Betreff

Kreisentwicklungskonzept

Rhein-Kreis Neuss - die Kulturlandschaft
- Grünverbund und Freiraumqualität im Rhein-Kreis Neuss -
Vorlage
61/061/2009
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

 

Die von bäuerlicher Landwirtschaft geprägte traditionsreiche Kulturlandschaft bedarf der Bewahrung, Pflege und behutsamen Entwicklung von Grünverbund und Freiraumqualität. Der Kreisausschuss beschließt nachfolgenden 10-Punkte-Plan:

 

10-Punkte-Plan zur Freiraumqualität im Rhein-Kreis Neuss

 

·       Die Kulturlandschaft bewahren, entwickeln und in Wert setzen

    Die über viele Jahrhunderte gewachsene Landschaft spiegelt die Kulturgeschichte unseres Raumes wider. Diese Kulturlandschaft zu bewahren, ihren typischen Charakter behutsam weiter herauszuarbeiten und den Menschen ihren einzigartigen Wert bewusst zu machen, ist eine Aufgabe der Kreisentwicklung sowie der Grün- und Freiraumplanung.

 

·       Das kulturelle Erbe erschließen

    Der Rhein-Kreis Neuss verfügt über ein großes kulturelles Erbe, das durch sanften und nachhaltigen Tourismus optimal erschlossen werden kann. Grünachsen zu entwickeln,  nutzbar und erlebbar zu machen, ist ein Ziel dieser Planung.

 

 

 

·       Die Landwirtschaft stärken

    Bis heute ist die Landwirtschaft, ganz besonders der traditionsreiche Ackerbau, die prägende pflanzliche Nutzungsform des Kreisgebietes geblieben. Ihr sind fast 60% der Kreisfläche zuzurechnen. Die Pflege dieser vielfältigen und abwechslungsreichen Landschaft ist eine der vornehmsten Aufgaben der Landwirtschaft selbst. Dazu gehören die bewährten Instrumente des Ackerrandstreifen-, des Gewässerrandstreifen- und des Kreiskulturlandschaftsprogramms. Es ist ein besonderes Anliegen des Kreises, die bäuerliche Landwirtschaft im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung weiter zu stärken. Das Engagement des Kreises im Rahmen der Agrobusinessinitiative und der euregio rhein-maas-nord dient diesem Ziel.

 

·       Den Waldanteil erhöhen

    Die vielfältigen Wohlfahrtsfunktionen von Wald für die Naherholung, Luftqualität, Lärm- und Sichtschutz usw. sind bekannt. Mit der Waldagenda des Kreises soll bis zum Jahr 2100 die Schwelle zur sog. „Waldarmut“ von 12% durch Aufforstung überschritten sein.

 

·       Die Biodiversität erhalten

    Die Erhaltung der Artenvielfalt bei Pflanzen und Tieren ist ein grundlegendes Ziel des Grün- und Freiraumverbundes im Rahmen praktizierten Naturschutzes. Artenschutzprojekte wie derzeit zum Schutze der Schwarzpappel, des Ameisenbläulings und der Ringelnatter sollen weiterhin unterstützt werden.

 

·       Die Wasserläufe als Verbindungsstrukturen nutzen

    Das vorhandene Achsensystem des Grün- und Freiraumverbundes folgt im Wesentlichen dem Lauf von Flüssen, Bächen und Gräben. Gerade die Gewässer im Rhein-Kreis Neuss sind als landschaftsprägende, belebende Verbindungen wichtig. Das vorhandene Potential muss möglichst vollständig genutzt werden.

    Der Rückbau der Erft in einen naturnäheren Zustand und die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie bilden gute Chancen, diese wichtigen Verbindungselemente zu stärken. Der Rhein-Kreis Neuss wird gemeinsam mit dem Erftverband diese Chancen nutzen.

 

·       Klima- und Bodenschutz aktiv betreiben

    Alle grünen Pflanzen sind durch den Kohlendioxidabbau und die Sauerstoffproduktion im Rahmen der Photosynthese Hauptakteure beim Klimaschutz. Grün- und Freiraumverbund in der Kulturlandschaft sind somit geeignete Instrumente, vor Ort einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

    Klimaveränderungen würden großflächige Bodenerosion gerade an einem Ackerbaustandort wie dem Rhein-Kreis Neuss mit sich bringen. Grünverbindungen in Form von Hecken und Büschen sind wichtige Assistenten beim Schutz des Bodens, dem von der Natur gegebenen Kapital des Kreises.

