Sitzung: 02.03.2023 Planungs-, Klimaschutz- und Umweltausschuss
Vorlage: 61/2377/XVII/2023
Protokoll:
Anmerkung
der Schriftführung: Primär aus Lesbarkeitsgründen werden sämtliche
Powerpoint-Vorträge nicht der Papierversion der Niederschrift angehängt,
sondern auf der Homepage des Rhein-Kreises Neuss für alle verfügbar abgelegt.
(Pfad: Verwaltung und Politik/ Politik und Wahlen/Bürgerinfoportal/
Planungs-Klima- und Umweltausschuss/ 02.03.2023)
Frau
Grothe erinnert eingangs an
den genauen Projekttitel: „Schaffung eines Klimaschutzmanagements zur
Erstellung eines integrierten Klimaschutzkonzeptes für den Rhein-Kreis Neuss
für die eigenen Zuständigkeiten“. Sie berichtet über die bisherigen Aktivitäten
und betont, dass das Klimaschutzkonzept als wichtiger Baustein des
Klimawandelvorsorgekonzeptes wie geplant bis zum Frühjahr 2024 fertiggestellt
werde. Frau Grothe berichtet über
die Beteiligung der Akteure. Neben den Klimaschutzaktivitäten innerhalb der
Kreisverwaltung sei das Thema in Form einer umfassenden Informations- und
Öffentlichkeitsarbeit natürlich auch in die Bevölkerung getragen worden. Sie
verweist u. a. auf Vortragsreihen, Workshops, Energiespar-Tipps und die
Informationsarbeit an Schulen. Auf Initiative des Rhein-Kreises Neuss habe
zudem die Verbraucherzentrale NRW e. V. seit August 2022 ihr Beratungsangebot
erweitert. Frau Grothe informiert
über die acht Schritte, die bis zur Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes
abgearbeitet werden müssen und stellt den Projektzeitplan vor.
Frau
Brüggemann-Messing arbeitet mit
Schwerpunkt „Konzepterstellung“ für die
Fa. energielenker Projects GmbH, die als Dienstleister vom Rhein-Kreis Neuss
mit der eigentlichen Erstellung des Klimaschutzkonzeptes beauftragt worden sei.
Sie verweist auf die verschiedenen Handlungsfelder, die in Arbeitsgruppen bzw.
Workshops bearbeitet werden. Dazu gehören u.a. die Kreisentwicklung und die
Wirtschaftsförderung genauso wie eine klimaschonende Verwaltung und die Klima-
und Umweltbildung. Frau
Brüggemann-Messing informiert über Energie- und Treibhausgasbilanzen. Als
wesentliche Arbeitsgrundlage existiere ein Standardsystem für energetisch
bedingte Treibhausgasemissionen in Deutschland, die Bilanzierungs-Systematik
Kommunal, kurz BISKO. Dort können Daten über Treibhausgasemissionen aus
- privaten Haushalten,
- Gewerbe/Handel/Dienstleistungen, kurz GHD,
- dem Verkehrssektor,
- kommunalen Einrichtungen und
- Industrie (hier allerdings nur der Bereich Strombezug, Öl- und
Gasverbrauch)
bilanziert werden.
Sie informiert, dass die BISKO Methodik eine
energetisch bedingte Treibhaus-Bilanz erstellt. Industrielle THG-Emissionen,
entstanden außerhalb des Energiebezugs aus dem öffentlichen Netz, z. B. THG aus
der Herstellung von Produkten und/oder aus internen Produktionsprozessen, seien
nicht in diesen Bilanzen enthalten. Aus den Bereichen Abfall/Abwasser (z. B.
Emissionen aus der Kompostierung und aus Kläranlagen) und Landwirtschaft
(Tierhaltung, Düngung) seien überhaupt keine Datensätze eingeflossen, da diese nicht-energetisch
bedingten Emissionen nicht Teil der BISKO-Bilanzierung seien und zudem nur sehr
aufwendig zu ermitteln. Die Ergebnisse aus der BISKO-Bilanz erlauben eine gute
Vergleichbarkeit mit den Kommunen in Deutschland.
Frau Brüggemann-Messing stellt die Ergebnisse des Energieverbrauchs im
Rhein-Kreis Neuss vor. Auffällig, aber aufgrund der hohen Industriedichte im
Kreis natürlich nicht unerwartet, sei der hohe Energieverbrauch durch die
Industrie. Es folgen der Verkehrssektor und die privaten Haushalte. Um die
Entwicklung bis 2045 darstellen zu können, benötige man natürlich ein
Ausgangsjahr. Wegen der Auswirkungen von Corona auch auf den Energiesektor habe
man sich auf das Jahr 2019 geeinigt.
