Sachverhalt:
Stellungnahme der Verwaltung zu diesem Antrag:
Vorbemerkung
Die Problematik des Insektenrückgangs war Gegenstand der 11. und 12. Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses (XVI. Wahlperiode).
Zur 11. Sitzung des Ausschusses hatte die Verwaltung mit Vorlage 68/2354/XVI/2017 auf Anfrage der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Situation im Rhein-Kreis Neuss sowie über die auf Kreisebene zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und durchgeführten Maßnahmen berichtet (s. Anlage).
In der 12. Sitzung des Ausschusses erfolgten wunschgemäß zwei Sachverständigenvorträge (Dr. Martin Sorg, Entomologischer Verein Krefeld e. V. und Dr. Bernd Lüttgens, Rheinischer Landwirtschaftsverband e. V.) hierzu. Auf die Vorlage 68/2456/XVI/2018 wird verwiesen.
Der jeweilige Diskussionsverlauf kann den Niederschriften entnommen werden.
Herr Umweltdezernent Mankowsky hat in der 12. Sitzung des Ausschusses zugesagt, dass das, was auf Kreisebene leistbar sei, auch getan werde.
Zu den Punkten 1. - 3. des Antrags:
Zu 1.
Insektenfreundliche Umgestaltung und
Bewirtschaftung geeigneter Außenflächen kreiseigener Liegenschaften
Neben den Außenflächen wird eine insektenfreundliche Gestaltung und Pflege u. a. auch bei den Deponiegrundstücken und Waldflächen berücksichtigt (vgl. Vorlage 68/2354/XVI/2017).
Einige Schulen verfügen bereits über insektenfreundliche Grünanlagen mit Blühstreifen, Obstbäumen und -sträuchern, Kräuter- und Gemüsebeeten usw. Eine Schule hat einen natürlichen Lebensraum angelegt.
Die Ausweitung dieser Flächen wird von den Schulleitungen begrüßt. Die Themen werden vor allem bei den jüngeren Schülerinnen und Schülern in Theorie und Praxis in den Unterricht eingebunden. Verschiedene Schulen haben Nistkästen aufgehängt und Insektenhotels aufgestellt.
Ein Einsatz chemischer Mittel ist nicht bekannt.
Zu 2.
Beschränkung des Einsatzes von
Pflanzengiften auf den Außenflächen kreiseigener Liegenschaften auf begründete
Ausnahmefälle und Verzicht auf Neonicotinoide
Pflanzenschutzmittel (PSM) werden auf vom Rhein-Kreis Neuss bewirtschafteten und unterhaltenen Flächen generell nur in Fallen unumgänglicher Notwendigkeit eingesetzt. So war der Einsatz eines Herbizides gegen die Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum) im Bereich Nordkanal unvermeidlich, um eine Ausbreitung dieser invasiven Art (Neophyt, invasiv, Kontrolle der Ausbreitung erforderlich; vgl. Unionsliste invasive Arten VO EU/1143/2014, Neobiotaportal NRW des LANUV NRW) z. B. über den Nordkanal in weitere Räume zu unterbinden.
Es ist nicht bekannt, dass auf Flächen in der Bewirtschaftung und Pflege durch den Rhein-Kreis Neuss Insektizide aus der Gruppe der Neonicotinoide eingesetzt worden wären. Auch aktuell ist eine Anwendung nicht ersichtlich.
Zu 3.
Gesamtkonzept zur Stärkung der
Artenvielfalt im Kreisgebiet
Da es sich bei der Problematik des Insektenrückgangs nicht um ein lokales, sondern bundesweites bzw. globales Problem handelt, sind die Möglichkeiten des Rhein-Kreises Neuss, soweit sie wesentlich über die Punkte nach der Vorlage 68/2354/XVI/2017 hinaus gehen, eingeschränkt.
Ergänzende
Informationen:
Nach
einer Pressemitteilung der Vertretung der Europäischen Kommission in
Deutschland will die Europäische Union den Einsatz der Neonicotinoide
Imidacloprid, Clothianidin und Thiametoxam im Freiland verbieten. Sie dürfen
nur noch in ständigen Gewächshäusern eingesetzt werden, in denen kein Kontakt
mit Bienen zu erwarten ist. Der Schutz der Bienen ist für die Kommission ein
wichtiges Thema, da er die biologische Vielfalt, die Nahrungsmittelproduktion
und die Umwelt betrifft. Das Kollegium der EU-Kommissare hatte bereits 2017
hierüber beraten. Die Kommission hatte diese Maßnahme auf der Grundlage der
wissenschaftlichen Gutachten der Europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit vorgeschlagen. Die Vertreter der Mitgliedsstaaten haben
den Vorschlag der Kommission am 27.04.2018 unterstützt. Die Verordnung soll bis
Ende 2018 in Kraft treten.
