Betreff
Abbruch und Neuerrichtung eines Zweifamilienhauses in Straberg, Stadt Dormagen
Vorlage
68/3106/XVI/2019
Aktenzeichen
68.4-40.01-1-055-18
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Naturschutzbeirat erhebt keinen Widerspruch gegen die Gewährung von Befreiung gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG für den Abbruch des Altbestandes und die Neuerrichtung eines Zweifamilienhauses in Dormagen-Straberg entsprechend der vorgelegten Planung.


Sachverhalt:

Das Grundstück Waldstraße 24 in Dormagen-Straberg ist nach Einschätzung eines Sachverständigen seit Anfang des 20. Jahrhunderts mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut. Das Grundstück liegt am Ende der Waldstraße zwischen den angrenzenden Häusern der Ortslage Straberg, dem Waldparkplatz und dem Wald im Naturschutzgebiet 6.2.1.4 „Waldnaturschutzgebiet Knechtsteden“. Der Standort liegt noch im Naturschutzgebiet und gleichzeitig im FFH-Gebiet DE-4806-303 „Knechtstedener Wald mit Chorbusch“.

 

Im Jahr 2012 wurde dem Eigentümer die Sanierung des Wohnhauses, verbunden mit einem Umbau genehmigt. Naturschutzrechtliche Bedenken bestanden nicht. Diese Genehmigung wurde nicht ausgenutzt, da nach einem Sachverständigenurteil eine Sanierung wegen der schlechten Bausubstanz, Schäden am Kellermauerwerk und Feuchteschäden wirtschaftlich nicht zu vertreten ist.

 

Der Eigentümer hat nunmehr beantragt, das aufstehende Zweifamilienhaus mit Nebenanlagen abreißen und ein neues Zweifamilienhaus errichten zu dürfen. Der Umfang der dadurch entstehenden Versiegelung wurde im Verfahren auf den Umfang der 2012 zugelassenen Sanierung und Erweiterung reduziert. Die aktuelle Planung überschreitet die bereits zugelassene Fläche der Bebauung nicht.

 

Der Standort des Vorhabens liegt im baulichen Außenbereich i. S. d. § 35 BauGB. Der Landschaftsplan II - Dormagen - setzt hier das Naturschutzgebiet 6.2.1.4 „Waldnaturschutzgebiet Knechtsteden“ fest. Die Grenzen des NSG entsprechen zugleich denen des FFH-Gebietes DE-4806-303 „Knechtstedener Wald mit Chorbusch“.

 

Nach den Festsetzungen des LP II für Naturschutzgebiete ist die Errichtung oder außenseitige Änderung baulicher Anlagen untersagt. Abweichungen von diesem Verbot bedürfen der Befreiung gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG.

 

Für FFH-Gebiete besteht nach § 33 Abs. 1 S. 1 BNatSchG das Verbot der erheblichen Beeinträchtigung  in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen. Abweichungen von diesem Verbot würden einer Ausnahme nach § 34 Abs. 3 - 5 BNatSchG bedürfen.

 

Mit Blick auf die Lage innerhalb des FFH-Gebietes wurde gem. § 34 Abs. 1 BNatSchG durch die Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss für das Vorhaben eine Einschätzung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Schutzgebietes durchgeführt (FFH-Vorprüfung). Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass sich durch das Vorhaben keine erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes ergeben, insbesondere keine erheblichen Auswirkungen auf die hier vorkommenden Lebensraumtypen und Arten von gemeinschaftlicher Bedeutung zu erwarten sind. Die Erhaltungsziele werden nicht beeinträchtigt, die Verträglichkeit des Vorhabens mit ihnen ist gegeben. Eine weiter gehende FFH-Verträglichkeitsprüfung oder ein Ausnahmeverfahren sind daher nicht erforderlich.

 

Weiterhin wurde für das Vorhaben mit Blick auf besonders und streng geschützte Arten eine Artenschutzprüfung durchgeführt. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass durch das Vorhaben keine Arten nach Anh. IV der FFH-Richtlinie (RL 92/43/EWG) oder Europäische Vogelarten (RL 2009/147/EG) betroffen sind. Einer artenschutzrechtlichen Ausnahme (§ 45 BNatSchG) oder Befreiung (§ 67 Abs. 2 BNatSchG) bedarf es daher nicht.

 

Für die Kompensation konnte auf die bereits zur Sanierung und Erweiterung 2012 erstellte Landschaftspflegerische Begleitplanung zurückgegriffen werden. Danach ist zum westlich angrenzenden Wald ein 4 m breiter Gehölzstreifen aus standortgerechten heimischen Arten anzulegen. Die Pflanzung erfolgt auf dem Antragsgrundstück, jedoch außerhalb des Zaunes. Dieser wird entsprechend zurückversetzt.

 

Der Abbruch und die Neuerrichtung des Hauses bedürfen aufgrund ihrer Lage im NSG der Befreiung gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG von dem entgegenstehenden Verbot des Landschaftsplanes II. Diese kann nach § 67 Abs. 1 Ziff. 2 gewährt werden, wenn die Durchführung der (Verbots-) Vorschrift im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung (von dem Verbot) mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.

 

Hierzu wurden gem. § 63 Abs. 2 Ziff. 5 BNatSchG die anerkannten Naturschutzvereinigungen beteiligt. Diese haben innerhalb der Beteiligungsfrist keine Stellungnahme abgegeben. Fristverlängerung wurde nicht beantragt.

 

Die Untere Naturschutzbehörde beabsichtigt die Gewährung von Befreiung gem. § 67 Abs. 1 Ziff. 2 BNatSchG zur Vermeidung einer unzumutbaren Belastung für den Eigentümer.

 

Das Grundstück ist nach Einschätzung des Sachverständigen mindestens seit etwa 100 Jahren bebaut (Alter des aufstehenden Wohnhauses). Das Wohnhaus ist aufgrund des schlechten Zustandes der Bausubstanz nicht mehr, wie noch 2012 vorgesehen, unter Anlegung vernünftiger wirtschaftlicher Maßstäbe sanierbar. Das Haus hat an sich und bei Betrachtung der Bezüge zur Umgebung (Historie, Bezug zum Landschaftsbild) auch keinen so hohen Wert, dass eine Sanierung auch unter Inkaufnahme unwirtschaftlicher Aufwendungen in Betracht käme. Ein Abbruch ist unter diesem Gesichtspunkt nicht vermeidbar. Damit wäre bei Versagung einer Ersatzbebauung eine Wohnnutzung auf dem Grundstück nicht mehr möglich. Dies würde zu einer für den Eigentümer nicht zumutbaren Belastung führen.

 

Die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege ist gegeben. Das Vorhaben wird nicht zu maßgeblichen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft führen. Die bereits zulässige Bebauungsfläche auf dem Grundstück wird durch die Neuerrichtung nicht überschritten. Maßgebliche Auswirkungen im Vergleich mit der zulässigen Nutzung sind nicht erkennbar. Beeinträchtigungen des weiteren Naturschutz- und FFH-Gebietes sind nicht erkennbar.