Betreff
Landesförderprogramm "Kommunales Integrationsmanagement" (KIM)
Vorlage
50/4105/XVI/2020
Art
Bericht

Beschlussvorschlag:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zum Kommunalen Integrationsmanagement (KIM) zustimmend zur Kenntnis.


Sachverhalt:

Das Modellprojekt des Landes „Einwanderung gestalten“ zur rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit aller eingewanderten Menschen in NRW war nach Ansicht des Landes so erfolgreich, dass die Landesregierung die flächendeckende Einführung eines Kommunalen Integrationsmanagements (KIM) in allen 54 Kreisen und kreisfreien Städten in NRW beschlossen hat. „Einwanderung gestalten“ hat durch eine Verknüpfung zwischen Einzelfall- und Strukturebene ein Case-Management im lokalen Netzwerk geschaffen. Im Rhein-Kreis Neuss hat die Stadt Dormagen erfolgreich an diesem Modellprojekt teilgenommen und entsprechende zertifizierte Case-Manager-Stellen eingerichtet. „Einwanderung gestalten“ endete am 30.06.2020, die Nachfolge soll KIM antreten.

 

Bei der Integration von Neuzugewanderten ist der Blick über die jeweils eigene Handlungslogik und den Rechtskreis hinaus notwendig, da je nach Lebenslage unterschiedliche Herausforderungen hintereinander, aber oft auch parallel, zu bewältigen sind, wie zum Beispiel

 

·         ausländerrechtliche Fragestellungen,

·         gesellschaftliche und rechtliche Erstorientierung,

·         Integration in Arbeit, Wohnen, Schulbesuch, Gesundheit.

Durch Einführung von KIM sollen Kommunen gestärkt werden und die interkommunale Zusammenarbeit, insbesondere im Verhältnis Kreis - kreisangehörige Kommunen -  gefördert werden, daher sollen im Rahmen von KIM Konzepte zur Einbindung des kreisangehörigen Raumes entwickelt werden.


Ziel von KIM ist die verbesserte Zusammenarbeit und Leistungserbringung in den Regelstrukturen, insbesondere an den Schnittstellen zwischen den Rechtskreisen. Wichtig ist ein lückenloser Übergang in den Phasen des Rechtskreiswechsels. KIM beinhaltet damit eine stärkere rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ämtern im Sinne einer kommunalen integrierten Steuerung der örtlichen Migrations- und Integrationsprozesse. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Ausländer- und Einbürgerungsbehörden und den KI soll durch KIM gefördert werden. Alle Neuzugewanderten (nicht nur Flüchtlinge) sollen dadurch schneller integriert werden.

 

KIM ist vom Land als langfristiger Prozess gedacht mit einer Startphase in 2020/2021 und einer Etablierung bis Ende 2022. Die Planung von KIM ist nach Vorstellung des Landes kein kurzfristig angelegtes Förderprogramm, sondern soll - als aufwachsende Förderung - ein fester und dauerhafter Bestandteil der integrationspolitischen Förderlandschaft werden. Dies hat der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, Joachim Stamp, vertreten durch die Staatssekretärin für Integration, Serap Güler, am 19.08.2020 vor dem Integrationsausschuss des Landes NRW deutlich gemacht. Die Rede der Staatssekretärin ist als Anlage 1 zu diesem TOP beigefügt.

 

Zwischenzeitlich hat das Land im Juli das seit längerem angekündigte „Handlungskonzept Kommunales Integrationsmanagement Nordrhein-Westfalen (KIM)“ herausgegeben. Dieses soll als Orientierungshilfe und als Leitfaden für die Umsetzung von KIM dienen und versteht sich als integriertes Steuerungskonzept, ersetzt aber nicht die noch ausstehende Förderrichtlinie. Das Handlungskonzept ist als Anlage 2 zu diesem TOP beigefügt.

 

In den nächsten drei Jahren sollen folgende Ziele von KIM umgesetzt werden:

 

·         Implementierung einer strategischen Ebene zur Steuerung,

 

·         Implementierung einer operativen Ebene des individuellen Case-Managements,

 

·         Weiterentwicklung der Ansätze in Bezug auf die kreisangehörigen Kommunen im Verhältnis zum Kreis


KIM hat somit drei verschiedene Bausteine:

Baustein 1:

Förderrichtlinie zur Implementierung eines strategischen Kommunalen Integrationsmanagements (strategischer Overhead) in den KI-Kommunen

Die Förderrichtlinie zu Baustein 1 wurde für den 01.07.2020 angekündigt, dann für den August, liegt aber (Stand: 08.09.2020) noch nicht vor. Ein entsprechender Entwurf wird noch in der Landesregierung abgestimmt. Die Antragstellung wird über das Kommunale Integrationszentrum (KI) erfolgen.