Frau Brüggemann-Messing stellt den Endenergieverbrauch nach Verwendung vor.
So werde 57 % für die Wärmeerzeugung verbraucht, 29 % für den Verkehr und 14 %
für Strom. Sie erklärt die Umrechnung von Energieverbrauch auf die Menge der
erzeugten Treibhausgas (THG) -Emissionen in sogenannte CO2-Äquivalente,
kurz CO2e. Sie betont, dass es sich bei den CO2e um eine
Maßeinheit zur Vereinheitlichung aller THG (mit Einrechnung von Stickoxiden und
Methan) handle.
Sie stellt heraus, dass der THG-Anteil, welcher die
Kreisverwaltung mit seinen Liegenschaften und der Fahrzeugflotte verursache,
bei 0,02 % der Gesamtmenge an CO2e im Kreisgebiet liege. Frau Brüggemann-Messing verweist an
dieser Stelle noch einmal darauf, dass die Emissionen aus den Bereichen Abfall,
Abwasser, aus Land- und Forstwirtschaft sowie teilweise der Industrie nicht in
diese Bilanzen eingeflossen seien.
Frau Brüggemann-Messing stellt
weitere Bilanzen zu den erzeugten Treibhausgasen und deren Mengenentwicklung
vor. Sie informiert, dass im Ausgangsjahr 2019 rund 17 % des anfallenden
Strombedarfs im Kreisgebiet aus erneuerbaren Energien gedeckt worden sei.
Aktuell erzeugt jeder Einwohner, unter
Berücksichtigung der energiebedingten Emissionen, im Rhein-Kreis Neuss 9 t CO2e pro
Jahr. Ziel sei eine ambitionierte Absenkung der Emissionen, um die
Treibhausgasneutralität im Rhein-Kreis Neuss zu erreichen. Hierzu seien so
wenige Emissionen wie möglich notwendig, die im Rahmen der noch anstehenden
Potenzialanalyse ermittelt werden müssten. Je nach Ergebnis der
Potenzialanalyse und der Szenarien, die noch betrachtet werden sollen, würden
sich die Pro-Kopfemissionen bei ca. 0,5 t CO2e im Jahr 2045
befinden. Frau Brüggemann-Messing
erklärt die verschiedenen Potenziale und Szenarien. Beispiele: Um wie viele
Prozentpunkte müssen die Emissionen aus dem Verkehrssektor gesenkt werden?
Welche Heizungssysteme müssen verstärkt eingesetzt werden? Und eine zentrale
Frage lautet: Welche Maßnahme hat überhaupt welche Wirkung?
Herr
Wappenschmidt erkundigt sich
zur Zielformulierung. Er fragt, inwieweit die Zahlen für den Kreis realistisch
seien, da hier ja nicht unbedingt der Bundesmix zutreffen müsse. Er erkundigt
sich zum Stand der Abstimmung mit den kreisangehörigen Kommunen, die teilweise
mit ihren Klimaschutzkonzepten viel früher begonnen haben. Kreisdirektor Brügge informiert, dass ein Entwurf für eine
Zielformulierung bereits vorliege, allerdings erst auf Arbeitsebene. Nach
interner Abstimmung werde der Politik zur weiteren Beratung eine ausformulierte
Zielformulierung zur Verfügung gestellt. Er betont, dass es beim Klimaschutz
nach wie vor eine intensive Zusammenarbeit mit den kreisangehörigen Kommunen
gebe, die koordinierende Funktion des Kreises von vielen als förderlich
bewertet werde.
Frau
Brüggemann-Messing informiert über
die Datengüte. So existiere beim lokalen Strom- und Gasverbrauch eine sehr
genaue Datengrundlage, da die verbrauchten Mengen bei den hiesigen
Netzbetreibern direkt abgerufen werden können. Das gleiche gelte auch für die
vorhandenen Heizungsarten. Letztendlich werden im Rahmen des BISKO-Standards
für diese lokalen Daten die Emissionen des Bundesstrommixes zugrunde gelegt.
