Betreff
Krankenbetreuungsleistungen nach § 264 SGB V - Zuständigkeitsabgrenzung
Vorlage
50/912/2009
Art
Bericht

Beschlussempfehlung:

 

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

 

 


Das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenkassen vom 14.11.2003 bezog mit der Änderung erstmals leistungsrechtlich die Empfänger laufender Sozialhilfeleistungen in die gesetzliche Krankenversicherung mit ein.

 

Während die Krankenhilfekosten früher direkt von den Sozialhilfeträgern mit den behandelnden Ärzten, Krankenhäusern etc. abgerechnet wurden, hat der Gesetzgeber eine Art fiktive Krankenversicherung eingeführt. Die nicht versicherten Personen werden seit Einführung bei einer Krankenkasse angemeldet und erhalten eine Krankenversicherungskarte, mit der sie dann Leistungen bei den Ärzten  etc. in Anspruch nehmen können. Die Kosten hierfür werden den Leistungserbringern (Ärzte usw.) von den Krankenkassen erstattet. Gem. § 264 SGB V haben die Krankenkassen aber ihrerseits einen Anspruch auf Erstattung der Kosten gegenüber den Sozialhilfeträgern zzgl. eines gewissen Verwaltungszuschlags.

 

Ein bisher ungelöstes Problem ergab sich bei der Frage der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträgern. Da die überörtlichen Sozialhilfeträger für bestimmte Krankenbehandlungen etc. zuständig sind, die ihre Ursache in einer Behinderung haben, wurden vor 2004 entsprechende Kosten direkt von den Landschaftsverbänden übernommen. Dies galt auch für sozialhilfeberechtigte Personen, die ansonsten komplett in die Zuständigkeit des örtlichen Trägers fielen. Diese Personen sind nun 2004 von den örtlichen Sozialhilfeträgern bei den Krankenkassen im Sinne der oben dargestellten Regelung angemeldet worden. Die Krankenkassen haben sämtliche Behandlungskosten ohne Rücksicht auf eine möglicherweise behinderungsbedingte Ursache mit den örtlichen Sozialhilfeträgern abgerechnet.

 

Das BSG hat am 28.10.2008 entschieden (Az: B 8 SO 23/07 R) dass die Krankenkassen nur für den nichtbehinderungsbedingten Teil der Arzt- und Behandlungskosten einen Anspruch gegen den örtlichen Sozialhilfeträger hatten und die übrigen Kosten von den überörtlichen Sozialhilfeträgern hätten getragen werden müssen.

 

Da eine Rückabwicklung überaus kompliziert wäre (weil die einzelnen Behandlungskosten bisher gar nicht den Ursachen der Krankheit (Behinderung) zugeordnet wurden) und möglicherweise auch unmöglich wäre, bemühen sich örtliche und überörtliche Sozialhilfeträger nunmehr um eine vereinfachte Regelung. Da jede Neuberechnung einen erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachen würde, der auch und zusätzlich von den Kommunen getragen werden müsste, sprach sich auch die Geschäftsstelle des Landkreistages NRW für eine unbürokratische Lösung aus.

 

Inzwischen haben intensive Gespräche u.a. mit den Kommunalen Spitzenverbänden und mit den Landesräten der Landschaftsverbände stattgefunden.

 

Die maßgebliche Prämisse war, ein möglichst unaufwändiges Verfahren sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft zu finden, dass den finanziellen Interessen der örtlichen Sozialhilfeträger insgesamt gerecht wird.

 

Es wurden folgende Ergebnisse erzielt:

 

Lösung für die Vergangenheit:

Im Vergleichswege soll auf die mit Risiken und erheblichen finanziellen Aufwendungen behaftete Geltendmachung der Erstattungsansprüche verzichtet werden und im Gegenzug die Rückstellungen der Landschaftsverbände aufgelöst werden (für den Bereich LVR 64 Mio. €).

 

In Höhe der Auflösung erstatten die Landschaftsverbände den örtlichen Trägern den auf sie entfallenden Anteil, und zwar in dem Verhältnis, in dem der örtliche Träger zur Aufbringung des Rückstellungsbetrages durch die Verbandsumlagezahlungen beigetragen hat.

 

Der Anteil für den Rhein-Kreis Neuss beträgt 2,95 Mio. €.

 

Lösung für die Zukunft:

Für die Zukunft soll ein Verfahren entwickelt werden, welches eine Vorleistung des örtlichen Trägers gegenüber den Krankenkassen und eine Erstattung des Landschaftsverbandes an die Kommunen bezüglich der streitgegenständlichen Ansprüche vorsieht. Die Erstattung des Landschaftsverbandes bemisst sich dabei nach der Summe der Aufwendungen für stationäre und teilstationäre Behandlungen, die nach dem ICD-Schlüssel 10 Bereich F zuzuordnen sind – wobei die bei der Entlassung oder Verlegung mitgeteilte Hauptdiagnose maßgeblich ist – und der Aufwendungen für Körperersatzstücke, Leistungen aus Anlass von Versorgungen mit größeren Hilfsmitteln oder deren Instandsetzung zzgl. eines Pauschalbetrages in Höhe von 10% dieser Aufwendungen zur Abgeltung aller weiteren, in die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers fallenden stationären Aufenthalte.

 

Das Verfahren zur künftigen Abrechnung im Vergleichswege soll zunächst bis zum 31.12.2010 befristet werden. Die Vereinbarungspartner wollen sich bis zu diesem Termin dafür einsetzen, eine gesetzliche Regelung herbeizuführen.

 

 

Vom Landschaftsverband Rheinland wurde der Verwaltung im April ein ausgearbeiteter Vertrag zur Abwicklung der Erstattungen zur Unterzeichnung zugesandt.

 

Der Landkreistag NRW sieht den Vertrag insgesamt als „ausverhandelt“ an. Änderungswünsche können nur dann berücksichtigt werden, wenn ansonsten eine Unterzeichnung zwingend ausscheidet.

 

Dem Kreisausschuss wurde der Sachverhalt in seiner letzten Sitzung (29.04.2009) berichtet.

 

Das Inkrafttreten der Verträge einschließlich der finanztechnischen Umsetzung im Hinblick auf die Auflösung der Rückstellung kann bei den Landschaftsverbänden erst dann beginnen, wenn sämtliche Vertragsparteien die Verträge unterzeichnet haben.

 

Am 30.04.2009 erfolgte die Unterzeichnung des Vertrages durch die Verwaltung.