Protokoll:

Herr Schmitz eröffnete das zweite Treffen des Runden Tisches Artenvielfalt in der Agrarlandschaft und begrüßte alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Den Protokollvermerk über das erste Treffen habe man mit der Niederschrift über die Beiratssitzung versandt.

Im Mittelpunkt des heutigen Treffens solle, wie angekündigt, eine Information über Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten von Maßnahmen in der Agrarlandschaft im Bereich Vertragsnaturschutz (VNS), Greening und Agrarumweltmaßnahmen (AUM) stehen. Hierzu würden Herr Timmer von der Landwirtschaftskammer und Herr Große vom Amt für Entwicklungs- und Landschaftsplanung vortragen und für Fragen zur Verfügung stehen.

 

Die Präsentationen sind dieser Niederschrift als Anlage beigefügt. Sie sind auch zu dieser Sitzung im Kreistagsinformationssystem unter

 

https://session.rhein-kreis-neuss.de/bi/infobi.php

 

gespeichert.

 

Beim letzten Treffen habe man Einigkeit auch dahin gehend erzielt, dass Artenschutzmaßnahmen in der Agrarlandschaft für die Bewirtschafter zumindest nicht zu Verlusten führen dürften. Sonst sei es bei aller Einigkeit in der Zielsetzung eher unwahrscheinlich, jemanden hierfür motivieren zu können. Daher sei es wichtig, die Finanzierungsvoraussetzungen, -möglichkeiten und -ausschlüsse bei allen Diskussionen, Vorschlägen und Ideen zu berücksichtigen.

 

Herr Timmer erläuterte in einer Präsentation die verschiedenen Formen des Greenings. Seit 2016 seien die Landwirte verpflichtet, 5 % ihrer Flächen entsprechend für Greeningmaßnahmen bereitzustellen. In Betracht kämen die Dauergrünlanderhaltung, die Anbaudiversifizierung und die ökologischen Vorrangflächen (ÖVF).

Er ging insbesondere auf die Anbaudiversifizierung und die ÖVF ein.

Im Bereich der Anbaudiversifizierung seien Betriebe zwischen 10 und 20 ha Ackerfläche verpflichtet, 2 Kulturen anzubauen, bei Betrieben über 30 ha 3 Kulturen. Bei fast allen Betrieben in der Region sei das selbstverständlich.

Beim Zwischenfruchtanbau auf ÖVF seien bestimmte Regeln einzuhalten, die durch den technischen Prüfdienst der Landwirtschaftskammer streng kontrolliert würden. Hier sei zunächst eine Liste der zulässigen Arten zu beachten. Weiterhin müssten mindestens 2 unterschiedliche Arten mit entsprechenden Anteilen verwendet werden. So sei der klassische Zwischenfruchtanbau mit Rettich oder Senf hier nicht möglich. Aussaattermine seien vorgegeben. Die Düngung sei nur organisch zulässig. Ein Umbruch und die weitere Bewirtschaftung seien erst nach dem 15.02. zugelassen. Vorher sei nur Mahd oder Mulchen zur Vermeidung der Samenreife und bei Verbleib des Mahd- oder Mulchgutes auf der Fläche zulässig.

Eine weitere Form sei der Leguminosenanbau mit Ackerbohnen, Körnererbsen, Buschbohnen oder Klee und Luzerne. Zu den hierbei einzuhaltenden Regeln bat er Frau Dr. Wahode um Erläuterungen, da sie hiermit praktische Erfahrungen habe.