    Lokale und regionale Akteure wie die Gebietskörperschaften können und müssen zur Abmilderung des Klimawandels beitragen. Der Rhein-Kreis Neuss wird sein umfangreiches Engagement für den Klimaschutz im Rahmen des Lokalen Energiepaktes auch auf diesem Gebiet weiter verstärken.

 

·       Die Rekultivierung voranbringen

    Die Eingriffe in Natur und Landschaft durch den Braunkohletagebau sind schwerwiegend. Mit dem einzigartigen Know-how des Bergbautreibenden in Rekultivierungsfragen sollen zeitnah die Interessen der bäuerlichen Landwirtschaft sowie von Natur und Landschaft gewahrt werden. Das Zentrum für Gartenkunst und Landschaftskultur auf Schloss Dyck mit seinen Studiengängen sowie das wissenschaftliche Institut für Rekultivierungs-begleitforschung in Jüchen-Hackhausen vermitteln das notwendige Fachwissen. An der Gestaltung und Entwicklung der rekultivierten Landschaft des Braunkohletagebaues wird die Landschaftsplanung des Rhein-Kreises Neuss mitwirken.

 

·       Auf regenerative Energien setzen

Nachwachsende Rohstoffe und deren Verwertung werden auch an relativ waldarmen Ackerbaustandorten eine stark zunehmende Rolle spielen. Energiepflanzen wie die Miscanthusfelder der Neuen Gärten von Schloss Dyck, aber auch Energiemais und seine Verwertung in Biogasanlagen dienen dem Klimaschutz. Die nachwachsenden Rohstoffe und ihre intelligente Verwendung stellen eine große Chance für die Landwirtschaft dar. Eine weitere fachliche Beratung dieses Punktes ist für den Planungs- und Umweltausschuss vorgesehen.

 

·       Landschaft und Arbeit innovativ verbinden

Die Antwort auf die aktuellen weltweiten Krisen muss Innovation sein. Innovation hat mit Energie und Energie hat mit Ideen zu tun. Das bietet Chancen für Beschäftigung. Das europäische Projekt „knowledge and innovation community on sustainable energy“ (KIC) steht hierfür in besonderer Weise. Der Rhein-Kreis Neuss wird sich hieran beteiligen.

 


Sachverhalt:

 

Der Rhein-Kreis Neuss ist eine ausgeprägte Kulturlandschaft. Etwa 30% der Kreisfläche sind versiegelt, ca. 70% sind offen bzw. unversiegelt. Die Lagegunst des Kreises und seine überaus fruchtbaren Böden führten bereits durch die Römer zu einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung des Gebietes. In der gesamten Region Niederrhein ist er bis heute der ertrag- und traditionsreiche Ackerbaustandort geblieben. Die dadurch bedingte relativ geringe Waldfläche wird von einer durch die bäuerliche Landwirtschaft geprägten alten und abwechslungsreichen Kulturlandschaft mehr als ausgeglichen, einer Landschaft, die von Grünstrukturen durchzogen eine hohe Freiraum- und Lebensqualität im Rhein-Kreis Neuss sicherstellt und identitätsstiftend wirkt: Wohnen und Arbeiten parallel zu Natur und Landschaft.

 

Ab 2010 soll auch der Landesentwicklungsplan (LEP) 2025 den Blick für die Einzigartigkeit unserer heimischen Kulturlandschaften schaffen. Kulturlandschaftsentwicklung knüpft danach nicht nur an Gestalt und Ästhetik der Landschaft an. Die Ablesbarkeit der historischen Entwicklung an Zeugnissen des kulturellen Erbes macht Stadt und Land interessant und stiftet vor allem regionale Identität.

 

Kulturlandschaften müssen in Wert gesetzt werden, da sie für Standortentscheidungen von Unternehmen immer bedeutsamer werden. Kreative Mitarbeiter lassen sich durch ein attraktives Wohnumfeld eher gewinnen, ein Umfeld, in dem Ökologie und Schutz der natürlichen Ressourcen wichtig sind. Dazu gehören in ganz besonderer Weise Grünverbund und Freiraumqualität. Erst wenn der Schutz des kulturlandschaftlichen Erbes in das Bewusstsein der dort lebenden Menschen gelangt, wirkt dieses Erbe für die ganze Region identitätsstiftend und wird zu einem wichtigen Standortfaktor. Richtungsweisende Projekte in diesem Sinne sind Hombroich Raumortlabor sowie die Agrobusinessinitiative der gesamten Region Niederrhein.

 

 

Den besonderen Wert von Grünverbund und Freiraumqualität im Kreisgebiet dokumentiert das Kreisentwicklungskonzept „Rhein-Kreis Neuss – die Kulturlandschaft“ (Anlage 1).