Protokoll:

Vorsitzender Herr Markert betont, dass er im Vorfeld dieser Ausschusssitzung darüber informiert worden sei, dass zum Thema Klimaschutzkonzept noch Beratungsbedarf bestehe und daher in der heutigen Sitzung keine Beschlussempfehlung abgegeben werde solle, der Kreistag dann am 13.12.2023 beschließen werde.

Frau Brüggemann-Messing stellt in ihrem Vortrag zunächst heraus, dass ein Klimaschutzkonzept immer dynamisch und flexibel sein müsse, da sich viele Vorgaben, insbesondere auch von gesetzgeberischer Seite im Laufe der Zeit nun mal ändern. Auch werden Fördertöpfe geschlossen bzw. neu aufgelegt. Aufgrund dieser notwendigen Flexibilität können neue Maßnahmen ins Konzept einfließen, verändert oder auch ganz gestrichen werden.

 

(Anmerkung der Schriftführung: Primär aus Lesbarkeitsgründen werden sämtliche Vorträge aus dem öffentlichen Teil der Tagesordnung auf der Homepage des Rhein-Kreises Neuss abgelegt. Pfad: Verwaltung und Politik/ Politik und Wahlen/ Bürgerinfoportal/ Planungs- Klima- und Umweltausschuss/ 26.10.2023)

 

Frau Brüggemann-Messing betont, dass das für den Rhein-Kreis Neuss erstellte Klimaschutzkonzept eine Orientierung sei, einen Fahrplan darstelle. Sie verweist auf den Maßnahmenkatalog, das Herzstück eines jeden Klimaschutzkonzeptes. Kommunale Gebietskörperschaften können direkt und auch indirekt Einfluss auf den Klimaschutz nehmen. Direkte Möglichkeiten gebe es z. B.

  • beim Neubau und bei der Sanierung von Gebäuden,
  • beim Fuhrpark,
  • bei der Beschaffung,
  • beim ÖPNV,
  • bei der Energieversorgung und der Abfallentsorgung,
  • in der Bauleit- und Flächennutzungsplanung und
  • bei der Stadt- und Verkehrsentwicklung.

Zum Bereich der indirekten Einflussnahmen gehören die Schwerpunkte Beratung und Information.

 

Frau Brüggemann-Messing stellt heraus, dass eine übergeordnete, strategische Planung und eine Begleitung zur Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen vonnöten seien. Sie informiert über Vorgaben der Fördergeldgeber, die einzuhalten seien. Sie stellt ein Klimaschutzszenario für den Strom- und Wärmebedarf vor, ausgehend von der Vorcoronazeit in 2019 bis zum Jahr 2045. Frau Brüggemann-Messing betont, dass sich der Strombedarf der Haushalte, der Wirtschaft und des Verkehrs bis dahin weit mehr als verdoppeln werde. Sie zeigt die Potenziale auf, wie der zukünftige Energiebedarf insbesondere durch die Weiterentwicklung der Photovoltaik und der Windenergie trotzdem gedeckt werden könne. Aktuell produziere jeder Einwohner im Rhein-Kreis Neuss 9,42 t CO2e (CO2 Äquivalente) pro Jahr. Das Ziel bis 2045: Reduktion um 91 % auf 0,8 t. Frau Brüggemann-Messing informiert, dass eine „glatte Null“, also die Treibhausneutralität, nicht erreicht werden könne, wenn sogenannte Voremissionsketten, z. B. bei der Produktion von Photovoltaikmodulen in China mit eingerechnet werden. Sie stellt schließlich die sechs Handlungsfelder aus dem Klimakonzept vor:

 

  • eine klimaschonende Verwaltung,
  • eine nachhaltige und klimaschonende Kreisentwicklung,
  • die Klima- und Umweltbildung,
  • erneuerbare Energien,
  • die Klimafolgenanpassung und die interkommunale Zusammenarbeit

Frau Brüggemann-Messing informiert über Maßnahmen und Schwerpunkte aus diesen Handlungsfeldern, z. B. über eine nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität, über die Grundlagenschaffung für die Klimafolgenanpassung und stellt heraus, dass Synergien effizient genutzt werden müssen.

 

Kreisdirektor Brügge fasst den dynamischen Weg bis zur Erstellung des vorgelegten Klimaschutzkonzeptes zusammen. Er verweist diesbezüglich auf die nachträgliche Integration des Schwerpunktes Klimafolgenanpassung. Kreisdirektor Brügge führt aus, dass es sich bei diesem Konzept um eine Art lebendes Papier handle, Anpassungen seien daher immer möglich und auch willkommen. Er zieht Parallelen zum Baubereich, wo bis zur Umsetzung eines Bauprojektes im Regelfalle auch immer nachgesteuert werden müsse. Kreisdirektor Brügge informiert, dass die kreisangehörigen Kommunen immer einbezogen worden seien, insbesondere um Dopplungen zu vermeiden.

