Betreff
Erweiterung des Gruppenklärwerks Nordkanal, Stadt Kaarst
Vorlage
68/0914/XVI/2015
Aktenzeichen
68.4-40.01-4-124-15
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde erhebt keinen Widerspruch gegen die Gewährung von Befreiung gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG für die Erweiterung des Gruppenklärwerks Nordkanal des Erftverbandes entsprechend den vorgelegten Plänen.


Sachverhalt:

Der Erftverband beabsichtigt die Erweiterung des Gruppenklärwerks Nordkanal in der Stadt Kaarst (s. Bestandsplan). Vorgesehen ist die Nachrüstung mit einer anaeroben Schlammstabilisierung zur Gewinnung von Faulgas zur Gewinnung von Energie in Form von Strom und Wärme. Notwendige Anlagen hierzu sind Vorklärbecken, Siebanlage, Pumpwerke, Maschinengebäude, Faul- und Gasbehälter (s. Maßnahmenplan, rote Darstellung).

 

Der Standort der Anlage liegt nach dem Landschaftsplan III - Meerbusch / Kaarst / Korschenbroich - im festgesetzten Landschaftsschutzgebiet 6.2.2.7 "Kaarster Graben / Nordkanal". Die Festsetzungen des Landschaftsplanes untersagen im Landschaftsschutzgebiet grundsätzlich die Errichtung und Änderung baulicher Anlagen. Von diesen Verboten kann gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG auf Antrag durch die Untere Landschaftsbehörde Befreiung gewährt werden, wenn

 

1.         dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder

2.         die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.

 

Der Erftverband hat für die geplante Erweiterung einen Befreiungsantrag vorgelegt.

 

Die Errichtung der erforderlichen Anlagen erfolgt teilweise innerhalb des Kläranlagengeländes, teilweise auch außerhalb, wobei hierbei umliegende Sichtschutzpflanzungen und ein Teil einer anliegenden Waldfläche in Anspruch genommen werden muss (s. Konfliktplan, rote Darstellung). Eine Kompensation ist über ein Ökokonto oder die Anlage neuer Waldflächen vorgesehen. Sollte dies nicht möglich sein, wird ein Ersatzgeld festgesetzt. Die Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen auf dem Kläranlagengelände ist mangels verfügbarer Fläche nicht möglich.

 

Die Verwendung der gewinnbaren Faulgase aus dem Kläranlagenbetrieb zur Nutzung des energetischen Potentials ist sinnvoll und liegt im öffentlichen Interesse. Ein alternativer Standort ist nicht gegeben. Das Kläranlagengelände liegt vollständig im umgebenden Landschaftsschutzgebiet. Die Erweiterungsflächen greifen im Nordwesten des Klärwerks in die Sichtschutzeingrünung und die anliegenden Waldflächen ein, im Südwesten in die Eingrünung des Geländes. Die temporär in Anspruch zu nehmenden Flächen (z. B. Baustellenzufahrt, Baustelleneinrichtung- und Lagerfläche) werden nach Beendigung der Baumaßnahme wieder hergestellt. Die Sichtschutzeingrünung des Klärwerks wird gesichert.

Die Rodung der Gehölze soll im Herbst/Winter 2015/2016 erfolgen. Nachtarbeiten bei Licht werden nicht durchgeführt.

 

Eine artenschutzfachliche Einschätzung lässt keine Realisierung von Verbotstatbeständen nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erwarten, wenn die dort vorgeschlagenen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen umgesetzt werden. Dem kann zugestimmt werden. Ausnahmen gem. § 45 BNatSchG sind nicht erforderlich.

 

Zur detaillierten Eingriffsbewertung und der Bewertung aus Sicht des Artenschutzes wird auf die beiliegende Landschaftspflegerische Begleitplanung und die Artenschutzprüfung verwiesen.

 

Insgesamt überwiegt das öffentliche Interesse an der Nutzung des Energiepotentials der gewinnbaren Gase in diesem Fall die Belange unbeeinträchtigter Natur und Landschaft.

 

Die Untere Landschaftsbehörde beabsichtigt die Gewährung von Befreiung gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG. Die Landschaftspflegerische Begleitplanung mit Vermeidungs-, Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen und das Artenschutzgutachten mit Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen werden verpflichtender Bestandteil der Zulassung (Genehmigung nach § 60 Abs. 7 WHG i. V. m. § 58 Abs. 2 LWG NRW durch die Bezirksregierung Düsseldorf).