Das Handlungskonzept sieht vor, dass die Stellen die KI stärken und dort angesiedelt werden sollen. Das KI soll damit als koordinierende Stelle für den Gesamtprozess agieren. Eine andere Verortung ist nur über eine Ausnahmegenehmigung des MKFFI möglich. Weiterhin soll eine Lenkungsgruppe der maßgeblichen verwaltungsinternen und verwaltungsexternen Integrationsakteure auf Leitungsebene eingerichtet werden, die von der koordinierenden Stelle begleitet wird. Die koordinierende Stelle soll die Prozesse moderieren und die strategische Arbeit umsetzen.

Unter Federführung des jeweiligen KI soll mit dem Antrag ein Konzept eingereicht werden, in dem  dargestellt wird, wie das Kommunale Integrationsmanagement umgesetzt werden soll und wie die kreisangehörigen Kommunen eingebunden werden. Außerdem müssen Schnittstellen und Abgrenzungen zu anderen Programmen aufgezeigt werden.

Im Richtlinienentwurf ist die Zuwendung als Projektförderung vorgesehen. Es sind laut Entwurf 3,5 Personalstellen pro Kreis vorgesehen, die als organisatorische Einheit arbeiten sollen. Wahrscheinlich wird es eine Festbetragsfinanzierung mit bis zu 55.000 € pro Jahr und Koordinierungsstelle geben. Große kreisangehörige Kommunen mit eigener Ausländerbehörde, eigenem Jugendamt und eigenem Integrationsrat sollen über den Kreis per Weiterleitung Zuwendungen für jeweils eine zusätzliche Koordinierungsstelle erhalten. Die Qualifikationsvoraussetzung wird mindestens ein Hochschulabschluss sein.

Baustein 2:

Fachbezogene Pauschale für Personalstellen, um ein rechtskreisübergreifendes individuelles Case-Management/Fallmanagement für die operative Basis des Kommunalen Integrationsmanagements einzurichten

Hierzu wird es keine Richtlinien geben. Mit Schreiben vom 25.05.2020 hat die Bezirksregierung Arnsberg dem Rhein-Kreis Neuss mitgeteilt, dass KIM eingerichtet wird und der Rhein-Kreis Neuss in 2020 sechs neu eingerichtete Personalstellen á 27.500 € (Halbjahresbetrag) erhalten kann, die für eine operative Arbeit und ein individuelles, rechtskreisübergreifendes Case-Management in den Kommunen eingerichtet werden können. Eine Antragstellung war nicht vorgesehen, es wurde lediglich um Mitteilung der Kontodaten gebeten. Mit Bescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom 09.06.2020, Eingang 15.06.2020, wurden dem Rhein-Kreis Neuss dann fachbezogene Pauschalen für sechs zusätzliche Personalstellen gewährt.

Dabei wurde betont, dass das Handlungskonzept des Landes die Grundlage für die Umsetzung von KIM im 2. Baustein sei. Das Handlungskonzept war zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht veröffentlicht. Ohne weiteren Antrag erfolgte anschließend die Überweisung der Zuwendung. Nach Ende des Durchführungszeitraumes wird die Abgabe eines Testates des Hauptverwaltungsbeamten oder Kämmerers angefordert, nicht verbrauchte Mittel sind an die Landeskasse zurückzuzahlen.

Mit Änderungsbescheid der Bezirksregierung vom 07.07.2020 zu Baustein 2 (Case-Management) wurde dann mitgeteilt, dass die Case-Management-Stellen vorzugsweise an das KI oder andere kommunale Ämter und Fachbereiche organisatorisch angebunden werden sollen. Eine Weiterleitung an die Freie Wohlfahrtspflege (unter bestimmten Bedingungen) und an die kreisangehörigen Kommunen ist möglich. Es wird aber empfohlen, mindestens ein Drittel der geförderten Case-Management-Stellen im Baustein 2 bei der Kommune anzusiedeln. Dies ergibt sich aus der Aufgabe der Case-Manager. Einerseits beraten und begleiten sie die Neuzugewanderten und unterstützen sie bei der Realisierung ihrer Bedarfe, andererseits haben sie eine wichtige Funktion als Impulsgeber für die Weiterentwicklung der intrakommunalen Zusammenarbeit, da sie in ihrer Praxis direkt an den Schnittstellen erleben, welche Prozesse gut und welche schlecht laufen und damit Beiträge zur Optimierung der Verwaltungsabläufe und Integrationsprozesse leisten können.

Die Case-Management-Stellen sollen auch eine Ergänzung der bereits bestehenden Beratungsangebote gewährleisten. Eine besondere Bedeutung kommt der „Fallorientierung“ zu. In KIM soll der einzelne Mensch mit seiner Lebensbiographie in den Blick genommen werden und die einzelnen Dienststellen sollen dahingehend qualifiziert werden, dass sie eine gemeinsame Unterstützung für Neuzuwanderer erarbeiten. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Bausteinen 1, 2 und 3 ist daher vorgesehen.

