Protokoll:

Herr Dr. Jansen vom Erftverband führt in seinem Powerpoint-Vortrag aus, dass formal betrachtet der Erftverband für Hochwasserschutzkonzepte gar nicht zuständig sei sondern die Kommunen.

 

Anmerkung der Schriftführung: Primär aus Lesbarkeitsgründen werden sämtliche Powerpoint-Vorträge der Papierversion der Niederschrift nicht angehängt, sondern auf der Homepage des Rhein-Kreises Neuss für alle verfügbar abgelegt. (Pfad: Verwaltung und Politik/ Politik und Wahlen/ Bürgerinfoportal/ Planungs-Klima- und Umweltausschuss/9.6.2022)

 

Nach der Flutkatastrophe in 2021 werde allerdings erstmalig ein übergeordnetes Konzept für die gesamte Erft erarbeitet, von der Quelle bis zur Mündung. Dahinter stecke eine neue Strategie, die eine interkommunale Kooperation darstelle. 14 Kommunen und 3 Kreise beteiligen sich bereits am Projekt. Herr Dr. Jansen hebt hervor, dass die 23 Regenrückhaltebecken im Einflussgebiet der Erft insgesamt bis zu 7 Millionen m3 Wasser zwischenspeichern können. Für den Hochwasserschutz höherwertiger einzustufen seien allerdings natürliche Überschwemmungsgebiete, z. B. in reaktivierten Auengebieten. Er verweist auf die gerade erst fertig gestellten Erftmäander in Gnadental. Auf solche Flächen können große Mengen an Überschusswasser ohne technische Maßnahmen hineinfließen und dann auf natürlichem Wege versickern. Herr Dr. Jansen betont, dass der Erftverband diesem interkommunalen Hochwasserschutzprojekt erst seit November 2021 vorstehe, nach intensiven Beratungen und Abstimmungen mit dem Landesumweltamt und den Bezirksregierungen. Er informiert über Arbeitsschwerpunkte dieser Kooperation und über Förderregelungen. Die beteiligten Kommunen bereichern diese Zusammenarbeit mit eigenen Ideen und Vorschlägen. Bei sog. Kick-Off Terminen habe man die Vorstellungen und Ideen der Partnerkommunen gesammelt. Er berichtet von Bürger-Workshops und über die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema.

Herr Dr. Jansen stellt heraus, dass es sich bei diesem Hochwasserschutzprojekt um eine dynamische und flexible, interkommunale Zusammenarbeit handle. Daher könne auch jeder ein- und austreten, wann er wolle.

