Sitzung: 22.02.2024 Planungs-, Klimaschutz- und Umweltausschuss
Vorlage: 68/3933/XVII/2024
Beschluss:
Der Planungs-,
Klimaschutz – und Umweltausschuss empfiehlt dem Kreistag, die Verwaltung zu
beauftragen, die Variante Neubau mit Wertstoffsortierung umzusetzen.
Protokoll:
Herr Wegkamp
vom beauftragten Gutachterbüro pbo Ingenieurgesellschaft mbH, Aachen,
informiert über aktuelle Untersuchungsergebnisse zur zukünftigen
Abfallwirtschaft im Bereich der Wertstoffsortier- und Abfallbehandlungsanlage
(WSAA), über die beiden Varianten „Wertstoffsortierung“ und „reiner Umschlag zu
thermischen Verwertungsanlagen“. Er stellt heraus, dass damit eine solide
Vorlage für den Kreistag in Sachen Variantenentscheidung geschaffen worden sei.
(Anmerkung der Schriftführung: Primär aus
Lesbarkeitsgründen werden sämtliche Vorträge aus dem öffentlichen Teil der
Tagesordnung auf der Homepage des Rhein-Kreises Neuss abgelegt. Pfad:
Verwaltung und Politik/ Politik und Wahlen/ Bürgerinfoportal/ Planungs- Klima-
Umweltausschuss/ 22.02.2024)
Herr Wegkamp
erinnert an die Schwerpunktthemen, die zuletzt in der Ausschusssitzung am
26.10.2023 diskutiert worden seien:
- Fördermöglichkeiten
- Analyse der Restmüllzusammensetzung
- Tragwerksüberprüfungen der vorhandenen MBA-Hallen
- Wirtschaftlichkeit der beiden Varianten,
- Verwertungswege von aussortierten Kunststoffen
Herr Wegkamp
informiert ausführlich über diese Schwerpunktthemen. In Sachen
„Fördermöglichkeit“ stellt er fest, dass Fördermöglichkeiten grundsätzlich
vorhanden seien, bei der Kostenbetrachtung aufgrund der Unsicherheiten
allerdings nicht berücksichtigt werden. Er hebt hervor, dass die Abfallanalyse
nunmehr abgeschlossen worden sei. Der Kunststoffgehalt sei mit einem Anteil von
16 % deutlich höher als erwartet, der Organikanteil mit 30 % dagegen deutlich
geringer. Herr Wegkamp weist aber darauf hin, dass im Rhein-Kreis Neuss
66 kg Organik pro Einwohner und Jahr über die Restmülltonne entsorgt werden,
weit über dem bundesdeutschen Durchschnitt in Höhe von 50 kg. Daher solle der
Organikanteil im Restmüll weiter reduziert werden.
Die zweite fachtechnische Stellungnahme zur
Fachwerksprüfung liege inzwischen vor. Die Ergebnisse der Erstprüfung seien
bestätigt worden. So gebe es derzeit keine Bedenken gegen den Weiterbetrieb der
Maschinen-/Rottehalle. Allerdings ist mit einer exponentiellen Zunahme der
Schäden am Tragwerk zu rechnen.
Herr Wegkamp
informiert über Neubauten und diversen Umnutzungen bei der Umschlagsvariante
und bei der Wertstoffsortierung. Schließlich stellt er eine Schätzung der
Investitionskosten vor. Demnach fallen bei der Variante Wertstoffsortierung mit
über 22 Mio. € doppelt so hohe Kosten wie beim reinen Umschlag mit ca. 11 Mio.
€ an.
Daneben werden – egal bei welcher Variante –
voraussichtlich weitere Kosten anfallen, z.B. für die Asphaltierung anliegender
Flächen, die Entwässerung oder für die Beseitigung von Belastungen aufgrund von
Brandereignissen.
Er berichtet über verschiedene Szenarien bei den
Entwicklungen der Verbrennungskosten und des Kunststoffverwertungspreises.
Schließlich stellt er einen fiktiven Gebührenvergleich vor. Dabei sei die
aktuelle Situation auf das Jahr 2026 hochgerechnet worden. Die Mehrkosten
liegen demnach im ersten Jahr beim Umschlag bei 0,14 € pro Einwohner und je
nach Modellberechnung zwischen 0,47 € und 4,32 € bei der Wertstoffsortierung.
Weitere Schwerpunkte in seinem Vortrag bilden die Energieverbräuche, die
Energieerzeugung und CO2 -Bilanzen. Herr Wegkamp stellt die
Gesamtbewertung der Varianten vor. Der reine Umschlag erziele 9,2 Punkte, die
Wertstoffverwertung je nach Modell zwischen 8,8 und 9,3 Punkten.