 

Frau Dr. Wahode erklärte, dass sie mit dem Anbau von Leguminosen ihre Greening-Verpflichtungen erfülle. Sie führe einen klassischen Ackerbaubetrieb mit in der Fruchtfolge Getreide, meist verschiedene Arten, Zuckerrüben, Kartoffeln und Leguminosen, in ihrem Fall Erbsen, die als Nahrung verwertet würden. Der Vorteil der Leguminosen sei, dass sie nicht an die bestimmten Mischungen der Zwischenfrüchte gebunden sei und vor und nach den Leguminosen Zwischenfrüchte anbauen könne. Sei das Getreide abgeerntet, werde möglichst bald die Zwischenfrucht eingebracht und bleibe über den Winter stehen. Die Aussaat der Erbsen erfolge April bis Mai. Dies garantiere eine lange Begrünung. Natürlich müsse ein paar Wochen vor der Einsaat der Erbsen eine Bodenbearbeitung stattfinden, um die Umsetzung der Zwischenfrucht zu garantieren. Die Erbse stehe dann höchstens bis Juli, also bis vor der normalen Getreideernte. Dann werde früher als normal die nächste Zwischenfruchtperiode eingeleitet, die dann als vorgeschriebene Winterkultur oder -zwischenfrucht bis 15. Februar im Boden bleibe.

Die Gewichtung sei mit 0,7 relativ niedrig, so dass entsprechend große Flächen als ÖVF ausgewiesen werden müssten.

Bei den Zwischenfrüchten sei ihr wichtig, dass sie hauptsächlich mit Ölrettich arbeiten könne, da dieser krankheitsmäßig in der gesamten Fruchtfolge keine Wirtspflanze sei. Dies sei gerade bei Kartoffeln und Rüben zu beachten.

Problematisch seien die starren Fristenregelungen, da es in einem trockenen und warmen Winter sinnvoll sein könne, die hoch gewachsenen Pflanzen bereits im Januar einzuarbeiten, um genug Zeit für die Umsetzung zu erreichen. Die pflanzenbaulich etwas fragwürdigen Regelungen seien jedoch verpflichtend.

 

Herr Timmer erläuterte weiter zu den ÖVF, dass bei den streifenartigen Anlagen Brachen, Pufferstreifen, Feld- und Waldränder durch Einsaat oder Selbstbegrünung möglich seien. Eine Einsaat mit Getreide sei allerdings nicht möglich. In der Zeit vom 01.04. bis zum 30.06. dürfe auf der Fläche nicht passieren; ein Umbruch mit unverzüglicher Ansaat sei nur außerhalb dieses Zeitraums zulässig. Die Fläche müsse also bis zum 01.04. bestellt oder eingesät sein. Im vergangenen Jahr habe es damit aufgrund der Nässe große Probleme gegeben. Dies könne auch bei großer Trockenheit der Fall sein. Für die Folgeernte dürfe dann ab 01.08. die vorbereitende Aussaat vorgenommen werden, so dass die Flächen im Winter begrünt seien.

Herr Timmer erläuterte anschließend die Bewertungsfaktoren und die Anforderungen an die Flächengrößen für die unterschiedlichen Maßnahmen anhand von Beispielen.

Für die Streifen oder Teilflächen bestehe die Möglichkeit einer Koppelung mit Agrarumweltmaßnahmen (AUM) wie Blühstreifen oder -flächen. Die jeweiligen Anforderungen seien zu beachten. Der Unterschied bei Blüh- oder Schonstreifen sei, dass eine Einsaat bis zum 15.05. erfolgen dürfe. Dies könne je nach Witterung günstiger sein. Zusätzlich bestehe noch die Möglichkeit der Anlage von Uferrandstreifen.

Im Rhein-Kreis Neuss habe es 2016 knapp 30.000 ha Ackerflächen gegeben. Als ÖVF seien 6,13 % der Flächen, also mehr als die verlangten 5 %. Bedingt durch das erste Jahr dieser Verpflichtung und noch bestehende Unsicherheiten seien viele Zwischenfruchtflächen angelegt worden, nämlich rund 80 %. Gute 180 ha seien stillgelegt worden, über 220 ha mit Leguminosen und immerhin 62 ha als Randstreifen angelegt worden. Ziel in den Winterversammlungen sei es gewesen, bei den Landwirten darauf hinzuwirken, die Möglichkeiten für zusätzliche Varianten zu prüfen.

