Sitzung: 26.10.2023 Planungs-, Klimaschutz- und Umweltausschuss
Vorlage: 61/3353/XVII/2023
Protokoll:
Vorsitzender Herr Markert betont, dass er
im Vorfeld dieser Ausschusssitzung darüber informiert worden sei, dass zum
Thema Klimaschutzkonzept noch Beratungsbedarf bestehe und daher in der heutigen
Sitzung keine Beschlussempfehlung abgegeben werde solle, der Kreistag dann am
13.12.2023 beschließen werde.
Frau Brüggemann-Messing stellt in ihrem
Vortrag zunächst heraus, dass ein Klimaschutzkonzept immer dynamisch und
flexibel sein müsse, da sich viele Vorgaben, insbesondere auch von
gesetzgeberischer Seite im Laufe der Zeit nun mal ändern. Auch werden
Fördertöpfe geschlossen bzw. neu aufgelegt. Aufgrund dieser notwendigen
Flexibilität können neue Maßnahmen ins Konzept einfließen, verändert oder auch
ganz gestrichen werden.
(Anmerkung der Schriftführung: Primär aus Lesbarkeitsgründen werden
sämtliche Vorträge aus dem öffentlichen Teil der Tagesordnung auf der Homepage
des Rhein-Kreises Neuss abgelegt. Pfad: Verwaltung und Politik/ Politik und
Wahlen/ Bürgerinfoportal/ Planungs- Klima- und Umweltausschuss/ 26.10.2023)
Frau Brüggemann-Messing betont, dass das für den Rhein-Kreis Neuss erstellte Klimaschutzkonzept eine
Orientierung sei, einen Fahrplan darstelle. Sie verweist auf den
Maßnahmenkatalog, das Herzstück eines jeden Klimaschutzkonzeptes. Kommunale
Gebietskörperschaften können direkt und auch indirekt Einfluss auf den
Klimaschutz nehmen. Direkte Möglichkeiten gebe es z. B.
- beim Neubau und
bei der Sanierung von Gebäuden,
- beim Fuhrpark,
- bei der
Beschaffung,
- beim ÖPNV,
- bei der
Energieversorgung und der Abfallentsorgung,
- in der Bauleit-
und Flächennutzungsplanung und
- bei der Stadt- und
Verkehrsentwicklung.
Zum Bereich der indirekten Einflussnahmen gehören die Schwerpunkte
Beratung und Information.
Frau Brüggemann-Messing stellt heraus, dass
eine übergeordnete, strategische Planung und eine Begleitung zur Umsetzung der
Klimaschutzmaßnahmen vonnöten seien. Sie informiert über Vorgaben der
Fördergeldgeber, die einzuhalten seien. Sie stellt ein Klimaschutzszenario für
den Strom- und Wärmebedarf vor, ausgehend von der Vorcoronazeit in 2019 bis zum
Jahr 2045. Frau Brüggemann-Messing betont, dass sich der Strombedarf der
Haushalte, der Wirtschaft und des Verkehrs bis dahin weit mehr als verdoppeln
werde. Sie zeigt die Potenziale auf, wie der zukünftige Energiebedarf
insbesondere durch die Weiterentwicklung der Photovoltaik und der Windenergie
trotzdem gedeckt werden könne. Aktuell produziere jeder Einwohner im
Rhein-Kreis Neuss 9,42 t CO2e (CO2 Äquivalente) pro Jahr.
Das Ziel bis 2045: Reduktion um 91 % auf 0,8 t. Frau
Brüggemann-Messing informiert, dass eine „glatte Null“, also die
Treibhausneutralität, nicht erreicht werden könne, wenn sogenannte
Voremissionsketten, z. B. bei der Produktion von Photovoltaikmodulen in China
mit eingerechnet werden. Sie stellt schließlich die sechs Handlungsfelder aus
dem Klimakonzept vor:
- eine
klimaschonende Verwaltung,
- eine nachhaltige
und klimaschonende Kreisentwicklung,
- die Klima- und
Umweltbildung,
- erneuerbare
Energien,
- die
Klimafolgenanpassung und die interkommunale Zusammenarbeit
Frau Brüggemann-Messing informiert über Maßnahmen und Schwerpunkte aus diesen Handlungsfeldern, z. B.
über eine nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität, über die
Grundlagenschaffung für die Klimafolgenanpassung und stellt heraus, dass
Synergien effizient genutzt werden müssen.
Kreisdirektor Brügge fasst den dynamischen Weg bis zur Erstellung des vorgelegten
Klimaschutzkonzeptes zusammen. Er verweist diesbezüglich auf die
nachträgliche Integration des Schwerpunktes Klimafolgenanpassung. Kreisdirektor
Brügge führt aus, dass es sich bei diesem Konzept um eine Art lebendes
Papier handle, Anpassungen seien daher immer möglich und auch willkommen. Er
zieht Parallelen zum Baubereich, wo bis zur Umsetzung eines Bauprojektes im
Regelfalle auch immer nachgesteuert werden müsse. Kreisdirektor Brügge
informiert, dass die kreisangehörigen Kommunen immer einbezogen worden seien,
insbesondere um Dopplungen zu vermeiden.
Frau Hugo-Wisseman stellt auch für ihre
Fraktion einen Beratungsbedarf fest und betont, dass durch die geplante
Vorgehenswese, ohne heutige Beschlussempfehlung direkt im Kreistag zu
beschließen, nicht zu einem Zeitverlust führe. Sie fragt, ob die Treibhausgase
(THG) aus den hiesigen Kraftwerken mit betrachtet worden seien. Frau Brüggemann-Messing erklärt, dass Kraftwerksemissionen bundesweit erfasst
und dann auf die Kommunen und die Einwohner umgerechnet bzw. runtergebrochen
werden. So haben in Kraftwerken erzeugte THG und natürlich auch evt.