Vorsitzender
Herr Markert schlägt aus
Zeitgründen vor, die Fragen direkt
nacheinander zu stellen und dann gebündelt zu antworten. Frau Steiner erkundigt sich zur Zielvereinbarung und deren
Verbindlichkeit. Herr Hrdy fragt, welchen Einfluss die lokalen Klimaschutzmaßnahmen auf das
Weltklima haben. Herr Werhahn möchte
wissen, inwieweit Wirtschaftsgüter, die im Kreis hergestellt, hier aber nicht
verbraucht sondern exportiert werden, mit in die Bilanz einfließen. Frau Hugo-Wissemann erkundigt sich zum
Klimawandelvorsorgekonzept und fragt, wie die Bürger über die
Klimaschutzveranstaltungen und Workshops informiert werden. Freiherr von Canstein führt aus, dass
Grundlagendaten auch mit weniger Aufwand ermittelt werden können. Er wünscht
Aussagen zu den Kosten bei Umsetzung der verschiedenen Szenarien.
Kreisdirektor
Brügge führt aus, dass die
Zielformulierung durch den Kreistag beschlossen werde, dann verbindlich für
Verwaltung und Politik. Er hoffe, dass die in Deutschland erfolgreich
durchgeführten Klimaschutzmaßnahmen mit dazu beitragen, dass sich weitere
Länder ebenfalls vermehrt für den Klimaschutz einzusetzen. Kreisdirektor Brügge betont, dass die Treibhausgasemissionen Jahr
für Jahr weiter reduziert werden müssen, Starkregenereignisse und Hitzeperioden
aber bereits heutzutage messbar zunehmen. Deswegen seien
Klimawandelvorsorgemaßnahmen mindestens genauso wichtig.
Er habe selbstverständlich nichts dagegen, dem Vorschlag aus dem Ausschuss zu
folgen, die Energieverbräuche in Deutschland auf die Einwohneranzahl
umzurechnen, dann den Energieverbrauch pro Einwohner mit der Kreisbevölkerung
zu multiplizieren und schließlich mit den im Projekt ermittelten Daten zu
vergleichen. Kreisdirektor Brügge
informiert, dass Angaben zu den Kosten durch die Umsetzung der verschiedenen
Maßnahmen im Rahmen des Projektes noch ermittelt und kommuniziert werden.
Frau
Grothe sagt, dass
„verlagerte“ Treibhausgasemissionen durch den Export nicht berücksichtigt
werden. Sie informiert, dass die Workshops zur Kreisentwicklung und
Wirtschaftsförderung sowie zum Strukturwandel in der Kreisverwaltung intern
organisiert werden. Die öffentlichen Veranstaltungen werden über die bekannten
Social-Media-Kanäle verbreitet, aber auch in der Presse und auf der Homepage
des Kreises angekündigt. Vorsitzender
Herr Markert regt an, die Ausschussmitglieder ggfs. separat auf solche
Veranstaltungen hinzuweisen.
Herr
Werhahn verweist auf die
vielen energieintensiven Betriebe im Rhein-Kreis Neuss. Bei Umrechnung der
Treibhausgase auf die Einwohner werden die Zahlen folglich immer über dem
Durchschnitt anderer Kommunen liegen. Herr
Ackburally fragt, ob auch später, wenn die abgestimmten Maßnahmen zum
Klimaschutz dann umgesetzt werden, weiterhin eng mit den kreisangehörigen
Kommunen zusammengearbeitet werde.
Frau
Brüggemann-Messing betont, dass die
Schwierigkeit, energieintensive mit eher ländlich geprägten Kommunen zu
vergleichen, natürlich bekannt sei. Solche Tatsachen werden aber mit in die
Potentialanalyse einfließen. Frau Grothe
bekräftigt, dass sich der Kreis selbstverständlich nicht bei den kommunal
beschlossenen Maßnahmen und deren Umsetzung einmische. Als Ansprechpartner
werde der Kreis nach wie vor gerne zur Verfügung stehen. Und selbstverständlich
können Maßnahmen, die im Projekt als erfolgversprechend bewertet werden, im
gesamten Kreis umgesetzt werden, wenn denn gewollt. Kreisdirektor Brügge betont, dass sicherlich keine Maßnahmen
gefördert werden, die den Strukturwandelprozess negativ beeinflussen. Frau Leiermann setzt sich dafür ein,
die Treibhausgasemissionen auch in der Abfallwirtschaft mit zu betrachten. Herr Küpper betont, dass bei allen
Überlegungen zur zukünftigen Abfallwirtschaft im Rhein-Kreis Neuss die
Energiebilanzen natürlich immer eine sehr wichtige Grundlage bilden.
Vorsitzender Herr Markert weist
ebenfalls auf die Bedeutung der Industrie hin,
insbesondere beim Transformationsprozess. Wirtschaftliche Leistungen mit
überregionaler Bedeutung sollen in den
Treibhausgasbilanzen daher gesondert berechnet werden.