 

Frau Hugo-Wisseman stellt auch für ihre Fraktion einen Beratungsbedarf fest und betont, dass durch die geplante Vorgehenswese, ohne heutige Beschlussempfehlung direkt im Kreistag zu beschließen, nicht zu einem Zeitverlust führe. Sie fragt, ob die Treibhausgase (THG) aus den hiesigen Kraftwerken mit betrachtet worden seien. Frau Brüggemann-Messing erklärt, dass Kraftwerksemissionen bundesweit erfasst und dann auf die Kommunen und die Einwohner umgerechnet bzw. runtergebrochen werden. So haben in Kraftwerken erzeugte THG und natürlich auch evt. Stilllegungen Auswirkungen auf den Rhein-Kreis Neuss. Herr Wappenschmidt erkundigt sich, warum im Rhein-Kreis Neuss pro Kopf mehr THG erzeugt werde als im Bundesdurchschnitt und fragt, warum der Anteil der Erneuerbaren hier unterhalb des Durchschnitts liege. Er vermisse, dass inhaltlich zu wenig von den erfolgreichen Klimaschutzmaßnahmen aus den Kommunen eingeflossen seien und regt an, dass vermehrt zielgruppenspezifisch gearbeitet werden solle. Herr Wappenschmidt sieht es als positiv an, dass zur Kostenfrage der einzelnen Maßnahmen noch in den Haushaltsberatungen diskutiert werde solle. Er betont, dass seine Fraktion das vorgelegte Klimaschutzkonzept von den Grundzügen her unterstütze.

 

Vorsitzender Herr Markert begrüßt, dass in Deutschland insbesondere die Verwaltungen bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen vorangehen. Frau Leiermann erkundigt sich, ob die Emissionen aus der Landwirtschaft und aus der Abwasserbehandlung mit in die Bilanzen eingeflossen seien. Sie fragt, warum der Bund bis 2045 anstrebe, klimaneutral, also frei von THG zu sein, der Rhein-Kreis Neuss aber nur zu 91 %. Frau Brüggemann-Messing informiert, dass der geringere Anteil der erneuerbaren Energiegewinnung im Rhein-Kreis Neuss an dem hier etwas unterpräsentierten Wärmebereich liege. Darunter fallen z. B. Solarthermieanlagen, Wärmepumpen und auch die Fernwärme. Da die Anzahl insbesondere der Wärmepumpen im Kreisgebiet stetig zunehme, werden sich die Zahlen in den nächsten Jahren aber wesentlich positiver darstellen. Ursachen für die relativ hohe THG-Erzeugung im Kreis seien die hohe Industriedichte und der Verkehrsbereich. Bei der vom Bund anvisierten 100 % THG-Neutralität seien die Voremissionsketten nicht eingeflossen. Frau Brüggemann-Messing sagt, dass die Emissionen aus der Landwirtschaft und der Abfallentsorgung in den rein energiebedingten Bilanzen des Bundes (Bilanzierungs-Standard Kommunal, kurz BISKO Standard) nicht aufgeführt werden. Es werden dort aber trotzdem ca. 85 % aller THG- Emissionen erfasst.
Herr Nietsch sagt, dass der Klimaschutz ein Irrweg sei. Klimaschutz sei kostenintensiv, schädige die Industrie und führe letzten Endes zu einer Verarmung von Bevölkerungsteilen. Vorsitzender Herr Markert bewertet den Beitrag von Herrn Nietsch kritisch und untermauert seine Kritik mit einigen Beispielen, z. B. mit dem Meeresanstieg und den weiter zunehmenden Wetterextremen.

 

Herr Tressel fragt, ob es eine Übersicht über die Gesamtkosten für die Umsetzung des Klimaschutzprojektes gebe, worin auch der Anteil der Fördermittel aufgelistet sei. Frau Grothe informiert über die anfallenden Kosten für die nächsten drei Jahre, der Dauer der Anschlussförderung.

 

Frau Grothe berichtet, dass in Sachen Energiemanagementstelle (EMS) zurzeit eine dritte Ausschreibung laufe. Werde sich keine Fachkraft finden, müsse wohl über eine externe Lösung nachgedacht werden. Frau Steiner sagt, dass es bei der Energieversorgung nicht nur um die Reduzierung von Treibhausgasen gehe. Es sollen diesbezüglich auch die Abhängigkeiten von anderen Ländern reduziert werden. Sie fragt, ob der Kreis koordinierend bei der Förderung von Fernwärme mithelfen könne. Sie erwähnt als Beispiel das geplante Rechenzentrum in Grevenbroich, wo große Mengen an Abwärme entstehen werden. Kreisdirektor Brügge antwortet, dass der Kreis dieses Thema für durchaus sinnvoll erachte und man dieses daher auch bereits im Finanzausschuss besprochen habe. Allerdings können die vom Bund vorgesehenen Förderprogramme nur von Städten und Gemeinden in Anspruch genommen werden. Kreisdirektor Brügge betont, dass der Kreis die Kommunen bereits angeschrieben und angeboten habe, unterstützend helfen zu wollen, z. B. benötigte Daten zur Verfügung zu stellen bzw. koordinierend tätig zu werden. 

 

Er stellt abschließend klar, dass der Kreistag am 13.12.2023 förderrechtlich formal ein Klimaschutzkonzept beschließen müsse, da ansonsten die Rückzahlung von Fördergeldern drohe.

 

Vorsitzender Herr Markert fasst zusammen, dass allgemeines Einvernehmen bestehe, die von der Verwaltung vorgelegte Beschlussempfehlung in eine Kenntnisnahme umzuwandeln. Über das Klimaschutzkonzept des Kreises werde dann final in der Dezembersitzung des Kreistages entschieden. Falls in den Beratungen der Fraktionen bis dahin Bedarf an weiteren Informationen bestehe, werden Vertreter der Verwaltung sicherlich gerne zur Verfügung stehen.

 

Herr Nietsch gibt zu Protokoll, dass er im Kreisumweltausschuss bis dato noch nie das Demokratieprinzip in Frage gestellt habe.