Beschlussvorschlag:
Der Sozial- und
Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zum Kommunalen
Integrationsmanagement (KIM) zustimmend zur Kenntnis.
Sachverhalt:
Das
Modellprojekt des Landes „Einwanderung gestalten“ zur rechtskreisübergreifenden
Zusammenarbeit aller eingewanderten Menschen in NRW war nach Ansicht des Landes
so erfolgreich, dass die Landesregierung die flächendeckende Einführung eines Kommunalen
Integrationsmanagements (KIM) in allen 54 Kreisen und kreisfreien Städten in
NRW beschlossen hat. „Einwanderung gestalten“ hat durch eine Verknüpfung
zwischen Einzelfall- und Strukturebene ein Case-Management im lokalen Netzwerk
geschaffen. Im Rhein-Kreis Neuss hat die Stadt Dormagen erfolgreich an diesem
Modellprojekt teilgenommen und entsprechende zertifizierte Case-Manager-Stellen
eingerichtet. „Einwanderung gestalten“ endete am 30.06.2020, die Nachfolge soll
KIM antreten.
Bei
der Integration von Neuzugewanderten ist der Blick über die jeweils eigene
Handlungslogik und den Rechtskreis hinaus notwendig, da je nach Lebenslage
unterschiedliche Herausforderungen hintereinander, aber oft auch parallel, zu
bewältigen sind, wie zum Beispiel
·
ausländerrechtliche
Fragestellungen,
·
gesellschaftliche
und rechtliche Erstorientierung,
·
Integration in
Arbeit, Wohnen, Schulbesuch, Gesundheit.
Durch Einführung von KIM sollen Kommunen gestärkt werden und die
interkommunale Zusammenarbeit, insbesondere im Verhältnis Kreis -
kreisangehörige Kommunen - gefördert
werden, daher sollen im Rahmen von KIM Konzepte zur Einbindung des
kreisangehörigen Raumes entwickelt werden.
Ziel von KIM ist die verbesserte Zusammenarbeit und Leistungserbringung in den
Regelstrukturen, insbesondere an den Schnittstellen zwischen den Rechtskreisen.
Wichtig ist ein lückenloser Übergang in den Phasen des Rechtskreiswechsels. KIM
beinhaltet damit eine stärkere rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit zwischen
verschiedenen Ämtern im Sinne einer kommunalen integrierten Steuerung der
örtlichen Migrations- und Integrationsprozesse. Auch die Zusammenarbeit
zwischen den Ausländer- und Einbürgerungsbehörden und den KI soll durch KIM
gefördert werden. Alle Neuzugewanderten (nicht nur Flüchtlinge) sollen dadurch
schneller integriert werden.
KIM ist vom Land als langfristiger Prozess gedacht mit einer Startphase
in 2020/2021 und einer Etablierung bis Ende 2022. Die Planung von KIM ist nach
Vorstellung des Landes kein kurzfristig angelegtes Förderprogramm, sondern soll
- als aufwachsende Förderung - ein fester und dauerhafter Bestandteil der
integrationspolitischen Förderlandschaft werden. Dies hat der Minister für
Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, Joachim Stamp, vertreten durch
die Staatssekretärin für Integration, Serap Güler, am 19.08.2020 vor dem
Integrationsausschuss des Landes NRW deutlich gemacht. Die Rede der
Staatssekretärin ist als Anlage 1 zu diesem TOP beigefügt.
Zwischenzeitlich hat das Land im Juli das seit längerem angekündigte
„Handlungskonzept Kommunales Integrationsmanagement Nordrhein-Westfalen (KIM)“
herausgegeben. Dieses soll als Orientierungshilfe und als Leitfaden für die
Umsetzung von KIM dienen und versteht sich als integriertes Steuerungskonzept,
ersetzt aber nicht die noch ausstehende Förderrichtlinie. Das Handlungskonzept
ist als Anlage 2 zu diesem TOP beigefügt.
In den nächsten drei Jahren sollen folgende Ziele von KIM umgesetzt werden:
·
Implementierung
einer strategischen Ebene zur Steuerung,
·
Implementierung
einer operativen Ebene des individuellen Case-Managements,
·
Weiterentwicklung
der Ansätze in Bezug auf die kreisangehörigen Kommunen im Verhältnis zum Kreis
KIM hat somit drei verschiedene Bausteine:
Baustein 1:
Förderrichtlinie
zur Implementierung eines strategischen Kommunalen Integrationsmanagements
(strategischer Overhead) in den KI-Kommunen
Die Förderrichtlinie zu Baustein 1 wurde für den 01.07.2020 angekündigt,
dann für den August, liegt aber (Stand: 08.09.2020) noch nicht vor. Ein
entsprechender Entwurf wird noch in der Landesregierung abgestimmt. Die
Antragstellung wird über das Kommunale Integrationszentrum (KI) erfolgen.