Die strategische Steuerung (Baustein 1) ist für die Case-Management-Stellen (Baustein 2) wie eine Fachaufsicht zu verstehen. Nähere Einzelheiten werden bei Vorliegen der Richtlinien zu Baustein 1 erwartet.

Baustein 3:

Fachbezogene Pauschale für zusätzliche Personalstellen in den Ausländer- und Einbürgerungsbehörden zur rechtlichen Verstetigung der Integration ausländischer Menschen mit besonderen Integrationsleistungen

Hierzu wird es keine Richtlinien geben. Abwicklungstechnisch gelten ähnliche Bestimmungen wie zu Baustein 2. Zuständig ist Amt 32, Einbürgerungs- und Ausländerbehörde). Laut Bescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom 06.03.2020 hat der Rhein-Kreis Neuss in 2020 Anspruch auf fachbezogene Pauschalen für drei halbe Stellen á 25.000 €.

Diese Personalstellen sollen mit dem Strategischen Overhead (Baustein 1) und dem rechtskreisübergreifenden individuellen Case-Management (Baustein 2) zusammenarbeiten.

Baustein 3 geht auf eine Einbürgerungsoffensive von Integrationsminister Joachim Stamp und Staatssekretärin Serap Güler zurück.

Bisherige Umsetzung und Planung von KIM im Rhein-Kreis Neuss:

Trotz der noch ausstehenden Richtlinien und Informationen durch das Land wurden der Stadt Dormagen für die Durchführung des Bausteines 2 (Case-Management) per Weiterleitungsbescheid vom 01.07.2020 ausnahmsweise bereits zum jetzigen Zeitpunkt Fördermittel des Landes für die Finanzierung einer Case-Management-Stelle bis zum 31.12.2020 weitergeleitet, damit die Stadt Dormagen das am 30.06.2020 ausgelaufene Modellprojekt „Einwanderung gestalten“ über KIM weiterführen kann. Die Stadt Dormagen hatte im Zusammenhang mit „Einwanderung gestalten“ bereits zertifizierte Case-Management- Stellen eingerichtet.

Die Umsetzung von KIM wird im KI vorbereitend geplant. Zurzeit ist das KI intensiv damit beschäftigt, die Landesinitiativen „Gemeinsam klappt’s“ und „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“  in Gang zu bringen und zu koordinieren. In diesem Zusammenhang wurde vom KI bereits eine Bündniskerngruppe etabliert, in der alle kreisangehörigen Kommunen und andere wichtige Multiplikatoren wie zum Beispiel Träger der Wohlfahrtsverbände, vertreten sind, ebenso wurde eine Arbeitsgruppe mit den ausführenden Maßnahmeträgern eingerichtet. Auf diese Strukturen soll aufgebaut werden, um keine Doppelstrukturen zu erhalten. Damit wird auch der Empfehlung des Landes gefolgt.

Die zur späteren Antragstellung für Baustein 1 (Strategischer Overhead) benötigte Konzepterstellung kann aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht erfolgen. Da alle Bausteine laut Handlungskonzept des Landes miteinander verwoben sind und der eine Baustein auf den anderen Bezug nimmt (z.B. Baustein 1 soll Baustein 2 als fachliche Aufsicht koordinieren), ist die Aufstellung eines Gesamtkonzeptes, welches auf Kreisebene ungleich schwieriger zu bewerkstelligen und abzustimmen ist als auf einer rein städtischen Ebene, vor konkreter Vorlage der Richtlinien zu Baustein 1 und weiterer Klärungen nicht möglich.

Die Planungen und die Konzepterstellung sind auch dadurch erheblich erschwert, dass sich das Land z.B. bei Baustein 2 nicht konkret schriftlich zur Weiterfinanzierung über den 31.12.2020 hinaus geäußert hat. Vorbereitungen für Ausschreibungen und etwaige Einstellungen können so nicht vorgenommen werden. Eine beispielhafte interne Abfrage unter zehn verschiedenen Kommunalen Integrationszentren Anfang September hat daher auch ergeben, dass noch keines dieser zehn KI bisher Case-Manager-Stellen ausgeschrieben hat und dort außerdem Probleme mit der Finanzierung bestehen.

Für die Konzeption und den Antrag zu KIM soll von der LaKI (Landeskoordinierungsstelle KI) noch ein Hinweispapier entwickelt werden, das die Rahmenbedingungen und Inhalte für eine Konzeptskizze enthalten soll. Entsprechende Beratung kann dort angefragt werden. Neben der Unterstützung durch die LaKI soll vom Land auch eine externe Beratung zur Prozessbegleitung angeboten werden. Diese steht noch nicht zur Verfügung.

 

Von Seiten des Rhein-Kreises Neuss ist beabsichtigt, im Rahmen eines Austauschformates die kreisangehörigen Kommunen und weitere in Frage kommende Kooperationspartner in die Planungen zur Konzepterstellung einzubinden, sobald die Richtlinien veröffentlicht wurden.