Betreff
Bau eines Radweges und Entwässerung der Stürzelberger Straße, Stadt Dormagen
Vorlage
68/3045/XVI/2019
Aktenzeichen
68.4-40.01-1-157-18
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Naturschutzbeirat erhebt keinen Widerspruch gegen die Erteilung einer Befreiung gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG für den Ausbau der Stürzelberger Straße zwischen Zons und Stürzelberg einschließlich der Anlage einer Regenwasserversickerungsanlage mit einer Zufahrt durch den nördlich liegenden Geschützten Landschaftsbestandteil 6.2.4.7 nach dem Landschaftsplan II - Dormagen - / § 39 Abs. 1 Ziff. 1, 2 LNatSchG NRW entsprechend der vorgestellten Planung der Technischen Betriebe Dormagen AöR.


Sachverhalt:

Der seit 2003 rechtskräftige Bebauungsplan Nr. 438 der Stadt Dormagen umfasst den verkehrsgerechten Ausbau der Stürzelberger Straße zwischen den Ortsteilen Zons und Stürzelberg in der Stadt Dormagen. Er sieht eine funktionsfähige Entwässerung der Straße sowie die Anlage eines Geh- und Radweges mit zwei Baumreihen vor.

Die Planung wurde aufgrund der Lage im Landschaftsschutzgebiet 6.2.2.1 nach dem Landschaftsplan II - Dormagen - in der 17. Sitzung (VI. Wahlperiode) des Landschaftsbeirates im Zuge eines Anpassungsverfahrens nach § 29 Abs. 4 Landschaftsgesetz NRW (alt) beraten. Der Beirat stimmte der Planung zu.

 

Wie sich in den seitdem verstrichenen Jahren herausstelle, ist es der Stadt Dormagen nicht möglich, die für die Realisierung des Bebauungsplanes erforderlichen Flächen zu erwerben. Der Bebauungsplan ist damit als nicht vollziehbar  anzusehen. Die Stadt beabsichtigt daher dessen Aufhebung mangels städtebaulichen Erfordernisses.

 

Gleichwohl ist nach wie vor ein Ausbau der Stürzelberger Straße geplant, um die erheblichen Entwässerungsprobleme der Verkehrsfläche in der Wasserschutzzone III A zu lösen und einen kombinierten Geh- und Radweg westlich an die Straße anzuschließen. Im Zuge dieses Ausbaus ist eine Regenwasserbehandlungs- und -versickerungsanlage zu errichten. Auch hierfür konnten nur die geringst möglichen Flächen erworben werden. Weiterhin sollen heute bestehende Freileitungen der evd und der Telekom unterirdisch verlegt und die sehr alte Wasserleitung durch die Kreiswerke Grevenbroich GmbH saniert werden. Die Anlage der im Bebauungsplan vorgesehenen Baumreihen ist mangels verfügbarer Flächen nicht möglich.

 

Bedingt durch die geringen Verfügungsflächen im Bereich der Regenwasserbehandlungs- und Versickerungsanlage (nur rd. 1.000 qm) und die damit fehlenden Rangier- und Abstandflächen für dort eingesetzte Lastwagen (Schlammentleerung, Reinigung, Reparatur usw.) ist eine Erschließung nur von der Stürzelberger Straße aus nicht möglich, so dass eine zweite Zufahrt von dem nördlich liegenden Wirtschaftsweg aus erforderlich wird. Diese kann nur durch die zwischen Wirtschaftsweg und Anlage aufstehende Hecke geschaffen werden. Ein Abschnitt von rd. 40 qm dieser Hecke muss daher in Anspruch genommen werden. Die Hecke stellt einen Geschützten Landschaftsbestandteil nach dem Landschaftsplan II sowie einen Gesetzlich geschützten Landschaftsbestandteil nach § 39 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 LNatSchG NRW (mit öffentlichen Mitteln geförderte Anpflanzung und Hecke ab 100 m Länge) dar.

 

Für den Ausbau der Stürzelberger Straße mit Anschluss eines Radweges und die Errichtung der Regenwasserbehandlungs- und -versickerungsanlage im Landschaftsschutzgebiet einschließlich der Rodung und Befestigung eines 40 qm umfassenden Teilabschnitts der Hecke als Geschützten Landschaftsbestandteil bedarf es daher der Erteilung von Befreiung gem. § 76 Abs. 1 BNatSchG von den entgegenstehenden Verboten des Landschaftsplanes II sowie von dem Verbot des § 39 Abs. 2 LNatSchG.

 

Die Umsetzung der Planung ist in 2019 vorgesehen.

 

Diese Befreiung kann aus Sicht der Unteren Naturschutzbehörde aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses erteilt werden.

 

Die Stürzelberger Straße liegt in der Schutzzone III A des festgesetzten Trinkwasserschutzgebietes „Auf dem Grind“. Sie entwässert ungefasst über die Schulter. An den Tiefstellen kommt es regelmäßig zu Überflutungen und Wasserstau. Der heutige Geh- und Radweg ist zu schmal, gepflastert und überwiegend in einem sehr schlechten Zustand.

Die geregelte Entwässerung der Verkehrsfläche ist im öffentlichen Interesse erforderlich. Sie umfasst das Fassen und Versickern der Regewassermengen.

Die Anlage eines tauglichen kombinierten Geh- und Radweges ist in diesem Raum angesichts der Nutzung sinnvoll und stellt eine sichere Verbindung für Fußgänger und Radfahrer zwischen den Ortslagen Zons und Stürzelberg dar.

 

Der eigentliche Straßenausbau (Sanierung der Fahrbahn in der heutigen Breite und Anschluss des Geh- und Radweges in einer Breite von 3,00 m) erfolgt nahezu ausschließlich auf dem heutigen Straßenkörper (Bankette, Fahrbahn, Geh-/Radweg).

Für die Anlage des Regewasserbehandlungs- und -versickerungsbeckens mit seinen Nebenanlagen wird eine Ackerfläche unmittelbar neben der Straße im Umfang von rd. 1.000 qm in Anspruch genommen. Die Zufahrt durch die nördlich angrenzende Hecke ist angesichts der geringen Flächen nicht zu vermeiden. Eine Einfriedung des Beckens mit den technischen Anlagen ist insbesondere wegen der Lage unmittelbar an der Straße und den notwendigerweise steilen Böschungen erforderlich. Der Zaun kann mangels nachbarrechtlicher Abstände nur mit Rankpflanzen begrünt werden.

 

Eine Artenschutzprüfung hat keine artenschutzrechtlichen Konflikte aufgezeigt. Zur Minderung soll die Rodung der Zufahrt durch die Hecke noch vor März 2019 erfolgen.

 

Eine Kompensation des Eingriffs durch die Gesamtmaßnahme vor Ort ist mangels verfügbarer Flächen nicht möglich. Hier ist die Inanspruchnahme des städtischen Ökokontos vorgesehen. Eine genaue Berechnung des Kompensationsumfangs muss noch erfolgen.

 

Insgesamt kann festgestellt werden, dass in diesem Fall das öffentliche Interesse an der verkehrssicheren Sanierung und geregelten Entwässerung der Straße sowie an der Anlage eines sicheren Geh- und Radweges die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in diesem Fall überwiegt, so dass die beantragte Befreiung gem. § 67 Abs. 1 Ziff. 1 BNatSchG erteilt werden kann.