Das Handlungskonzept sieht vor, dass die Stellen die KI stärken und dort
angesiedelt werden sollen. Das KI soll damit als koordinierende Stelle für den
Gesamtprozess agieren. Eine andere Verortung ist nur über eine
Ausnahmegenehmigung des MKFFI möglich. Weiterhin soll eine Lenkungsgruppe der
maßgeblichen verwaltungsinternen und verwaltungsexternen Integrationsakteure
auf Leitungsebene eingerichtet werden, die von der koordinierenden Stelle
begleitet wird. Die koordinierende Stelle soll die Prozesse moderieren und die
strategische Arbeit umsetzen.
Unter Federführung des jeweiligen KI soll mit dem Antrag ein Konzept
eingereicht werden, in dem dargestellt
wird, wie das Kommunale Integrationsmanagement umgesetzt werden soll und wie
die kreisangehörigen Kommunen eingebunden werden. Außerdem müssen
Schnittstellen und Abgrenzungen zu anderen Programmen aufgezeigt werden.
Im Richtlinienentwurf ist die Zuwendung als Projektförderung
vorgesehen. Es sind laut Entwurf 3,5 Personalstellen pro Kreis vorgesehen, die
als organisatorische Einheit arbeiten sollen. Wahrscheinlich wird es eine
Festbetragsfinanzierung mit bis zu 55.000 € pro Jahr und Koordinierungsstelle
geben. Große kreisangehörige Kommunen mit eigener Ausländerbehörde, eigenem
Jugendamt und eigenem Integrationsrat sollen über den Kreis per Weiterleitung
Zuwendungen für jeweils eine zusätzliche Koordinierungsstelle erhalten. Die Qualifikationsvoraussetzung
wird mindestens ein Hochschulabschluss sein.
Baustein 2:
Fachbezogene
Pauschale für Personalstellen, um ein rechtskreisübergreifendes individuelles
Case-Management/Fallmanagement für die operative Basis des Kommunalen Integrationsmanagements
einzurichten
Hierzu wird es keine Richtlinien geben. Mit Schreiben vom 25.05.2020 hat
die Bezirksregierung Arnsberg dem Rhein-Kreis Neuss mitgeteilt, dass KIM
eingerichtet wird und der Rhein-Kreis Neuss in 2020 sechs neu eingerichtete
Personalstellen á 27.500 € (Halbjahresbetrag) erhalten kann, die für eine
operative Arbeit und ein individuelles, rechtskreisübergreifendes
Case-Management in den Kommunen eingerichtet werden können. Eine Antragstellung
war nicht vorgesehen, es wurde lediglich um Mitteilung der Kontodaten gebeten.
Mit Bescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom 09.06.2020, Eingang 15.06.2020,
wurden dem Rhein-Kreis Neuss dann fachbezogene Pauschalen für sechs zusätzliche
Personalstellen gewährt.
Dabei wurde betont, dass das Handlungskonzept des Landes die Grundlage
für die Umsetzung von KIM im 2. Baustein sei. Das Handlungskonzept war zu
diesem Zeitpunkt aber noch nicht veröffentlicht. Ohne weiteren Antrag erfolgte
anschließend die Überweisung der Zuwendung. Nach Ende des
Durchführungszeitraumes wird die Abgabe eines Testates des
Hauptverwaltungsbeamten oder Kämmerers angefordert, nicht verbrauchte Mittel
sind an die Landeskasse zurückzuzahlen.
Mit Änderungsbescheid der Bezirksregierung vom 07.07.2020 zu Baustein 2
(Case-Management) wurde dann mitgeteilt, dass die Case-Management-Stellen
vorzugsweise an das KI oder andere kommunale Ämter und Fachbereiche
organisatorisch angebunden werden sollen. Eine Weiterleitung an die Freie
Wohlfahrtspflege (unter bestimmten Bedingungen) und an die kreisangehörigen
Kommunen ist möglich. Es wird aber empfohlen, mindestens ein Drittel der
geförderten Case-Management-Stellen im Baustein 2 bei der Kommune anzusiedeln.
Dies ergibt sich aus der Aufgabe der Case-Manager. Einerseits beraten und begleiten
sie die Neuzugewanderten und unterstützen sie bei der Realisierung ihrer
Bedarfe, andererseits haben sie eine wichtige Funktion als Impulsgeber für die
Weiterentwicklung der intrakommunalen Zusammenarbeit, da sie in ihrer Praxis
direkt an den Schnittstellen erleben, welche Prozesse gut und welche schlecht
laufen und damit Beiträge zur Optimierung der Verwaltungsabläufe und
Integrationsprozesse leisten können.
Die Case-Management-Stellen sollen auch eine Ergänzung der bereits
bestehenden Beratungsangebote gewährleisten. Eine besondere Bedeutung kommt der
„Fallorientierung“ zu. In KIM soll der einzelne Mensch mit seiner
Lebensbiographie in den Blick genommen werden und die einzelnen Dienststellen
sollen dahingehend qualifiziert werden, dass sie eine gemeinsame Unterstützung
für Neuzuwanderer erarbeiten. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Bausteinen
1, 2 und 3 ist daher vorgesehen.
