Betreff
Bildung und Teilhabe: Mittagsverpflegung während der Corona-Pandemie
Vorlage
50/4099/XVI/2020
Art
Bericht

Sachverhalt:

Aufgrund der durch die Corona-Pandemie bedingten Schließungen von Schulen, Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege ist die Einnahme einer Mittagsverpflegung vor Ort insbesondere im Zeitraum von Mitte März bis Mitte Mai 2020 regelmäßig nicht möglich gewesen.

 

Deswegen hat der Gesetzgeber zunächst für den Zeitraum vom 1. März 2020 bis 31. Juli 2020 auf die Tatbestandsvoraussetzung der Gemeinschaftlichkeit in § 28 Absatz 6 SGB II und § 34 SGB XII verzichtet. Hierfür wurden mit dem am 20. Mai 2020 verabschiedeten Sozialschutzpaket II mit § 68 Absatz 1 SGB II und § 142 SGB XII entsprechende Regelungen eingeführt.

 

Durch den Wegfall der Gemeinschaftlichkeit ist die Ausgabe der Mittagsmahlzeit über alternative Erbringungswege gesetzlich ermöglicht worden. Zudem können bei den Leistungsberechtigten nach dem Bildungs- und Teilhabepaket anfallende Zahlungsverpflichtungen auch dann übernommen werden, wenn sie pandemiebedingt in geänderter Höhe oder aufgrund abweichender Abgabewege berechnet werden. Dies umfasst auch die Kosten einer Belieferung.

 

Wie das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS NRW) mit Erlass vom 28. Mai 2020 klarstellend ausgeführt hat, müssen hierbei die Anforderungen an eine angemessene Mittagsverpflegung weiterhin erfüllt werden. Das bedeutet, dass es sich um eine vollwertige und zubereitete Mahlzeit handeln muss. Dies begründet sich dadurch, dass „Sinn und Zweck der gesonderten Berücksichtigung von Aufwendungen bei der Mittagsverpflegung ist, dass durch eine (gemeinschaftliche) Mittagsverpflegung mi Regelfall höhere Kosten verursacht werden, als im Regelbedarf für die Mittagsverpflegung enthalten sind. Dies ist nur bei einem zubereiteten Mittagessen der Fall.“

 

Diese Regelungen gelten derzeit bis zum 30. September 2020 und können längstens bis zum 31. Dezember 2020 durch Rechtsverordnung verlängert werden. Der Koalitionsausschuss auf Bundesebene hat in seiner Sitzung am 25. August 2020 eine Verlängerung beschlossen.

 

Zuständigkeiten

 

Die Beratungspflicht zu Leistungen für Bildung und Teilhabe obliegt gemäß der Richtlinie des Rhein-Kreises Neuss zum Bildungs- und Teilhabepaket dem Jobcenter Rhein-Kreis Neuss und den Sozialämtern der kreisangehörigen Kommunen. Hierzu zählt aus aktuellem Anlass auch die Beratung zu dezentralen Erbringungswegen der Mittagsverpflegung während der Corona-Pandemie.

 

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass eine Beratung zu möglichen dezentralen Erbringungswegen regelmäßig nur insoweit erfolgen kann, wie tatsächlich entsprechende Angebote der Leistungsanbieter für Mittagsverpflegung zur Verfügung stehen. Nach Rückmeldungen der Leistungsbehörden habe sich nur eine sehr geringe Anzahl an Eltern nach dezentralen Angeboten erkundigt. In diesen Fällen hätten die Leistungsbehörden die Eltern über die aktuellen Regelungen informiert.

 

Die dezentrale Erbringung der Mittagsverpflegung kann durch die Caterer und Träger erfolgen, mit denen die Eltern für ihre Kinder Verträge über die Mittagsverpflegung abgeschlossen haben. Auf die Schaffung dezentraler Angebote kann der Rhein-Kreis Neuss keinen Einfluss nehmen. Letztlich ist immer die Umsetzbarkeit durch die einzelnen Leistungsanbieter zu berücksichtigen. Zwar sind pandemiebedingte Mehrbedarfe (z.B. durch Lieferung, Portionierung, Verpackung, Einhaltung vorgegebener Infektionsschutzmaßnahmen) über das Bildungs- und Teilhabepaket übernahmefähig. Eine Umsetzung erfordert unabhängig davon jedoch personelle Kapazitäten und auch organisatorische Voraussetzungen, wie beispielsweise Transportmöglichkeiten.

 

Maßnahmen auf Kreisebene

 

Der Rhein-Kreis Neuss hat die kreisangehörigen Kommunen und das Jobcenter Rhein-Kreis Neuss frühzeitig und fortlaufend entsprechend durch Rundverfügungen über die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Kostenübernahme und alternative Erbringungswege informiert. Dies erfolgte auf Grundlage der Erlasse des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) und der Sozialschutzpakete I und II.

