Beschlussempfehlung:
Der Ausschuss nimmt den Bericht der
Verwaltung zur Kenntnis.
Sachverhalt:
Die medizinische
Notfallversorgung der Bevölkerung ruht im Wesentlichen auf den Säulen
Hausärztliche und Fachärztliche Versorgung, Notfallpraxis und Notfallrettung.
Die unterschiedliche Inanspruchnahme dieser Systeme durch die Patienten führt
zu einer Schieflage, welche die Bundesregierung veranlasst hat, über eine
Reform der Notfallversorgung nachzudenken.
Auf die als Anlage
beigefügten Schriftsätze
- Bundesministerium für Gesundheit, Eckpunkte zur Reform der Notfallversorgung,
Stand 18.12.2018
- Arbeitskreis V der ständigen Konferenz der Innenminister und Innensenatoren;
Empfehlungen zur bedarfsgerechten Ausgestaltung der Notfallversorgung, Stand
07.11.2018
- Ständige Konferenz der Innenminister und Innensenatoren, Positionspapier,
Stand 28./30.11.2018
wird verwiesen.
Der Landkreistag NRW
hat – vertreten durch seine Arbeitsgemeinschaft Bevölkerungsschutz – am
06.03.2019 zu den Überlegungen auf Bundesebene wie folgt Stellung genommen:
Zur Ausgangslage:
Das Eckpunktepapier des Bundesministeriums
für Gesundheit (BMG) zur Reform der Notfallver-sorgung führt aus, dass die
aktuelle Versorgungslage durch eine wachsende Inanspruchnahme stationärer
Notfallambulanzen und eine sinkende Inanspruchnahme des durch die
Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) organisierten Notdienstes gekennzeichnet
sei. Dies ist zwar in der Sache korrekt dargestellt, verkennt aber, dass die
KVen für diese Entwicklung selbst verantwortlich sind. Damit das System
funktioniert, ist eine ausreichende und verlässliche Aufgabenwahrnehmung
durch die KVen notwendig.
Zu Ziff. 1 des Eckpunktepapiers - Gemeinsame Notfallleitstellen:
Das Eckpunktepapier sieht die Bildung von
gemeinsamen Notfallleitstellen, die über die Rufnummern 112 und 116117
erreichbar sind, vor. Es beachtet dabei nicht, welche Leitstellenstruktur auf
der Kreisebene bereits vorliegt: Die Integrierten Leitstellen disponieren nicht
nur Einsätze der Notfallrettung und des Krankentransports, sondern auch des
Brand- und Katastrophenschutzes.
Diese Kombination ist insbesondere mit Blick
auf Massenanfälle von Verletzten sinnvoll und muss beibehalten werden. Anstatt
also neue Leitstellen zu bilden, die allein die Anrufe zur Notfallrettung
und die bisher in den Callcentern der KVen
auflaufenden Anrufe entgegennehmen, sollte geprüft werden, ob die bestehenden
nichtpolizeilichen Leitstellen die Rufnummer 116117 zusätzlich übernehmen
sollen. Ob eine solche Übernahme durch die Kommunen obligatorisch erfolgen
soll, sollten die Länder gesetzlich regeln können. Hierfür ist eine Ermächtigung
im SGB V ausreichend.
Sollten in den neuen Integrierten
Leitstellen tatsächlich auch die Anrufe der 116117 entgegen genommen werden,
muss die Dispositionssicherheit des Kassenärztlichen Notdienstes gewährleistet
sein. Hierzu zählt, dass die Disposition der Leitstellen, die die Patienten
nach einer strukturierten und standardisierten Notrufabfrage durch medizinisch
erfahrenes Personal in das jeweils für sie richtige Versorgungssystem steuert,
für die Ärzte des Kassenärztlichen Notdienstes ebenso verbindlich ist wie
für die Einsatzkräfte des Rettungsdienstes.
Die Verantwortung für die Versorgung des Patienten muss mit der Disposition auf
den diensthabenden Arzt übergehen.
Für die Sicherstellung der Teilnahme der
Ärzte am Kassenärztlichen Notdienst muss weiterhin die jeweilige KV
verantwortlich sein. Zudem muss der Bund dafür sorgen, dass den Einsätzen des
KV-Notdienstes gewisse Standards zugrunde gelegt werden, deren Nichteinhaltung
durch die KV sanktioniert wird. In der Notfallrettung sind solche Standards und
Sanktionierungen längst etabliert.
Das Terminservice- und Versorgungsgesetz
sieht vor, dass die KV auch eine Terminvermittlung
zu Haus- und Kinderärzten übernimmt. Wenn
die Integrierten Leitstellen auch den KV-Notdienst disponieren und entsprechende
Notrufe annehmen sollen, kann die Terminvergabe nicht über die Rufnummer 116117
erfolgen, sondern sollte über eine andere Nummer geregelt werden. Laufen die
Anfragen zu Terminvermittlungen ebenfalls in den Integrierten Leitstellen auf,
besteht die Gefahr,
dass die Annahme von zeitkritischen Fällen
verzögert wird.
Zu Ziff. 3 des Eckpunktepapiers – Rettungsdienst:
Anstatt den Rettungsdienst als eigenen
medizinischen Leistungsbereich im SGB V zu regeln, wie es das Eckpunktepapier
vorsieht, reicht es aus, die Regelungen zu Fahrkosten in § 60 SGB V
entsprechend anzupassen. Um die Verknüpfung der Kostenübernahme für einen
Rettungsdienst-einsatz mit einem Transport ins Krankenhaus zu lösen, müsste §
60 Nr. 2 Abs. 2 SGB V entsprechend ergänzt werden. Eine Grundgesetzänderung ist
hierfür nicht notwendig.
Das Eckpunktepapier sieht zudem vor, die von
den Krankenkassen zu tragende Verantwortung
für die Finanzierung der
Rettungsdienstleistungen eindeutig von der Verantwortung der Länder für die
Investitions- und Vorhaltekosten der Rettungsdienstinfrastruktur abzugrenzen.
Hier scheinen Argumentationen aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs
aufgegriffen worden zu sein. Dieser setzt jedoch eine solche Pflicht des Landes
voraus, ohne dass deutlich wird, woraus sie sich ergibt.
Richtig ist, dass die Kosten des Brand- und
Katstrophenschutzes nicht durch die Krankenkassen getragen werden müssen. Warum
Länder und Kommunen für eine Aufgabe der Krankenversicherung verantwortlich
werden sollten, ist nicht ersichtlich. Die Beteiligungsmöglichkeiten der
Krankenkassen auf Länderebene bei wesentlichen Fragen der Ausgestaltung des
Rettungsdienstes werden im Eckpunktepapier als ausreichend angesehen. Da die
Verantwortung für den Rettungsdienst bei den
Landkreisen als dessen Trägern liegt, sind
erweiterte Mitwirkungs- und Verhandlungsmöglichkeiten
nicht notwendig.