Herr Wegkamp
fasst zusammen:
- Die Verbrennungspreise werden zukünftig eher ansteigen, sodass die
Wertstoffsortierung wirtschaftlicher werden könne
- Der Bedarf an Recyclingkunststoffen werde zukünftig steigen, mit
entsprechenden Vorteilen bei der Wertstoffvariante
- Allerdings müsse bei der Wertstoffvariante mit steigenden
Gemeinkosten wie höheren Personalkosten gerechnet werden
- Fördergelder bei den Investitionskosten wären für die
Wertstoffvariante natürlich sehr vorteilhaft
Herr Wegkamp
betont, dass die Wertstoffvariante mehr Chancen als Risiken biete. Zum Zeitplan
sagt er, dass selbst bei sofortiger Entscheidung eine Inbetriebnahme nicht vor
Sommer 2026 erfolgen könne.
Aus gegebenem Anlass verweist Vorsitzender Herr
Markert darauf, dass laut Geschäftsordnung des Kreistags Film- und
Fotoaufnahmen nur mit Einwilligung des Landrates gemacht werden dürfen.
Herr Rausch
erkundigt sich zur Rentabilität bei der Wertstoffvariante. Frau Leiermann
fragt zum geplanten Standort der Umschlagshalle. Herr Werhahn erinnert
daran, dass sich die WSAA in der Anfangszeit finanziell nicht gerechnet habe,
nunmehr rückblickend aber umso mehr. Er betont, dass nach 30 Jahren wieder eine
Grundsatzentscheidung in der Abfallwirtschaft des Kreises gefällt werden müsse,
wiederum zukunftsweisend. Herr Werhahn betont, dass aufgrund aller
Unwägbarkeiten im Bereich der Abfallentwicklung niemand voraussagen könne, ab
welchem Jahr sich denn eine Wertstoffauskopplung rentieren werde. Herr
Wappenschmidt sagt, dass eine Entscheidung in Sachen Freiflächen-PV erst
gefällt werden solle, wenn die Wirtschaftlichkeit geklärt sei, also Zahlen von
externen Stromeinkäufern vorgelegt werden. Er fragt zu den Kosten bei einer
eventuell notwendigen Bodensanierung unter den Pflasterflächen. Des Weiteren
möchte er wissen, ob durch den Verzicht auf die Rotte Arbeitsplätze in Gefahr
seien. Herr Küpper antwortet, dass unabhängig von der
Variantenentscheidung niemand arbeitslos werde. Dieses sei mit EGN vorab
abgestimmt worden. Zu den potentiellen Bodensanierungen unterhalb der
gepflasterten Flächen könne aktuell noch nichts gesagt werden, da der Kreis
sich zurzeit mit der Bezirksregierung Düsseldorf als Genehmigungsbehörde
diesbezüglich abstimme.
Vorsitzender Herr Markert leitet die Abstimmungsphase ein. Herr
Wappenschmidt sagt, dass sich die CDU-Fraktion für die Wertstoffvariante
entscheiden werde. Er gibt dafür umweltpolitische Gründe an, verweist auf die
Einsparung von ca. 22.000 t CO2 pro Jahr und führt aus, dass bei der
Wertstoffvariante eine voraussichtliche Gebührenerhöhung in Höhe von ca. 1 €
pro Einwohner und Jahr vertretbar seien. Frau Hugo-Wissemann betont,
dass die SPD sich bereits in der Vergangenheit immer für eine
Wertstoffsortierung ausgesprochen habe. Durch die Arbeiten des Gutachterbüros
pbo sehe sich die SPD bestätigt, dass die Wertstoffabtrennung auch
zukunftsträchtig sei. Frau Leiermann schließt sich den Ausführungen an
und hofft, dass sich durch die Kunststoffseparation aus dem Restabfall auch
Firmen aus der Recyclingbranche im Kreis ansiedeln werden. Herr Tressel
betont, dass eine Wertstoffseparation wirtschaftlich sei und ergänzt, dass mit
Einführung verschiedener Trennverfahren in der Zukunft auch eine gewisse
Flexibilität geschaffen werde. Herr Rausch liest eine Stellungnahme von
Herrn Nietsch von der AfD vor, die sich vorrangig wg. des Kostenrisikos für die
Variante Umschlag ausspreche. Herr Krause sagt für die UWG, dass es sich
bei der Wertstoffvariante um eine sinnvolle Investition zum Ressourcenschutz
handle.
Vorsitzender Herr Markert lässt abstimmen und stellt fest, dass sich bis auf
die eine Gegenstimme der AfD alle Mitglieder des Ausschusses für die
Wertstoffvariante aussprechen. Damit wird dem Kreistag empfohlen zu
beschließen, diese Variante von der Verwaltung umsetzen zu lassen. Er verweist
diesbezüglich auf den bereits seit Jahrzehnten anhaltenden Konsens bei
abfallwirtschaftlichen Fragen im Kreis.
Abstimmungsergebnis:
Mehrheitlich
beschlossen mit einer Gegenstimme