Betreff
Vortrag von Herrn Karl-Heinz Olk (Untere Bodenschutzbehörde des Rhein-Kreises Neuss) zum Thema "Die Bodenfunktionskarte des Rhein-Kreises Neuss"
Vorlage
68/3923/XVI/2020
Art
Bericht

Sachverhalt:

Die Bodenfunktionsbewertungskarte des Rhein-Kreises Neuss

Das Digitalisierungszeitalter begann beim Kreisumweltamt bereits vor über 20 Jahren mit der Ersterstellung der Digitalen Bodenbelastungskarte (DBBK). In diesem digitalen Kartenwerk wurden die Schwermetallgehalte und organische Belastungen von naturnahen Böden unter landwirtschaftlicher oder forstlicher Nutzung dargestellt. Da in damaliger Zeit der Erkenntnisgewinn Jahr für Jahr deutlich zunahm, wurde die DBBK laufend aktualisiert. Im Jahre 2011 entschied sich das Kreisumweltamt dann, ein wichtiges ergänzendes digitales Kartenwerk in Auftrag zu geben: Die Bodenfunktionsbewertungskarte (BoFuBe). Denn ein Hauptziel und gesetzlicher Auftrag jeder Bodenschutzbehörde ist es, besonders schützenswerte Böden auch besonders zu schützen. Dazu braucht es die Kenntnis, wo sich diese besonderen Böden genau befinden.

Aus diesem Grunde hat die Bodenschutzbehörde des Kreises zunächst sämtliche Informationen über die Böden im Kreisgebiet zusammengetragen, egal ob digitaler oder analoger Natur. Die analogen Grundlagen mussten natürlich digitalisiert werden. Der Focus lag auf den Böden aus dem naturnah genutzten Außenbereich des Kreises, also Ackerland, Grünland und der Wald. Erwähnenswert an dieser Stelle: Die Ackerfläche schrumpft weiterhin drastisch, allein in den Jahren zwischen 2002 und 2019 von ehemals 345 km2 auf 302 km2, also um 4.300 ha. Flächenverlust bedeutet zugleich, dass der Druck auf die verbleibenden Flächen wächst. Auch deshalb ist es wichtig, über die unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten der verbliebenen Böden mehr zu wissen.

Nach dieser Recherche wurden im nächsten Arbeitsschritt die verschiedenen Bodenfunktionen beschrieben und bewertet. Böden haben folgende Bodenfunktionen (in der Wissenschaft auch als Ökosystemdienstleistungen bezeichnet):

 - Natürliche Bodenfruchtbarkeit

Diese spielt natürlich insbesondere als Produktionsgrundlage für die Landwirtschaft, für Gartenbau und Forstwirtschaft eine entscheidende Rolle.


 - Biotopbildung

Das sind vorrangig Böden, die extrem trocken oder extrem nass ausgeprägt sind, mit einer entsprechend seltenen Tier- und Pflanzenwelt.


 - Bodenwasserhaushalt

Damit wird die Fähigkeit zur Wasserspeicherung und der Einfluss auf die Abflussverzögerung sowie die Grundwasserneubildung beschrieben.


 - Filter und Puffer

Es handelt sich hierbei um die Fähigkeit der Böden zur Schadstoffrückhaltung und zur Abpufferung einer Bodenversauerung.


 - Kohlenstoffspeicher und Kohlenstoffsenken
 
CO2 wird im Boden als Humus und in Niedermooren als Torf gespeichert, aber in den Niedermooren vor allem durch Grundwasserabsenkungen auch wieder in die Atmosphäre abgegeben.

 

Dank der DBBK können die vorliegenden detaillierten Erkenntnisse über die Schadstoffgehalte ebenfalls zur Bodenbewertung herangezogen werden. So ist ein sehr fruchtbarer Boden mit einer höheren stofflichen Belastung natürlich nicht so wertvoll wie ein unbelasteter sehr fruchtbarer Boden.

Die aufgelisteten Bodenfunktionen zeigen sehr anschaulich, wie wichtig Böden nicht nur zur Nahrungserzeugung sondern auch im Hinblick auf die aktuelle Herausforderung „Klimawandel“ (CO2 Speicherung und Bodenwasserhaushalt versus Trockenheit) sind.

Jede einzelne Bodenfunktion wurde für dieses digitale Kartenwerk nach einem genormten Verfahren separat für sich bewertet. Die Bewertung erfolgt in einem 5-stufigen System. 5 Punkte erzielen die Böden, die über ein sehr hohes Leistungsvermögen verfügen. Hierbei handelt es sich dann um die besonders schützenswerten Böden. Nur 1 Punkt dagegen erhält der Boden mit einem sehr geringen Leistungsvermögen. Dazwischen liegen folgende Stufen, in der Wertigkeit aufsteigend: geringes Leistungsvermögen (2 Punkte), mittleres (3 Punkte) und hohes Leistungsvermögen (4 Punkte).

Um die einzelnen Bewertungen übersichtlich auch in einer einzigen digitalen Karte darstellen zu können, wurden in einem Zusatzarbeitsschritt die Bewertungen der Einzelfunktionen aggregiert, also zusammengefasst. Durch Anwendung eines bewährten Verfahrens erhält nun jeder Boden eine einzige Note, was natürlich z. B. für die Einbeziehung der Ergebnisse in planerischen Abwägungen eine echte Arbeitserleichterung darstellt. Auch der große Maßstab 1: 5.000 ist hier sehr hilfreich. Die planenden Behörden können diese Karte nun für die Bauleit- und Landschaftsplanung nutzen. Auch für die Eingriffsregelung sind Bodendetailbewertungen von Bedeutung. Vor allem aber wird das digitale Kartenwerk von der Bodenschutzbehörde für ihre Stellungnahmen zum Bodenschutz genutzt, um z. B. „nicht vermeidbare“ Bodenversiegelungen auf Böden mit geringerem Leistungsvermögen zu lenken.

Die Arbeiten zur Aktualisierung der Bodenfunktionsbewertungskarte nahmen über 2 Jahre ein. Die Ausführung übernahm das Gutachterbüro ISB (Institut für Stadtökologie und Bodenschutz, Dr. Peter Reinirkens). Die Kosten beliefen sich auf 58.600 €. Das Land NRW förderte diese Maßnahme mit 80 % (46.900 €). Aus dem Budget der Bodenschutzbehörde wurden die restlichen 20 % (11.700 €) bezahlt. Das Projekt wurde während des gesamten Zeitraums durch ein Fachgremium, bestehend aus Vertretern des Landesumweltamtes, der Bezirksregierung und des Geologischen Dienstes NRW begleitet.