Herr Wehrhahn erkundigt sich über die Mitarbeit der Kommunen. Herr Dr. Jansen antwortet, dass die Kooperationsmitglieder natürlich unterschiedlich aktiv seien, aber alle konstruktiv zusammen arbeiteten und er dabei auch eine gewisse Dynamik feststelle. Wichtig im Rahmen des Kooperationsprojektes sei die Klärung der Frage der Zuständigkeiten und der Verantwortlichkeiten. Herr Wehrhahn fragt, ob es möglich sei, bei extremen Hochwasserereignissen Wasser in die Tagebaue zu leiten und erkundigt sich zum Einfluss der Rekultivierungsmaßnahmen an der Erft. Herr Dr. Jansen antwortet, dass die Hochwasserpufferung durch die neu geschaffenen Auen enorm sei und dass im Rahmen der Projektarbeit zum Thema „Ableitung von Überschusswasser in die Tagebaue“ eine Machbarkeitsstudie erarbeitet werden solle.
Frau Steiner erkundigt sich zu technisch gesteuerten Poldern, zu Retentionsbecken und zum Einfluss eines ansteigenden Grundwasserspiegels. Herr Dr. Jansen betont, dass sich bei Hochwasserereignissen naturnahe Auen als Retentionsbecken ohne technische Steuerung von alleine füllen und wieder leeren und fügt hinzu, dass sich bei einem Grundwasseranstieg natürlich die Versickerungsleistungen reduzieren. Frau Hugo-Wissemann erkundigt sich zum Stand der Erft-Renaturierungen südlich des Rhein-Kreises Neuss. Herr Dr. Jansen betont, dass es sich im südlichen Verbandsgebiet ganz anders darstelle als etwa im Bereich Bergheim bis zur Erftmündung, alleine schon wegen des unterschiedlichen Reliefs. Im südlichen Bereich müsse daher über zusätzliche Regenrückhaltebecken nachgedacht werden, die dann auf Basis eines 100-jährigen Hochwassers (HQ100) berechnet werden. Er stellt heraus, dass es aber trotz aller Maßnahmen niemals eine hundertprozentige Sicherheit geben werde. Graf von Nesselrode erkundigt sich zu Maßnahmen an der Kreisgrenze zum Rhein-Erft-Kreis. Herr Dr. Jansen informiert, dass der Rhein-Erft Kreis anders als der Rhein-Kreis Neuss bereits Kooperationspartner sei und dass Hochwasserschutzmaßnahmen natürlich nicht an einer kommunalen Grenze enden. Herr Tressel erkundigt sich zu den Bürgerworkshops. Herr Dr. Jansen sagt, dass Bürger auf diesen Treffen z. B. auf Engstellen oder weitere Schwachstellen hinweisen, also auf Handlungsbedarfe für den Erftverband.

Frau Dr. Flick erkundigt sich zu Verantwortlichkeiten, Frau Küpper zu Versicherungsfragen. Herr Dr. Jansen betont, dass es diesbezüglich viele Anfragen insbesondere von privaten Objekteigentümern gebe, auch weil zukünftig neue Überschwemmungsgebiete ausgewiesen werden sollen. Dieses habe dann natürlich auch negative Auswirkungen auf die Versicherungskosten. Dr. Freiherr von Canstein fragt unter anderem zu Wasserspeichervolumina und zu Kosten/Nutzenaspekten. Herr Dr. Jansen fasst zusammen, dass dort, wo die Gewässer bei Überschwemmungen ausreichend Platz haben, in der Regel keine größeren Schäden entstünden. Primär in Gebieten mit Gebäuden, Straßen oder Bahntrassen in Gewässernähe und in Tallage, dort seien die enormen Schäden entstanden. Diese Bereiche, wo sich die Gewässer nicht ausbreiten können, werden auch weiterhin problematisch bleiben.
Herr Dr. Jansen
informiert, dass der Zeitraum von Planungsbeginn bis Fertigstellung eines großen Regenrückhaltebeckens ca. 20 Jahre betrage. Ein Hauptgrund: erhebliche Widerstände von vielerlei Seiten, die dann nur auf juristischem Wege geklärt werden können. Herr Schubert erkundigt sich zum Einfluss des Rheinhochwassers. Herr Dr. Jansen erklärt, dass der Erftverband nur für die Erft zuständig sei und Folgen eines Rheinhochwassers in dem Kooperationsprojekt daher nicht betrachtet werden.

 

Dezernent Mankowsky glaubt nicht, dass viele Bürger ihr Land freiwillig als Überflutungsfläche zur Verfügung stellen werden. Zu groß seien die Befürchtungen vor Nutzungsbeschränkungen und Wertverlust. Er bewertet die Aufgabe „Hochwasserschutz von der Quelle bis zur Mündung“ als sehr sinnvoll aber auch als sehr komplex. Herr Mankowsky und stellvertretender Vorsitzender Herr Wappenschmidt stehen dem interkommunalen Hochwasserschutzprojekt unter Leitung des Erftverbandes sehr aufgeschlossen gegenüber. Nach weiteren Beratungen, insbesondere mit den kreisangehörigen Kommunen, könne dann ein Beitritt zur Kooperation beschlossen werden.