Befreiung von den Verbotsfestsetzungen für besonders geschützte Teile von Natur und Landschaft
Beschlussempfehlung:
Der Naturschutzbeirat des Rhein-Kreises Neuss erhebt in den Verfahren „Elektrifizierung der Regiobahninfrastruktur“ Abschnitt „Neuss Hbf - Bf Kaarster See“ und dem „ Neubau der Eisenbahnüberführung (EÜ) Nordkanal“ keinen Widerspruch gegen eine Befreiung gem. § 67 BNatSchG von den Verbotsfestsetzungen der Landschaftsschutzgebiete und für die temporäre Inanspruchnahme der Kompensationsfläche.
Sachverhalt:
Die S-Bahn-Linie S 28 der Regiobahn-Fahrbetriebsgesellschaft mbH verkehrt auf insgesamt 34 km von Mettmann über Erkrath, Düsseldorf und Neuss nach Kaarst. Dabei wird zwischen Düsseldorf-Gerresheim und Neuss Hbf ein 16 km langer Streckenabschnitt der DB-Netz befahren. Für die übrigen 18 km ist die Regiobahn GmbH selbst Infrastrukturinhaber. Auf der S 28 werden derzeit Triebwagen vom Typ Talent mit Dieselmotoren eingesetzt.
Die Regiobahn GmbH plant seit 2015 die Elektrifizierung
der gesamten Strecke. Die S-Bahn-Linie S
28 soll künftig mit Elektrofahrzeugen statt mit Dieselfahrzeugen betrieben
werden.
Dafür ist die Panfeststellung nach § 18 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) erforderlich.
Elektrifizierung
Planfeststellungsabschnitt
III
Neuss Hbf. - Bf.
Kaarster See
(Strecke 2530, km 0,2 + 00 bis km 7,3 + 42, Strecke 2550, km 80,0 + 50 bis km 81,4 + 50)
Für diesen Streckenabschnitt (Anlage) wurden Planfeststellungsunterlagen eingereicht. Der Rhein-Kreis Neuss hat durch seine Fachbehörden die Unterlagen geprüft und mit Schreiben vom 20.05.2019 eine Stellungnahme gegenüber der Bezirksregierung Düsseldorf abgegeben (Anlage). Das Planverfahren hat Auswirkungen auf den Landschaftsschutz im Rhein-Kreis Neuss. Für folgende Eingriffe ist eine Befreiung von den Verbotsfestsetzungen der Landschaftsschutzgebiete in den jeweiligen Landschaftsplan-Teilabschnitten des Rhein-Kreises Neuss erforderlich:
- Das
gem. Landschaftsplan des Rhein-Kreises Neuss (Teilbereich Neuss und
Teilbereich Meerbusch-Kaarst-Korschenbroich) in das westliche
Untersuchungsgebiet hineinragende Landschaftsschutzgebiet LSG Nr. 6.2.2.7
„Kaarster Graben, Nordkanal“ ist vom Vorhaben durch das Anlegen eines
Sicherheitsstreifens, in dem Gehölze gerodet werden müssen, und durch
Maststandorte mit der Oberleitung betroffen. Die Eingriffe erfolgen
jeweils unmittelbar angrenzend an die bestehende Bahntrasse, d.h. in einem
vorbelasteten Bereich.
- Im östlichen Untersuchungsgebiet betrifft das Bauvorhaben die Landschaftsschutzgebiete (LSG) 6.2.2.2 „Langenbruchsbach“ und 6.2.2.13 „Apelter Feld“. Eingriffe ergeben sich hier temporär durch Baustelleneinrichtungs-Flächen, aber auch dauerhaft durch den Neubau eines zweiten Gleises, Entwässerungsgräben, Böschungen und zu verlegende Wege.
Die Verwaltung hat die vorgelegten Unterlagen geprüft. Die Projektwirkungen in den betroffenen LSG werden als nicht erheblich in Bezug auf die festgesetzten Schutzzwecke der LSG bewertet, zumal sie im stark vorbelasteten Bereich liegen. Seitens der Verwaltung bestehen daher keine Bedenken, die Befreiung für die Eingriffe gem. § 67 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) zu erteilen.
Das Vorhaben und insbesondere die Eingriffe in den Landschaftsschutzgebieten, sowie die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen werden in der Sitzung durch den Vorhabenträger vorgestellt und ausführlich erläutert.
Neubau der
Eisenbahnüberführung (EÜ) Nordkanal
(Km 3,2+23)
Ziel
/ Notwendigkeit der Maßnahme
Die
vorhandene Eisenbahnüberführung (EÜ) Nordkanal in km 3,2+23 der eingleisigen
Regiobahn-Strecke Neuss Hbf – Bf Kaarster See ist in einem so stark
sanierungsbedürftigen Zustand, dass eine Bauwerkerneuerung wirtschaftlicher als
eine Sanierung ist.
Die neue EÜ
Nordkanal wird direkt für einen späteren 2-gleisigen Betrieb ausgelegt und mit
2 Überbauten realisiert.
