Protokoll:

Herr Mauerhof, Leiter des Regionalforstamtes Niederrhein vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW, referiert über eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und Waldvermehrung im Zeichen des Klimawandels.

Anmerkung der Schriftführung: Primär aus Lesbarkeitsgründen werden sämtliche Powerpoint-Vorträge der Papierversion der Niederschrift nicht angehängt, sondern auf der Homepage des Rhein-Kreises Neuss für alle verfügbar abgelegt. (Pfad: Verwaltung und Politik/ Politik und Wahlen/ Bürgerinfoportal/ Planungs- Klima-und Umweltausschuss/ 18.8.2022)

Herr Mauerhof betont, dass 27 % der Fläche von NRW bewaldet sei. Zum Vergleich: Hessen und Rheinland-Pfalz führen als waldreichste Bundesländer mit jeweils 42 %, in Bayern liege der Waldanteil bei 35%. In NRW befänden sich 64 % der Wälder allerdings in privatem Eigentum. Dieser Anteil sei höher als in jedem anderen Bundesland. Herr Mauerhof informiert über die Waldflächen in den insgesamt 16 Regionalforstämtern in NRW. Der Rhein-Kreis-Neuss gehöre zum Regionalforstamt Niederrhein mit Sitz in Wesel. Laut Statistikatlas NRW beträgt die Waldfläche im Rhein-Kreis Neuss lediglich 7,4 %. Er hebt hervor, dass der Fichtenbestand seit 2018 in NRW um die Hälfte abgenommen habe. Ursachen hierfür: Stürme, Trockenheit und der Borkenkäferbefall. Herr Mauerhof führt aus, dass der Kiefernanteil im Bereich des Niederrheins 30 % betrage, Buche und Eiche kommen zusammen auf 27 %. Der Anteil der Fichte inklusive der Douglasie betrage zwar nur 6 %, wirtschaftlich gesehen sei aber insbesondere die Fichte sehr wichtig, weil sie zum einen schnell wachse und zum anderen sehr gut im Baubereich eingesetzt werden könne. Herr Mauerhof erklärt die waldbaulichen Ziele des Landes NRW. So sollen vor allem die Nutz-, die Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes gesichert und aufrechterhalten werden. Dazu sollen vitale, leistungsfähige und im Klimawandel möglichst widerstandsfähige Waldbestände etabliert werden, insbesondere Mischbestände unterschiedlichen Alters. Herr Mauerhof stellt in seinem Vortrag abschließend heraus, dass der Gemeinwohlleistung des Waldes gesellschaftlich mehr Anerkennung gezollt werden müsse.

Vorsitzender Herr Markert schlägt vor, zunächst alle drei Vorträge zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung anzuhören und erst danach in die Diskussion einzusteigen.

Herr Hrdy erkundigt sich zu Wildverbissen. Herr Mauerhof antwortet, dass der Wildverbiss durch zu hohe Tierbestände regional durchaus ein Problem darstelle.