 

Frau Dr. Wahode wies darauf hin, dass die Fläche der Streifen nie sehr hoch werden könne, da hier mit geringer Breite gearbeitet werde. Die aufgeführten Zwischenfruchtflächen seien im Übrigen nur die als Greening-Maßnahmen angemeldeten Flächen. Darüber hinaus gebe es noch viele weitere Flächen, da es sich um eine in der Fruchtfolge sinnvolle Maßnahme handele.

 

Herr Schmitz dankte Herrn Timmer für seinen Vortrag und fragte nach den Sanktionen im Fall von Verstößen gegen die Regelungen.

 

Herr Timmer erläuterte, dass die geringste Sanktionsstufe bei einem 3 %igen Abzug von der gesamten Prämie liege. Im Wiederholungsfall könne dies bis zu 20 % Abzug bedeuten.

 

Herr Herzogenrath ergänzte, dass zum Beispiel im Fall einer Überschreitung der Höchstbreite von Streifen der gesamte Streifen aberkannt werde, obwohl man mehr angelegt habe, als erforderlich. Unterschreite man dann damit die 5 %-Verpflichtung, entfalle die gesamte Greening-Prämie. Dies sei erheblich, nämlich ein Drittel des Betriebsprämienvolumens. Dies sei mit ein Grund, warum vielfach weniger Streifen angelegt würden, als möglich seien.

 

Herr Timmer erläuterte, dass es eine programmbasierte Berechnung für Greeningmaßnahmen gebe. Hierdurch könne sichergestellt werden, dass die zulässigen Flächen in der Planung nicht unter- oder überschritten würden.

 

Auf Frage von Herrn Göbert nach der ökologischen Bedeutung der Zwischenfrucht antwortete Frau Dr. Wahode, dass der Wert darin bestehe, dass diese von Ende August bis Februar verbleibe und der Acker in dieser langen Zeit grün sei. Dies habe sicherlich für die Tierwelt eine Bedeutung.

 

Herr Kallen schränkte ein, das im Fall eines zu späten Mulchens bereits wieder zum Beispiel die Junghasen im  Acker seien, die getötet würden.

 

Auf Nachfrage von Frau Lechner erläuterte Herr Timmer, dass die Flächen der Blühstreifen vorher bewirtschaftete Ackerflächen gewesen seien. Der Landwirt säe diese aus unterschiedlichen Gründen ein. Bei den vorgeschriebenen Samenmischungen kämen die unterschiedlichen Pflanzen auch zu unterschiedlichen Zeiten zur Blüte, auch abhängig von der Witterung und vom Boden.

 

Herr Kallen ergänzte, dass das Rebhuhn eine Brutdeckung von 50 - 60 cm benötige. Dies sei mit den Blühstreifen nicht zu erreichen. Besonders problematisch sei hierbei auch die Mulchverpflichtung, die besser in eine Möglichkeit zum Mulchen umgewandelt würde. So könne eine mehrjährige Fläche mit ausreichender Brutdeckung im zweiten Jahr geschaffen werden. Dies sei eine Schwäche des Systems.

 

Herr Klauth betonte, dass man hier als Landwirt einer Vielzahl unterschiedlichster Ge- und Verbote unterliege. Kein Landwirt werde seine Verpflichtungen unterschreiten, da dies zu empfindlichen Sanktionen führe. Wenn mehr getan werde, als vorgeschrieben sei, erfolge dies aus Gründen der Vorsicht.

Er rege an, sich auf die Fragen des ackerbaulichen Bereichs zu konzentrieren, da diese im hiesigen Raum im Vordergrund stünden.

 

Herr Große erläuterte anschließend im Rahmen einer Präsentation die Regelungen des Vertragsnaturschutzes.

Der Vertragsnaturschutz als Bestandteil der Agrarumweltmaßnahmen auf der Grundlage der entsprechenden Rahmenrichtlinie und des Kulturlandschaftsprogramms des Rhein-Kreises Neuss als Bewilligungsbehörde sei bereits seit Jahrzehnten ein bewährtes Instrument und könne auch dazu dienen, ordnungsrechtliche Maßnahmen durch vertragliche Vereinbarungen zu vermeiden. Gegenstand seien Verträge zur Extensivierung von Flächen oder zur naturschutzgerechten Bewirtschaftung bzw. Pflege mit einer Laufzeit von 5 Jahren. Einen Ausgleich erhielten die Landwirte durch Fördermittel. Die Einwerbung von Verträgen erfolge durch den Kreis oder die Biologische Station, mit der man eng zusammenarbeite.

