Beschlussempfehlung:
Der Beirat bei der
Unteren Landschaftsbehörde empfiehlt dem Kreistag, der 48. Änderung des
Flächennutzungsplanes der Gemeinde Rommerskirchen im Verfahren nach § 29 Abs. 4
LG NRW nicht zu widersprechen, mit der Maßgabe, dass Eingriffe in den
geschützten Landschaftsbestandteil weitestgehend vermieden und seine Funktionen
gemäß der Festsetzung des Landschaftsplans des Rhein-Kreises Neuss im
verbleibenden Teil bestmöglich erhalten werden.
Sachverhalt:
Die Gemeinde
Rommerskirchen plant derzeit die 48. Änderung ihres Flächennutzungsplanes (Anlage 1 und 2). Diese beinhaltet,
östlich von Nettesheim im Bereich des nördlichen Ortsausgangs von Butzheim an
der B 477 die Darstellung von Fläche für die Landwirtschaft in
Gemeinbedarfsfläche und Grünfläche zu ändern. Zusätzlich wird die bestehende
gemischte Baufläche geringfügig am Ortsrand erweitert.
Planungsziel ist
die Vorbereitung der verbindlichen Bauleitplanung für die Errichtung einer Rettungswache, die als Erweiterung des dortigen,
bestehenden Feuerwehrgerätehauses konzipiert ist. Träger der geplanten
Rettungswache ist der Rhein-Kreis Neuss.
Die Kreise sind
gemäß § 6 Absatz 1 Rettungsgesetz NRW in ihrer Eigenschaft als Träger des
Rettungsdienstes verpflichtet, die bedarfsgerechte und flächendeckende
Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung sicherzustellen.
Eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der
Notfallrettung liegt im ländlichen Bereich vor, wenn das erste eintreffende
Hilfsmittel in 90 % aller Fälle innerhalb
von 12 Minuten nach der Alarmierung den Notfallort erreicht. Die Gemeinde
Rommerskirchen wird zurzeit in den Ortsteilen Anstel, Butzheim, Frixheim und
Nettesheim durch Rettungsmittel versorgt, die in der Stadt Dormagen stationiert
sind. Für die übrigen Ortsteile der Gemeinde Rommerskirchen stehen Fahrzeuge in
der Stadt Grevenbroich zur Verfügung.
Die Hilfsfrist von
12 Minuten in 90 % aller Fälle wird im Gebiet der Gemeinde Rommerskirchen seit
mehreren Jahren nicht eingehalten. Im 3. Quartal des Jahres 2016 betrug der
Hilfsfristerreichungsgrad lediglich 77,07
%. Von der Erfüllung der gesetzlichen Vorgabe, eine bedarfsgerechte
Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung sicherzustellen,
kann daher nicht mehr gesprochen werden.
Der Kreistag des
Rhein-Kreises Neuss hat in seiner Sitzung am 25.03.2015 vor diesem Hintergrund
eine Änderung des rettungsdienstlichen Bedarfsplanes beschlossen und
festgelegt, dass in der Gemeinde Rommerskirchen ein Rettungswagen zu
stationieren ist. Die Stadt Dormagen und die Verbände der Krankenkassen haben
zu dieser Maßnahme das gesetzlich erforderliche Einvernehmen erteilt.
Der konkrete
Standort der Rettungswache ist unter einsatztaktischen Gründen festzulegen. Zu
beachten sind hierbei unter anderem die Einsatzhäufigkeit, die planmäßige
Einsatzdauer bis zu den Einsatzorten und die straßenverkehrsmäßige Anbindung.
Unter Beachtung dieser Prämissen eignet sich als Standort für die Rettungswache
eine Anbindung an den Standort des Feuerwehrgerätehauses Butzheim besonders.
Durch die parallele Nutzung der für die Feuerwehr bereits vorhandenen
Alarmausfahrt auf die Bundesstraße 477 entstehen Synergieeffekte.
In Anlage 3 ist ergänzend zu den
vorstehenden Ausführungen eine gutachterliche Evaluierung der
Bedarfsgerechtigkeit einer Rettungswache in Rommerskirchen im Rhein-Kreis Neuss
zu finden.
Festsetzung im
Landschaftsplan VI Rhein-Kreis Neuss
Im Landschaftsplan
VI des Rhein-Kreises Neuss Grevenbroich - Rommerskirchen ist der Bereich der
48. Flächennutzungsplanänderung, der neu als Fläche für die Rettungswache
vorgesehen ist, als geschützter
Landschaftsbestandteil gem. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG (im
Landschaftsplan ist noch der alte Rechtsstand genannt, § 23 a) und b) LG NRW)
festgesetzt (Anlage 4).
Es handelt sich
namentlich um den geschützten Landschaftsbestandteil Nr. 6.2.4.44 „Wäldchen an
der B 477 am östlichen Ortsrand von Nettesheim“. Die Schutzfestsetzung erfolgte
gemäß § 23 a) und b) LG insbesondere zur Sicherstellung der Funktion des
Wäldchens als Refugialbiotop und wegen der besonderen Bedeutung für die
Belebung und Gliederung des Orts- und Landschaftsbildes (Schutzzweck).