Internetseite der EU-Kommission zu Neonicotinoiden: https://ec.europa.eu/food/plant/pesticides/approval_active_substances/approval_renewal/neonicotinoids_en
Der
Bundesrat hat in seiner 967. Sitzung am 27.04.2018 nach den §§ 3 und 5 Gesetz
über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der
Europäischen Union (EUZBLG) eine Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission
über die Europäische Bürgerinitiative "Verbot von Glyphosat und Schutz von
Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden" eine Stellungnahme beschlossen.
Der Bundesrat spricht sich hierin u. a. für eine verbesserte Bewertung der
Wirkstoffe im Zulassungsverfahren, den besonderen Stellenwert des Schutzes der
Biodiversität und erhöhte Transparenz aus und richtet an die Bundesregierung
die Bitte zur Verstärkung der Forschungsaktivitäten zu den Auswirkungen von
Glyphosat, besonders auf Gesundheit und biologische Vielfalt. Er fordert die
Entwicklung von alternativen Maßnahmen und Verfahren der nicht-chemischen
Beikrautkontrolle und eine Beratung der Betriebe zur Reduzierung des Einsatzes
von Pflanzenschutzmitteln. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass der
Einsatz glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel mit dem Ziel der grundsätzlichen
Beendigung der Anwendung deutlich eingeschränkt werden muss. Die Bundesregierung
wird um Vorlage einer EU-rechtskonformen Minderungsstrategie mit wirksamen
Alternativen gebeten. Der Bundesrat vertritt weiterhin die Auffassung, dass auf
Flächen öffentlicher Einrichtungen glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel nicht
mehr angewendet werden dürften, ausgenommen Gleisanlagen, für die zeitnah
kostenneutrale Alternativen erprobt werden sollten. Er bittet die
Bundesregierung um Bereitstellung der erforderlichen Mittel. Er unterstützt das
Vorhaben einer Entwicklung gemeinsamer alternativer Ackerbaustrategien und
deren Umsetzung gemeinsam mit der Landwirtschaft sowie die adäquate
Untersetzung mit Fördermitteln für Maßnahmen zur Umsetzung der Nationalen
Biodiversitätsstrategie und insbesondere des Insektenschutzes.
Weiterhin
gibt es nach den folgenden Presseberichten in verschiedenen Kommunen des
Rhein-Kreises Neuss Initiativen zur Förderung der Insektenvielfalt.
NEWS 89.4 16.05.2018
„Kampf gegen
das Artensterben
Im Rhein-Kreis Neuss kämpfen einige
Städte zusammen mit Naturschutz-Organisationen und Landwirten gegen das
Artensterben. Dazu entstehen an Äckern immer mehr Blühstreifen. In Kaarst wurde
zum Beispiel eine große Blumenwiese angelegt, damit sich dort wieder Insekten
ansiedeln. In Meerbusch ist das Vogelsterben heute Thema im Umweltausschuss.
Die Stadt Meerbusch möchte die Initiative Kiebitzschutz vom Kreis fördern. Dazu
sollen Landwirte, die eine Kiebitz-gerechte Einsaat vornehmen, finanziell
entschädigt werden. Außerdem will die Stadt mehr Wildblumenwiesen für Insekten
anlegen. Unterstützung gibt es vom NABU und vom BUND. Beide
Naturschutz-Organisationen machen darauf aufmerksam, dass der Bestand vieler
heimischer Arten drastisch zurückgegangen ist. Grund seien Veränderungen der
Natur durch Klimawandel, intensive Landwirtschaft und Bebauung.“
NGZ 04.05.2018
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„Andreas Drengwitz will etwas gegen
das Insektensterben tun. Gemeinsam mit dem Landwirten Dennis Aussem hat er in
Kapellen eine große Blühwiese angelegt, um Wildbienen und Co. einen Lebensraum
zu bieten. Das Projekt ist eine Art Versuchsballon. Gelingt es, soll es
nächstes Jahr auf weiteren Flächen fortgesetzt werden. Dass das Stück Land
gefunden wurde, ist einem Zufall geschuldet. Über ein Online-Netzwerk, das sich
gegen den Bau der Umgehungsstraße L 361n richtet, stieß Andreas Drengwitz auf
einen Gleichgesinnten: Dennis Aussem war sofort von dem Projekt begeistert.