Herr Große erläuterte anschließend die 3 Säulen des Vertragsnaturschutzes mit den entsprechenden Maßnahmenpaketen, wobei er insbesondere auf die Ackerextensivierung einging.

Von besonderer Bedeutung seien die Maßnahmen im Rahmen der Ackerextensivierung. Hier gebe es auf der einen Seite Maßnahmen für ganz bestimmte Arten, hier Feldflora, Kiebitz und Feldhamster, deren Förderkulisse nach fachlichen Gesichtspunkten unter Beteiligung der Biologischen Station festgelegt werde, auf der anderen Seite Maßnahmen zur Entwicklung einer artenreichen Feldflur, die im gesamten Kreisgebiet gefördert werden könnten.

Die Inhalte der einzelnen Maßnahmenpakete können der Präsentation entnommen werden.

Die Maßnahmenpakete zur Förderung der allgemeinen artenreichen Feldflur seien die unmittelbare Schnittstelle des Vertragsnaturschutzes zu den Greening-Maßnahmen. Verschiedene Maßnahmen nach den Paketen könnten im Zuge des Greenings als ökologische Vorrangflächen angegeben werden.

Herr Große erläuterte hierzu die Inhalte dieser Maßnahmenpakete einschließlich der hierauf entfallenden Ausgleichsbeträge.

Werde eine solche Fläche gleichzeitig als ökologische Vorrangfläche angemeldet, erfolgten bestimmte Abzüge in der Förderung.

Das interessanteste Maßnahmenpaket, auch für den Naturschutz, sei die Anlage von Blüh- und Schutzstreifen oder -flächen durch geeignete Einsaat. Die Ziele entsprächen denen des allgemeinen Artenschutzes. Voraussetzung sei der Verzicht auf Dünge- und Pflanzenschutzmittel und die Einsaat mit ein- oder mehrjährigen Einsaatmischungen. Diese Mischungen seien vorgegeben. Zu beachten seien auch hier die Abzüge bei gleichzeitiger Anmeldung als ökologische Vorrangflächen. Gleichwohl seien die Förderhöhen attraktiv. Wichtig sei die entsprechende Vermittlung in Richtung der Landwirte.

Herr Große schloss seinen Vortrag mit einem Zitat des Vizepräsidenten des RLV: Naturschutz -Gemeinsam mit der Landwirtschaft! Funktioniert!

 

Auf die Frage von Frau Arndt nach der Nachhaltigkeit der Maßnahmen, die länger verbleiben sollten, wies Herr Große darauf hin, dass die Maßnahmen im Vertragsnaturschutz vertraglich vereinbart für 5 Jahre verblieben. Eine Verlängerung sei möglich. Bei Blühstreifen sei jedoch fraglich, ob diese an einer Stelle länger als 5 Jahre bestehen sollten, da sie dann im Regelfall vergrasen und ihre Vielfalt verlieren würden. Die Wegeraine seien historisch als temporäre Randstrukturen nach einer landwirtschaftlichen Nutzung entstanden. Dies harmoniere mit der Vertragslaufzeit. Eine Flächenrotation sei möglich.

 

Herr Timmer ergänzte, dass die Maßnahmen praktikabel und mit der Wirtschaftsführung vereinbar sein müssten.

 

Dem stimmte Beiratsmitglied Klauth zu. Die Landwirte hätten Furcht davor, Schadunkräuter zu fördern, die nicht gewollt seien. Hier sei das richtige Saatgut wichtig.

 

Herr Große bestätigte, dass diese Anforderung im Vertragsnaturschutz berücksichtigt sei. Bei den Ackerbrachen sei eine mechanische Distelbekämpfung zulässig. Bei der korrekten Einsaat der Blühstreifen dürfe dieses Problem nicht auftreten; falls doch, sei auch hier eine Bekämpfung möglich.

