Sachverhalt:
Zu der beigefügten Anfrage der SPD-Kreistagsfraktion wird wie folgt
Stellung genommen:
1. Wie viele Kostensenkungsaufforderungen sind an
KdU-Empfänger in der Zeit vom 01.
Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 ergangen und wie viele
Kostensenkungsaufforderungen sind in der Zeit seit in Kraft treten der neuen
Werte ab 01. Februar 2019 bis 31. Oktober 2019 ergangen – bitte je gesondert
nach Städten und Gemeinde mit einem Hinweis für die üblichen Gründe für eine
Kostensenkungsaufforderung?
-s. Frage 2-
2. Wie viele Umzüge von KdU-Empfänger sind
vom 01. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 aufgrund einer
Kostensenkungsaufforderung erfolgt und wie viele Umzüge von KdU-Empfängern sind
in der Zeit vom 01. Februar 2019 bis 31. Oktober 2019 aufgrund einer
Kostensenkungsaufforderung erfolgt - bitte je gesondert nach Städten und
Gemeinde ?
Eine inhaltlich
entsprechende Anfrage wurde mit Schreiben vom 07.04.2015 dem Sozial- und
Gesundheitsausschuss vorgelegt und ist einschließlich Antwort als Anlage
beigefügt.
Die Fragen konnten in 2015 nicht beantwortet werden, da die eingesetzten
Softwareprogramme entsprechende Auswertungen nicht ermöglichten.
Dem Jobcenter
Rhein-Kreis Neuss wurde die gegenständliche Anfrage der SPD-Fraktion vom
10.10.2019 vorgelegt und gebeten mitzuteilen, ob es zwischenzeitlich
statistische Auswertungsmöglichkeiten für diese Fragestellung gibt. Das
Jobcenter informierte wie folgt:
„Leider hat sich an der statistischen Erfassung seit der letzten Anfrage nichts getan. Kostensenkungsaufforderungen bzw. Aufforderungen zum Umzug werden im verwendeten Fachverfahren (ALLEGRO) technisch nicht als separate/eigene Beleg-/Bescheidarten geführt, so dass eine aggregierte Auswertung von Kostensenkungs-/Umzugsaufforderungen leider nicht möglich ist. Auch eine valide Schätzung durch das Jobcenter ist nicht möglich.“
Auch bei den Städten
und der Gemeinde werden diese Daten für die Bundesstatistik SGB XII nicht erfasst.
Bei Einführung des
ersten Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels sollten diese Daten händisch
erhoben werden. Aufgrund des erheblichen Aufwandes für die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter sowie der letztlich dennoch nicht auswertbaren Datenqualität wurde
diese händische Aufzeichnung jedoch wieder aufgegeben.
Die Fragen 1 und 2 sind daher nicht zu beantworten.
3. Wie erfolgt in diesem Zusammenhang die
einzelfallbezogene Zumutbarkeitsprüfung?
Wie im Einzelfall die
Unzumutbarkeit eines Umzuges zu prüfen ist, ist in Punkt 4.3 der Richtlinie
„Bedarfe der Unterkunft“ geregelt.
Die Unzumutbarkeit
eines Umzuges kann zum Beispiel durch Krankheit, bestimmte Lebensumstände,
Betreuungssituationen oder das Alter der betreffenden Person begründet sein.
Teilweise sind die Gründe für eine Unzumutbarkeit regelmäßig zu überprüfen.
4. Wie erfolgt die einzelfallbezogene
Verfügbarkeitsprüfung von entsprechendem preisgünstigem Wohnraum?
Hier ist Punkt 4.6. der
Richtlinie „Bedarfe für Unterkunft“ anzuwenden.
Der Leistungsberechtigte muss seine Bemühungen um entsprechenden Wohnraum
nachweisen. Was er hierfür unternehmen und belegen muss, wird ihm mit der
Aufforderung zur Kostensenkung schriftlich mitgeteilt.
Kann er entsprechend dieser Vorgaben darlegen, dass passender Wohnraum nicht
vorhanden ist, so muss der Träger ihm dies entweder durch Vorlage von konkreten
und passenden Wohnangeboten widerlegen, andernfalls ist die Übergangsfrist angemessen
zu verlängern.
5. Kann mit dem im Rhein-Kreis Neuss zur Verfügung
stehenden Wohnungsangebot der Bedarf für wohnungssuchende KdU-Empfänger auf der
Grundlage der durch „Analyse und Konzepte“ zum 01. Februar 2019 ermittelten
Bruttokaltmietobergrenzen gedeckt werden?
Bei der Erstellung
eines Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels ist die Plausibilität der Werte
dahingehend zu berücksichtigen, dass in einem bestimmten Umfang Wohnraum für
diese Werte abstrakt zur Verfügung steht. Hierfür werden entsprechende
Wohnungsangebote ausgewertet.
Das Konzept von Analyse
& Konzepte berücksichtigt diese durch Rechtsprechung geltenden
Ermittlungsgrundlagen für verfügbaren Wohnraum.
Die Frage, ob mit den derzeit geltenden Mietobergrenzen der Bedarf an Wohnraum
für jeden wohnungssuchenden KdU-Empfänger gedeckt werden kann, lässt sich nicht
beantworten.
Es ist nicht erfassbar, wie viele Leistungsberechtigte eine Wohnung suchen,
welche Gründe diese für eine Wohnungssuche haben und welchen Wohnraum sie
suchen.