Konkret handelt es
sich um eine circa 1.400 m² große Fläche, die an ihren Rändern mit Reihen von
z. T. mehrstämmigen Bergahornen bestockt ist. Auf der inneren Grundstücksfläche
stocken weitere Bergahorne, Walnuss, junge Eschen und weitere Arten (u. a.
Holunder, Kirsche, Stechpalme), vereinzelt ist Totholz vorhanden.
Nach Nr. 6.2.4 des
Landschaftsplanes VI Rhein-Kreis Neuss sind die Beseitigung der festgesetzten
geschützten Landschaftsbestandteile sowie alle Handlungen, die zu einer
Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung der geschützten
Landschaftsbestandteile führen können, verboten. Konkret sind nach Nr. 6.2.4
des Landschaftsplanes VI Rhein-Kreis Neuss für geschützte
Landschaftsbestandteile, die – wie vorliegend – Wald sind, unter anderem
verboten (Verbote):
- die Umwandlung des Waldes in eine andere Nutzungsart,
- Bestandteile des Waldes (Bäume, Sträucher, Krautschicht,
Waldmantel) zu beseitigen oder zu beschädigen oder auf andere Art in ihrem
Wachstum oder Erscheinungsbild zu beeinträchtigen,
- bauliche Anlagen jeder Art zu errichten, auch wenn das Vorhaben
keiner bauaufsichtlichen Genehmigung bedarf.
Das geplante
Vorhaben der Errichtung einer Rettungswache im Bereich des geschützten
Landschaftsbestandteils Nr. 6.2.4.44, LP VI Rhein-Kreis Neuss, würde gegen die
vorstehend genannten Verbote verstoßen und wäre somit unzulässig.
Weiteres
Verfahren
Bei der Änderung
eines Flächennutzungsplans im Geltungsbereich eines Landschaftsplans
(vorliegend gegeben) treten widersprechende Festsetzungen des Landschaftsplans
(hier: geschützter Landschaftsbestandteil Nr. 6.2.4.44) mit dem In-Kraft-Treten
des entsprechenden Bebauungsplans außer Kraft, soweit der Träger der
Landschaftsplanung im Beteiligungsverfahren diesem Flächennutzungsplan nicht
widersprochen hat (§ 29 Abs. 4 Satz 1 LG NRW).
Die Übermittlung
der vorliegenden Planung im Zuge des Beteiligungsverfahrens durch die Gemeinde
Rommerskirchen an den Kreis als Träger der Landschaftsplanung erfolgte mit der
Bitte, den geplanten Darstellungen der 48. Änderung ihres Flächennutzungsplanes
nicht zu widersprechen.
Bei einer
Entscheidung des Trägers der Landschaftsplanung (Kreistag), dass er der 48.
Flächennutzungsplanänderung nicht widerspricht, würde die Beseitigung des geschützten Landschaftsbestandteils „Wäldchen an
der B 477 am östlichen Ortsrand von Nettesheim“ zum Zweck der Errichtung der
Rettungswache inklusive der für ihre Errichtung und ihren Betrieb notwendigen
Außenflächen grundsätzlich ermöglicht.
Der geschützte
Landschaftsbestandteil muss jedoch nur zum Teil für die Rettungswache in
Anspruch genommen werden. Der sich nördlich an die geplante Rettungswache
anschließende Teil des Wäldchens würde im Bereich der neuen
Grünflächendarstellung des Flächennutzungsplanes weiterhin deutlich verkleinert
bestehen bleiben können.
Die Gemeinde plant
hingegen im nicht von der Rettungswache beanspruchten Teil des geschützten
Landschaftsbestandteils eine alternative Nutzung als Garten zu ermöglichen.
Diese Planung wird durch die Gemeinde in der Sitzung erläutert. Von Seiten der Gemeinde
wird diese Maßnahme als Aufwertung der bestehenden Fläche gesehen. Begründet
wird dies damit, dass der Bereich des heutigen Wäldchens früher als Garten
genutzt war und dies bis heute erkennbar ist. Es soll der Planung der Gemeinde
zufolge ein hochwertiger Obstgarten entstehen, der u. a. auch einen Teilersatz
für die derzeit auf der geplanten neuen Mischgebietsfläche (Baugrundstück für
ein Gebäude) bestehende Obstwiese darstellt. Zur Planung der Gemeinde wird in
der Sitzung ein Entwurf der landschaftspflegerischen Beurteilung vorgestellt.
Der geschützte
Landschaftsbestandteil wird von der Forstbehörde als Wald i. S. d. § 2 BWaldG eingestuft.
Dieser Wald darf gem. § 9 Abs. 1 BWaldG grundsätzlich nur mit Genehmigung der
nach Landesrecht zuständigen Behörde gerodet und in eine andere Nutzungsart
umgewandelt werden (Umwandlung). § 43 LFoG NRW sieht jedoch vor, dass es einer
Umwandlungsgenehmigung bei Waldflächen, für die in einem Bebauungsplan nach §
30 Baugesetzbuch eine anderweitige Nutzung vorgesehen ist, nicht bedarf. Somit
ist aus forstbehördlicher Sicht der konkrete Ausgleich bzw. Ersatz für den Wald
in einem ggf. kommenden Bebauungsplanverfahren zu regeln.