Dauerhafte Maßnahmen seien regelmäßig nicht Gegenstand des Vertragsnaturschutzes, sondern über z. B. Kompensationsmaßnahmen oder die Landschaftsplanung zu erreichen.

 

Herr Wittmer betonte, dass sich die Flächen in 5 Jahren in der Struktur erheblich umstellen würden. Zudem sei es aufwändig, den nach 5 Jahren erreichten Zustand dauerhaft zu sichern.

Noch nicht thematisiert worden sei die Frage, ob die Arten, deren Förderung man anstrebe, auch präsent seien. Sonst seien solche Maßnahmen wenig sinnvoll. Es fehlten die vielen Insekten- und Vogelarten. Auch hieran müsse gearbeitet werden. Nur die Schaffung der Grundlagen und die Hoffnung darauf reiche nicht aus.

 

Herr Schmitz erklärte, dass es gleichwohl sinnvoll sei, anzufangen und Angebote zu schaffen. Mit diesen bestehe zumindest eine Möglichkeit zur Erhöhung der Artenvielfalt, ohne diese keine.

 

Herr Kallen vertrat die Ansicht, dass es möglich sei, die jährliche Mulchverpflichtung zu umgehen, wenn die Streifen im Zusammenhang mit einem Naturschutzprojekt angelegt würden. Dies müsse aber vertraglich abgesichert werden.

 

Auf die Nachfrage von Herrn Kallen nach den bestehenden Vereinbarungen im Vertragsnaturschutz erläuterte Herr Große, dass man im Wesentlichen Verträge zur Grünlandextensivierung im Rheinvorland habe abschließen können. In den Programmgebieten zum Feldhamsterschutz gebe es weitere Verträge zur Flächenbewirtschaftung.

Zum Thema Ackerextensivierung gebe es praktisch keine Verträge. Für den Kiebitzschutz gebe es keine Verträge, für die Ackerwildkräuter nur wenige. Für die zuletzt vorgestellten Pakete, die mit ökologischen Vorrangflächen kombiniert werden könnten, gebe es leider gar keine Verträge.

Die Förderbeträge seien, nicht ohne Grund, zur Erhöhung der Attraktivität aufgestockt worden. Man müsse die Landwirte über die darin liegenden Möglichkeiten informieren.

 

Herr Herzogenrath ergänzte, dass man seitens der Kreisbauernschaft in den vergangenen 6 Versammlungen in der Winterzeit immer darauf hingewiesen habe, insbesondere auch auf die Möglichkeiten der Verbindung mit den ökologischen Vorrangflächen, um hier eine andere Verteilung im Sinne von Maßnahme zur Erhöhung der Artenvielfalt zu erreichen.

 

Herr Wittmer erinnerte an seinen Vorschlag zur Besichtigung solcher Flächen. Hier könne man unter Beteiligung der Presse einen guten Werbeeffekt erzielen. Er schlug vor, eine solche Besichtigung mit den Teilnehmern des Runden Tisches durchzuführen.

 

Herr Timmer wies auf den nächstliegenden Leitbetrieb in Kerpen hin. Hier könnte eine Besichtigung erfolgen. Gleichwohl gebe es aber auch Landwirte in der Region, wo dies möglich sei.

 

Herr Große ergänzte, das es sich dabei um das bundesweite sogenannte F.R.A.N.Z-Projekt handele (http://franz-projekt.de/franz), welches Ende 2016 gestartet worden sei. Diese Demobetriebe seien darauf ausgerichtet, Artenschutz in der Ackerwirtschaft optimiert unter Ausnutzung aller Möglichkeiten des Greenings und des Vertragsnaturschutzes zu erreichen.