Da ein schlüssiges Konzept lediglich darlegen muss, dass zu den festgelegten
Werten abstrakt angemessener Wohnraum angemietet werden kann, verfolgt
ein schlüssiges Konzept auch nicht das Ziel, zu jeder Zeit jedem
wohnungssuchenden KdU-Empfänger die Anmietung einer angemessenen Wohnung zu
ermöglichen. Die Frage der möglichen Anmietung ist in jedem von einer
Kostensenkungsaufforderung betroffenen Fall konkret zu beantworten. Für
die Kostensenkung erhalten Leistungsberechtigte daher auch eine mehrmonatige
Übergangsfrist zuerkannt, die, wie unter Antwort 4 bereits dargelegt, auch
verlängert werden kann.
Der Wohnungsmarkt im
Rhein-Kreis Neuss ist angespannt. Dies hat Auswirkungen auf Personen im
Leistungsbezug genauso wie auf Personen ohne Leistungsbezug.
Auf die Ausführungen zum Thema Wohnungslosigkeit im letzten Sozial- und
Gesundheitsausschuss sowie auf die Diskussion zum Thema
Kreiswohnungsbaugesellschaft wird verwiesen.
6. Bei wie vielen KdU-Empfängern wurden aufgrund
ergangener Kostensenkungsaufforderungen die Leistungen mit welcher Begründung
gekürzt?
Auch hierzu werden
keine Statistiken geführt. Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen.
7. Welche Konsequenzen werden seitens des
Rhein-Kreises Neuss aus dem Urteil S 29 AS 3925/16 des Sozialgerichtes
Düsseldorf vom 02.10.2019 gezogen ( siehe Pressemitteilung des Sozialgerichtes
Düsseldorf vom 02.10.2019 )?
Erst wenn die
Urteilsbegründung vorliegt, können die Konsequenzen geprüft werden.
8. Werden aufgrund des o.a. Urteils des
Sozialgerichtes Düsseldorf bisher ergangenen Kostensenkungsaufforderungen für
KdU-Empfänger ausgesetzt und werden eventuelle Leistungskürzungen bei
KdU-Empfängern aufgrund des o.a. Urteils des Sozialgerichtes Düsseldorf
rückgängig gemacht?
Ob das Urteil
Auswirkungen auf das derzeit gültige schlüssige Konzept hat und ob es sinnvoll
ist die Kostensenkungsaufforderungen auszusetzen, muss nach Eingang der
Urteilsbegründung geprüft werden.
9. Werden die Bewilligungsmieten des öffentlich
geförderten Wohnungsbaus NRW in Zukunft durch den Rhein-Kreis Neuss als
angemessen erachtet?
Ein Abstellen auf
diesen Wert ist, wie mehrfach erörtert, nicht möglich.
Durch Rechtsprechung sind viele Parameter des Erhebungsverfahrens vorgegeben.
Ein alleiniges Abstellen auf die v.g. Bewilligungsmieten wäre rechtswidrig.
Darüber hinaus ist zu den aktuellen Mietobergrenzen die Anmietung öffentlich
geförderten Wohnraums möglich, da bei der Angemessenheitsprüfung nicht der
m²-Preis einer Nettokaltmiete entscheidend ist, sondern eine Mietobergrenze,
die sich aus einem Betrag für die Nettokaltmiete und die kalten Betriebskosten
zusammensetzt.
10. Kommen die derzeit gültigen, von dem Institut
„Analyse und Konzepte“ ermittelten Mietobergrenzen, nach dem o.a. Urteil des
Sozialgerichtes Düsseldorf weiter zur Anwendungen oder wie will der Rhein-Kreis
Neuss mit diesen, nach Ansicht des Sozialgerichtes Düsseldorf, nicht
schlüssigen Werten verfahren ?
Das Sozialgericht Düsseldorf
hat keine Aussage zu dem aktuellen grundsicherungsrelevanten Mietspiegel und den
derzeit gültigen Mietobergrenzen getroffen.
Ob aus dem Urteil Konsequenzen für die derzeit gültigen Mietobergrenzen gezogen
werden müssen, kann erst nach Vorlage der Urteilsbegründung geprüft werden.
11. Wird es eine umgehend neue
Mietrichtwerterhebung für KdU-Empfänger im Rhein-Kreis Neuss geben, damit
wieder Rechtssicherheit für alle Beteiligten eintreten kann?
Auf die Antwort zu Frage 10 wird verwiesen.
12. Soll das Institut „Analyse und Konzepte“ bei
einer Mietrichtwerterhebung erneut zu einer Angebotsabgabe aufgefordert werden,
obwohl das Gutachten von „Analyse und Konzepte“ nach Ansicht des
Sozialgerichtes Düsseldorf „nicht schlüssig“ ist?
Bei der Auftragsvergabe
fiel die Entscheidung für Analyse und Konzepte als Anbieter mit der größten
belegten Rechtssicherheit. Hieran ändert auch die Entscheidung des SG
Düsseldorfs nichts. Zudem hat das SG Düsseldorf, wie bereits oben dargelegt,
nicht den aktuellen Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel angegriffen.
Weiterhin wird festgehalten, dass die 29. Kammer des SG Düsseldorf das Konzept
nicht bestätigt hat, während die 35. Kammer des SG Düsseldorf das Konzept
bestätigte. Insofern beurteilt das SG Düsseldorf das Konzept nicht einheitlich
und alleine dieser Umstand legt nahe, das Konzept von der nächsthöheren Instanz
überprüfen zu lassen.
Die 29. Kammer hat zudem auch in 5 Verfahren das Konzept eines anderen Anbieters (Empirica) im März 2019 als nicht schlüssig beanstandet.