"Das ist ein großes Glück, dass wir uns kennengelernt haben", sagt
der Initiator. Die 400 Euro für das Saatgut wurden ebenfalls mit Hilfe der
Netzwerker beschafft - und sie kamen innerhalb weniger Stunden zusammen.
"Das war ein deutliches
Zeichen", meint Drengwitz. "Viele sind der Meinung, dass gegen das
Insektensterben etwas getan werden muss." Zurzeit wird an einem
Internet-Auftritt gearbeitet, um über das Wiesen-Projekt zu informieren. Zudem
wird ein Schreiner gesucht, der kostenlos Schilder entlang des Grundstücks
anbringt.
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Initiativen wie diese dürften den
Grünen gefallen. Denn die haben soeben einen Antrag für die nächste Ratssitzung
formuliert - Grundtenor: Grevenbroich soll insektenfreundlicher werden. Heißt:
"Stadteigene Liegenschaften sollen künftig so gestaltet werden, dass die
Artenvielfalt gestärkt wird. Das kann zum Beispiel durch die Anlage von
Blühwiesen und -streifen geschehen", fordert Ratsherr Peter Gehrmann. Die
Verwaltung soll nun eine Liste mit geeigneten Flächen erstellen, die möglichst
zeitnah dem Planungs- und dem Umweltausschuss vorgelegt werden soll. Bis zum
Sommer 2019 erwarten die Grünen zudem ein Gesamtkonzept zur Stärkung der
Artenvielfalt in Grevenbroich. Und als Sofortmaßnahme fordern sie einen
Verzicht auf Insektizide mit dem Wirkstoff Neonicotinoid auf allen städtischen
Grundstücken. "Neonicotinoide können bereits in kleinen Mengen Insekten
töten oder ihr Nervensystem schädigen", sagt Gehrmann.
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80 Prozent weniger Insekten als 1982
Nach einer im Sommer 2017
herausgegebenen Studie des Münchener Umweltinstituts gibt es in Deutschland
heute 80 Prozent weniger Insekten als noch 1982. Fast 3000 Arten werden als
ausgestorben oder gefährdet eingestuft. Besonders betroffen sind Schmetterlinge,
Wildbienen und Schwebfliegen. "Hauptursache für diese dramatische
Entwicklung ist die intensive Landwirtschaft mit ihren Monokulturen und dem
steigenden Pestizideinsatz", sagt Grünen-Fraktionschef Dirk Gawlinski.
"Auch die Artenvielfalt entlang der Nahrungskette ist mittlerweile akut
bedroht. Denn mit dem Rückgang der Insekten nimmt auch die Zahl der Vögel ab,
die sich von ihnen ernähren."
Wie sich die Situation vor Ort
darstellt, wird am Tag vor der Ratssitzung auf der Stadtparkinsel erörtert. Die
Grünen aus Stadt und Kreis haben den bekannten Insektenforscher Martin Sorg zu
einem Vortrag ins Auerbachhaus eingeladen. "Er kann den Verlauf des
Insektensterbens in unserer Region anhand seiner jahrzehntelangen Forschung
belegen - und er wird Gegenmaßnahmen aufzeigen", kündigt Peter Gehrmann
an.
Einen kleinen Beitrag in Sachen
Artenvielfalt hat die Stadt bereits geleistet. Am Schneckenhaus wurden im
vergangenen Winter zwei Blühwiesen angelegt, darunter ein 200 Quadratmeter
großes Feld, auf das eine kräuterreiche Mischung gesät wurde. "Dort
wachsen unter anderem wilde Kamille, wilde Margerite und wilde Möhre - also
Pflanzen, die den Insekten schmecken", sagt Ralf Dietrich vom städtischen
Umweltzentrum. "Eine blühende Optik war hier nicht der angestrebte Effekt."
Das Schneckenhaus-Team beobachtet jetzt, wie sich die beiden Wiesen entwickeln.
Danach sollen Pläne geschmiedet werden, an welchen Stellen innerhalb des
Stadtgebietes weitere Flächen angelegt werden können.
Info
Die Grünen haben für Dienstag, 8. Mai, 19 Uhr, den Insektenforscher Martin Sorg
eingeladen. Er wird im Auerbachhaus auf der Stadtparkinsel im Rahmen eines
Vortrags über das Insektensterben in der Region berichten und Gegenmaßnahmen
aufzeigen. Interessierte sind willkommen.“