 

Beiratsvorsitzender Lechner erinnerte daran, dass er zu seiner Zeit am Leibniz-Gymnasium in Dormagen größere Rasenbereiche habe umbrechen lassen. Im erste Jahr danach habe sich die gesamte Flora der sauren Roggenäcker dort eingestellt. Bis zum dritten Jahr sei hiervon nichts mehr zu sehen gewesen. Stattdessen hätten sich dort Löwenzahn und weitere angeflogene Kräuter breit gemacht. In den Folgejahren hätten sich die mehrjährigen Pflanzen je nach Stärke des Wachstums so ausgebreitet, dass die anderen wieder verschwunden seien.

Im Ergebnis sei festzustellen, dass Umbruch in einem Jahr eine interessante, aber nur kurzzeitige Flora hervorbringe. Nach etwa 5 Jahren sei die Artenvielfalt durch das Ausbreiten der stärksten Pflanzen gering geworden. Interessant sei auch, dass man in der Zwischenphase dort Rebhühner und andere schutzwürdige Arten gehabt habe, die aber mit der floristischen Umstellung wieder verschwunden seien. Es sei alles im Fluss. Gelegentlich müsse man eine neue Phase einleiten. Abwarten führe auf Dauer zur Verringerung der Artenvielfalt.

 

Frau Arndt betonte, dass wissenschaftlich belegt sei, dass trotz aller durchgeführter Maßnahmen von Einzelnen und aller Förderprogramme Insekten und Vögel rückläufig seien. Sie habe viele entsprechende Meldungen aus der Bevölkerung erhalten. Es müsse daher noch andere Gründe geben, dass die Zahl so stark abgenommen habe. Man müsse einfach akzeptieren, dass die Dinge nicht so gut liefen. Ihrer Meinung nach hänge dies mit dem Biozideinsatz zusammen, der zunächst die Zahl der Insekten reduziere, die ja Nahrungsquelle der Vögel seien.

Zu den Programmflächen warf sie die Frage auf, wie diese vor Abdrift von Bioziden auf Nachbarflächen geschützt werden könnten, ob dies kontrolliert werde und ob es Erkenntnisse oder Untersuchungen darüber gebe, wie sich das Stoffpotential im Boden auf die nur einjährigen Flächen auswirke. Möglicherweise werde deren Entwicklung hierdurch gehemmt.

 

Frau Dr. Wahode erläuterte, das es für Pflanzenschutzmittel immer strengere Zulassungsbestimmungen gebe und Wartezeiten vorgeschrieben seien. Der Mitteleinsatz sei sehr spezifisch ausgerichtet, schon um Schäden an den Folgekulturen auszuschließen. Auch werde der Bienenschutz durch die Art der Mittel und deren Einsatzzeitpunkt genau beachtet.

Soweit die Abdrift angesprochen werde, solle ab einer bestimmten Windgeschwindigkeit ihrer Meinung nach nicht mehr gespritzt werden.

 

Herr Herzogenrath erklärte, dass das fahrlässige spritzen einer Nicht-Kulturfläche, und dazu zählten zum Beispiel auch die Randstreifen, mit einem Abzug von 3 % der Prämie geahndet werde. Hier handele es sich um einen Verstoß gegen das Pflanzenschutzgesetz.

 

Herr Schmitz ergänzte, dass zudem seitens der Unteren Naturschutzbehörde in diesen Fällen regelmäßig ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet werde, welches zu empfindlichen Geldbußen führen könne.

 

Auf die Nachfrage von Frau Lechner nach einer Abstimmung der Landwirte mit Blick auf die Lage der Flächen zum Erreichen größerer Wanderungskorridore und Vernetzungen antwortete Herr Herzogenrath, dass dies nur zufällig der Fall sei. Die Landwirte würden aus verständlichen Gründen hierfür nicht die besten Flächen bereitstellen. Am ehesten könne man dies noch bei Gewässerrandstreifen erreichen, die man bei Erfüllung der Voraussetzungen auch als Ackerrandstreifen oder Pufferstreifen nehmen könne.

 

Herr Kallen fragte nach den Möglichkeiten zur Förderung zum Beispiel des stark zurückgegangenen Rebhuhns über spezielle Maßnahmenpakete im Rhein-Kreis Neuss.