Herr von Landsberg-Velen als Vertreter des Waldbauernverbandes NRW informiert, dass ein Drittel der Fläche von Deutschland bewaldet sei, umgerechnet 11,4 Millionen Hektar. Vor 50 Jahren seien es damals lediglich 9,9 Millionen Hektar gewesen. Herr von Landsberg-Velen führt aus, dass sich knapp 50 % der Waldfläche in Deutschland in privater Hand befänden, den Ländern gehören 29 % und der Kommunalwaldanteil liege bei 19 %. Er stellt heraus, dass 50 % der Privatwaldfläche den sogenannten Kleinstflächen zugeordnet werden, immerhin 25 % der gesamten Waldfläche in Deutschland. In Nordrhein-Westfahlen besitzen 150.000 Waldeigentümer durchschnittlich lediglich 4 ha, mit entsprechenden Folgen bei der Bewirtschaftung. Herr von Landsberg-Velen benennt für den Rhein-Kreis Neuss einen Waldflächenanteil von 8,3 %. 70 % dieser Fläche werden professionell beförstert. Er informiert über Niederschlagsmengen, Böden, einheimische und alternative Baumarten und schließlich über den Waldzustand im Klimawandel. Klimawandel bedeute: Weiter ansteigende Temperaturen in Verbindung mit extremer Trockenheit und die Anzahl der Orkane und Stürme nehme ebenfalls zu. Er belegt dieses mit statistisch abgesicherten Zahlen. Herr von Landsberg-Velen erklärt, dass dem Wald nur durch den Aufbau klimastabiler Mischwälder geholfen werden könne. Dazu gehöre auch eine Mischung aus einer natürlichen Verjüngung mit den bereits vorhandenen älteren Bäumen. Er spricht sich dafür aus, Holz als nachwachsenden, regionalen Rohstoff weiterhin zu nutzen, insbesondere auch das Nadelholz.
Nicht nur im Rhein-Kreis Neuss vertrocknen seit Jahren die Buchen, auch gebe es hier das Eschentriebsterben und die Rußrindenkrankheit. Schließlich weist er auf den steigenden Erholungsdruck in den Wäldern durch die Bevölkerung hin, mit entsprechenden Problemen.
Herr von Landsberg-Velen empfiehlt, die nichtorganisierten Waldflächen, zumeist die Kleinstflächen, in sogenannte Forstbetriebsgemeinschaften zu integrieren, um auch auf diesen Flächen eine professionelle Beförsterung durchzuführen. Schließlich lobt er das Waldvermehrungsprogramm des Kreises, den Waldanteil bis 2100 auf 12 % zu erhöhen. Allerdings sehe er die Umsetzung des Zieles durch Privateigentümer nicht gegeben, alleine schon aufgrund der hohen Grundstückspreise im Rhein-Kreis Neuss.

Abschließend berichtet Herr von Landsberg-Velen über eine Zielvereinbarung im Oberbergischen Kreis, wo unter Leitung der Kreisverwaltung alle Akteure, die mit Wäldern zu tun haben, die Wiederbewaldung vor Ort forcieren wollen. Informationen hierzu seien im Internet abrufbar.

Herr Kaiser fragt, ab welcher Größe statistisch betrachtet überhaupt von einem Wald gesprochen werde. Herr B von Landsberg-Velen antwortet: 0,5 ha. Frau Hugo-Wissemann erkundigt sich zu Ulmen und Linden. Herr Berno von Landsberg-Velen sagt, dass diese Baumarten wirtschaftlich keine Rolle spielen, unter Klimaschutzaspekten aber sicherlich interessant seien. Frau Kehl, Herr Mauerhof und Herr Berno von Landsberg-Velen diskutieren über weitere Baumarten, z. B. die Douglasie, die allerdings nicht zu den einheimischen Bäumen gerechnet werde, obwohl bereits seit über 100 Jahren in Deutschland kultiviert. Frau Steiner erkundigt sich zu CO2-Zertifikaten. Berno von Landsberg-Velen informiert, dass diese Zertifikate nur bei einer Neuaufforstung zum Tragen kommen, bei Wiederaufforstungen jedoch nicht. Herr Wappenschmidt erinnert daran, dass der Waldanteil im Rhein-Kreis Kreis bei lediglich 6 %, gelegen habe, als das Waldvermehrungsprogramm in 1988 beschlossen worden sei. Aktuell seien es 8,3 %. Im ersten Vortrag sei allerdings die Zahl 7,4 % genannt worden. Er bittet die Verwaltung um Aufklärung.

(Anmerkung der Schriftführung: Die Forstdienststelle des Rhein-Kreises Neuss antwortet wie folgt:

Die Berechnung des Waldanteils durch die Kreisforstdienststelle erfolgt auf Basis der Ermittlungen des Forstamtes Mönchengladbach, zuletzt von 2006. Die Waldfläche wurde mit 4.785 ha beziffert, dies entsprach 8,3% Waldanteil. Die Entwicklungen der kreiseigenen Waldflächen wurden fortgeschrieben. Erkenntnisse zur Entwicklung der Waldflächen anderer Eigentümer liegen nicht vor.

 

Eine Auswertung der NRW-Statistik ergab für 2021 einen Waldanteil im Rhein-Kreis Neuss von 7,6% (2020: 7,4%). Unter Berücksichtigung von Gehölzflächen, die bis 2016 nicht gesondert ausgewiesen wurden, liegt der Wald- und Gehölzanteil bei 9,4%.)

 

Insgesamt bewertet Herr Wappenschmidt die bisherigen Waldzuwachsraten positiv.