 

Danach sind die Kosten für folgende alternativen Erbringungswege übernahmefähig:

 

  1. Häusliche Belieferung der Leistungsbeziehenden durch die Leistungsanbieter
  2. Abholung der Mittagsverpflegung an einem Ausgabeort
  3. Zusammenstellung von Lebensmitteln, sofern diese für eine angemessene Mittagsverpflegung geeignet sind und die Möglichkeit gegeben ist, mit den Lebensmitteln eine Mittagsverpflegung zuzubereiten
  4. Ausgabe von Gutscheinen, mit denen Leistungsbeziehende nur eine Mittagsverpflegung erwerben können

 

Bezüglich der Fragestellung, was eine angemessene Mittagsverpflegung beinhaltet, verweist das MAGS NRW beispielhaft auf die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und Schulverpflegung.

 

Neben der Beratung der Eltern durch das Jobcenter und die Sozialämter erfolgte diese auch durch die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter im Rhein-Kreis Neuss, welche durch die Kreisverwaltung über die rechtlichen Regelungen informiert worden sind.

 

Mit der als Anlage beigefügten Pressemitteilung vom 9. Juli 2020 hat die Kreisverwaltung über den vereinfachten Zugang zu Sozialleistungen im Wege des Sozialschutzpaketes II informiert. Hierzu zählt auch die Verlängerung des Geltungszeitraumes der vorübergehenden Anpassungen für die Mittagsverpflegung bis zum 30. September 2020.

 

Mit Schreiben vom 19. August 2020 hat die Kreisverwaltung die im Anbieterverzeichnis des Rhein-Kreises Neuss hinterlegten Anbieter für Mittagsverpflegung über die Möglichkeiten der Kostenübernahme für dezentrale Erbringungswege informiert und vorhandene bzw. geplante dezentrale Angebote abgefragt. Die Ergebnisse der Abfrage sind unter Punkt 4 dargestellt.

 

Am 2. September 2020 hat die Kreisverwaltung auf ihrer Internetseite in der Rubrik „Bildung und Teilhabe > Mittagsverpflegung“ den als Anlage beigefügten Artikel mit Informationen zu den aktuellen Regelungen während der Corona-Pandemie veröffentlicht. Hierüber hat die Kreisverwaltung die Leistungsanbieter für Mittagsverpflegung, die Sozial- und Schuldezernenten im Rhein-Kreis Neuss, die Geschäftsführung des Jobcenters und die Koordinatoren für Schulsozialarbeit in Kenntnis gesetzt, um diese Informationen schnell und breit zu streuen, damit die Akteure im Bedarfsfall über die rechtlichen Möglichkeiten informiert sind.

 

Ergebnis der Abfrage dezentraler Angebote

 

Auf die Anfrage der Kreisverwaltung vom 19.08.2020 bei den im Anbieterverzeichnis des Rhein-Kreis Neuss hinterlegten Anbietern für Mittagsverpflegung sind bis zum Stichtag 04.09.2020 rund 20 Rückmeldungen eingegangen. Hiervon haben alle bestätigt, dass die Kinder und Jugendlichen wieder regelmäßig an der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung teilnehmen.

 

Bereits ab der Eröffnung der Einrichtungen vor den Sommerferien ist eine durchgehende Versorgung mit Mittagsverpflegung grundsätzlich wieder möglich gewesen. Das gilt auch für Kinder, die in der Notbetreuung untergebracht worden sind.

 

Einzelne Leistungsanbieter haben darüber hinaus mitgeteilt, dass es von Seiten der Eltern keine Nachfrage nach dezentraler Erbringung der Mittagessen gegeben habe. Auch bei Schließungen war eine häusliche Versorgung der Kinder möglich. Für den Fall, dass dies künftig erforderlich wird, könnten sich einzelne Anbieter insbesondere die Abholung an einem Ausgabeort vorstellen. Eine häusliche Belieferung gestalte sich meistens als schwierig, da die wenigstens Anbieter über die logistischen Voraussetzungen hierfür verfügen.

 

Fazit / Ausblick

 

Abschließend bleibt festzustellen, dass bei den bedürftigen Kindern und Jugendlichen auch während des Zeitraumes, in dem das gemeinschaftliche Mittagessen aufgrund von Schließungen nicht stattfinden konnte (insbesondere von Mitte März bis Mitte Mai), keine Versorgungslücke entstanden ist. Eine Mittagsverpflegung war im häuslichen Umfeld bzw. in der Notbetreuung möglich. Mit Aufnahme des Regelbetriebes der Schulen und Kindertageseinrichtungen bereits vor den Sommerferien können grundsätzlich alle Kinder und Jugendlichen wieder regelmäßig an der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung teilnehmen. Für möglicherweise vereinzelt bei (Teil-) Schließungen von Einrichtungen eintretende Bedarfsfälle können die Möglichkeiten für die dezentrale Erbringung der Mittagsverpflegung genutzt werden.