 

Herr Große erklärte, dass ihm kein spezielles Maßnahmenpaket für das Rebhuhn im Rahmen des Vertragsnaturschutzes bekannt sei. Die Gebietskulisse sei hinsichtlich der Arten jeweils eine fachliche. Die Maßnahmenpakete hätten grundsätzlich landesweit Geltung. Die Maßnahmenpakete für die allgemeine Feldflur hätten im Rhein-Kreis Neuss insgesamt Geltung, in anderen Kreisen nicht oder nur teilweise. Ihm sei ein Projekt des Kreises Wesel zur Förderung des Rebhuhns bekannt, welches bereits seit Jahren bestehe.

 

Anm.: Die LANUV-Infos Nrn. 15 zur artenreichen Feldflur und 36 zu Hilfen für das Rebhuhn sind im Kreistagsinformationssystem abgelegt.

 

Herr Klauth wies darauf hin, dass man im Rhein-Kreis Neuss die besten Böden besitze. Der finanzielle Ausgleich müsse dem Ertrag entsprechen, der bei Getreideanbau erzielt werde. Eine Ausgleichszahlung von 1.000 € je Hektar sei nicht attraktiv.

 

Herr Herzogenrath entgegnete, dass man auch berücksichtigen müsse, dass derartige Flächen mit dem Faktor 1,5 bewertet würden, die Greening-Prämie aber für die gesamte Fläche berechnet werde. Ein Eintrag als Ökologische Vorrangfläche wirke sich trotz der dann erfolgenden Abzüge positiv auf die Gesamtfläche aus, sodass dies doch attraktiv sein könne. Bei mehrjährigen Maßnahmen sei jedoch zu berücksichtigen, dass viele Pachtverträge diese Bindung nicht zuließen, da jederzeit eine Kündigung mit zweijähriger Frist denkbar sei.

 

Herr Kallen betonte, dass bei mehrjährigen Maßnahmen besonderer Wert auf praxisgerechte Saatmischungen gelegt werden müsse, um eine Verunkrautung der Flächen zu unterbinden. Dies sei insbesondere bei Pachtflächen wichtig.

 

Herr Große erläuterte, dass die Mischungen auch unter diesem Gesichtspunkt ausgewählt worden seien.

 

Herr Stevens wies auf den Leitfaden des Umweltministeriums zur Umsetzung des Artenschutzes nach § 44 Abs. 4 BNatSchG in der Agrarlandschaft in NRW hin. Hier seien aus der Liste der relevanten Arten neben den bereits genannten Arten Kiebitz und Feldhamster im Rhein-Kreis Neuss auch die Knoblauchkröte, die Grauammer, das Schwarzkehlchen und der Wiesenknopf-Ameisenbläuling zu berücksichtigen. Daneben gebe es eine Reihe von Arten, die noch relativ häufig seien, bei denen man sich aber trotzdem Gedanken über eine Förderung machen müsse, so zum Beispiel die Feldlerche und das Rebhuhn. Im Bereich Grünland und Obstwiesen komme noch der Steinkauz hinzu. Dies seien die Arten, die im agrarisch geprägten Rhein-Kreis Neuss und auch landesweit eine besondere Bedeutung besäßen.

 

Herr Schmitz wies darauf hin, dass Leitfaden ist ebenfalls im Kreistagsinformationssystem (s. o.) unter den Materialien zu den Runden Tischen abgelegt sei.

 

Herr Reith zeigte sich irritiert darüber, dass sich die Diskussion nahezu ausschließlich um Förderung und finanziellen Ausgleich drehe. An die Vertreter der Landwirtschaft richtete er die Frage, ob man sich nur an den Programmen beteilige, weil es hierfür Geld gebe, oder ob man auch die innere Überzeugung besitze, dass man in der Landwirtschaft etwas ändern müsse, eine Umkehr einleiten, um der auch für Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Vereinbarung gerecht zu werden, die Artenvielfalt zu erhalten bzw. zu fördern. Er vermisse die Empathie bei der Landwirtschaft, etwas zu ändern.