Die strategische Steuerung (Baustein 1) ist für die
Case-Management-Stellen (Baustein 2) wie eine Fachaufsicht zu verstehen. Nähere
Einzelheiten werden bei Vorliegen der Richtlinien zu Baustein 1 erwartet.
Baustein 3:
Fachbezogene
Pauschale für zusätzliche Personalstellen in den Ausländer- und
Einbürgerungsbehörden zur rechtlichen Verstetigung der Integration ausländischer
Menschen mit besonderen Integrationsleistungen
Hierzu wird es keine Richtlinien geben. Abwicklungstechnisch gelten
ähnliche Bestimmungen wie zu Baustein 2. Zuständig ist Amt 32, Einbürgerungs-
und Ausländerbehörde). Laut Bescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom
06.03.2020 hat der Rhein-Kreis Neuss in 2020 Anspruch auf fachbezogene
Pauschalen für drei halbe Stellen á 25.000 €.
Diese Personalstellen sollen mit dem Strategischen Overhead (Baustein 1)
und dem rechtskreisübergreifenden individuellen Case-Management (Baustein 2)
zusammenarbeiten.
Baustein 3 geht auf eine Einbürgerungsoffensive von Integrationsminister
Joachim Stamp und Staatssekretärin Serap Güler zurück.
Bisherige
Umsetzung und Planung von KIM im Rhein-Kreis Neuss:
Trotz der noch ausstehenden Richtlinien und
Informationen durch das Land wurden der Stadt Dormagen für die Durchführung des
Bausteines 2 (Case-Management) per Weiterleitungsbescheid vom 01.07.2020
ausnahmsweise bereits zum jetzigen Zeitpunkt Fördermittel des Landes für die
Finanzierung einer Case-Management-Stelle bis zum 31.12.2020
weitergeleitet, damit die Stadt Dormagen das am 30.06.2020 ausgelaufene
Modellprojekt „Einwanderung gestalten“ über KIM weiterführen kann. Die Stadt
Dormagen hatte im Zusammenhang mit „Einwanderung gestalten“ bereits
zertifizierte Case-Management- Stellen eingerichtet.
Die Umsetzung von KIM wird im KI vorbereitend geplant. Zurzeit ist das KI
intensiv damit beschäftigt, die Landesinitiativen „Gemeinsam klappt’s“ und
„Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“
in Gang zu bringen und zu koordinieren. In diesem Zusammenhang wurde vom
KI bereits eine Bündniskerngruppe etabliert, in der alle kreisangehörigen
Kommunen und andere wichtige Multiplikatoren wie zum Beispiel Träger der
Wohlfahrtsverbände, vertreten sind, ebenso wurde eine Arbeitsgruppe mit den
ausführenden Maßnahmeträgern eingerichtet. Auf diese Strukturen soll aufgebaut
werden, um keine Doppelstrukturen zu erhalten. Damit wird auch der Empfehlung
des Landes gefolgt.
Die zur späteren Antragstellung für Baustein 1 (Strategischer Overhead)
benötigte Konzepterstellung kann aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht
erfolgen. Da alle Bausteine laut Handlungskonzept des Landes miteinander
verwoben sind und der eine Baustein auf den anderen Bezug nimmt (z.B. Baustein
1 soll Baustein 2 als fachliche Aufsicht koordinieren), ist die Aufstellung
eines Gesamtkonzeptes, welches auf Kreisebene ungleich schwieriger zu
bewerkstelligen und abzustimmen ist als auf einer rein städtischen Ebene, vor
konkreter Vorlage der Richtlinien zu Baustein 1 und weiterer Klärungen nicht
möglich.
Die Planungen und die Konzepterstellung sind auch dadurch erheblich
erschwert, dass sich das Land z.B. bei Baustein 2 nicht konkret schriftlich zur
Weiterfinanzierung über den 31.12.2020 hinaus geäußert hat. Vorbereitungen für
Ausschreibungen und etwaige Einstellungen können so nicht vorgenommen werden.
Eine beispielhafte interne Abfrage unter zehn verschiedenen Kommunalen
Integrationszentren Anfang September hat daher auch ergeben, dass noch keines
dieser zehn KI bisher Case-Manager-Stellen ausgeschrieben hat und dort außerdem
Probleme mit der Finanzierung bestehen.
Für die Konzeption und den Antrag zu KIM soll von der LaKI
(Landeskoordinierungsstelle KI) noch ein Hinweispapier entwickelt werden, das
die Rahmenbedingungen und Inhalte für eine Konzeptskizze enthalten soll.
Entsprechende Beratung kann dort angefragt werden. Neben der Unterstützung
durch die LaKI soll vom Land auch eine externe Beratung zur Prozessbegleitung
angeboten werden. Diese steht noch nicht zur Verfügung.
Von Seiten des Rhein-Kreises Neuss ist beabsichtigt, im Rahmen eines
Austauschformates die kreisangehörigen Kommunen und weitere in Frage kommende
Kooperationspartner in die Planungen zur Konzepterstellung einzubinden, sobald
die Richtlinien veröffentlicht wurden.