 

Als dritten Referenten zum Thema begrüßt Vorsitzender Herr Markert Herrn Kowalski vom NABU, Mitglied des Forstausschusses NRW des NABU. Herr Kowalski stellt zunächst die vielseitigen Ökosystemleistungen eines Waldes vor:

  • Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren
  • Wasserspeicher
  • Kühlung
  • Erholungsraum für die Menschen
  • Luftfilter
  • CO2 Speicher
  • Sauerstoffproduzent
  • Rohstofflieferant

Herr Kowalski informiert, dass sich die Kahlflächen in Deutschland bereits auf 300.000 ha ausgedehnt haben. Es stelle sich aktuell die Frage, Neuanpflanzungen vorzunehmen oder eine natürliche Wiederverwaldung zuzulassen. Er verweist darauf, dass es zurzeit kaum Setzlinge auf dem Markt gebe und dass bei der anhaltenden Trockenheit eine Neuanpflanzung problematisch sei. Selbst wenn bei einer natürlichen Wiederverwaldung anfänglich nur Birken und Holunder wachsen sollten, sei der Boden zumindest begrünt. Herr Kowalski betont, dass der Bund für die nächsten fünf Jahre insgesamt 900 Millionen Euro bereitstelle, um die Ökoleistungen des Waldes zu fördern. Dieses Förderprogramm könne sicherlich auch für die kommunalen Anstrengungen in Sachen Waldvermehrung genutzt werden. Herr Kowalski erklärt, dass der forcierte Anbau der Fichte in der Vergangenheit ein Fehler gewesen sei. Er empfiehlt, dass sich analog der Vorgehensweise im Oberbergischen Kreis alle Akteure aus dem Bereich Wald an einen Tisch setzen sollten.

 

Herr Quass erkundigt sich, warum es aktuell so schwer sei, Setzlinge zu kaufen. Herr Kowalski sagt, dass die Baumschulen mit solch einer Nachfrage nicht gerechnet haben. Graf von Nesselrode informiert über Grundsätzliches in der Forstwirtschaft. Herr Wappenschmidt erkundigt sich zur sogenannten Naturverjüngung und fragt den Kreisförster Herrn Kriegler zur Situation in den Wäldern des Rhein-Kreises Neuss. Herr Kriegler antwortet, dass die natürliche Waldverjüngung auf den Kreisflächen zurzeit nicht funktionieren könne, da dort der benötigte Altbestand noch nicht vorhanden sei. Er berichtet über den Zustand der Bäume. Auch dort gebe es Mangelerscheinungen, insbesondere durch die langanhaltenden Trockenphasen. Herr Kowalski spricht das Thema Bauholz an, kritisiert, dass sich die Sägewerke jahrelang hauptsächlich auf die Verarbeitung von Fichtenholz fokussiert haben und bedauert, dass Buchenholz zu über 80 % verfeuert werde.

Herr Werhahn verweist auf die hohe Bodenfruchtbarkeit im Rhein-Kreis Neuss und dass solche Böden seit jeher intensiv für die Produktion von Lebensmitteln genutzt werden. Vorsitzender Herr Markert, Graf von Nesselrode und Frau Hugo-Wissemann diskutieren weiter zum Thema „Waldvermehrung im Rhein-Kreis Neuss“.

Zum Thema „Bauholz aus Buche“ informiert Graf von Nesselrode, dass es diesbezüglich bereits diverse Anläufe gebe. Er gibt allerdings zu bedenken, dass die Buche aktuell großflächig abstürbe und die Zukunft dieser Baumart daher unsicher sei.

Abschließend verweist Herr Kowalski darauf, dass es nicht nur die Flächenkonkurrenz zwischen Land- und Forstwirtschaft gebe. Gewerbe- und Neubaugebiete, Infrastrukturprojekte aber auch der Freizeitsektor nehmen sehr viel Boden in Anspruch. Er betont, dass der Rhein-Kreis Neuss mit seinem Waldvermehrungsprogramm aber auf dem richtigen Wege sei. Herr von Landsberg-Velen und Herr Mauerhof schießen sich dieser Bewertung an. Alle drei Referenten betonen, dass sie dem Rhein-Kreis Neuss auch weiterhin gerne mit Rat und Tat gerne zur Verfügung stehen.