Die Bahntrasse und die vorhandene Nordkanal-Brücke liegen innerhalb der
Schutzgebiete 6.2.2.13 „Lange Hecke“ und 6.2.2.2 Morgensternsheide/Stadtwald“.
Planungsrelevante
Ausgleichsflächen im Eingriffsbereich
Auf den
Flurstücken 630 (Flur: 46 / Gemarkung: Neuss) und 690 (Flur: 47 / Gemarkung:
Neuss) südlich der
Viersener Straße (L 390) liegt eine seitens der Stadt Neuss realisierte
Ausgleichsmaßnahme.
Die Fläche wurde im Zuge des Wegebaus zur Querungshilfe in der
Viersener Straße
angelegt, um die ausgelöste Mehrversiegelung zu kompensieren.
Seitens der
Regiobahn GmbH ist in diesem Bereich für die Abwicklung der Baumaßnahme
eine der beiden
Baustelleneinrichtungsflächen vorgesehen.
Im Rahmen des
alten Genehmigungsverfahrens teilte das Grünflächenamt der Stadt Neuss
mit Schreiben vom
29.10.2010 der Regiobahn GmbH mit, dass unter Voraussetzung der
schonenden
Arbeitsweise und der Wiederherstellung der beanspruchten Ausgleichsfläche
eine temporäre
Inanspruchnahme grundsätzlich erfolgen kann.
Im Rahmen des
Genehmigungsverfahrens sind entsprechende Nebenbestimmungen und
Auflagen
aufzunehmen.
In Rahmen der
Eingriffs- / Ausgleichsbilanz wird die Inanspruchnahme der o.g.
Ausgleichsfläche
(ca. 780 m²) separat ausgeworfen und den Wiederherstellungsmaßnahmen
gegenübergestellt.
Schutzgut
Pflanzen
Baubedingt werden
insgesamt ca. 2.200 m², anlagebedingt ca. 6.600 m² für die Umbau- bzw.
Neubaumaßnahmen in Anspruch genommen.
Die Ermittlung des
ökologischen Eingriffswertes sowie des Umfangs erforderlicher
Kompensationsmaßnahmen ist i. R. der Eingriffsbilanzierung erfolgt.
Durch die Maßnahme unter Beachtung der im
LBP formulierten Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen wird der Schutzzweck der
Landschaftsschutzgebiete nicht beeinträchtigt.
Ergebnisse
der Artenschutzrechtlichen Vorprüfung
Die Baumaßnahme
wird in relativ kurzem Zeitraum und kleiner Fläche stattfinden, langfristig
werden sich nach
entsprechender Wiederherstellung keine wesentlichen Veränderungen zum
heutigen
Ist-Zustand ergeben.
Die im Umfeld der
Betrachtungsfläche möglicherweise jagenden Fledermäuse werden durch
die Baumaßnahme
nicht in ihrem Jagdrevier beeinträchtigt. Aufgrund des heutigen Zustandes der
vorhandenen Brücke und fehlendem älteren Baumbestand werden nach gegenwärtigem
Kenntnisstand keine Quartiere entfallen.
Es kann
abgeleitet werden, dass das Vorhaben keine Auswirkungen auf den
Erhaltungszustand
planungsrelevanter Arten haben wird.
Nach
Einschätzung der Gutachter werden keine Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG
ausgelöst.
Die zu
erwartenden Auswirkungen des Brückenneubaus und des provisorischen
Bahnsteigs auf
die Fauna sind aus Sicht des Gutachters so unerheblich, dass sich eine
vertiefende Betrachtung erübrigt.
Befreiung
gemäß § 67 BNatschG (Bundesnaturschutzgesetz)
Die Bahntrasse,
die vorhandene Nordkanal-Brücke und die mit der der vorliegenden Planung
einhergehenden
Ausbaumaßnahmen liegen innerhalb der Landschaftsschutzgebiete 6.2.2.13
„Lange Hecke“ und
6.2.2.2 „Morgensternsheide/Stadtwald“.
Die allgemeinen
Festsetzungen für Natur- und Landschaftsschutzgebiete sehen ein
grundsätzliches
Bauverbot vor.
Mit Blick auf die
projektierte Ausbauplanung wird daher gemäß § 67 BNatschG
(Bundesnaturschutzgesetz) i.V.m. § 75 LNatSchG NRW (Landesnaturschutzgesetz
Nordrhein-Westfalen) mit dem vorliegenden landschaftspflegerischen Fachbeitrag
gleichzeitig ein „Antrag auf Befreiung von den Verboten im Bereich des
Landschaftsschutzgebietes” gestellt.
Nach Auffassung der Antragstellerin liegen die Voraussetzungen für eine
Befreiung aufgrund des öffentlichen Interesses und der bereits vorhandenen Bahninfrastrukturen vor.
Die Verwaltung hat die vorgelegten Unterlagen geprüft. Die Projektwirkungen in den betroffenen LSG werden als nicht erheblich in Bezug auf die festgesetzten Schutzzwecke der LSG bewertet, zumal sie im stark vorbelasteten Bereich liegen. Seitens der Verwaltung bestehen daher keine Bedenken, die Befreiung für die Eingriffe gem. § 67 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) zu erteilen.