Stilllegungen Auswirkungen auf den Rhein-Kreis Neuss. Herr
Wappenschmidt erkundigt sich, warum im Rhein-Kreis Neuss pro Kopf mehr
THG erzeugt werde als im Bundesdurchschnitt und fragt, warum der Anteil der
Erneuerbaren hier unterhalb des Durchschnitts liege. Er vermisse, dass
inhaltlich zu wenig von den erfolgreichen Klimaschutzmaßnahmen aus den Kommunen
eingeflossen seien und regt an, dass vermehrt zielgruppenspezifisch gearbeitet
werden solle. Herr Wappenschmidt sieht es als positiv an, dass
zur Kostenfrage der einzelnen Maßnahmen noch in den Haushaltsberatungen diskutiert
werde solle. Er betont, dass seine Fraktion das vorgelegte Klimaschutzkonzept
von den Grundzügen her unterstütze.
Vorsitzender Herr Markert begrüßt, dass in Deutschland insbesondere die Verwaltungen bei der Umsetzung
von Klimaschutzmaßnahmen vorangehen. Frau Leiermann erkundigt sich, ob
die Emissionen aus der Landwirtschaft und aus der Abwasserbehandlung mit in die
Bilanzen eingeflossen seien. Sie fragt, warum der Bund bis 2045 anstrebe,
klimaneutral, also frei von THG zu sein, der Rhein-Kreis Neuss aber nur zu 91
%. Frau Brüggemann-Messing informiert, dass der geringere Anteil der
erneuerbaren Energiegewinnung im Rhein-Kreis Neuss an dem hier etwas
unterpräsentierten Wärmebereich liege. Darunter fallen z. B.
Solarthermieanlagen, Wärmepumpen und auch die Fernwärme. Da die Anzahl
insbesondere der Wärmepumpen im Kreisgebiet stetig zunehme, werden sich die
Zahlen in den nächsten Jahren aber wesentlich positiver darstellen. Ursachen
für die relativ hohe THG-Erzeugung im Kreis seien die hohe Industriedichte und
der Verkehrsbereich. Bei der vom Bund anvisierten 100 % THG-Neutralität seien
die Voremissionsketten nicht eingeflossen. Frau Brüggemann-Messing sagt,
dass die Emissionen aus der Landwirtschaft und der Abfallentsorgung in den rein
energiebedingten Bilanzen des Bundes (Bilanzierungs-Standard Kommunal, kurz
BISKO Standard) nicht aufgeführt werden. Es werden dort aber trotzdem ca. 85 %
aller THG- Emissionen erfasst.
Herr Nietsch sagt, dass der Klimaschutz ein
Irrweg sei. Klimaschutz sei kostenintensiv, schädige die Industrie und führe
letzten Endes zu einer Verarmung von Bevölkerungsteilen. Vorsitzender Herr
Markert bewertet den Beitrag von Herrn Nietsch kritisch und untermauert
seine Kritik mit einigen Beispielen, z. B. mit dem Meeresanstieg und den weiter
zunehmenden Wetterextremen.
Herr Tressel fragt, ob es eine
Übersicht über die Gesamtkosten für die Umsetzung des Klimaschutzprojektes
gebe, worin auch der Anteil der Fördermittel aufgelistet sei. Frau Grothe informiert über die anfallenden
Kosten für die nächsten drei Jahre, der Dauer der Anschlussförderung.
Frau Grothe berichtet, dass in Sachen
Energiemanagementstelle (EMS) zurzeit eine dritte Ausschreibung laufe. Werde
sich keine Fachkraft finden, müsse wohl über eine externe Lösung nachgedacht
werden. Frau Steiner sagt, dass es bei der Energieversorgung nicht nur
um die Reduzierung von Treibhausgasen gehe. Es sollen diesbezüglich auch die
Abhängigkeiten von anderen Ländern reduziert werden. Sie fragt, ob der Kreis
koordinierend bei der Förderung von Fernwärme mithelfen könne. Sie erwähnt als
Beispiel das geplante Rechenzentrum in Grevenbroich, wo große Mengen an Abwärme
entstehen werden. Kreisdirektor Brügge antwortet, dass der Kreis dieses
Thema für durchaus sinnvoll erachte und man dieses daher auch bereits im
Finanzausschuss besprochen habe. Allerdings können die vom Bund vorgesehenen
Förderprogramme nur von Städten und Gemeinden in Anspruch genommen werden. Kreisdirektor
Brügge betont, dass der Kreis die Kommunen bereits angeschrieben und
angeboten habe, unterstützend helfen zu wollen, z. B. benötigte Daten zur
Verfügung zu stellen bzw. koordinierend tätig zu werden.
Er stellt abschließend klar, dass der Kreistag am 13.12.2023
förderrechtlich formal ein Klimaschutzkonzept beschließen müsse, da ansonsten
die Rückzahlung von Fördergeldern drohe.
Vorsitzender Herr Markert fasst zusammen,
dass allgemeines Einvernehmen bestehe, die von der Verwaltung vorgelegte
Beschlussempfehlung in eine Kenntnisnahme umzuwandeln. Über das
Klimaschutzkonzept des Kreises werde dann final in der Dezembersitzung des
Kreistages entschieden. Falls in den Beratungen der Fraktionen bis dahin Bedarf
an weiteren Informationen bestehe, werden Vertreter der Verwaltung sicherlich
gerne zur Verfügung stehen.
Herr Nietsch gibt zu Protokoll,
dass er im Kreisumweltausschuss bis dato noch nie das Demokratieprinzip in
Frage gestellt habe.