 

Herr Timmer erklärte, dass landwirtschaftliche Unternehmen Erträge erzielen und als landwirtschaftliche Unternehmen weiter existieren und existenzfähig bleiben müssten. Daher spiele es sehr wohl eine Rolle, dass die Maßnahmen sich zumindest wirtschaftlich trügen. Die Landwirte seien sich natürlich ihrer Verantwortung bewusst und setzten diese auch um.

Auf die Nachfrage von Frau Lechner erläuterte er, dass man die notwendigen Maßnahmen des Greenings nicht als belastend empfinde, eher der Paragraphendschungel, in dem man sich befinde und die einzuhaltenden Bestimmungen. Dies sei ein gewisser Hemmfaktor, die Maßnahmen euphorischer umzusetzen.

 

Frau Arndt stellte die Frage nach beispielsweise vorhandenen Kiebitzvorkommen, die man noch schützen könne. Vor Jahren sei der BUND von einem Landwirt darauf angesprochen worden, die Brutplätze zu markieren, um diese bei der Bewirtschaftung berücksichtigen zu können. Sie könne momentan nur sagen, wo keine Kiebitze mehr seien. Sie frage sich, wie man weiter verfahren könne.

 

Herr Krechel erläuterte, dass man im Rhein-Kreis Neuss nur noch wenige Stellen habe, an denen kleine Kiebitzpopulationen vorkämen. Dies seien zum Beispiel die Ilvericher Altrheinschlinge, die Rheinauen und der Bereich zwischen Anstel und Grevenbroich. Das von Herrn Große vorgestellte Programm sei durchaus geeignet, hier etwas zu bewirken. Das Land habe auch hierfür ein Maßnahmenpaket entworfen, das im Münsterland erprobt worden sei. Es müssten sich aber auch Landwirte bereit erklären, mitzumachen.

Die Grauammer gebe es nur noch extrem selten im Kreisgebiet. Im Münsterland sei sie aufgrund der Landbewirtschaftung an einem früheren Vorkommensstandort nahezu vollständig verschwunden. Dies sei kein Vorwurf an die Landwirtschaft. Es sei schwierig, dies unter einen Hut zu bringen und funktioniere nur, wenn ein entsprechender Ausgleich geleistet werde und Landwirte bereit seien, mitzumachen.

Auf die frage von Frau Lechner erläuterte er, dass der Kiebitz regelmäßig standorttreu sei, bei Bedarf aber auch benachbarte Flächen nehme, wenn es sich um offene Flächen handele.

 

Frau Lechner sah hier als Beispiel die Möglichkeit, wie Landwirte mit benachbarten Flächen im Wechsel eine Brutmöglichkeit für den Kiebitz schaffen könnten.

 

Frau Arndt bat Herrn Krechel um Übersendung von Informationsmaterial über die Maßnahmen zum Kiebitzschutz im Münsterland.

 

Herr Krechel sagte dies zu.

 

Herr Schmitz stellte fest, dass man eine große Menge an hilfreichen Informationen erhalten habe. Nachdem man nun über die möglichen Förderprogramme und deren Kombinationsmöglichkeiten informiert sei, sei es beim nächsten Treffen an der Zeit, die erhaltenen Informationen in praktische Vorstellungen über mögliche Maßnahmen umzusetzen. Er bat die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Runden Tisches, sich in diesem Sinne Gedanken für das nächste Treffen zu machen. Sinn des Runden Tisches sei es ja, solche Ideen speziell für die heimische Agrarlandschaft zu entwickeln.

 

Herr Reith schlug vor, den Verteiler des Runden Tisches der Biologischen Station mit diesem abzugleichen, so dass man langfristig vielleicht zu einem, dann etwas größeren Runden Tisch komme.

 

Her Schmitz verwies auf das geplante Gespräch zu diesem Thema, bei dem sicher auch dieser Vorschlag zur Sprache kommen werde.

 

Da keine weiteren Wortmeldungen mehr vorlagen, schloss Herr Schmitz das zweite Treffen des Runden Tisches um 20:10 Uhr mit Dank an alle Anwesenden.