Sitzung: 09.06.2022 Planungs-, Klimaschutz- und Umweltausschuss
Vorlage: 68/1423/XVII/2022
Protokoll:
Herr Dr. Jansen vom Erftverband führt in seinem
Powerpoint-Vortrag aus, dass formal betrachtet der Erftverband für
Hochwasserschutzkonzepte gar nicht zuständig sei sondern die Kommunen.
Anmerkung der Schriftführung: Primär aus
Lesbarkeitsgründen werden sämtliche Powerpoint-Vorträge der Papierversion der
Niederschrift nicht angehängt, sondern auf der Homepage des Rhein-Kreises Neuss
für alle verfügbar abgelegt. (Pfad: Verwaltung und Politik/ Politik und Wahlen/
Bürgerinfoportal/ Planungs-Klima- und Umweltausschuss/9.6.2022)
Nach der
Flutkatastrophe in 2021 werde allerdings erstmalig ein übergeordnetes Konzept
für die gesamte Erft erarbeitet, von der Quelle bis zur Mündung. Dahinter
stecke eine neue Strategie, die eine interkommunale Kooperation darstelle. 14
Kommunen und 3 Kreise beteiligen sich bereits am Projekt. Herr Dr. Jansen hebt hervor, dass die 23 Regenrückhaltebecken im
Einflussgebiet der Erft insgesamt bis zu 7 Millionen m3 Wasser
zwischenspeichern können. Für den Hochwasserschutz höherwertiger einzustufen
seien allerdings natürliche Überschwemmungsgebiete, z. B. in reaktivierten
Auengebieten. Er verweist auf die gerade erst fertig gestellten Erftmäander in
Gnadental. Auf solche Flächen können große Mengen an Überschusswasser ohne
technische Maßnahmen hineinfließen und dann auf natürlichem Wege versickern. Herr Dr. Jansen betont, dass der
Erftverband diesem interkommunalen Hochwasserschutzprojekt erst seit November
2021 vorstehe, nach intensiven Beratungen und Abstimmungen mit dem
Landesumweltamt und den Bezirksregierungen. Er informiert über
Arbeitsschwerpunkte dieser Kooperation und über Förderregelungen. Die
beteiligten Kommunen bereichern diese Zusammenarbeit mit eigenen Ideen und
Vorschlägen. Bei sog. Kick-Off Terminen habe man die Vorstellungen und Ideen
der Partnerkommunen gesammelt. Er berichtet von Bürger-Workshops und über die
Öffentlichkeitsarbeit zum Thema.
Herr Dr. Jansen
stellt heraus, dass es sich bei diesem Hochwasserschutzprojekt um eine
dynamische und flexible, interkommunale Zusammenarbeit handle. Daher könne auch
jeder ein- und austreten, wann er wolle.
Herr Wehrhahn
erkundigt sich über die Mitarbeit der Kommunen. Herr Dr. Jansen antwortet, dass die Kooperationsmitglieder
natürlich unterschiedlich aktiv seien, aber alle konstruktiv zusammen
arbeiteten und er dabei auch eine gewisse Dynamik feststelle. Wichtig im Rahmen
des Kooperationsprojektes sei die Klärung der Frage der Zuständigkeiten und der
Verantwortlichkeiten. Herr Wehrhahn
fragt, ob es möglich sei, bei extremen Hochwasserereignissen Wasser in die
Tagebaue zu leiten und erkundigt sich zum Einfluss der Rekultivierungsmaßnahmen
an der Erft. Herr Dr. Jansen
antwortet, dass die Hochwasserpufferung durch die neu geschaffenen Auen enorm
sei und dass im Rahmen der Projektarbeit zum Thema „Ableitung von
Überschusswasser in die Tagebaue“ eine Machbarkeitsstudie erarbeitet werden
solle.
