzustellen, dass der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) prognostizierte Wert für die Gesamtausgaben an FlüKdU (Bundesbeteiligungsquote von 48 Prozent entsprechend) nicht ganz erreicht wurde. Es sei daher davon auszugehen, dass der Überlaufmechanismus in 2017 nicht ausgelöst wird.

 

Für das Jahr 2018 müsse dies nach Einschätzung der Geschäftsstelle des LKT NRW jedoch als sehr wahrscheinlich gelten, da in 2018 ein Teil der Mittel zur Kommunalentlastung aus dem sog. 5 Mrd.-Paket ebenfalls über die KdU fließen und ein weiterer Anstieg der FlüKdU voraussichtlich dazu führen wird, dass die in § 46 Absatz 10 Satz 8 SGB II genannte 49 Prozent-Grenze überschritten wird.

 

Probleme:

 

Das Überschreiten dieser Grenze hätte einen zweistufigen Kürzungs- und Überlaufmechanismus zur Folge, um das Eintreten einer Bundesauftragsverwaltung nach Artikel 104a Absatz 3 Satz 2 GG zu vermeiden.

 

Zunächst würde die Bundesbeteiligung nach § 46 Absatz 7 SGB II (sog. „Entlastungsmilliarde“, 2017: 7,4 %) proportional in dem Umfang gekürzt, dass die Bundesbeteiligung nicht mehr als 49 Prozent beträgt. Falls dies nicht ausreicht, würde eine Kürzung entsprechend bei der Beteiligung nach § 46 Absatz 6 SGB II (sog. „Sockelwerte“, 2017: 27,6 %) erfolgen.

 

Die überschießenden Anteile aus der 4-Milliarden-Entlastung fließen nur den Gemeinden über Umsatzsteueranteile zu, welche nicht nach den Kostenstrukturen der SGB II-Träger, sondern nach einem wirtschaftskraftbezogenen Schlüssel verteilt werden. Das beabsichtigte Ziel einer Entlastung der Kommunen bei den KdU würde in dem Fall verfehlt, wenn sich die KdU (mutmaßlich insbesondere durch den Rechtskreiswechsel von Flüchtlingen in das SGB II) weiter nach oben entwickeln.

 

In diesen Fällen würde eine ergänzende Finanzierung der FlüKdU aus den Haushalten der Kreise und kreisfreien Städte unvermeidlich, was im Fall der Kreise auch Auswirkungen auf die Höhe der Kreisumlage hätte.

 

Ein weiteres Problem besteht darin, dass es für die Jahre 2019 ff. bislang an einer Kostenzusage bzw. Erstattungsregelung bezüglich FlüKdU durch den Bund fehlt. Dies ist für die mittelfristige Finanzplanung der kommunalen Haushalte sehr unbefriedigend.

 

Lösungsansätze:

 

Als durch den LKT NRW priorisierte Lösung kommt in Betracht, dass zusätzliche Anteile des Umsatzsteueraufkommens unmittelbar an die Kreise und kreisfreien Städte nach einem an den KdU orientierten Maßstab zugewiesen werden. Zu diesem Zweck wären das Grundgesetz und das Gemeindefinanzreformgesetz zu ändern bzw. ein neues Umsetzungsgesetz zu schaffen. Alternativ verfolgt der LKTW NRW die Forderung nach einer Heraufsetzung der 50 %-Vorgabe in Artikel 104a Abs. 3 Satz 2 GG zum Beispiel auf 80 %.

 

Der LKT-Vorstand hat die Thematik zuletzt in seiner Sitzung am 13.03.2018 beraten; in seiner Sitzung am 22./23.01.2018 hatte er den Beschluss gefasst: „Der LKT NRW bekräftigt seine Forderung, dass sämtliche FlüKdU nach dem SGB II auch nach dem Jahr 2018 durch den Bund zu erstatten sind. Er fordert einen kommunalscharfen Ausgleich der Be- und Entlastungen.“

 

Erstattungsverfahren 2017/2018:

 

Durch das BMAS hat nunmehr auf Basis der Statistikdaten für das Jahr 2017 eine rückwirkende Anpassung der Beteiligungsquote des Bundes an den FlüKdU mittels Rechtsverordnung nach § 46 Absatz 10 SGB II für 2017 und eine vorläufige Festlegung für 2018 zu erfolgen. Die Bundesbeteiligungsfestlegungsverordnung 2017 (BBFestV 2017) vom 07.07.2017 sieht für NRW bisher einen landesspezifischen Beteiligungswert von 5,3 % vor.

 

Eine Beschlussfassung durch den Bundesrat sei für den 06.07.2018 geplant (vgl. Rundschreiben LKT NRW Nr. 107/18 vom 23.02.2018).

 

Im Hinblick auf die im Sommer 2018 zu erwartende endgültige Abrechnung der FlüKdU für das Jahr 2017 geht der Rhein-Kreis Neuss anhand der Statistikdaten und der bereits erhaltenen Bundesbeteiligung derzeit von einer weiteren Erstattung durch den Bund in Höhe von rund 470.000 Euro aus:

 

 

Über die Beteiligungsquote von 5,3 % hinaus hat der Kreis bereits eine Bundesbeteiligung in Höhe von 27,6 % an den FlüKdU erhalten. Die FlüKdU sind in den im Rahmen des Erstattungsverfahrens mit dem Bund gemeldeten laufenden Kosten der Unterkunft zwar bereits enthalten, jedoch erst nach Auswertung der BA-Statistik zu beziffern gewesen. In diesem Umfang fällt die verbleibende Erstattung der FlüKdU daher geringer aus.