Frau Steiner erkundigt sich zu
technisch gesteuerten Poldern, zu Retentionsbecken und zum Einfluss eines
ansteigenden Grundwasserspiegels. Herr
Dr. Jansen betont, dass sich bei Hochwasserereignissen naturnahe Auen als
Retentionsbecken ohne technische Steuerung von alleine füllen und wieder leeren
und fügt hinzu, dass sich bei einem Grundwasseranstieg natürlich die
Versickerungsleistungen reduzieren. Frau
Hugo-Wissemann erkundigt sich zum Stand der Erft-Renaturierungen südlich
des Rhein-Kreises Neuss. Herr Dr. Jansen
betont, dass es sich im südlichen Verbandsgebiet ganz anders darstelle als etwa
im Bereich Bergheim bis zur Erftmündung, alleine schon wegen des
unterschiedlichen Reliefs. Im südlichen Bereich müsse daher über zusätzliche
Regenrückhaltebecken nachgedacht werden, die dann auf Basis eines 100-jährigen
Hochwassers (HQ100) berechnet werden. Er stellt heraus, dass es aber trotz
aller Maßnahmen niemals eine hundertprozentige Sicherheit geben werde. Graf von Nesselrode erkundigt sich zu
Maßnahmen an der Kreisgrenze zum Rhein-Erft-Kreis. Herr Dr. Jansen informiert, dass der Rhein-Erft Kreis anders als
der Rhein-Kreis Neuss bereits Kooperationspartner sei und dass
Hochwasserschutzmaßnahmen natürlich nicht an einer kommunalen Grenze enden. Herr Tressel erkundigt sich zu den
Bürgerworkshops. Herr Dr. Jansen
sagt, dass Bürger auf diesen Treffen z. B. auf Engstellen oder weitere
Schwachstellen hinweisen, also auf Handlungsbedarfe für den Erftverband.
Frau Dr. Flick erkundigt sich zu Verantwortlichkeiten, Frau Küpper zu Versicherungsfragen. Herr Dr. Jansen betont, dass es
diesbezüglich viele Anfragen insbesondere von privaten Objekteigentümern gebe,
auch weil zukünftig neue Überschwemmungsgebiete ausgewiesen werden sollen.
Dieses habe dann natürlich auch negative Auswirkungen auf die
Versicherungskosten. Dr. Freiherr von Canstein
fragt unter anderem zu Wasserspeichervolumina und zu Kosten/Nutzenaspekten. Herr Dr. Jansen fasst zusammen, dass
dort, wo die Gewässer bei Überschwemmungen ausreichend Platz haben, in der
Regel keine größeren Schäden entstünden. Primär in Gebieten mit Gebäuden,
Straßen oder Bahntrassen in Gewässernähe und in Tallage, dort seien die enormen
Schäden entstanden. Diese Bereiche, wo sich die Gewässer nicht
ausbreiten können, werden auch weiterhin problematisch bleiben.
Herr Dr. Jansen informiert, dass der Zeitraum von Planungsbeginn bis
Fertigstellung eines großen Regenrückhaltebeckens ca. 20 Jahre betrage. Ein
Hauptgrund: erhebliche Widerstände von vielerlei Seiten, die dann nur auf
juristischem Wege geklärt werden können. Herr
Schubert erkundigt sich zum Einfluss des Rheinhochwassers. Herr Dr. Jansen erklärt, dass der
Erftverband nur für die Erft zuständig sei und Folgen eines Rheinhochwassers in
dem Kooperationsprojekt daher nicht betrachtet werden.
Dezernent Mankowsky glaubt nicht, dass viele Bürger ihr Land
freiwillig als Überflutungsfläche zur Verfügung stellen werden. Zu groß seien
die Befürchtungen vor Nutzungsbeschränkungen und Wertverlust. Er bewertet die
Aufgabe „Hochwasserschutz von der Quelle bis zur Mündung“ als sehr sinnvoll
aber auch als sehr komplex. Herr
Mankowsky und stellvertretender Vorsitzender Herr Wappenschmidt stehen
dem interkommunalen Hochwasserschutzprojekt unter Leitung des Erftverbandes
sehr aufgeschlossen gegenüber. Nach weiteren Beratungen, insbesondere mit den
kreisangehörigen Kommunen, könne dann ein Beitritt zur Kooperation beschlossen
werden.